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Aufstieg und Vermächtnis: Der römische Kaiser Vespasian

Aufstieg und Vermächtnis: Der römische Kaiser Vespasian WDR Zeitzeichen 24.06.2024 14:42 Min. Verfügbar bis 25.06.2099 WDR 5

Der römische Kaiser Vespasian (gestorben am 23. oder 24.6.79 n.Chr.) ist überzeugt: "Geld stinkt nicht – selbst wenn es aus Urin stammt." So erhebt er kurzerhand eine Pinkelsteuer, um den Aufbau des zerstörten Roms voranzutreiben.

Eigentlich stammt Titus Flavius Vespasian aus viel zu einfachen Verhältnissen, um später einmal Kaiser von Rom zu werden. Aber er macht Karriere beim Militär und so erinnern sich die Armeeoberen an ihn, als im sogenannten Vier-Kaiser-Jahr ein nicht korrupter und tatkräftiger Mann auf den Kaiserstuhl benötigt wird. *** Das ist unsere wichtigste Quelle: Prof. Stefan Pfeiffer, Historiker Universität Halle-Wittenberg ***


Nach Neros Tod stürzt das römische Weltreich ins Chaos. Rom selbst ist noch vom großen Brand zerstört, drei Kaiser halten sich nur wenige Monate. Das ist die Stunde von Titus Flavius Vespasianus. Der Sohn eines Zöllners hat sich als Feldherr einen Namen gemacht, war jedoch beim alten Kaiser Nero in Ungnade gefallen, weil er während dessen stundenlangen Gesangsvorträgen eingeschlafen sein soll.

Vespasian entgeht nur der Todesstrafe, weil Nero einen starken Heerführer braucht, der einen Aufstand der Juden in Judäa zerschlägt. Gemeinsam mit seinem Sohn Titus macht sich Vespasian auf den Weg. Aus der Ferne verfolgt er auch die politischen Kämpfe in Rom. Schließlich dient man ihm das Kaiseramt an. Vespasian kehrt nach Rom zurück und bringt zum Amtsantritt Getreide aus Ägypten und Nordafrika – ein Segen für die hungernde Bevölkerung.

Dann macht sich der neue Kaiser an den Wiederaufbau der Stadt. Er lässt das zerstörte Kapitol wieder aufbauen und initiiert das Kolosseum, das heutige Wahrzeichen der Stadt. Das Geld dafür hat unter anderen sein Sohn Titus in Jerusalem geplündert. Und Vespasian ist als Sohn eines Zöllners ein versierter Steuereintreiber, der in seiner zehnjährigen Amtszeit das Finanzsystem auf Vordermann bringt. Titus Flavius Vespasian stirbt am 24. Juni 79 im Alter von knapp 70 Jahren vermutlich an Ruhr.

In diesem Zeitzeichen erzählt Marko Rösseler:
  • wie Vespasian als Heerführer einen Blinden und Lahmen geheilt haben soll, so wie es die Evangelisten später Jesus zuschreiben,
  • wieso er zunächst seinen Sohn nach Rom schickt, als man ihn zum Kaiser erklären will,
  • über die gesundheitlichen Probleme des Kaisers, der unter Verstopfung leidet und an Durchfall stirbt,
  • wie Vespansian aus der Ferne dafür sorgt, dass sein Vorgänger sein Amt verliert.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Prof. Stefan Pfeiffer, Historiker Universität Halle-Wittenberg
  • Stefan Pfeiffer: Die Zeit der Flavier: Vespasian – Titus – Domitian, Freiburg, 2009
  • Sueton zitiert aus: Werke in einem Band. Kaiserbiographien / über berühmte Männer. Erschienen in der Reihe: Bibliothek der Antike – Römische Reihe. Berlin, 1985

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Die Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autor: Marko Rösseler
Redaktion: Matti Hesse
Techin: Sarah Fitzek

Götz von Berlichingen verliert seine rechte Hand (am 23.6.1504)

Götz von Berlichingen verliert seine rechte Hand (am 23.6.1504) WDR Zeitzeichen 23.06.2024 14:42 Min. Verfügbar bis 24.06.2099 WDR 5

Der berühmte Fluch mit dem "Arschlecken" ist Goethes Erfindung - aber das historische Vorbild für den Bühnenhelden gibt es tatsächlich: Ritter Götz mit der eisernen Hand.

Ein Opfer von Friendly Fire: Als Götz von Berlichingen am Landshuter Erbfolgekrieg zwischen Bayern und Franken teilnimmt, hat das schwerwiegende Folgen für ihn. Am 23. Juni 1504 kämpft er aufseiten der Nürnberger, als diese mit ihrem Geschütz gegen Freund und Feind schießen - und der Ritter seine rechte Hand verliert. *** Das sind unsere wichtigsten Interviewpartner: Christine Reinle (Historikerin, Uni Gießen); Eva Hosemann (Intendantin Burgfestspiele Jagsthausen) ***


Götz von Berlichingen - der um 1480 auf Burg Jagsthausen geboren wird - ist für seine Kämpfe berühmt-berüchtigt. In seinen Lebenserinnerungen nennt er sie im Titel: "Meine Fehden und Handlungen". Fehden sind Gefechte und Raubzüge, um auf eigene Faust Recht durchzusetzen. Fühlt sich ein Hof oder eine Familie benachteiligt oder übervorteilt, so bezahlt sie nicht selten einen Ritter, der die Beschuldigten bekämpft.

Zu einem solchen Gefecht kommt es auch am 23. Juni 1504. Götz ist Anfang 20. Zwischen Bayern und Franken ist ein Erbstreit entbrannt: der Landshuter Erbfolgekrieg. Es kommt zu einer großen militärischen Auseinandersetzung. Götz kämpft auf der Nürnberger Seite. Doch deren Geschütz schießt plötzlich auf die eigenen Leute - und Götz verliert die rechte Hand.

Sieben Monate lang wird er gepflegt und bekommt schließlich eine Prothese aus Metall: die eiserne Hand. Damit beginnen seine Fehden erst richtig. Obwohl sie eigentlich bereits gesetzlich verboten sind. Das kümmert Götz aber jahrelang nicht.

In diesem Zeitzeichen erzählt Irene Dänzer-Vanotti:
  • welches Geschäftsmodell Götz bei seinen Fehden favorisiert,
  • wie seine eiserne Hand im Detail funktioniert,
  • welches Privatleben er führt,
  • für welchen medizinischen Einsatz die eiserne Hand später als Vorbild dient.
  • wo jedes Jahr Goethes Theaterstück "Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand" aufgeführt wird.

Das sind unsere wichtigsten Interviewpartner:
  • Christine Reinle (Historikerin, Uni Gießen)
  • Eva Hosemann (Intendantin Burgfestspiele Jagsthausen)

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Autorin: Irene Dänzer-Vanotti
Redaktion: Christoph Tiegel und David Rother

Der Serienmörder Fritz Haarmann wird verhaftet (am 22.6.1924)

Der Serienmörder Fritz Haarmann wird verhaftet (am 22.6.1924) WDR Zeitzeichen 22.06.2024 14:42 Min. Verfügbar bis 23.06.2099 WDR 5

Fritz Haarmann tötet Anfang der 1920er-Jahre in Hannover mindestens 24 Menschen. Die Polizei ermittelt lange schlampig, verhaftet wird Haarmann nur durch einen Zufall.

Die Polizei kennt Fritz Haarmann als Kleinkriminellen und als Spitzel. Dass er ein Serienmörder sein könnte, wird den Beamten erst klar, als der Mann auf der Wache erscheint und selber eine Anzeige aufgeben will. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Lydia Benecke (Kriminalpsychologin) ***


"Es ist kein Vergnügen, einen Menschen zu töten. Es ist ein Grauen", sagt Fritz Haarmann bei einer Vernehmung. Und er sagt auch: "Man macht es leichter, wenn man liebt." Der Serienmörder tötet immer wieder junge Männer, die er attraktiv findet und an denen er sexuell interessiert ist. Als mitten in Hannover Schädel und Leichenteile gefunden werden, bezeichnen die Medien den unbekannten Täter als Monster, Werwolf und Vampir. Doch diese Bezeichnungen passen nicht zu dem Auftreten des Mannes, der lange unentdeckt mordet. Haarmann ist im Alltag freundlich und humorvoll - und so sympathisch, dass seine Opfer ihm offenbar zunächst vertrauen.

1924 liefert der Prozess gegen Haarmann über Monate hinweg weltweit Gesprächsstoff. Serienkiller sind schon damals sehr gefragt. Was für die Opfer und die Hinterbliebenen großes Leid ist, wird für andere zum wohligen Grusel. Fritz Haarmann wird für 27 Morde angeklagt und für 24 zum Tode verurteilt. Am 15. April 1925 wird er geköpft.

In diesem Zeitzeichen erzählt Thomas Klug:
  • welche Rolle sein Wandschrank bei den Morden spielt,
  • warum die Polizei ihn bereits 1918 hätte schnappen können,
  • wie sie ihm schließlich auf die Schliche kommt,
  • wie der Volksmund die Taten von Fritz Haarmann besingt.

Das ist unsere Interviewpartnerin:
  • Lydia Benecke (Kriminalpsychologin)

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Die Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autor: Thomas Klug
Redaktion: Matti Hesse
Technik: Holger Maerten

Ein Leben für den Frieden: Pazifistin Bertha von Suttner

Ein Leben für den Frieden: Pazifistin Bertha von Suttner WDR Zeitzeichen 21.06.2024 14:47 Min. Verfügbar bis 22.06.2099 WDR 5

Für ihre Schriften und ihr Engagement erhält sie als erste Frau den Friedensnobelpreis, den Alfred Nobel auf ihr Wirken hin stiftet. Von Suttner stirbt am 21.06.1914.

Ihr unermüdlicher Einsatz für den Frieden macht sie zu einer der bedeutendsten Stimmen der Friedensbewegung. Ihre Freundschaft zu Alfred Nobel spielt eine entscheidende Rolle bei der Stiftung des Friedensnobelpreises. Als erste Frau jemals erhält Bertha von Suttner diesen auch selbst. ***Das sind unsere wichtigsten Interviewpartner: Guido Grünewald, Historiker und Mitglied der Deutschen Friedensgesellschaft und Marlene Streeruwitz, Schriftstellerin***


Ihre bedeutende Schrift "Die Waffen nieder!", schildert eindrucksvoll die Schrecken des Krieges und wird 1889 veröffentlicht. Sie wird zu einem Grundpfeiler der internationalen Friedensbewegung und die Autorin selbst zu einer Vorkämpferin revolutionärer Ideen.

Bertha von Suttner, geboren 1843 in Prag, ist eine herausragende Schriftstellerin und eine engagierte Pazifistin. Sie wächst in einer aristokratischen Familie auf und entwickelt schon früh ein tiefes Interesse an Literatur und gesellschaftlichen Fragen.

Von Suttner ist nicht nur Autorin, sondern auch eine unermüdliche Aktivistin. Sie gründet mehrere Friedensgesellschaften und setzt sich vehement für die Abschaffung des Krieges ein. Doch nicht als Revolutionärin, als Rote Bertha, wie sie von manchen genannt wird. Vielmehr glaubt sie an Veränderung und Weiterentwicklung. Und dafür schließt sie Bündnisse und knüpft Kontakte zu einflussreichen Persönlichkeiten.

Den Ersten Weltkrieg kann sie trotzdem nicht verhindern. Bertha von Suttner stirbt kurze Zeit vor dessen Ausbruch 1914.

In diesem Zeitzeichen erzählt Claudia Friedrich:
  • wie Bertha von Suttner als erste Frau den Friedensnobelpreis erhält und damit Geschichte schreibt,
  • welche Hindernisse sie überwinden muss, um als Frau in einer von Männern dominierten Gesellschaft Gehör zu finden,
  • warum sie trotz aristokratischer Herkunft ein Leben im Exil und in Armut führt;
  • welche Rolle ihre Ehe mit Arthur von Suttner dabei spielt,
  • und wie sie internationale Friedenskongresse organisiert und damit das Fundament für spätere globale Friedensinitiativen legt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen:
  • Suttner, Bertha von, Memoiren (1909), Hamburg 2013.
  • Suttner, Bertha von, Das Maschinenzeitalter. Zukunftsvorlesungen über unsere Zeit (1889/ Nachdruck von 1899), Norderstedt 2016.
  • Suttner Bertha von, Die Waffen nieder! (1889), Königswinter 2022.
  • Hamann, Brigitte, Bertha von Suttner, Kämpferin für den Frieden, Wien 2013.
  • Streeruwitz, Marlene, Über Bertha von Suttner, (IN: Autorinnen feiern Autorinnen), Wien 2014.

Und das sind unsere Interviewpartner:
  • Guido Grünewald, Historiker und Mitglied der Deutschen Friedensgesellschaft
  • Marlene Streeruwitz, Schriftstellerin.

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Autorin: Claudia Friedrich
Redaktion: Carolin Rückl und Matti Hesse

Alexandre Yersin entdeckt den Erreger der Pest (am 20.6.1894)

Alexandre Yersin entdeckt den Erreger der Pest (am 20.6.1894) WDR Zeitzeichen 20.06.2024 13:59 Min. Verfügbar bis 21.06.2099 WDR 5

Vor tausenden Jahren entsteht die Pest in Zentralasien und verbreitet sich in verheerenden Pandemien über den Globus. Alexandre Yersin entdeckt schließlich ihren Erreger.

Die Pest gilt als eine der tödlichsten Krankheiten der Menschheitsgeschichte. Über Jahrtausende hat sie Angst und Schrecken verbreitet. Im 19. Jahrhundert gelingt es dem Schweizer Alenxandre Yersin, in Hongkong den Erreger zu identifizieren. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Professorin Julia Riehm (Fachtierärztin für Lebensmittel und Mikrobiologie, München); Henri H. Mollaret und Jacqueline Brossollet: Alexandre Yersin - der Mann, der die Pest besiegte. Einsiedeln 1987 ***


Das Wort Pest kommt aus dem Lateinischen und bezeichnet Seuchen, die ausbrechen, viele Opfer fordern und wieder vorbeigehen. Die erste Pest-Pandemie ist die justianische Pest im 6. Jahrhundert nach Christus - benannt nach dem damals regierenden Kaiser Justinian. Die genaue Opferzahl ist umstritten, er könnten bis zu 50 Millionen Menschen gestorben sein.

Im 14. Jahrhunderts rafft die Pest etwa ein Drittel der europäischen Bevölkerung dahin. Die Ärzte wissen damals noch nichts von Bakterien und Viren. Impfungen und Antibiotika sind noch unbekannt. Die Erkrankten müssen vor den Toren der Stadt in Seuchenhäusern leben. Der letzte große Pestausbruch in Europa findet zu Beginn des 18. Jahrhunderts in Marseille statt. Danach verschwindet die Seuche von diesem Kontinent. Der Grund dafür ist bis heute unbekannt. Die Angst aber bleibt, weil die Krankheit weiterhin existiert.

Im 19. Jahrhundert will man das Problem wissenschaftlich lösen. Im Juni 1894 schicken die Franzosen den gebürtigen Schweizer Alexandre Yersin, der bei Louis Pasteur gelernt hat, nach Hongkong, wo der Pesterreger aktiv ist. Dort entdeckt er "Yersinia Pestis" - das Bakterium, das heute seinen Namen trägt.

In diesem Zeitzeichen erzählt Julia Schäfer:
  • was Pest und Antisemitismus miteinander zu tun haben,
  • mit welchen Mitteln in früheren Jahrhunderten erfolglos gegen die Krankheit vorgegangen wird,
  • wie Alexandre Yersin illegal an Pest-Tote für seine Forschung kommt,
  • wo die Pest heute verbreitet ist,
  • dass die Pest als Bio-Waffe eingesetzt werden könnte.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Professorin Julia Riehm (Fachtierärztin für Lebensmittel und Mikrobiologie, München)
  • Professorin Marion Maria Ruisinger (Direktorin des Deutschen Medizinhistorischen Museums in Ingolstadt)
  • Henri H. Mollaret und Jacqueline Brossollet: Alexandre Yersin - der Mann, der die Pest besiegte. Einsiedeln 1987

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Autorin: Julia Schäfer
Redaktion: Matti Hesse
Technik: Sarah Fitzek

Aus der Videospiel-Nische zum Millionenpublikum: Counter-Strike

Aus der Videospiel-Nische zum Millionenpublikum: Counter-Strike WDR Zeitzeichen 19.06.2024 14:45 Min. Verfügbar bis 20.06.2099 WDR 5

Für das Taktik-Spiel im Team sind Shooter wie das am 19.06.1999 erschienene Counter-Strike beliebt. Neu ist seitdem der Fokus auf Diversität - zumindest bei manchen.

Counter Strike ist längst ein Klassiker unter den Computerspielen. Das Ziel: Die Terroristen versuchen, eine Bombe zu platzieren, während die Anti-Terror-Einheiten versuchen, dies zu verhindern. Eine Spielrunde ist zu Ende, wenn ein Team komplett ausgeschaltet ist oder die Bombe hochgeht. Egal ob auf LAN-Partys oder in internationalen Turnieren – der Nervenkitzel bleibt bis heute unverändert. ***Das ist unser wichtigster Onterviewpartner: Björn Bartholdy, Direktor des Cologne Game Lab, Technische Hochschule Köln***


Ein Mausklick, das Spiel beginnt. Die Anspannung ist greifbar, wenn die virtuelle Welt von Counter Strike zum Leben erwacht.
Das Computerspiel Counter Strike erscheint 1999 ursprünglich als Modifikation des legendären Spiels Half-Life. Zwei Teams, die Terroristen und die Anti-Terror-Einheiten, stehen sich in taktischen Gefechten gegenüber. Gut und Böse, Schwarz und Weiß - Grauzonen gibt es hier nicht.
Das Spiel besticht durch seine realistische Darstellung von Waffen und den hohen Anspruch an die Spielenden. Jeder Schritt, jede Entscheidung kann den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage bedeuten. Seit seiner Veröffentlichung macht Counter Strike eine enorme Entwicklung durch: Es entwickelt sich von einem Spiel für Hardcore-Gamer zum Mainstream-Phänomen und bringt sogar eine eigene eSport-Szene hervor, in der Teams weltweit um Titel kämpfen.
Für seine Spieler ist Counter Strike mehr als nur ein Spiel; es ist ein soziales Erlebnis und ein fesselndes Hobby, das Millionen Menschen weltweit verbindet, seine Faszination ungebrochen, und die Spannung bleibt – Schuss für Schuss.

In diesem Zeitzeichen erzählt Claudia Friedrich:
  • wie sich Counter Strike zu einem der erfolgreichsten Online-Shooter der Welt entwickelt,
  • wie zwei Informatikstudenten das Spiel ins Leben rufen und damit einen Meilenstein im Gaming setzen,
  • warum Counter Strike trotz seiner Beliebtheit immer wieder in die Kritik gerät,
  • und warum die Themen Gender, Diversität und Queerness bis heute keine Rolle spielen.

Das sind unsere wichtigsten Interviewpartner:
  • Björn Bartholdy. Direktor des Cologne Game Lab, Technische Hochschule Köln
  • Maarten van Hoek, Gamer

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Autorin: Claudia Friedrich
Redaktion: Carolin Rückl und Frank Zirpins

Großdenker der Frankfurter Schule: Jürgen Habermas

Großdenker der Frankfurter Schule: Jürgen Habermas WDR Zeitzeichen 18.06.2024 15:04 Min. Verfügbar bis 19.06.2099 WDR 5

Kaum ein deutscher Philosoph hat so intensiv erforscht, wie öffentlicher Streit und Diskurse in der Bundesrepublik funktionieren. Auch mit 95 Jahren analysiert Jürgen Habermas messerscharf aktuelle Geschehnisse.

Die soziologischen und philosophischen Werke von Jürgen Habermas sind in mehr als 40 Sprachen übersetzt. Als konstruktiv-kritischer Geist will er nicht nur beschreiben, wie die Gesellschaft ist. Er will auch aufzeigen, wie sie vernünftiger gestaltet werden kann. Indem wir miteinander sprechen, begeben wir uns auf Konsens-Suche, so seine optimistische Idee. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Felix Kämper (Habermas-Forscher, Goethe-Universität Frankfurt am Main, Arbeitsbereich: Politische Theorie und Philosophie); Stefan Müller-Dohm: Jürgen Habermas - Eine Biographie. Berlin 2014 ***


Außerparlamentarische Opposition, Friedensbewegung, Rechtsextremismus, Kriegseinsätze der Bundeswehr, Asylrecht, Putins Ukraine-Krieg - die Debatten, in die sich Jürgen Habermas einmischt, spiegeln die Geschichte der alten und neuen Bundesrepublik.
Als öffentlicher Intellektueller versucht er, Diskurse auf eine Auseinandersetzung um das bessere Argument auszurichten. Habermas hat den Anspruch, dass Philosophie ihre Zeit in Gedanken erfasst: Ein Hauptziel von ihm ist es, den Kapitalismus zu zähmen. Er beabsichtigt damit auch, über die Mechanismen der Gesellschaft aufzuklären.
Geprägt wird Habermas in Frankfurt am Main: Als Assistent von Theodor W. Adorno setzt er sich am "Institut für Sozialforschung" mit ökonomischen Theorien auseinander, mit der Psychoanalyse Sigmund Freuds und mit dem Marxismus. Habermas wird zum Kopf der zweiten Generation der sogenannten Frankfurter Schule.
Sein Denken ist anschlussfähig für die nächste Generation der Kritischen Theorie, die ein ökologisches Zukunftsdenken entwickelt. Für Habermas ist klar: Für den Erhalt und die Weiterentwicklung von Sozialstaat und liberaler Demokratie muss auch weiterhin gekämpft werden.

In diesem Zeitzeichen erzählt Christoph Vormweg:
  • weshalb Jürgen Habermas großes Publikum meidet und sich lieber schriftlich äußert,
  • warum für den Philosophen die auf Profit ausgerichtete Kulturindustrie die Kultur zerstört,
  • nach welcher Auseinandersetzung mit den Studierenden Habermas 1971 die Uni verlässt,
  • wie er sich beim Historikerstreit der 1980er-Jahre positioniert.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Felix Kämper (Habermas-Forscher, Goethe-Universität Frankfurt am Main, Arbeitsbereich: Politische Theorie und Philosophie)
  • Jürgen Habermas: Legitimationsprobleme im Spätkapitalismus. Frankfurt am Main 1973
  • Jürgen Habermas: Theorie des kommunikativen Handelns. Frankfurt am Main 1981
  • Jürgen, Habermas: Die neue Unübersichtlichkeit. Frankfurt am Main 1985
  • Stefan Müller-Dohm: Jürgen Habermas - Eine Biographie. Berlin 2014
  • Markus Schroer: Soziologische Theorien - Von den Klassikern bis zur Gegenwart. Paderborn, 2022

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Unser Hörtipp: WDR 5 "Das Philosophische Radio" mit Jürgen Wiebicke

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Autor: Christoph Vormweg
Redaktion: Carolin Rückl und Frank Zirpins
Technik: Joseph Baader

Freiheit bedeutet, zu entscheiden: Kierkegaards "Begriff Angst"

Freiheit bedeutet, zu entscheiden: Kierkegaards "Begriff Angst" WDR Zeitzeichen 17.06.2024 14:42 Min. Verfügbar bis 18.06.2099 WDR 5

In nur vier Monaten bringt Sören Kierkegaard seine Freiheitsphilosophie zu Papier. Der Kern: Eigene Entscheidung erzeugt immer ein Gefühl der Angst. "Der Begriff Angst" erscheint dann unter Pseudonym - und beeinflusst andere Denker maßgeblich.

Er wird der "Sokrates von Kopenhagen" genannt. Doch als sein Werk "Der Begriff der Angst" erscheint, wird es von der dänischen Presse ignoriert. Erst später wird es zur Inspirationsquelle von Existenzphilosophen wie Martin Heidegger und Vordenkern der Psychologie wie Sigmund Freud. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Uta Eichler (Universität Halle, Philosophisches Seminar); Søren Kierkegaard: Der Begriff Angst. Ditzingen 2023; Clare Carlisle: Der Philosoph des Herzens - Das rastlose Leben des Søren Kierkegaard. Stuttgart 2019 ***


Søren Kierkegaard argumentiert vom Standpunkt der einzelnen menschlichen Existenz aus. Es geht ihm um die Realisierung menschlicher Lebensmöglichkeiten, die von Angst begleitet sind. Dadurch entdeckt er die negative Existenzerfahrung als eine Grundlage der Philosophie.
Sein Werk "Der Begriff Angst" - veröffentlicht unter Pseudonym - ist eine religionsphilosophisch-psychologische Schrift. Sie wird zwar von der dänischen Presse ignoriert. Aber sie inspiriert die Nachwelt: zum einen Existenzphilosophen wie Martin Heidegger, Jean-Paul Sartre und Albert Camus; zum anderen Vordenker der Psychologie wie Sigmund Freud und Carl Gustav Jung.
Kierkegaards Analysen existenzieller Angst ziehen Jahrzehnte später viele Leserinnen und Leser in ihren Bann. Umstritten aber ist das Heilmittel gegen die Angst, das er anbietet. Denn das sei der sogenannte "Sprung" in den wahren Glauben an Gott, der Erlösung bedeute.

In diesem Zeitzeichen erzählt Christoph Vormweg:
  • in welchen strengen Verhältnissen Søren Kierkegaard aufwächst,
  • wie seine Auffassung von Christentum seine Liebesleben einschränkt,
  • welche Rolle für ihn die "Erbsünde" spielt,
  • wie Angst, Freiheit, Entscheidung und Begehren für Kierkegaard zusammenhängen,
  • warum der Philosoph als Religionskritiker gesehen werden kann.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Uta Eichler (Universität Halle, Philosophisches Seminar)
  • Søren Kierkegaard: Der Begriff Angst. Ditzingen 2023
  • Clare Carlisle: Der Philosoph des Herzens - Das rastlose Leben des Søren Kierkegaard. Stuttgart 2019
  • Joakim Garff: Kierkegaard - Biographie. München/Wien 2004

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Autor: Christoph Vormweg
Redaktion: Frank Zirpins
Technik: Christine Reinartz

Dank James Joyce ewiger Feiertag in Dublin: der "Bloomsday"

Dank James Joyce ewiger Feiertag in Dublin: der "Bloomsday" WDR Zeitzeichen 16.06.2024 13:20 Min. Verfügbar bis 17.06.2099 WDR 5

Sein "Ulysses" macht den Schriftsteller James Joyce weltberühmt. Der Roman spielt in Dublin an nur einem Tag: dem 16.5.1904, bis heute jährlich als "Bloomsday" gefeiert.

Der 16. Juni 1904 ist für den irischen Schriftsteller James Joyce ein wichtiges Datum: An diesem Tag trifft er zum ersten Mal seine zukünftige Frau. Grund genug, um sein 1000-Seiten-Werk "Ulysses" an einem einzigen Tag, an genau diesem 16.6., spielen zu lassen: Die Hauptfigur Leopold Bloom schlendert durch Dublin. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen: James Joyce: Ulysses. Frankfurt 1975; Hans-Christian Oeser und Jürgen Schneider: James Joyce. Frankfurt 2007 ***


Er gehört zu den prägenden Schriftstellern des letzten Jahrhunderts: James Joyce gibt der modernen Literatur entscheidende Impulse. Sein Hauptwerk, "Ulysses", sprengt alle Grenzen des Bisherigen und öffnet eine neue Welt.
Der Roman spielt am 16. Juni 1904 - aus einem autobiografischen Grund: An diesem Tag findet das erste Treffen zwischen Joyce und Nora Barnacle statt, die später seine Frau wird. Der irische Schriftsteller verewigt den Tag in Dublin in seinem 1.000-Seiten-Roman, der an einem einzigen Tag spielt: Der Anzeigen-Eintreiber Leopold Bloom schlendert durch Dublin.
Der "Bloomsday", der 16. Juni, wird bis heute temperamentvoll gefeiert, in Dublin und überall auf der Welt, wo man den Autor und sein Werk verehrt und bewundert. Auch wer den Roman nicht oder nicht zu Ende gelesen hat, darf mitfeiern.

In diesem Zeitzeichen erzählt Monika Buschey:
  • wie Nora Barnacle gleich beim ersten Treffen mit James Joyce zur Sache geht,
  • welcher Schriftsteller sieben Jahre lang "Ulysses" ins Deutsche übersetzt,
  • warum die Leser des Romans mit der Hauptfigur Bloom in den Puff, in die Kneipe und aufs Klo gehen,
  • mit welchem frivolem Monolog von Molly Bloom, der Ehefrau des Helden, "Ulysses" endet.

Das sind unsere wichtigsten Quellen:
  • James Joyce: Ulysses. Frankfurt 1975
  • Hans-Christian Oeser und Jürgen Schneider: James Joyce. Frankfurt 2007
  • Friedhelm Rathje: James Joyce. Reinbek bei Hamburg 2004

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Autorin: Monik Buschey
Redaktion: Christoph Tiegel und David Rother

Menschen verbinden, Milliarden bewegen: Gründung der UEFA

Menschen verbinden, Milliarden bewegen: Gründung der UEFA WDR Zeitzeichen 15.06.2024 14:52 Min. Verfügbar bis 16.06.2099 WDR 5

Einen sportlichen Fußball-Wettstreit auf europäischer Ebene zu organisieren: Das war der Traum der Gründerväter der UEFA. Inzwischen muss vor allem die Kasse stimmen, um den Betrieb am Laufen zu halten.

Im Laufe der Jahre ist die Bedeutung der UEFA und ihrer Wettbewerbe stetig gewachsen. Besonders die Europameisterschaft und die Champions League sind wichtige Pfeiler des europäischen Fußballs - die die UEFA vermarktet und verteidigt. *** Das sind unsere wichtigsten Interviewpartner: Chaled Nahar, Sportjournalist und UEFA-Experte; Dietrich Schulze-Marmeling, Autor und Fussball-Experte ***


Seit ihrer Gründung 1954 hat sich die UEFA zu einem der größten Sportverbände der Welt entwickelt, mit 55 Mitgliedsländern und zahlreichen internationalen Wettbewerben.
Doch die Anfänge sind bescheiden. Die treibenden Kräfte hinter der Gründung sind vor allem die Franzosen, allen voran der Schiedsrichter und ehemalige Spieler Henri Delaunay. Zusammen mit dem Italiener Ottorino Barassi und dem Belgier José Crahay verfolgt Delaunay das Ziel einer europäischen Fußball-Union. Im November 1953 genehmigt die FIFA die Bildung kontinentaler Konföderationen. Am 15. Juni 1954 wird die UEFA offiziell in Basel gegründet - und findet zunächst kaum Beachtung in der Öffentlichkeit.
Heute ist die UEFA ein milliardenschwerer Verband, der trotz aller Kontroversen eine zentrale Rolle im Weltfußball spielt. "We must never forget: European football is a unique story, is a success story" sagt ihr aktueller Präsident Aleksander Ceferin. Die UEFA ist eine Erfolgsgeschichte, nicht nur sportlich, sondern vor allem auch wirtschaftlich.

In diesem Zeitzeichen erzählt Ulli Schäfer:
  • welche Rolle Frankreich bei der Gründung der UEFA spielt,
  • warum Deutschland, Belgien und die Niederlande zunächst nichts von der Idee einer Europameisterschaft halten,
  • welche Skandale die UEFA überschatten,
  • warum die geplante Super League 2021 scheitert und sich sogar die Politik einmischt,
  • und was das alles mit wirtschaftlichen Faktoren und Machtstrukturen zu tun hat.

Das sind unsere wichtigsten Quellen:
  • Dietrich Schulze-Marmeling: Fußball - Zur Geschichte eines globalen Sports. Hildesheim 2000
  • Dietrich Schulze-Marmeling: Die Geschichte der Fußball-Europameisterschaft. Göttingen 2007

Und das sind unsere wichtigsten Interviewpartner:
  • Chaled Nahar, Sportjournalist und UEFA-Experte
  • Dietrich Schulze-Marmeling, Autor und Fussball-Experte

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Autor: Ulli Schäfer
Redaktion: Frank Zirpins

Hör-Tipp: Im WDR-Podcast Sport inside geht es in der aktuellen Folge um den deutschen Kolonialismus in Namibia: Dort hielt die herrschende weiße Minderheit schwarze Fußballer aus ihren Ligen fern. Heute, mehr als drei Jahrzehnte nach der Unabhängigkeit, besteht die soziale Ungleichheit fort. Host Nora Hespers spricht mit Ronny Blaschke, Autor eines Buchs über Kolonialismus und Rassismus im Fußball.

Kohls Lieblingsprojekt: Das "Haus der Geschichte" in Bonn

Kohls Lieblingsprojekt: Das "Haus der Geschichte" in Bonn WDR Zeitzeichen 14.06.2024 14:46 Min. Verfügbar bis 15.06.2099 WDR 5

Helmut Kohls Idee über ein Museum zur Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ab 1945 bis in die Gegenwart löste heftige Kritik aus. Doch es wurde ein Publikumsmagnet.

Das Projekt für ein "Haus der Geschichte" in Bonn wird in den 1980er Jahren heftig kritisiert. Mit der Eröffnung verstummt die Kritik weitgehend. In seiner Rede am 14.06.1994 betont Kanzler Kohl die Notwendigkeit einer solchen Institution, um die Fundamente des vereinten Deutschlands zu verdeutlichen. ***Das sind unsere wichtigsten Quellen: Thomas Hertfelder u.a., Hg., Erinnern an Demokratie in Deutschland. Demokratiegeschichte in Museen und Erinnerungsstätten der Bundesrepublik, Göttingen 2016.***


Musik liegt in der Luft: Deutschlandhymne, DDR-Hymne und Europahymne zu einem symbolträchtigen Klangteppich verwoben. Die musikalische Inszenierung von Peter Herbolzheimer unterstreicht die historische Tragweite des Augenblicks.

Am 14. Juni 1994 wird in Bonn das Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland feierlich eröffnet. Helmut Kohl fordert bereits 1982 in seiner ersten Rede als Bundeskanzler ein solches Projekt, das ein neues Kapitel in der deutschen Erinnerungskultur aufschlagen soll.

Das Haus der Geschichte ist bewusst nicht als traditionelles Museum konzipiert. Es soll vielmehr ein lebendiges Forum für die Auseinandersetzung mit der Geschichte Deutschlands nach 1945 bieten. Von Anfang an steht die Vermittlung der jüngeren deutschen Geschichte im Vordergrund - von der Nachkriegszeit über die Teilung Deutschlands bis zur Wiedervereinigung.

In diesem Zeitzeichen erzählt Marfa Heimbach:
  • wie Helmut Kohl das Projekt initiiert und welche Ziele er damit verfolgt,
  • welche Kritik und Diskussionen im Zusammenhang mit dem Bau entsetehen,
  • warum das Haus der Geschichte bewusst nicht als Museum bezeichnet wird,
  • wie das Haus der Geschichte seine Besucher aktiv in die Ausstellung einbezieht,
  • und welche Themen noch umfassender beleuchtet werden könnten.

Das sind unsere wichtigsten Quellen:

Und das sind unsere Interviewpartner*innen:
  • Prof. Dr. Harald Biermann (Präsident der Stiftung Haus der Geschichte)
  • Dr. Simone Mergen (Direktorin der Abt. Bildung-Besucherservice, Stiftung Haus der Geschichte, Bonn)
  • Lisa Riplinger (Geschichtslehrerin, Königin Luise Schule Köln)
  • Besucher, Schülerinnen und Schüler

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Autor*in: Marfa Heimbach
Redaktion: Matti Hesse
Technik: Michael Franke

Am 13.06.1994: Leichen im Mordfall um O.J. Simpson entdeckt

Am 13.06.1994: Leichen im Mordfall um O.J. Simpson entdeckt WDR Zeitzeichen 13.06.2024 15:25 Min. Verfügbar bis 14.06.2034 WDR 5

Der Footballstar beteuert bis zum Tod: Er habe seine Exfrau Nicole Brown Simpson und Ronald Goldman nicht ermordet. Ein Gericht spricht ihn frei, eines verurteilt ihn.

Die Wahrheit seiner Tat hat O.J.Simpson mit ins Grab genommen. Was bleibt, sind eine der spektakulärsten Fluchten im weltweiten Fernsehen, zwei ungesühnte Morde und das abrupte Ende einer US-amerikanischen Sportlerkarriere. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen: Jeffrey Toobin: The Run of His Life: The People v. O. J. Simpson, New York 1997. ***


Einst gefeierter American-Football-Star, Werbeikone und Schauspieler, bekannt und verehrt von Millionen: O.J. Simpson. Doch sein Ruhm nimmt eine tragische und kontroverse Wendung.
In der Nacht auf den 13. Juni 1994 werden Simpsons Ex-Frau Nicole Brown und ihr Freund Ronald Goldman in Browns Haus ermordet und grausam zugerichtet. Der Fall erregt weltweit Aufsehen, vor allem weil der tatverdächtige Simpson wenige Tage später in aller Öffentlichkeit in einem weißen Ford Bronco flieht und verfolgt wird.
Im anschließenden, medial hochstilisierten Prozess, wird der berühmte Sportler trotz überwältigender Indizien freigesprochen. Im Zivilprozess 1997 wird Simpson jedoch zu einer Zahlung von 33,8 Millionen US-Dollar verurteilt – eine Summe, die die Opferfamilien nur zum Teil erhalten.
Am 11. April 2024 verstirbt O.J. Simpson im Alter von 76 Jahren an den Folgen einer Krebserkrankung. Seine Geschichte bleibt eine der schillerndsten und zugleich düstersten Episoden der modernen US-amerikanischen Justizgeschichte. Sie wirft bis heute Fragen nach Macht, Einfluss und Gerechtigkeit auf.

In diesem Zeitzeichen erzählt Christoph Tiemann:
  • warum auch 30 Jahre nach den Morden an Nicole Brown Simpson und Ronald Goldman die Diskussion über den Fall nicht verebbt ist,
  • warum 108 DNA Beweise nicht ausreichen,
  • wie ein blutverschmierter Handschuh zum Symbol für Zweifel und Intrigen wird,
  • wie Simpson schließlich doch noch verurteilt wird - jedoch nicht vor dem Strafgericht,
  • und welche bizarre Geschichte er in seinem Buch "If I did it" erzählt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen:

Und das sind unsere Interviewpartner:
  • Uwe Wolff, ehemaliger USA-Korrespondent des FOCUS
  • Horst Kläuser, ehemaliger Korrespondent der ARD in New York und Washington
  • Prof. Kirk W. Junker, Universität Köln, Lehrstuhl für US-amerikanisches Recht

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Hör-Tipp: Die besten Ermittlerkrimis der ganzen ARD gibt es jetzt an einem Ort: Von Sherlock über Doberschütz bis Brunetti. In der Playlist "Auf der Spur“ in der ARD Audiothek.

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Autor: Christoph Tiemann
Redaktion: Carolin Rückl
Technik: Moritz Raestrup

Die Bundeswehr rückt in den Kosovo ein (am 12.6.1999)

Die Bundeswehr rückt in den Kosovo ein (am 12.6.1999) WDR Zeitzeichen 12.06.2024 13:10 Min. Verfügbar bis 13.06.2099 WDR 5

Was damals kaum einer ahnt: Es ist der Beginn des längsten Auslandseinsatzes in der Geschichte der Bundesrepublik. Wie kam es dazu und wie ist die Lage heute?

Mit dem Einsatz im Kosovo beginnt im Juni 1999 der erste Kriegseinsatz bundesdeutscher Truppen nach dem zweiten Weltkrieg und zugleich der längste Auslandseinsatz der Bundeswehr. Bis heute kann die Region nicht stabil befriedet werden. Das Bundeswehrmandat wird immer wieder verlängert. *** Das ist unser wichtigster Interviewpartner: Hans-Peter Kriemann (Offizier vom Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr in Potsdam) ***


Als im Sommer 1999 deutsche Panzer in den Kosovo einrücken, werden sie mit Beifall empfangen. Hunderte stehen an den Straßen, um das deutsche Militär willkommen zu heißen.
Mehrere tausend Bundeswehrsoldaten machen sich auf den Weg. Es ist der Beginn des längsten Auslandseinsatzes in der Geschichte der Bundesrepublik. Die Bundeswehr soll im Rahmen von KFOR, der “Kosovo Force”, Sicherheit im Kosovo schaffen und so die Kosovo-Albaner vor Vertreibung und Ermordung durch die Soldaten des jugoslawischen Machthabers Slobodan Milošević schützen.
Der Einsatz ist schon Monate vor dem Einrücken politisch höchst umstritten: Ab März 1999 bombardiert die NATO 78 Tage lang Ziele in Jugoslawien - ohne UN-Mandat, für viele Völkerrechtler völkerrechtswidrig. Der Einsatz der Bundeswehr im Juni 1999 am Boden des Kosovo erfolgte allerdings völkerrechtskonform mit einer Resolution des UN-Sicherheitsrats.
2008 erklärt sich der Kosovo für unabhängig - was Serbien nicht anerkennt. 2023 eskaliert erneut die Gewalt zwischen der serbischen Bevölkerung und den Kosovo-Albanern im Norden des Kosovo. Die KFOR muss einschreiten - mehr als 90 Soldaten werden verletzt. Die Folge: Die internationale Schutztruppe soll wieder aufgestockt werden.

In diesem Zeitzeichen erzählt Nikolaus Steiner:
  • Wie die Nato den jugoslawischen Machthaber Slobodan Milošević mit Luftangriffen in die Knie zwingen will,
  • wieso es für Außenminister Joschka Fischer von den Grünen vielleicht der schwierigste Moment in seinem politischen Leben war,
  • wie versprochene "blühende Landschaften" letztlich zur Enttäuschung werden,
  • warum die Lage im Kosovo heute explosiver ist, als zu Beginn der 2000er-Jahre.

Das sind unsere wichtigsten Interviewpartner:
  • Hans-Peter Kriemann (Offizier vom Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr in Potsdam)
  • Vedran Dzihic (Balkan-Experte vom Österreichischen Institut für Internationale Politik)
  • Thomas Hennig (Bundeswehrsoldat und Zeitzeuge, 1999 Oberfeldwebel bei den Fallschirmjägern)

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Autor: Nikolaus Steiner
Redaktion: Matti Hesse

Im Juni 1889: Die erste Pizza Margherita kommt aus dem Ofen

Im Juni 1889: Die erste Pizza Margherita kommt aus dem Ofen WDR Zeitzeichen 11.06.2024 14:46 Min. Verfügbar bis 12.06.2099 WDR 5

Ein neapolitanischer Pizzabäcker soll eine Majestät bekochen. Sein in Italiens National-Farben belegter Teigfladen soll Königin Margherita vorzüglich gemundet haben. Eine nette Geschichte...

Es ist wohl nicht mehr als ein kulinarisches Märchen: Danach wird König Margherita, Gattin des italienischen Königs Umberto I., im Juni 1889 beim Besuch Neapels vom plötzlichen Hunger überfallen. Der heute legendäre Pizzabäcker Raffaele Esposito zaubert drei Varianten des lecker belegten Teiglappens - eine davon nur mit Tomatensauce, Mozzarella-Käse und einem Zweig Basilikum - Grün, Weiß und Rot, wie die italienische Flagge. *** *** Das ist unsere wichtigste Quelle: Alberto Grandi: Mythos Nationalgericht. Die erfundenen Traditionen der italienischen Küche. Übersetzt von Andrea Kunstmann


Raffaele Esposito ist eine Ikone unter den Pizzabäckern. Vor 135 Jahren soll er in Neapel die erste Pizza Margherita aus dem Ofen gezogen und so den Grundstein des Ruhms des runden Teigfladens nach neapolitanischer Art gelegt haben. So die Legende.
Eine beliebte Version dieser Geschichte ist diese: Im Juni 1889 weilen Umberto I. und seine Gemahlin Margherita neapoletanischen Palazzo Capodimonte. Ihre Majestät, die Königin Margherita, stets verwöhnt von französischer Küche und dieser überdrüssig, verspürt Appetit - ausgerechnet auf Pizza.
Der stadtbekannte Pizzabäcker Esposito backt vorsichtshalber drei Pizzen. Eine mit Schmalz, eine mit Sardellen, die dritte mit Tomatensauce, Mozzarella-Käse und einem Zweig Basilikum - Grün-Weiß und Rot, wie die italienische Flagge.
Eine angeblich königliche Bestätigung, dass die Pizza köstlich mundet, stellt sich später als Fake heraus.
Tatsächlich besucht das Herrscherpaar im Sommer 1889 Neapel. Nach der Bevölkerungsexplosion im 17. Jahrhundert leben in der süditalienischen Großstadt viele Menschen unter ärmlichsten Bedingungen und buchstäblich auf der Straße von der Hand in den Mund.
Demnach ist die Pizza zunächst nichts anderes als schnelles billiges Essen für die Unterschicht. Fastfood für die armen Lazzaroni in den schmutzigen Gassen. Streetfood, über das Landsleute aus anderen Teilen der Nation eher die Nase rümpfen.

In diesem Zeitzeichen erzählt Steffi Tenhaven:
  • Wie sogar die UNESCO die neapolitanische Pizzabackkunst würdigt,
  • womit ein italienischer Historiker den Zorn der Italiener auf sich zieht,
  • mit welchen überraschenden Belägen die Pizza-Alternative "Krusta" in der Deutschen Demokratischen Republik auf die Teller kommt,
  • was einem echten Pizzabäcker einen Stich ins Herz versetzt.

Das sind unsere wichtigste Quelle:
  • Alberto Grandi: Mythos Nationalgericht. Die erfundenen Traditionen der italienischen Küche. Übersetzt von Andrea Kunstmann

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Autorin: Steffi Tenhaven
Redaktion: Christoph Tiegel/David Rother
Technik: Sascha Schiemann

Er war der Soul: Ray Charles, "The Genius" (gestorben 10.6.2004)

Er war der Soul: Ray Charles, "The Genius" (gestorben 10.6.2004) WDR Zeitzeichen 10.06.2024 14:48 Min. Verfügbar bis 11.06.2099 WDR 5

Geboren in bittere Armut im Süden der USA, erblindet mit sieben Jahren, wird Ray Charles der "Father of Soul". Er hat Musikgeschichte geschrieben und ein dramatisches Leben gelebt.

Ray Charles, der "Father of Soul", wächst mit seinem Bruder zur Zeit der Rassentrennung in ärmlichen Verhältnissen bei seiner Mutter Aretha auf. In einem Café erlernt er das Klavierspielen. Mit sieben Jahren erblindet er an einem Glaukom. Neun Monate zuvor muss er mitansehen, wie sein Bruder in einem Waschzuber ertrinkt. Ray besucht die St.-Augustine-Schule für Gehörlose und Blinde, wo er eine umfassende musikalische Ausbildung erhält. Seine Mutter stirbt im Mai 1945, als Ray Charles 14 Jahre alt ist. Ray verlässt die Blindenschule und beginnt seine herausragende Musikerkarriere. *** Das ist unser wichtigster Interviewpartner: Jürgen Dusel (Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen)***


Was wäre wohl aus dem kleinen Ray ohne das Klavier in Wiley Pittmans "Red Wing Café" geworden? Später erzählt Ray Charles, der "Father of Soul", von seinen ersten Begegnungen mit der Musik, die zu seinem Lebensinhalt wird. Er habe alles Stehen und Liegen gelassen und sei in das Café gelaufen. Wiley Pittman bringt ihn in kleinen Schritten zum Klavier.
Im Jahr 1937 steht Aretha Robinson allein mit dem mit sieben Jahren erblindeten Sohn Ray. Der andere Sohn ist im Alter von vier Jahren vor Rays noch sehenden Augen ertrunken.
Die Mutter verdient nur wenig Geld als Wäscherin und hat keine Hilfe für den Jungen. In der Baptistengemeinde singt Ray im Chor. Hier wird er seine Stimme finden, seinen Klang.
Mit der von der Mutter vermittelten Zähigkeit geht Ray Charles seinen Weg, wird zum "Vater des Soul". Mit 40 schon ein amerikanisches Denkmal, das sich aber auch beinahe selbst zerstört: Jahrelang drückt er Heroin.
Ray Charles trotzt allen Widrigkeiten. Bei einer seiner vielen Ehrungen gibt er einen kleinen Einblick in sein Erfolgsrezept: "Wenn Sie glauben, Talent zu haben, arbeiten Sie daran."

In diesem Zeitzeichen erzählt Uwe Schulz:
  • Von der ärmlichen Kindheit Ray Charles' im Dörfchen Greenville, Madison County/Florida,
  • wie seine Mutter den mit sieben Jahren erblindeten Ray zur Selbstständigkeit erzieht,
  • warum Ray Charles seinen Nachnamen verändert, um nicht verwechselt zu werden,
  • warum Ray nicht mit der Bürgerrechtsbewegung auf die Straße geht, sondern diese mit anderen Mitteln unterstützt.

Das ist unser wichtigster Interviewpartner:
  • Jürgen Dusel (Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen)

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Autor: Uwe Schulz
Redaktion: David Rother

NSU-Terror: der Nagelbombenanschlag in der Kölner Keupstraße

NSU-Terror: der Nagelbombenanschlag in der Kölner Keupstraße WDR Zeitzeichen 09.06.2024 14:50 Min. Verfügbar bis 10.06.2099 WDR 5

Der Anschlag vom 9.6.2004 und die Ermittlungen, bei denen die Opfer als Täter verdächtigt und fremdenfeindliche Motive ausgeschlossen werden, hinterlassen tiefe Wunden.

Am 9. Juni 2004 reißt eine Explosion die Menschen auf der Kölner Keupstraße aus dem Alltag. 22 Mensche werden verletzt, vier lebensgefährlich. Die Vorgehensweise der Ermittel wird später kritisiert. Sie nimmt die Betroffenen in den Fokus, geht von einer Milieustraftat aus, der verharmlosend-abwertende Begriff der "Dönermorde" geht um. Erst nach der Selbstenttarnung der rechtsterroristischen Gruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) im November 2011 werden die Bewohner der Kölner Keupstraße entlastet. ***Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Meral Sahin-Özcan (Vorsitzende Interessenvertretung Keupstraße), Eberhard Reinecke (Rechtsanwalt der Opfer des Nagelbombenanschlags).


118 Geschäfte gibt es auf der Keupstraße, Mehrfamilienhäuser, Kindergärten, eine Moschee, Juwelierläden und zahlreiche Restaurants. Eine Straße, die lebt. Die Keupstraße ist multikulti - und genau das wird den Menschen hier im Sommer 2004 zum Verhängnis. Unmittelbar vor dem Friseursalon Özcan geht eine Nagelbombe hoch. Deponiert auf einem abgestellten Fahrrad.
Genauso schlimm wie der Anschlag selbst ist für die Betroffenen, dass sie selbst zu Verdächtigen werden, die Ermittler gehen von einer Milieustraftat aus. Ein fremdenfeindliches oder terroristisches Motiv schließen sie vorschnell aus.
"Türkenmafia", "Drogenkrieg", heißt es in der Presse, der abschätzige Begriff der "Dönermorde" kursiert in den Boulevardmedien. Die Polizei löst eine Großfahndung gegen unbekannt aus. Neben dem nordrhein-westfälischen Landeskriminalamt wird der Verfassungsschutz eingeschaltet.
Sieben Jahre lang wird der Anschlag den Betroffenen angelastet. Erst nach der Selbstenttarnung der rechtsterroristischen Gruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) im November 2011 und der Veröffentlichung von Bekennervideos durch ihr Mitglied Beate Zschäpe werden die Bewohner der Kölner Keupstraße entlastet.

In diesem Zeitzeichen erzählt Melahat Simsek:
  • Wie die Ermittler zwei Jahre nach dem Kölner-Anschlag Hinweise auf die Täter ignorieren,
  • welche Rolle die Fußball-WM 2006 während der Ermittlungen gespielt haben könnte,
  • wie der Verfassungsschutz bei der Aufarbeitung der Ereignisse zunehmend in schlechtes Licht gerät,
  • warum Anwohner von der Politik enttäuscht sind.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Meral Sahin-Özcan (Vorsitzende Interessenvertretung Keupstraße)
  • Kemal Gündogan (NSU-Opfer)
  • Eberhard Reinecke (Rechtsanwalt der Opfer des Nagelbombenanschlags)

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Autorin: Melahat Simsek
Redaktion: Matti Hesse
Technik: Thomas Bleul

Erster Atombunker-Test in der Bundesrepublik (am 8.6.1964)

Erster Atombunker-Test in der Bundesrepublik (am 8.6.1964) WDR Zeitzeichen 08.06.2024 14:09 Min. Verfügbar bis 09.06.2099 WDR 5

Der erste Belegungstest eines ABC-sicheren Hochbunkers in Dortmund sorgt für viel Presserummel. Die 144 freiwilligen Teilnehmer wirken zu Beginn erstaunlich heiter.

Am 8. Juni 1964 begeben sich 144 Menschen freiwillig in den Dortmunder Sonnenbunker. Der Name täuscht. In den Betonklotz dringt kein Tageslicht. 144 Tage lang testen die Freiwilligen die Bedingungen im Schutzraum. Es gibt eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 300 D-Mark für die Übung eines nuklearen Angriffs. Nur zwei Probanden halten den Test nicht bis zum Ende durch. Die Übrigen 142 feiern zum Abschluss ein richtiges Volksfest mit Angehörigen, Schaulustigen - und Atomwaffengegnern. ***Das ist unser wichtigster Interviewpartner: Jörg Diester, Bunker-Forscher und Autor des Buchs "Geheimakte Regierungsbunker"


Der Zweite Weltkrieg ist gerade erst zu Ende, als die Menschheit in den Kalten Krieg taumelt - das Horrorszenario eines Atomkriegs kann niemand ausschließen. USA und UdSSR mit ihren jeweiligen Verbündeten drohen sich gegenseitig mit der nuklearen Vernichtung.
In Westdeutschland beginnt man Ende der 1950er-Jahre mit dem Neubau und der Restaurierung von Bunkern. Wie dem Sonnenbunker in der Dortmunder Innenstadt. Der oberirdische Schutzraum wird zum ersten ABC-sicheren Bunker Deutschlands für die Zivilbevölkerung ausgebaut, soll also Schutz vor atomaren, biologischen und chemischen Gefahren bieten. Am 8. Juni 1964 beginnt der erste Belegungstest.
144 Menschen werden in dem Betonklotz für 144 Stunden eingeschlossen. 144 Stunden, das sind sechs Tage und sechs Nächte, die jene Mädchen, Frauen, Jungen und Männer in diesem Bunker verbringen sollen. Rund 300 D-Mark bekommt jeder Teilnehmer, der den Versuch durchhält. Eine Belohnung, die über künstliches Licht, gefilterte Luft, Dosennahrung und die übrigen Anstrengungen des Tests hinwegtrösten soll.
Der letzte Tag des Tests entickelt sich zu einer Art Volksfest. Angehörige, Schaulustige und Atomwaffengegner versammeln sich vor dem Eingang des Sonnenbunkers. Es gibt Wiedersehens-Szenen als habe man sich Ewigkeiten nicht mehr gesehen oder als kämen die Bunkertestpersonen gerade von der ersten, höchst gefahrvollen Reise zu einem anderen Stern zurück.142 von 144 Versuchspersonen haben den Test bis zum Ende durchgestanden.

In diesem Zeitzeichen erzählt Daniela Wakonigg:
  • Warum Deutschland im Kalten Krieg eine besondere Rolle hat,
  • womit die Probanden sich während des Bunker-Tests die Zeit vertreiben,
  • wieviel Prozent der deutschen Bevölkerung damals Platz in einem Schutzraum gefunden hätten,
  • warum es laut Experten vielleicht nicht einmal wünschenwert sein könnte, einen Atomschlag im Bunker zu überleben.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Jörg Diester (Bunker-Forscher. Autor des Buchs "Geheimakte Regierungsbunker". Betreut "Bunker Dokumentationsstätten", Marienthal.)
  • Edmund Nilsen: Die Nacht der 144 Stunden: Belegungsversuch im Dortmunder Sonnenbunker vom 8. Juni - 14. Juni 1964, Osang Verlag 1965.
  • Jörg Diester: Geheimakte Regierungsbunker: Tagebuch eines Staatsgeheimnisses. Verlagsanstalt Handwerk; 2. Auflage 2009.

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Autorin: Daniela Wakonigg
Redaktion: Christoph Tiegel und David Rother
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Die Geburtsstunde der biologisch-dynamischen Landwirtschaft

Die Geburtsstunde der biologisch-dynamischen Landwirtschaft WDR Zeitzeichen 07.06.2024 14:50 Min. Verfügbar bis 08.06.2099 WDR 5

Einen Ausweg aus der Krise: Den bietet Rudolf Steiner, der Erfinder der Waldorfpädagogik und anthroposophischen Medizin, mit seiner am 7.6.1924 beginnenden Vortragsreihe.

Rudolf Steiners Ansätze sind eine Kombination aus Nachhaltigkeit und spiritueller Dimension. Spezielle Präparate wie mit Mist gefüllte Kuhhörner sollen dank kosmischer Kräfte das Bodenleben verbessern und die Pflanzen stärken. Diese Methoden sind bis heute fester Bestandteil der biologisch-dynamischen Landwirtschaft. ***Das sind unsere wichtigsten Interviewpartner: Helmut Zander, Professor für vergleichende Religionswissenschaft, Uni Fribourg (Schweiz) und Biograf von Rudolf Steiner; Alexander Gerber, Vorstand Demeter-Verband***


Rudolf Steiner hält Anfang Juni 1924 eine Vortragsreihe, die zur Geburtsstunde der biologisch-dynamischen Landwirtschaft wird. Mehr als 100 Landwirte versammeln sich auf einem Gut nahe Breslau, um Steiners innovativen Ideen zu lauschen. Sein Ansatz, der tief in esoterischen Konzepten verwurzelt ist, zielt darauf ab, die Landwirtschaft durch spirituelle und kosmische Erkenntnisse zu revolutionieren.

Steiner postuliert: Der ideale Bauernhof ist ein autarker Organismus, der alle notwendigen Ressourcen selbst produziert. Diese Vision steht im starken Kontrast zur industrialisierten Landwirtschaft seiner Zeit, die durch den Einsatz von Kunstdünger und Maschinen geprägt ist– und in der Krise steckt.

Rudolf Steiner ist vieles: Philosoph, Esoteriker, Hellseher, Erfinder von Waldorfpädagogik, Eurythmie und anthroposophischer Medizin aber auch: landwirtschaftlicher Laie. Trotzdem finden seine Ideen schnell Anhänger. Später wird daraus Demeter hervorgehen, das heute weltweit für seine biologisch-dynamische Landwirtschaft bekannt ist.

In diesem Zeitzeichen erzählt Martin Herzog:
  • wie Steiners Ansätze die Kluft zwischen rationaler Wissenschaft und spirituellen Erkenntnissen überbrücken wollen,
  • warum seine Ideen perfekt zu den Idealen der Lebensreform-Bewegung passen,
  • und was das für die moderne Landwirtschaft bedeutet,
  • warum Kuhhörner für Steiner spirituelle Antennen sind,
  • und wie aus Steiners unorthodoxen Vorschlägen die weltweit erste Biomarke entsteht.

Das sind unsere wichtigsten Quellen:

Und das sind unsere Interviewpartner:
  • Helmut Zander, Professor für vergleichende Religionswissenschaft, Uni Fribourg (Schweiz) und Biograph von Rudolf Steiner
  • Alexander Gerber, Vorstand Demeter-Verband

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Autor: Martin Herzog
Redaktion: Matti Hesse

"Autistische Psychopathen": Hans Asperger prägt eine Diagnose

"Autistische Psychopathen": Hans Asperger prägt eine Diagnose WDR Zeitzeichen 06.06.2024 14:38 Min. Verfügbar bis 07.06.2099 WDR 5

Mit seiner im Juni 1944 erschienenen Habilitation über autistische Kinder setzt er jahrzehntelang Akzente in der Autismus-Forschung. Heute ist der Kinderarzt umstritten.

Aspergers Konzept von Autismus betont die Besonderheiten und Begabungen autistischer Kinder. Damit ist er seiner Zeit weit voraus und findet bis heute Widerhall in Konzepten der Neurodiversität. Doch heute hat sein Ansehen trotz aller Verdienste Risse bekommen im Hinblick um seine Rolle bei der Kinder-Euthanasie des Nationalsozialismus. ***Das ist unser wichtigster Interviewpartner: Prof. Herwig Czech (Medizinhistoriker an der Universitätsklinik Wien)***


"Kleine Professoren" nennt Hans Asperger Kinder mit autistischen Zügen - wegen ihrer speziellen Interessen und Fähigkeiten. Er erkennt die Besonderheiten und betont immer wieder, dass diese Kinder anders, aber nicht weniger wertvoll seien.

Hans Asperger, der österreichische Heilpädagoge und Kinderarzt, ist vielen durch die nach ihm benannte Diagnose des Asperger-Syndroms bekannt. Seine Forschungen legen den Grundstein für das Verständnis von Autismus.

Seine Habilitationsschrift wird 1944 veröffentlicht. In ihr beschreibt der Arzt detailliert die emotionalen und sozialen Schwierigkeiten autistischer Kinder und setzt wichtige Akzente in der Autismus-Forschung.

Aspergers Vermächtnis hat jedoch auch dunkle Seiten. Er soll während der NS-Zeit Kinder zur Tötung in die NS-Euthanasieanstalt "Am Spiegelgrund" überwiesen haben. Diese und weitere Enthüllungen werfen ein kontroverses Licht auf einen Mann, der lange Zeit als empathisch und eher als Widerständler gilt. Wie weit geht diese Verstrickung in die nationalsozialistische Medizin und macht ihn das letztlich zum Mitläufer oder gar Mittäter?

In diesem Zeitzeichen erzählt Doris Arp:
  • wieso Hans Asperger sich mehr als Lehrer und Erzieher sieht, denn als Arzt,
  • warum er das Syndrom nicht als Krankheit begreift,
  • und wieso er damit seiner Zeit voraus ist,
  • warum Aspergers Ansehen, trotz aller Verdienste nun doch Risse bekommen hat,
  • und er letztlich nicht seinem eigenen Anspruch gerecht wird.

Das ist unser wichtigster Interviewpartner:
  • Prof. Herwig Czech, Medizinhistoriker, Universitätsklinik Wien

Und das sind unsere wichtigsten Quellen:
  • Herwig Czech: Hans Asperger und der Nationalsozialismus – Geschichte einer Verstrickung, Gießen 2024.
  • Hans Asperger: Die "autistischen Psychopathen" im Kindesalter, Wien 1944.
  • Edith Sheffer: Asperger Kinder – Die Geburt des Autismus im "Dritten Reich“ – Frankfurt 2018.

Weiterführende Links:

Der 6.6.1944 ist ein wichtiges historisches Datum. An diesem Tag begann die Invasion der Alliierten in der Normandie. Auch zum D-Day gibt es ein WDR Zeitzeichen und einen WDR 2 Stichtag.

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Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.

Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autor: Doris Arp
Redaktion: Carolin Rückert und David Rother
Technik: Thomas Bleul

192 Zentimeter Europäer: Als Karl zum Großen wurde

192 Zentimeter Europäer: Als Karl zum Großen wurde WDR Zeitzeichen 05.06.2024 14:39 Min. Verfügbar bis 06.06.2099 WDR 5

Karl der Große gilt als Erfinder eines geeinten Europas. Doch Vorsicht: In seinen Methoden war er nicht zimperlich, nur in zwei Jahren seiner Regentschaft führte er keinen Krieg.

Karl der Große stammt aus dem Geschlecht der Karolinger und wird schon als Kind zum Heeresführer ausgebildet. Als er den fränkischen Thron besteigt, dehnt er sein Reich von der Nordsee bis nach Mittelitalien, von den Pyrenäen bis ins heutige Ungarn aus. Im Jahr 800 wird er vom Papst zum Kaiser des Römischen Reiches gekrönt. Sein Lieblingsort soll Aachen gewesen sein, wo er 814 stirbt und beerdigt wird. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Prof. Matthias Becher, Mittelalterhistoriker, Universität Bonn, Matthias Becher: Karl der Große, aktual. Auflage, München 2021, Johannes Fried: Karl der Große – Gewalt und Glaube, München 2014***


Anfangs muss sich der Frankenkönig Karl noch vom Klerus in Rom bitten lassen, gegen die Langobarden in den Krieg zu ziehen. Doch dann bricht Karl, der seit seiner Kindheit auf Kriegsführung gedrillt ist, mit seinem Heer Richtung Alpen auf. Wenig später ist der Langobarden-König Desiderius in seiner Hauptstadt Pavia eingeschlossen und muss nach neun Monaten kapitulieren. Am 5. Juni 774 kann sich der Frankenkönig Karl zum König der Langobarden erklären. Aufatmen in Rom!

Dort wird König Karl auf den Stufen von St. Peter von Papst Hadrian freudig empfangen. Der ganze Klerus ruft ihm entgegen: "Gelobet sei, der da kommt im Namen des Herrn!" Zum ersten Mal erscheint nun in Rom der Beiname, der untrennbar mit dem berühmtesten mittelalterlichen Herrscher verbunden ist: Karl der Große.

Auch wenn es weitere 26 Jahre dauern wird, bis Karl zum Kaiser gekrönt wird, der Sieg über die Langobarden dehnt sein Reich weiter aus: Der umtriebige König unternimmt Feldzüge in Spanien, in Bayern, gegen die Slawen, Hunnen und die Dänen. Und 30 Jahre lang führt er immer wieder Krieg gegen die verschiedenen Sachsenstämme.

Am Ende formt der Kaiser, der 814 in Aachen stirbt, ein europäisches Großreich. Historiker Matthias Becher warnt jedoch davor, Karl den Großen als Vorbild für ein europäisches Bündnis zu sehen: "Die Methoden etwa, mit denen Karl der Große Europa geeint hat, die wollen wir uns ja ganz sicherlich nicht zu eigen machen."

In diesem Zeitzeichen erzählt Marfa Heimbach:
  • dass Wissenschaftler 1861 Karls Skelett exhumieren und ihm eine stattliche Körpergröße von 1,92 Metern bescheinigen,
  • wie Karl bereits als Sechsjähriger auf die Kriegsführung vorbereitet wird,
  • warum er eine Bildungsoffensive für den Klerus startet,
  • dass der König auf Kriegsbeute angewiesen ist, um den Adel zu beschwichtigen,
  • wie Karl der Große in Aachen mit seiner Gefolgschaft gemeinsam Bäder einnimmt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Prof. Matthias Becher, Mittelalterhistoriker, Universität Bonn
  • Matthias Becher: Karl der Große, aktual. Auflage, München 2021
  • Johannes Fried: Karl der Große – Gewalt und Glaube, München 2014
  • Stefan Weinfurter: Karl der Große – Der heilige Barbar, München-Berlin 2013

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Redaktion: Christoph Tiegel und Frank Zirpins

Härte gegen politischen Protest: Massaker auf dem Tian'anmen

Härte gegen politischen Protest: Massaker auf dem Tian'anmen WDR Zeitzeichen 04.06.2024 14:49 Min. Verfügbar bis 05.06.2099 WDR 5

Es beginnt als Trauerfeier für einen beliebten Politiker, wird zum Massenprotest für gesellschaftliche Öffnungen - und endet im gewaltsamen Vorgehen des Militärs gegen das eigene Volk. Das Massaker auf dem Tian'anmen-Platz schockt die Welt.

Offiziell gibt es kein Gedenken an die Toten vom 4. Juni 1989. Gegen das kollektive Vergessen kämpfen die sogenannten Mütter des Tian’anmen Platzes. Sie bekommen zum Jahrestag regelmäßig Hausarrest verordnet. Aber die inzwischen meist über 80-jährigen Frauen geben nicht auf und fordern Aufklärung, warum ihre Kinder sterben mussten. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Daniel Leese, Sinologe, Universität Freiburg, Jeremy Brown: June Fourth. The Tiananmen protests and Beijing massacre of 1989. Cambridge 2021***


Mitte Mai besucht Michael Gorbatschow China. Die Parteiführung hätten den Mann, der in Osteuropa mit den Begriffen Perestroika und Glasnost eine Lawine losgetreten hat, gerne auf dem Platz des Himmlischen Friedens empfangen. Doch der Tian’anmen, auf dem Mao einst die Volksrepublik China ausgerufen hat, ist seit Wochen von Demonstrierenden besetzt. Vor allem Studierende fordern mehr politische Mitbestimmung, Freiheit und Gerechtigkeit, Hunderte von ihnen sind inzwischen in einen Hungerstreik getreten.

Die westlichen Medien, die eigentlich über Gorbatschows Besuch berichten wollten, tragen nun die Bilder der Demonstranten in die Welt. Die chinesische Parteispitze wird nervöser und ringt mit ihrer Haltung. Tolerieren oder eingreifen? Das Staatsfernsehen strahlt sogar ein Treffen zwischen Ministerpräsident Li Peng und Studierenden aus.

Doch aller Protest, alle internationale Aufmerksamkeit sind am Ende vergebens. In der Nacht auf den 4. Juni 1989 rollen die Panzer durch die Pekinger Innenstadt. "Unter den Toten und Verletzten sind überwiegend Studenten, aber auch Frauen und Kinder und Greise", berichtet die Tagesschau. Schätzungen zufolge sterben bei der Militäraktion rund 3.000 Menschen.

In der Folge öffnet sich China wirtschaftlich, steigt zur weltweiten Exportnation auf. Die nach dem Massaker vom Westen initiierten Sanktionen versanden angesichts der wirtschaftlichen Gewinnaussichten in China. Die Parteispitze selbst tabuisiert die Ereignisse vom 4. Juni 1989 bis heute. Kein chinesisches Schulbuch berichtet darüber, Gedenkfeiern sind streng verboten.

In diesem Zeitzeichen erzählt Almut Finck:
  • was man heute über den Mann weiß, der sich am Tag nach dem Massaker den Panzern in den Weg gestellt hat.
  • warum China in den 1980er Jahren, ein Jahrzehnt nach Maos Tod, noch immer mit seiner politischen Neuausrichtung ringt,
  • wie aus dem Trauermarsch für einen beliebten Politiker eine Großdemonstration wird,
  • über die symbolische Bedeutung vom "Tian'anmen", dem Platz des Himmlischen Friedens,
  • wie der ehemalige Studentenführer Wu’er Kaixi heute im Exil lebt und auf die Proteste blickt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Daniel Leese, Sinologe, Universität Freiburg
  • Jeremy Brown: June Fourth. The Tiananmen protests and Beijing massacre of 1989. Cambridge 2021
  • Daniel Leesel: Maos langer Schatten. Chinas Umgang mit der Vergangenheit. München 2020
  • Luisa Lim, Luisa: The People’s republic of Amnesia. Tiananmen Revisited. Oxford 2014
  • Liao Yiwu: Die Kugel und das Opium. Leben und Tod am Platz des Himmlischen Friedens. Frankfurt/M. 2012

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Autor: Almut Finck
Redaktion: Frank Zirpins
Technik: Annette Skrzydlo

Wendepunkt in der Wissenschaft: Der Venustransit am 3.6.1769

Wendepunkt in der Wissenschaft: Der Venustransit am 3.6.1769 WDR Zeitzeichen 03.06.2024 15:27 Min. Verfügbar bis 04.06.2099 WDR 5

Zum ersten Mal werten Wissenschaftler weltweit gemeinsam und erfolgreich Messdaten des Himmelsereignisses aus und prägen damit internationale Wissenschaftskooperation.

Wie groß ist die Entfernung zwischen Erde und Sonne? Um diese Frage zu beantworten, bildet sich im 18. Jahrhundert das erste internationale Forschungsprojekt. Das Ziel: Die Astronomen wollen anhand eines Venustransits zum Ergebnis kommen. Am 3. Juni 1769 gelingt das: Sie errrechnen aus den Rohdaten beinahe den heute gültigen Wert von 150 Millionen Kilometern. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Professor Dieter B. Herrmann (2021 verstorbener Astronom und Astronomie-Historiker); Andrea Wulf: Die Vermessung des Himmels – Vom gößten Wissenschaftsabenteuer des 18. Jahrhunderts. München 2023 ***


Nur sehr selten stehen Erde, Venus und Sonne exakt in einer Reihe. Von unserem Blickwinkel aus wandert die Venus dann über die Sonnenscheibe, mit bloßem Auge als kleiner schwarzer Punkt zu sehen. Im 18. Jahrhundert findet dieser sogenannte Venustransit zwei Mal statt: 1761 und 1769.

Die Astronomen glauben, dass sich aus der präzisen Transitdauer die Entfernung Erde-Sonne berechnen lasse und damit die Größe des Sonnensystems. Daraus ließe sich wiederum die Distanzen zwischen den Planeten ausrechnen. Das hätte praktischen Nutzen: Positionen auf See wären genauer bestimmbar – für den Seehandel von unschätzbarem Nutzen.

Das einzige Problem daran ist: Hunderte von Astronomen müssen den kurzen Moment gleichzeitig beobachten, von so viel verschiedenen Positionen wie möglich. Deshalb entsteht eine internationale Kooperation von Forschern – trotz Siebenjährigen Krieg, der auf fast allen Kontinenten und Meeren zwischen England und Frankreich und ihren Verbündeten tobt.

Doch ein optisches Phänomen lässt die rund 200 Forschern weltweit verzweifeln. Deshalb bleiben die Messungen hinter den Erwartungen zurück. Für den nächsten Transit am 3. Juni 1769 standardisieren alle ihre Instrumente und Messverfahren. Mit Erfolg: Sie errechnen aus den Rohdaten fast den heute gültigen Wert der Distanz Erde-Sonne, der "Astronomischen Einheit", von rund 150 Millionen Kilometern.

In diesem Zeitzeichen erzählt Wolfgang Burgmer:
  • mit welchen irdischen Problemen die Astronomen auf ihren Forschungsreisen zu kämpfen haben,
  • wie der sogenannte Schwarz-Tropfen-Effekt die Beobachtung des Venustransits erschwert,
  • wie später der US-Astronom Edwin Hubble das Tor in die Welt der Galaxien aufstößt,
  • welche Beispiele es heute für globale Forschungsprogramme im All gibt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Professor Dieter B. Herrmann (2021 verstorbener Astronom und Astronomie-Historiker)
  • Andrea Wulf: Die Vermessung des Himmels – Vom größten Wissenschaftsabenteuer des 18. Jahrhunderts. München 2023
  • Gudrun Bucher: Die Spur des Abendsterns – Die abenteuerliche Erforschung des Venustransits. Darmstadt 2011
  • Jean-Pierre Luminet: Rendez-vous mit Venus oder Die Liebe zur Astronomie. München 2005

Weiterführende Links:

Unser Hörtipp: Im WDR-Podcast Sport inside geht es in der aktuellen Folge um den deutschen Kolonialismus in Namibia: Dort hielt die herrschende weiße Minderheit Schwarze Fußballer aus ihren Ligen fern. Heute, mehr drei Jahrzehnte nach der Unabhängigkeit, besteht die soziale Ungleichheit fort. Host Nora Hespers spricht mit Ronny Blaschke, Autor eines Buchs über Kolonialismus und Rassismus im Fußball.

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Autor: Wolfgang Burgmer
Redaktion: Carolin Rückl und Matti Hesse
Technik: Sarah Fitzek

"Der Hellseher Hitlers": Erik Jan Hanussen

"Der Hellseher Hitlers": Erik Jan Hanussen WDR Zeitzeichen 02.06.2024 14:35 Min. Verfügbar bis 03.06.2099 WDR 5

Berlin Anfang der 30er: Tausende strömen in Hanussens (geboren am 2.6.1889) Vorstellungen, er hat beste Kontakte zu den Nationalsozialisten - dabei ist er Jude.

Erik Jan Hanussen ist weder Däne noch Deutscher. Er heißt auch nicht Hanussen. Und hellsehen kann er ebenfalls nicht. Sonst hätte der Österreicher Hermann Steinschneider seinen nahen Untergang wohl vorausgesehen.*** *** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Peter Walther (Literaturhistoriker); Erik Jan Hanussen: Meine Lebenslinie. Berlin 1930; Peter Walther: Fieber - Universum Berlin 1930-1933. Berlin 2020


"Was ist Magie? Die Menschen in dem Glauben an das Wunderbare nicht zu stören, sondern zu bestärken", notiert Erik Jan Hanussen, der als Wahrsager auftritt. Für ihn sitzen im Publikum "Schwachköpfige, Wundersüchtige, Hysteriker, vor allem aber doch Kinder". Sein Geschäftsmodell funktioniert bestens.

Hanussen berät die Polizei bei Kriminalfällen, aber auch Privatleute bei Lebensentscheidungen, Wetten, Finanzfragen und Liebesdingen. Ab 1930 gibt er seine eigene Hanussen-Zeitung heraus, verkauft magische Ketten, Amulette und eine Schönheitscreme. Seine "Prophezeiende Schallplatte" enthält Vorhersagen für die ganze Welt. 

Das alles bringt ihm ein Vermögen ein. Hanussen residiert in Berlin in seinem "Palast des Okkultismus". Auf seiner Yacht "Ursel IV" feiert er Partys mit Prominenz aus Politik, Film, Theater. Hanussen spendet viel Geld an die Nationalsozialisten und bekommt dafür den Schutz der SA. Doch 1932 veröffentlicht der Journalist Bruno Frei Beweise, dass Hanussen tatsächlich "Hermann oder Chaim Steinschneider" heißt - und Jude ist. Das kostet Hanussen nach der Machtübernahme der Nazis das Leben - wohl auch, weil er während seiner ausschweifenden Feste Dinge über hochrangige Nationalsozialisten erfährt, die niemand wissen soll.

In diesem Zeitzeichen erzählt Christian Kosfeld:
  • welche Tricks Erik Jan Hanussen bei seinen angeblichen Vorhersagen anwendet,
  • welche Nazi-Größen Schulden bei Hanussen haben,
  • wie Hanussen versucht, sein Leben zu retten,
  • wie der Österreicher vermutlich zu Tode kommt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Peter Walther (Literaturhistoriker)
  • Peter Walther: Fieber - Universum Berlin 1930-1933. Berlin 2020
  • Erik Jan Hanussen: Meine Lebenslinie. Berlin 1930
  • Wilfried Kugel: Hanussen - Die wahre Geschichte des Hermann Steinschneider. Düsseldorf 1998

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Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autor: Christian Kosfeld
Redaktion: David Rother

Ein musikalischer Russe erobert den Westen: Michail Glinka

Ein musikalischer Russe erobert den Westen: Michail Glinka WDR Zeitzeichen 01.06.2024 14:45 Min. Verfügbar bis 02.06.2099 WDR 5

Der russische Komponist Michail Glinka ist überzeugt: "Das Volk schafft die Musik - der Komponist arrangiert sie nur!" Damit begründet er eine eigenständige russische klassische Musik - und seinen eigenen Weltruhm.

Musik ist sein Beruf, aber Geld verdienen muss er damit nicht: Michail Glinka stammt aus einer russischen Aristokraten-Familie. Seine erste Oper trägt den Titel "Leben für den Zaren". Damit wird Glinka in ganz Europa bekannt. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Dorothea Redepenning (emeritierte Musik-Professorin, Universität Heidelberg); Michail Glinka: Aufzeichnungen aus meinem Leben. Wilhelmshaven, Heinrichshofen 1969


Die Familie Glinka bringt mehrere Diplomaten, Dichter und Wissenschaftler hervor. Der berühmteste von ihnen aber ist Musiker: Michail Glinka. Er wird als zweites von 13 Kindern am 1. Juni 1804 nahe Smolensk im Westen Russlands geboren. Als Aristokratensohn erhält er eine umfassende Bildung.
Im Frühjahr 1830 kommt Glinka nach Deutschland und reist von da aus vier Jahre lang in Europa umher. Dabei lernt er unter anderem die Komponisten Mendelssohn und Berlioz kennen. Mit dem Franzosen freundet er sich an: "Das Schönste, was mir je passiert ist, war sicherlich die Begegnung mit Berlioz."
Mit 30 Jahren kehrt Glinka nach Russland zurück und schreibt seine erste Oper "Ein Leben für den Zaren". Sie macht ihn schlagartig bekannt und begründet die Periode einer eigenständigen russischen Musik. Michail Glinka ist auch der Verfasser von Orchestermusik, Klaviermusik, Chorwerken und Liedern.

In diesem Zeitzeichen erzählt Christoph Vratz:
  • von welchem berühmten Komponisten der junge Michail Glinka das Klavierspielen lernt,
  • wie Glinka seinen Freund Berlioz musikalisch einschätzt,
  • was der Zar dem Komponisten für dessen erste Oper schenkt,
  • wie sich Franz Liszt und Modest Mussorgsky von Glinka inspieren lassen,
  • in welcher deutschen Stadt der Komponist stirbt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Dorothea Redepenning (emeritierte Musik-Professorin, Universität Heidelberg)
  • Michail Glinka: Aufzeichnungen aus meinem Leben. Wilhelmshaven, Heinrichshofen 1969
  • Dorothea Redepenning: Russischer Stoff, europäische Form. In: Osteuropa, 53. Jg., 9–10/2003, S. 1262–1280

Weiterführender Link:
  • ARD Klassik: Die Ouvertüre von Glinkas Oper "Ruslan und Ljudmila"

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Autor: Christoph Vratz
Redaktion: Frank Zirpins

Der Shakespeare unter den Tagebuchautoren: Samuel Pepys

Der Shakespeare unter den Tagebuchautoren: Samuel Pepys WDR Zeitzeichen 31.05.2024 14:45 Min. Verfügbar bis 01.06.2099 WDR 5

Am 31.05.1669 macht der britische Marinebeamte den letzten Eintrag in sein Tagebuch. Es gehört zu den wichtigsten Quellen über das Leben im London des 17. Jahrhunderts.

Pepys beginnt sein Tagebuch 1660 als junger Beamter der britischen Marine und er führt es bis 1669, als seine Sehkraft nachlässt. In dieser Zeit dokumentiert er nicht nur persönliche Erlebnisse, sondern auch politische und kulturelle Ereignisse, oft humorvoll und selbstironisch. ***Das sind unsere wichtigsten Interviewpartner: Professor Matthias Pohlig (Historiker an der Humboldt-Universität in Berlin) Dr. Holger Rainer Maria Goetzendorff (Mitglied im Samuel Pepys-Club)


Samuel Pepys, geboren 1633 in London, ist vielen als akribischer und humorvoller Chronist des 17. Jahrhunderts bekannt. Über neun Jahre hinweg führt er ein Tagebuch über sein Leben als Musiker, Schriftsteller, Künstler – und berüchtigter Frauenheld. Eigentlich ist Pepys Staatssekretär im englische Marineamt. In mehr als 3000 Seiten hält er seinen Alltag detailliert fest, von banalen Alltagsbeobachtungen bis hin zu bedeutenden historischen Ereignissen wie der Pest und dem Großen Brand von London.

Seine Einträge beginnen oft unspektakulär, werden aber schnell pikant. Auch humorvolle und selbstironische Einträge fehlen nicht: "Gelübde abgelegt, diese Woche keinen Wein mehr zu trinken. Heute dieses Gelübde gebrochen, worüber ich sehr traurig bin."

Pepys’ Tagebuch ist eine Fundgrube für Historiker: Die Aufzeichnungen geben einen intimen Einblick in Pepys Leben, aber auch die Gesellschaft. Und sie lassen den Leser eintauchen in das London der 1660er Jahre - eine Welt voller Widersprüche, Leidenschaft und Wandel.

Am 31. Mai 1669 verfasst Samuel Pepys den letzten Eintrag. Danach lebt er noch über 30 Jahre - nur schreibt er nicht mehr darüber. Oder wurden die fehlenden Bände bisher nur nicht gefunden?

In diesem Zeitzeichen erzählt Marko Rösseler:
  • weshalb Pepys seine Einträge in einem seltsamen Sprachmix schreibt und was das mit Beamtentum zu tun hat,
  • wie seine Karriere im Flottenamt von Korruption und persönlichen Vorteilen geprägt ist,
  • warum das Tagebuch erst im 19. Jahrhundert entdeckt und entziffert wird,
  • was Pepys’ Tagebuch zu einer unschätzbaren Quelle für Historiker macht,
  • und warum viele Passagen aus heutiger Sicht problematisch sind.

Das ist unsere wichtigste Quellen:
  • Samuel Pepys: Tagebuch aus dem London des 17. Jahrhunderts. Ausgewählt, übersetzt und herausgegeben von Helmut Winter, Stuttgart 1980.

Und das sind unsere Interviewpartner:
  • Prof. Matthias Pohlig (Historiker an der Humboldt-Universität in Berlin)
  • Dr. Holger Rainer Maria Goetzendorff (Mitglied im Samuel Pepys-Club)

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Autor: Marko Rösseler
Redaktion: Carolin Rückl und David Rother
Technik: Sarah Fitzek

Bandleader in kurzen Hosen: Benny Goodman, der "King of Swing"

Bandleader in kurzen Hosen: Benny Goodman, der "King of Swing" WDR Zeitzeichen 30.05.2024 14:21 Min. Verfügbar bis 31.05.2099 WDR 5

Seine ersten professionellen Auftritte als Musiker absolviert Benny Goodman in kurzen Hosen - und verdient so viel, dass sein Lehrer neidisch wird. Der Durchbruch für seine Swing-Musik kommt aber erst viel später.

Benny Goodman, der Mann, der als „King of Swing“ in die Musikgeschichte eingeht, erlebt am 16. Januar 1938 einen Wendepunkt seiner Karriere: An diesem Tag tritt er mit seinem Orchester in der ehrwürdigen Carnegie Hall in New York auf. Das Konzert gilt vielen als das bedeutendste der Jazzgeschichte. ***Das sind unsere wichtigsten Quellen: Benny Goodman, Mein Weg zum Jazz. Eine Autobiographie, Zürich 1961.


Den Höhepunkt seiner Karriere bildet das legendäre Konzert in der Carnegie Hall 1938. Geboren wurde der Musiker am 30. Mai 1909 in einem Armenviertel von Chicago, als neuntes von zwölf Kindern. Seine Eltern, jüdische Emigranten aus dem russischen Zarenreich, hatten in der Neuen Welt auf ein besseres Leben gehofft.

Goodman zeigt schon früh außergewöhnliches Talent auf der Klarinette und tritt bereits mit dreizehn Jahren als professioneller Musiker auf und widmet sich bald ganz der Musik.

In den 1930er Jahren bringt Benny Goodman mit seiner Band und den Arrangements von Fletcher Henderson, die maßgeblich den Sound der Swing-Ära prägten, frischen Wind in die Musikszene. Goodmans Auftritte werden zu einem Symbol der Swing-Ära, in der Jazz die Pop-Musik der Zeit ist und für einen Moment die Sorgen der Great Depression vergessen lässt. Sein Erfolg im Palomar Ballroom in Los Angeles im Jahr 1935 markiert den Beginn des nationalen Swing-Fiebers.

Bis zu seinem letzten Tag bleibt Benny Goodman der Musik treu. Als er am 13. Juni 1986 stirbt, liegt seine Klarinette neben ihm – ein passendes Ende für den "King of Swing", der die Welt des Jazz für immer verändert hat.

In diesem Zeitzeichen erzählt Thomas Mau:
  • warum es Aufnahmen des gesamten Konzertes in der Carnegie Hall gibt, obwohl dies nicht geplant ist,
  • wieso diese erst 12 Jahre später veröffentlicht werden,
  • dass Goodman schon mit 13 Jahren in die Musikergewerkschaft eintreten musste,
  • warum ausgerechnet sein Lehrer ihm in jungen Jahren dazu rät, auf die Musik zu setzen,
  • und wie der Musiker immer wieder Zeichen gegen Rassentrennung setzt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen:
  • Ross Firestone, Swing, Swing, Swing: The Life and Times of Benny Goodman. New York 1993.
  • Studs Terkel, Giganten des Jazz. Zweitausendeins, Frankfurt 2005.
  • Benny Goodman & Irving Kolodin, The Kingdom of Swing. 1939.
  • Benny Goodman, Mein Weg zum Jazz. Eine Autobiographie, Zürich 1961.

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Die Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autor: Thomas Mau
Redaktion: Frank Zirpins

Tenzing Norgay: Sherpa und Erstbesteiger des Mount Everest

Tenzing Norgay: Sherpa und Erstbesteiger des Mount Everest WDR Zeitzeichen 29.05.2024 13:09 Min. Verfügbar bis 30.05.2099 WDR 5

Am 29.5.1953 stehen der Sherpa Tenzing Norgay (1914 geboren) und der Neuseeländer Edmund Hillary als erste Menschen auf dem Mount Everest, dem Dach der Welt.

Zusammen mit dem Neuseeländer Edmund Hillary steht der Bergführer und Träger Tenzing Norgay als einer von zwei Menschen auf dem Gipfel - und schafft es vor allem lebendig wieder herunter. Denn noch Jahrzehnte später heißt es bei Expeditionsleitern: "Raufkommen ist die Kür, lebendig wieder herunter – das ist Pflicht!" *** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Billi Bierling (Bergsteigerin und Journalistin), Namgel Sherpa (Reiseleiter und NGO-Gründer), Jamling Tenzing Norgay: Auf den Spuren meines Vaters. München 2008 ***


Sie sind die zwei ersten Menschen, die es dort hinauf schaffen: Für den Touristen Edmund Hillary, der aus Neuseeland kommt, heißt der Berg "Mount Everest", benannt nach einem Briten. Für den Bergführer und Träger Tenzing Norgay, der aus Nepal stammt, heißt der Berg "Chomolungma", das bedeutet "Göttinmutter der Erde".
Die Nachricht der Erstbesteigung des höchsten Berges der Erde im Jahr 1953 macht weltweit Schlagzeilen. Der Mount Everest wird zum Sehnsuchts- und später auch zum Profilierungsziel einer nicht enden wollenden Flut von Bergtouristen.
Ein Aufstieg führt entlang von Fixseilen inmitten von Hunderten ungeborgener Leichname. Die Sherpas verdienen zwar am Tourismus. Viele von ihnen sind gut bezahlte Fachkräfte oder schon selbst Unternehmer. Aber die Arbeit ist lebensgefährlich. Nach wie vor tragen vor allem sie die schwersten Lasten und das höchste Risiko.

In diesem Zeitzeichen erzählt Murat Kayi:
  • wo genau Tenzing Norgay aufwächst,
  • welche Bedeutungen das Wort "Sherpa" hat,
  • mit welchem Tier die Einheimischen die westlichen Bergsteiger vergleichen,
  • ob Tenzing Norgay oder ob Edmund Hillary als erster auf dem Gipfel ankommt,
  • wie es 2013 zum Konflikt zwischen Sherpas und ausländischen Bergsteigern kommt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Billi Bierling (Bergsteigerin und Journalistin)
  • Namgel Sherpa (Reiseleiter und NGO-Gründer)
  • Jamling Tenzing Norgay: Auf den Spuren meines Vaters. München 2008
  • Melissa Arnot et al.: Machtkampf am Everest Sherpas - Bergsteiger und die blutige Eskalation eines Konflikts. München 2013

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Die Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autor: Murat Kayi
Redaktion: Matti Hesse

Ja zum Leben, auch wenn es wehtut: Friedrich Nietzsche

Ja zum Leben, auch wenn es wehtut: Friedrich Nietzsche WDR Zeitzeichen 28.05.2024 14:45 Min. Verfügbar bis 29.05.2099 WDR 5

Nietzsche liebäugelt mit Chemie und Musik, entscheidet sich dann aber doch für eine Philologie-Professur. Am 28.05.1869 hält er seine Antrittsvorlesung in Basel.

Musik, Literatur, Naturwissenschaften - das Multi-Talent Friedrich Nietzsche interessiert sich für vieles. Getrieben von seinem Erkenntnishunger, ist er auf der Suche nach Veränderung des Denkens. Deshalb zweifelt er von Anfang an an seiner Philologen-Professur in Basel. Bereits in seiner Antrittsvorlesung deutet Nietzsche an, wo er seine Zukunft sieht: "Philosophie ist geworden, was Philologie war." *** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Cathrin Nielsen (Philosophisches Seminar der Universität Wuppertal); Cathrin Nielsen: Der frühe Nietzsche über Erkenntnis, Sprache und Rhythmus. Nietzsche-Studien BD. 39, Heft 1; Rüdiger Safranski: Nietzsche. Biographie seines Denkens. München 2000 ***


Friedrich Nietzsche ist weder promoviert noch habilitiert. Aber er hat sich bereits einen Namen mit seinen Veröffentlichungen Fachzeitschriften gemacht. Darum interessiert sich die finanzschwache Universität Basel für ihn. Als neuer Lehrstuhlinhaber für griechische Sprache und Literatur ist Nietzsche einfach preiswerter als ein namhafter Kollege.
Bereits in seiner Antrittsvorlesung lässt Nietzsche keinen Zweifel daran, wohin es ihn zieht: "Philosophie ist geworden, was Philologie war." Seinem Erkenntnisdrang lässt er freien Lauf: "Meine Methode ist, für eine einzelne Tatsache zu erkalten, sobald der weitere Horizont sich zeigt."
Mit seinen zwei Idole, dem Moralphilosophen Arthur Schopenhauer und dem Komponisten Richard Wagner, bricht Nietzsche bald - und findet sich selbst. Er verwandelt sich vom Philologen zum Philosophen. Die Voraussetzung für seinen posthumen weltweiten Ruhm.

In diesem Zeitzeichen erzählt Christoph Vormweg:
  • von wem Friedrich Nietzsche der Universität empfohlen wird,
  • über welchen griechischen Gelehrten er bei seiner Antrittsvorlesung spricht,
  • warum seine Worte bei den Basler Fachkollegen nicht gut ankommen,
  • wie Nietzsche Einsamkeit verträgt,
  • mit welchen gesundheitlichen Problemen der Philosoph zu kämpfen hat.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Cathrin Nielsen (Philosophisches Seminar der Universität Wuppertal)
  • Cathrin Nielsen: Der frühe Nietzsche über Erkenntnis, Sprache und Rhythmus. Nietzsche-Studien BD. 39, Heft 1
  • Friedrich Nietzsche: Sämtliche Briefe - Kritische Studienausgabe von Colli/Montinari. München 1986
  • Wiebrecht Ries: Nietzsches Werke - Die großen Texte im Überblick. Darmstadt 2008
  • Rüdiger Safranski: Nietzsche. Biographie seines Denkens. München 2000
  • Karl Schlechta: Nietzsche-Chronik. München 1984

Weiterführende Links:

Unser Hörtipp: WDR 5 "Das Philosophische Radio" mit Jürgen Wiebicke

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Autor: Christoph Vormweg
Redaktion: Carolin Rückl und Matti Hesse
Technik: Beate Prantner

Schriftsteller Joseph Roth stirbt mit nur 44 Jahren am 27.5.1939

Schriftsteller Joseph Roth stirbt mit nur 44 Jahren am 27.5.1939 WDR Zeitzeichen 27.05.2024 14:47 Min. Verfügbar bis 28.05.2099 WDR 5

Joseph Roth gehört zu den größten Schriftstellern des 20. Jahrhunderts - und zu den rätselhaftesten. Ein brillanter Schreiber, ein Alkoholiker, ein Rastloser, der aus vier Koffern lebt.

Joseph Roth gehört zu den größten Schriftstellern des 20. Jahrhunderts – und zu den rätselhaftesten. Er hat sein Leben mit Legenden umwoben und jedem Freund eine andere Geschichte erzählt. Trotzdem ist er ein präziser Chronist seiner Zeit. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Professorin Iris Hermann (Literaturwissenschaftlerin, Universität Bamberg), Wilhelm von Sternburg: Joseph Roth - Eine Biographie. Köln 2009, Helmuth Nürnberger: Joseph Roth. Reinbek bei Hamburg 1981 ***


"Ein Ostjude auf der Suche nach Heimat" - so fasst Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki das Leben von Joseph Roth zusammen. Mit 19 verlässt Roth seine galizische Geburtsstadt Brody und ist ab diesem Zeitpunkt unterwegs: Wien, Berlin und Paris sind die wichtigsten Stationen, dazu kommen unzählige Reisen.
Unterwegs schreibt er als Reporter Reiseerzählungen mit Anspruch: "Mich liest man mit Interesse. Ich mache keine 'witzigen Glossen'. Ich zeichne das Gesicht der Zeit." Das gilt auch für seine Romane. Etwa das "Spinnennetz", eine hellsichtige Analyse des aufziehenden Nationalsozialismus.
Aus der mehr oder weniger freiwilligen Rastlosigkeit wird 1933 eine erzwungene Flucht – vor den Nazis, die Roth ganz oben auf der Liste ihrer Gegner führen. Zermürbt von Flucht und Exil, zerstört durch viel zu viel Alkohol, stirbt er am 27. Mai 1939 in einem Pariser Armenhospital.

In diesem Zeitzeichen erzählt Christiane Kopka:
  • wie das Elternhaus von Joseph Roth sein Leben prägt,
  • dass der Autor seine Romane und Artikel am liebsten schreibt, wenn es laut ist,
  • über das schwierige Verhältnis Joseph Roths zu Frauen,
  • wie sich sein Hass auf die Nationalsozialisten in Verzweiflung verwandelt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Professorin Iris Hermann (Literaturwissenschaftlerin, Universität Bamberg)
  • Joseph Roth: Die Erzählungen. Köln 1973
  • Joseph Roth: Romane. Köln 1994
  • Joseph Roth: Das journalistische Werk 1929 – 1939. Köln 2009
  • Helmuth Nürnberger: Joseph Roth. Reinbek bei Hamburg 1981
  • Wilhelm von Sternburg: Joseph Roth - Eine Biographie. Köln 2009

Weiterführende Links:

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Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autorin: Christiane Kopka
Redaktion: David Rother
Technik: Theo Kramer

Piano-Legende im Buena Vista Social Club: Rubén González

Piano-Legende im Buena Vista Social Club: Rubén González WDR Zeitzeichen 26.05.2024 14:44 Min. Verfügbar bis 27.05.2099 WDR 5

Der am 26.05.1919 geborene Rubén González entscheidet sich kurz vor dem Ende seines Medizinstudiums doch für ein Leben am Klavier. Er macht kubanische Musik weltberühmt.

Der am 26. Mai 1919 geborene Rubén González ist mit seinem Klavierspiel der geniale Taktgeber des Buena Vista Social Club. Dabei war Pianist nicht sein erster Berufswunsch. Zum Glück entscheidet sich González nochmal um, denn ohne ihn würde die lateinamerikanische Musik heute anders klingen. *** Das ist unser wichtigster Interviewpartner: Ramón Valle (kubanischer Jazzpianist)


Eigentlich will Pianist Rubén González mit 77 Jahren seinen Ruhestand genießen. Doch es kommt anders. Der US-amerikanische Gitarrist Ry Cooder und Produzent Nick Gold reisen für ein Crossover-Projekt zwischen kubanischen und westafrikanischen Musikern nach Havanna. Da die Afrikaner nicht eintreffen, springen kurzerhand andere klangvolle Namen ein - unter ihnen Ibrahim Ferrer, Eliades Ochoa, Omara Portuondo und eben Rubén González.

Buena Vista Social Club, wie man in Kuba sagt, gehen auf Welttournee und füllen die Konzertsäle von New York bis Amsterdam. Als 1998 der Dokumentarfilm von Wim Wenders in die Kinos kommt, sind González und Co. auf dem Höhepunkt ihrer zweiten, späten Karriere.

Seit seiner Kindheit sitzt der am 26.05.1919 geborene Rubén Gonzaléz täglich am Klavier. Trotzdem will er nach der Schule zunächst Arzt werden. Doch 1940 bricht er sein Medizinstudium ab und lebt fortan nur noch für die Musik. Er wird zu einem der bekanntesten und erfolgreichsten Pianisten Kubas. Er gilt als Mann mit den seidenen Händen, dem Gefühl für Rhythmus und Harmonie. Und er ist der Pianist, der den kubanischen Son weiterentwickelt.

Auch mit 81 Jahren tourt die Piano-Legende noch mit dem Buena Vista Social Club um die Welt. Zum letzten Mal tritt er zwei Jahre später in Mexiko und Kuba noch einmal öffentlich auf. Rubén González stirbt im Dezember 2003 in seinem Haus in Havanna.

In diesem Zeitzeichen erzählt Andrea Kath:
  • Warum Buena Vista Social Club in Kuba selbst kein Erfolg wird,
  • was die Musiker des Buena Vista Social Clubs verbindet,
  • von Gonzalez' Karriere vor dem Crossover-Projekt
  • von der Liebe des Pianisten zum traditionellen Son.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Ramón Valle (kubanischer Jazzpianist)
  • Jonas Reichert (Musikwissenschaftler mit Spezialgebiet kubanische Musik, Universität Bonn)
  • BBC News: Buena Vista pianist Gonzalez dies

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Autorin: Andrea Kath
Redaktion: Carolin Rückl / Matti Hesse

Künstlerin ohne Konventionen: Rosa Bonheur, Tiermalerin

Künstlerin ohne Konventionen: Rosa Bonheur, Tiermalerin WDR Zeitzeichen 25.05.2024 14:36 Min. Verfügbar bis 26.05.2099 WDR 5

Heute gilt sie - nicht ganz zurecht - als Ikone der LGBTQ-Community. Rosa Bonheur (gestorben am 25.5.1899) malte brillante Tierporträts, von den man damals glaubte, Männer hätten sie gemalt...

Rosa Bonheur ist als Tiermalerin eine der bedeutendsten Künstlerinnen des 19. Jahrhunderts. Im Unterschied zu vielen anderen zeitgenössischen Künstlerinnen und entgegen gesellschaftlicher Rollenfestlegung begreift sie das Malen als Beruf und bestimmte ihre Rolle, dem männlichen Modell folgend, von ihrer beruflichen Tätigkeit ausgehend. Zu ihrer Zeit malten Frauen bevorzugt kleinere Tiere wie Vögel und Fische, Bonheur jedoch konzentrierte sich auf Rinder und Pferde. *** Unsere wichtigste Quelle: Rosa Bonheur & Anna Klumpke: Souvenirs de ma vie. Paris 2022


Rosa Bonheur ist die Tiermalerin des 19. Jahrhunderts. Die gefeiertste und reichste französische Künstlerin ihrer Zeit, die erste, die den Ritterorden der Ehrenlegion bekommt. Und sogar die erste Frau überhaupt, die man zum Offizier dieses Ordens ernennt. Eine hübsche Person, auffallend durch kurze Haare und weite dunkle Kostüme - obwohl Frauen doch eigentlich komplizierte Aufsteckfrisuren tragen und sich in Korsetts und Krinolinen zu zwängen haben.

Rosa Bonheur will die Einzigartigkeit der Tiere darstellen, ihr Wesen, fast ihre Psychologie. In jahrzehntelangen anatomischen Studien, Tausenden von Skizzen, arbeitet Rosa Bonheur ein Leben lang an diesem Ideal. Manchmal hart am Kitsch, aber meist unsentimental realistisch. Anfangs im Rock, aber sehr schnell in den nicht nur bequemeren Hosen, für die sie extra eine polizeiliche Genehmigung braucht. Erneuerbar alle sechs Monate.

Weltruhm erlangt Rosa Bonheur 1853 mit ihrem "Pferdemarkt", einer wie ein Schlachtgemälde aufgebauten bewegten Szene mit malträtierten und rebellierenden schweren Ackergäulen. Gekauft wird es für 268.000 Goldfrancs vom amerikanischen Multimillionär Vanderbilt. Er schenkt es dem neuen Metropolitan Museum of Art. Einhellig schließt die Kritik auf das "männliche Genie" der Künstlerin.

In diesem Zeitzeichen erzählt Sabine Mann:
  • Warum Rosa Bonheur beim Malen eines Ochsengespanns mit Steinen beworfen und als Hexe beschimpft wird,
  • wie es dazu kommt, dass Rosa Bonheur heute als lesbische Ikone gilt,
  • was Buffalo Bill zu Bonheurs Popularität in den USA beiträgt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:innen:
  • Marie Borin, Bonheur-Biografin
  • Katherine Brault, Besitzerin des Ateliers von Rosa Bonheur
  • Léon Roger-Milès: Rosa Bonheur, sa vie, son œuvre. Société d’Edition Artistique, 1900, S. 116, zitiert in:
  • Marie Borin: Rosa Bonheur. Une artiste à l’aube du féminisme. Paris. 2011.
  • Anna Klumpke: Rosa Bonheur, sa vie, son oeuvre. Paris, 1908, S. 311, zitiert in:
  • Marie Borin, Rosa Bonheur: Une artiste à l’aube du féminisme. Paris 2011.

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Autorin: Sabine Mann
Redaktion: David Rother
Technik: Annett Bastian

Begnadeter Schriftsteller und Theaterkönig: George Tabori

Begnadeter Schriftsteller und Theaterkönig: George Tabori WDR Zeitzeichen 24.05.2024 14:48 Min. Verfügbar bis 25.05.2099 WDR 5

Endet jede Show mit einem tödlichen Sturz? Das glaubt der vierjährige György, aus dem einmal George Tabori werden soll - frenetischer Drehbuchschreiber, Stückeautor, begnadeter Schriftsteller und der Theaterkönig von Wien und Berlin.

George Tabori ist Regisseur, Schauspieler, Lebenskünstler - und er ist Jude. Seit den späten 1960er-Jahren bringt Tabori den Holocaust auf seine ganz eigene Art ins deutschsprachige Theater: brutal komisch und politisch völlig unkorrekt. In seinem größten Erfolg, der Farce "Mein Kampf", ist er einer der Ersten, der Adolf Hitler als Komödienfigur zeigt. Vergangenheitsbewältigung mal anders. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Wolf Biermann (Liedermacher und Lyriker), George Tabori: Autodafé - George Tabori erzählt aus seinem Leben. Berlin 2023, Andrea Welker: George Tabori - Dem Gedächtnis, der Trauer und dem Lachen gewidmet. Wien 1994


Wie lautet der kürzeste deutsche Witz? "Auschwitz". Da, wo für viele der Spaß aufhört, macht George Tabori einfach weiter. Mit schwarzem Humor und politisch völlig unkorrekt nutzt der jüdische Journalist, Autor und Theatermacher seine Kunst zeitlebens auch dazu, die Erinnerung an den Holocaust wachzuhalten.
Sarkasmus ist dabei Taboris Strategie, die eigene Lebenstragödie auszuhalten: Am 24. Mai 1914 als György Tabori in Budapest geboren, lebt der wortgewandte Künstler im Laufe seines Lebens in 17 Ländern. Sein Vater und große Teile seiner jüdischen Familie werden in Auschwitz ermordet. Tabori selbst überlebt den Holocaust in Großbritannien.
Für sein Schaffen erhält der Theatermann zahlreiche Preise - unter anderem darf er 1992 als erster nichtdeutschsprachiger Autor den Georg-Büchner-Preis entgegen nehmen. 2007 stirbt George Tabori im Alter von 93 Jahren in Berlin.

In diesem Zeitzeichen erzählt Jürgen Werth:
  • Durch welches "Wunder" Taboris Mutter Elsa dem Transport nach Auschwitz entkommt,
  • welche Rolle Bertolt Brecht bei Taboris Theaterkarriere spielt,
  • wie ausgerechnet die Farce "Mein Kampf" zu Taboris größtem Erfolg wird,
  • von Taboris Tierliebe - vor allem zu seinem Hund Hapschi.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Wolf Biermann (Liedermacher und Lyriker)
  • George Tabori: Autodafé - George Tabori erzählt aus seinem Leben. Berlin 2023
  • George Tabori: Theaterstücke. München 1994
  • George Tabori: Meine Kämpfe Erzählungen. München 1986
  • Andrea Welker: George Tabori - Dem Gedächtnis, der Trauer und dem Lachen gewidmet. Wien 1994
  • George Tabori: Betrachtungen über das Feigenblatt. Ein Handbuch für Verliebte und Verrückte. Frankfurt am Main 1993

Weiterführender Link:
  • Hörbuch der Woche: "Autodafé" von George Tabori
  • Sie hat George Tabori und Günter Grass entdeckt: Verlegerin Maria Müller-Sommer gestorben

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Autor: Jürgen Werth
Redaktion: Frank Zirpins

Das deutsche Grundgesetz wird verkündet (am 23.5.1949)

Das deutsche Grundgesetz wird verkündet (am 23.5.1949) WDR Zeitzeichen 23.05.2024 14:45 Min. Verfügbar bis 24.05.2099 WDR 5

Acht Monate arbeiten 65 Frauen und Männer in Bonn am Grundgesetz. Dieser Parlamentarische Rat will die Verfassung eines Rechtsstaats schaffen - mit nüchterner Sprache und hehren Zielen.

Mit der Unterzeichnung des Grundgesetzes in Bonn wird am 23. Mai 1949 die Bundesrepublik Deutschland gegründet. Nach Artikel 20 versteht sie sich als demokratischer und sozialer Bundesstaat, in dem alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht. *** Unser wichtigster Interviewpartner: Heribert Prantl (Jurist und Autor der Süddeutschen Zeitung)


Am 23. Mai 1949 endet mit der feierlichen Verkündung und Unterzeichnung des Grundgesetzes zu Bach´scher Orgelmusik die Arbeit des Parlamentarischen Rates. Ein dreiviertel Jahr zuvor sind in den Westdeutschen Landtagen 65 Frauen und Männer gewählt und nach Bonn entsandt worden. Sie sollen die Verfassung für einen Rechtsstaat ausarbeiten. Aus den ursprünglich geplanten drei Monaten werden schließlich acht.

Am vierten Jahrestag der Kapitulation, dem 8. Mai 1949, verabschiedet der Parlamentarische Rat kurz vor Mitternacht das Grundgesetz mit 53 gegen zwölf Stimmen. Vier Tage später wird es von den drei westlichen Alliierten bestätigt und danach von den westdeutschen Landtagen ratifiziert.

Die Mütter und Väter des Grundgesetzes sind nicht nur von der Geschichte und dem Leitsatz "Nie wieder" geprägt. Sie sind auch von der Sorge getrieben, die Spaltung zwischen Ost- und Westdeutschland nicht weiter zu vertiefen. Zeitgleich entsteht in der DDR ebenfalls eine Verfassung, die für vier Jahrzehnte gilt.

"Grundrechte sind weder rechts noch links. Sondern Grundrechte sind schlicht fundamental für den demokratischen Rechtsstaat. Und das ist der Satz, der für mich über den Feierlichkeiten zum Grundgesetzjubiläum steht", erklärt Heribert Prantl, Autor und Kolumnist der Süddeutschen Zeitung.

In diesem Zeitzeichen erzählt Anja Arp:
  • Warum das Grundgesetz weniger ein Liebesbrief an ein Land ist, sondern eher ein Liebeskummerbrief,
  • woran die beiden ersten demokratischen Verfassungen in Deutschland scheitern,
  • welche großen Bewährungsproben das Grundgesetz bisher gemeistert hat,
  • wie die "Gesellschaft für Freiheitsrechte" als privater Verein über das Grundgesetz wacht.

Das sind unsere wichtigsten Interviewpartner:
  • Heribert Prantl (Autor und Kolumnist der Süddeutschen Zeitung)
  • Ulf Buermeyer (Vorsitzender der Gesellschaft für Freiheitsrechte)

Podcast-Tipp:
Live-Reportage vom 23.5.1949 in voller Länge im ARD Archivradio

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Autorin: Anja Arp
Redaktion: Christoph Tiegel / Frank Zirpins

Trotziger Schriftsteller und Grenzgänger: Stefan Heym

Trotziger Schriftsteller und Grenzgänger: Stefan Heym WDR Zeitzeichen 22.05.2024 14:49 Min. Verfügbar bis 23.05.2099 WDR 5

Am 22.5.1979 wird Stefan Heym in der DDR wegen angeblicher Devisenvergehen verurteilt. Dem Schriftsteller sollten Grenzen aufgezeigt werden. Grenzen - ohnehin Heyms zentrales Thema.

Stefan Heyms Lebensthema sind Grenzen: etwa die, die er überqueren muss, als bedrohter Flüchtling, als angefeindeter Emigrant. Doch Grenzen auch in den Köpfen, politische, religiöse, ideologische, an denen er sich wundstößt, selbst wenn die Grenzen sich tarnen. *** Das ist unsere wichtigste Interviewpartnerin: Beate Kunath (Filmemacherin)


Schon als Schüler veröffentlicht er 1931 in einer Chemnitzer Zeitung ein Anti-Kriegs-Gedicht. Damals noch unter seinem richtigen Namen Helmut Flieg. Daraufhin fliegt er vom Gymnasium, studiert Journalistik in Berlin, schreibt in linken Zeitungen - und landet als Feind auf der schwarzen Liste der Nazis. Als Hitler an die Macht kommt, veröffentlicht Flieg nur noch unter dem Pseudonym Stefan Heym und flieht erst nach Schlesien, von dort aus zu Fuß über die Berge nach Prag.


Später emigriert er weiter in die USA und kehrt im Krieg als amerikanischer Soldat zurück. Im besetzten Deutschland arbeitet er als Militärjournalist am Aufbau einer freien Presse mit, kehrt dann aber in die USA zurück. 1948 erscheint sein Kriegsroman "The Crusaders". Als in den USA die McCarthy-Ära beginnt, kehrt er zurück nach Europa, nach Ost-Berlin. In der DDR versteht er sich als "kritischer Marxist".

Schon mit SED-Parteichef Walter Ulbricht bekommt Heym Ärger wegen seiner unangepassten Kommentare. Seit den 1960er-Jahren lehnt die Zensur immer mehr Bücher von Heym ab. 1976 organisiert Heym mit anderen den Protest gegen die Ausbürgerung von Wolf Biermann. 1979 rechnet er in seinem Roman "Collin" mit dem Stalinismus ab. In der DDR darf das Buch nicht erscheinen. Weil Heym es im Westen drucken lässt, wird er am 22.05.1979 wegen Devisenvergehen verurteilt und aus dem Schriftstellerverband ausgeschlossen. 

Nach dem Fall der Mauer macht Heym eine kurze politische Karriere. Er stirbt am 16. Dezember 2001 bei einer Vortragsreise in Israel.

In diesem Zeitzeichen erzählt Jutta Duhm-Heitzmann:
  • Warum Stefan Heym nach seiner USA-Zeit nicht in der BRD, sondern in der DDR sesshaft wurde,
  • dass die DDR ihn erfolglos "zu Tode schweigen" wollte,
  • warum Stefan Heym nach der Wende in die Politik ging - und sie desillusioniert wieder verließ,
  • dass seine Gedichte heute von jungen Leuten neu entdeckt werden.

Das ist unsere wichtigste Interviewpartnerin:
  • Beate Kunath (Filmemacherin, u.a. "Abschied und Ankunft")

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Autorin: Jutta Duhm-Heitzmann
Redaktion: Matti Hesse / Christoph Tiegel
Technik: Moritz Raestrup

Bezahlbar wohnen in der Stadt: Jakob Reumann und das "Rote Wien"

Bezahlbar wohnen in der Stadt: Jakob Reumann und das "Rote Wien" WDR Zeitzeichen 21.05.2024 16:03 Min. Verfügbar bis 22.05.2099 WDR 5

Am 21.5.1919 wird Jakob Reumann der erste sozialdemokratische Bürgermeister Wiens. So wird das "Rote Wien" geboren: ein Reformprojekt, das die Stadt bis heute prägt.

Er will nicht nur Wohnungen für Menschen erschaffen, sondern ganze Lebensräume: Als Jakob Reumann zum ersten sozialdemokratischen Bürgermeister von Wien gewählt wird, wird die Stadt neu gestaltet. Das hat Auswirkungen bis heute. *** Das ist unser wichtigster Interviewpartner: Werner Michael Schwarz, Historiker und Kurator im Wien-Museum


Am Ende des Ersten Weltkriegs ist Wien in Not - eine überfüllte Stadt mit schlechter Versorgungslage. Die Menschen versuchen, sich selbst zu versorgen, sich auch selbst um Wohnraum zu kümmern. Sie bauen sich am Stadtrand Hütten und legen große Gärten an.

Bis 1919 gilt in Österreich das Kurienwahlrecht: Ob und wer wählen darf, hängt unter anderem von der Steuerleistung ab. Das ändert sich mit der Wahlrechtsreform. Am 4. Mai 1919 finden bei der Gemeinderatswahl in Wien erstmals allgemeine und gleiche Wahlen statt. Dabei erzielen die Sozialdemokraten mit 54,2 Prozent der Stimmen die absolute Mehrheit. Der Gemeinderat wählt Jakob Reumann zum Bürgermeister. Das rote Wien ist geboren.

Zum Programm der neuen Stadtregierung zählt unter anderem kostenlose medizinische Versorgung, Bildungsreformen sowie die Schaffung von Wohnraum. Zentral dabei: Es sollen nicht nur Wohnungen für Menschen geschaffen werden, sondern Lebensräume. Das hat nicht nur in Wien Konsequenzen: Die eher traditionell und konservativ denkende Landbevölkerung schaut so skeptisch nach Wien, dass Wien und Niederösterreich sich trennen. Wien wird zum unabhängigen Land in Österreich und kann eigene Gesetze und eigene Steuern erheben - etwa die Wohnbausteuer.

In diesem Zeitzeichen erzählt Wolfgang Meyer:
  • Welche traurige Inschrift heute Reumanns Bronzebüste ziert,
  • warum die Versorgungslage in Wien so schlecht war, obwohl alle Eisenbahnlinien über die Stadt liefen,
  • warum Gemeindewohnungen in den alten Gebäuden heute noch so begehrt sind,
  • wieso die Wohnbausteuer in der Bevölkerung große Zustimmung fand.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Werner Michael Schwarz (Historiker, Kurator im Wien-Museum)

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Autor: Wolfgang Meyer
Redaktion: Matti Hesse

Mit Humor gegen den Krebs ankämpfen: Komikerin Gilda Radner

Mit Humor gegen den Krebs ankämpfen: Komikerin Gilda Radner WDR Zeitzeichen 20.05.2024 14:45 Min. Verfügbar bis 21.05.2099 WDR 5

Mit ihrem humoristischen Talent ist Gilda Radner einer der Stars der TV-Show "Saturday Night Live". Den Humor verliert sie auch nicht, als bei ihr Krebs diagnostiziert wird.

"Comedy ist das, was mein Leben von einer Tragödie unterschieden hat", sagt die Komikerin Gilda Radner 1982 rückblickend. "Ein komischer Blick auf die Welt hat mich wieder und wieder gerettet - und ich liebe es, lustig zu sein." *** Das ist unsere wichtigste Interviewpartnerin: Lisa D’Apolito (Regisseurin der Doku "Love, Gilda")


Im Leben von Gilda Radner sind Komödie und Tragödie immer eng verknüpft. Als Tochter eines wohlhabenden Hotelmanagers ist sie ein aufgekratztes, gut gelauntes Mädchen. Trotzdem findet sie schwer Anschluss, denn durch die Umzüge der Familie wechselt sie oft die Schule - und sie wird immer wieder wegen ihres Gewichts gehänselt.

Mit zehn Jahren erhält sie Diätpillen, die heftige Stimmungsschwankungen verursachen. Ihr Kindermädchen rät ihr: "Wenn sie sagen, dass du fett bist, mach einen Witz darüber und lach. Mach du den Witz, bevor sie darauf kommen." Auch als ihr Vater an einem Tumor stirbt, ist für den Teenager Humor ein Weg, um mit der Trauer umzugehen.

"Meine Comedy war immer dazu gedacht, die Dinge wieder in Ordnung zu bringen", sagt sie später. "Ich benutzte Comedy, um die Kontrolle über mein Leben zu halten." Doch für den Umgang mit ihrer Bulimie muss sie auf ärztliche Hilfe zurückgreifen - und weist sich selbst ins Krankenhaus ein.

Als sie den Schauspieler Gene Wilder heiratet, geht es ihr gut wie nie zuvor. Doch schon bald hat sie mit Schmerzen zu kämpfen: Sie hat Krebs. Auch diesen Kampf nimmt sie mit ihrer eigenen Waffe auf: dem Humor.

In diesem Zeitzeichen erzählt Jana Fischer:
  • Wie das komödiantische Talent von Gilda Radner entdeckt wird,
  • welche Stationen zu ihrer Karriere gehören,
  • welches Verhältnis sie zu Fans hat,
  • wie Ehemann Gene Wilder auf die tragische Krankheitsgeschichte von Gilda Radner reagiert.

Das ist unsere wichtigste Interviewpartnerin:
  • Lisa D’Apolito (Regisseurin der Doku "Love, Gilda")

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Autorin: Jana Fischer
Redaktion: Frank Zirpins

Ikone der Evolution: das Primatenfossil "Ida"

Ikone der Evolution: das Primatenfossil "Ida" WDR Zeitzeichen 19.05.2024 14:47 Min. Verfügbar bis 20.05.2099 WDR 5

Die Grube Messel in Hessen wird 1983 Fundort von etwas, das mit der öffentlichen Präsentation am 19.5.2009 zur Weltsensation wird: ein Primatenfossil, 47 Mio. Jahre alt.

Der norwegische Paläontologe Jorn Hurum präsentiert 2009 publikumswirksam den Ankauf des frühen Primaten-Fossils Darwinius masillae aus dem Eozän (Alter 47 Millionen Jahre) der Grube Messel, das über Umwege privater Sammler an die Universität Oslo kommt. Den Holotyp bennent er nach seiner Tochter Ida. Seine öffentliche Ankündigung einer "revolutionären" neuen Entdeckung erweist sich später aus wissenschaftlicher Sicht als übertrieben, da es sich als wahrscheinlich nicht direkt zur Vorfahrenlinie des Menschen und der Affen zugehörig erweist. *** Das ist unser wichtigster Interviewpartner: Prof. Dr. Ottmar Kullmer, Leiter der Abteilung Paläoanthropologie im Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt


Mitten in Deutschland, auf halbem Weg zwischen Darmstadt und Frankfurt am Main, ist ein ganz besonderes Fenster in die Vergangenheit zu finden. Die Grube Messel. Etwa einen Kilometer im Durchmesser und rund 60 Meter tief ist die Grube eine sehr ergiebige Fundstelle für Fossilien, die auch besonders gut erhalten sind. Eines dieser Fossilien wird vor 15 Jahren zum weltweiten Medienstar.

Am 19. Mai 2009 stellen der norwegische Paläontologe Jørn Hurum und sein Team der Weltöffentlichkeit die Sensation im New Yorker Museum für Naturgeschichte vor.

Ausgegraben wird das Fossil in der heutigen UNESCO-Weltnaturerbestätte Grube Messel schon 1983 - also über ein Vierteljahrhundert vor seiner öffentlichen Präsentation. Die Politik hat zu diesem Zeitpunkt den wissenschaftlichen Wert der stillgelegten Ölschiefergrube noch nicht erkannt und will sie zur Mülldeponie umfunktionieren.

Bis es soweit ist, dürfen auch Hobby-Forscher auf dem Gelände nach Fossilien suchen. Einer von ihnen findet die Schieferplatte, in der sich ein versteinertes Primatenskelett verbirgt. Die Wissenschaftler geben ihrer Entdeckung den lateinischen Namen "Darwinius masillae". Einen Spitznamen hat das Fossil auch. Jørn Hurum hat es zu Ehren seiner Tochter "Ida" getauft.

In diesem Zeitzeichen erzählt Daniela Wakonigg:
  • Wie aus einem Vulkan die Grube Messel entsteht,
  • warum der neu entstandene See für Tiere zur tödlichen Falle wird,
  • wie Jørn Hurum die Präsentation des Fossils und der wissenschaftlichen Untersuchungen über "Ida" zum medienwirksamen Event macht,
  • warum Wissenschaftler darum streiten, ob "Ida" ein Trocken- oder Feuchtnasenprimat ist.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Prof. Dr. Ottmar Kullmer, Leiter der Abteilung Paläoanthropologie im Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt.
  • Colin Tudge: Missing Link: Ida und die Anfänge der Menschheit. Der Sensationsfund aus Deutschland. 2009.

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Autorin: Daniela Wakonigg
Redaktion: Christoph Tiegel und David Rother
Technik: Moritz Raestrup

Todfeind der Mafia: Der italienische Richter Giovanni Falcone

Todfeind der Mafia: Der italienische Richter Giovanni Falcone WDR Zeitzeichen 18.05.2024 14:44 Min. Verfügbar bis 19.05.2099 WDR 5

Giovanni Falcone (geboren am 18.5.1938) war der wichtigste Mafia-Jäger. Er bewies, dass man die Mafia wohl nicht besiegen, aber bekämpfen kann. Dafür zahlte er mit seinem Leben.

Giovanni Falcone ist der "Cosa Nostra" jahrelang auf den Fersen - und sie ihm. Der italienische Star-Jurist weiß, dass er jederzeit um sein Leben fürchten muss. Am 23. Mai 1992 reißt eine Autobombe den Richter in den Tod. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Michael Kadereit (interviewte als letzter deutscher Journalist Falcone neun Tage vor dessen Tod), Marcelle Padovani: Giovanni Falcone – Mafia intern. München 1993, Roberto Saviano: Falcone. München 2024


Im Frühjahr 1992 stellt die Mafia dem Richter Giovanni Falcone eine Falle: In einem Abwasserkanal unter der Autobahn 29 vom Flughafen Punta Raisi nach Palermo werden in Höhe der Kleinstadt Capaci 500 Kilogramm Sprengstoff versteckt. Der Mafia-Jäger ist seit den 1980er-Jahren der Star-Jurist Italiens. Mittlerweile arbeitet er im Justizministerium in Rom an einer Reform des Strafvollzugs.

Wenn der Richter das nächste Mal heim nach Sizilien kommt, soll die Bombe hochgehen. Das ist am 23. Mai 1992 der Fall: Das Auto der drei vorausfahrenden Leibwächter wird von der gewaltigen Explosion 60 Meter hoch in die Luft geschleudert. Falcones Fahrzeug kracht in den Bombenkrater. Der Richter stirbt im Krankenhaus. Er wird 53 Jahre und fünf Tage alt.

In diesem Zeitzeichen erzählt Edda Dammmüller:
  • wie Giovanni Falcone als Kind mit den Söhnen der Mafia-Familien spielt,
  • was der Richter über die Chancen des Kampfes gegen die Mafia denkt,
  • mit wem Falcone im Justizpalast von Palermo eng zusammenarbeitet,
  • welches Ermittlungscredo er verfolgt,
  • mit wem Falcone die "Pizza-Connection" aufgedeckt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Michael Kadereit (interviewte als letzter deutscher Journalist Falcone neun Tage vor dessen Tod)
  • Marcelle Padovani: Giovanni Falcone – Mafia intern. München 1993
  • Roberto Saviano: Falcone. München 2024

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Autorin: Edda Dammmüller
Redaktion: Matti Hesse
Producerin: Sarah Fitzek

Zur Rettung ungarischer Juden: ein Deal mit den Nazis

Zur Rettung ungarischer Juden: ein Deal mit den Nazis WDR Zeitzeichen 17.05.2024 15:08 Min. Verfügbar bis 18.05.2099 WDR 5

Wie können ungarische Juden vor der Vernichtung gerettet werden? Ein Hilfskomitee setzt im April/Mai 1944 auf Verhandlungen mit der SS. Ein Resultat der Gespräche ist der "Kasztner-Zug".

Als sich Adolf Eichmann, der Organisator des Holocaust, 1961 in Israel für seine Taten verantworten muss, geht es auch um einen Deal zwischen der SS und einem Hilfskomitee, das ungarische Juden retten will. 1944 erreicht Rezsö Kasztner, dass fast 1.700 jüdische Menschen Budapest per Zug verlassen können. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Sybille Steinbacher (Direktorin des Fritz-Bauer-Instituts und Inhaberin des Lehrstuhls zur Erforschung der Geschichte und Wirkung des Holocaust an der Goethe-Universität Frankfurt am Main), Ladislaus Löb: Geschäfte mit dem Teufel - Die Tragödie des Judenretters Rezsö Kasztner - Bericht eines Überlebenden. Köln 2010***


Der Holocaust in Ungarn verläuft in einem enormen Tempo: Am 19. März 1944 marschiert die deutsche Wehrmacht das Land ein und schon gut einen Monat später, am 28. April, verlässt der erste Zug mit ungarischen Juden Budapest in Richtung Auschwitz. Innerhalb von acht Wochen werden 438.000 von ihnen dorthin deportiert.

Dagegen stemmt sich das Komitee für Rettung und Hilfe, das seit 1941 versucht, Juden aus den Konzentrationslagern und Ghettos ins sichere Ausland zu bringen. Das Komitee nimmt Kontakt zur SS auf: zu Adolf Eichmann, dem Organisator der Judenvernichtung. Es kommt zu einem Versprechen: 10.000 Lastwagen gegen eine Million Juden.

100.000 Juden will Eichmann als "Vorschuss" freilassen, falls Vertreter der vermeintlichen "jüdischen Weltmacht" eine Zusage für den Deal unterschreiben. Am 17. Mai 1944 macht sich deshalb Joel Brand als Komitee-Vertreter nach Istanbul auf. Derweil verhandelt Rezsö Kasztner in Ungarn weiter mit Eichmann.

Schließlich fährt der sogenannte Kasztner-Zug mit 1.684 ungarischen Juden Ende Juni 1944 los - aber nicht wie ausgemacht in die Schweiz, sondern nach Bergen-Belsen. Dort gibt es auf Weisung von SS-Chef Heinrich Himmler 30.000 "Austauschjuden", die als Geiseln für mögliche "Geschäfte" mit den Westalliierten dienen sollen.

In diesem Zeitzeichen erzählt Peter Meisenberg:
  • warum Eichmann Kasztner überhaupt ernst nimmt,
  • was aus der Mission von Joel Brand wird,
  • welches Kalkül die SS mit dem Deal "Juden gegen Lastwagen" verbindet,
  • wie einige Juden tatsächlich die Schweiz erreichen,
  • dass Rezsö Kasztner nach dem Zweiten Weltkrieg für sein Engagement mit dem Leben bezahlt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Sybille Steinbacher (Direktorin des Fritz-Bauer-Instituts und Inhaberin des Lehrstuhls zur Erforschung der Geschichte und Wirkung des Holocaust an der Goethe-Universität Frankfurt am Main)
  • Yehuda Bauer: Freikauf von Juden? Verhandlungen zwischen dem nationalsozialistischen Deutschland und jüdischen Repräsentanten von 1933 bis 1945. Berlin 2019
  • Andreas Biss: List als Waffe. Wir hielten die Vernichtung an. Berlin 2022
  • Christian Gerlach, Götz Aly: Das letzte Kapitel - Der Mord an den ungarischen Juden 1944 bis 1945. Frankfurt am Main 2002
  • Ladislaus Löb: Geschäfte mit dem Teufel - Die Tragödie des Judenretters Rezsö Kasztner - Bericht eines Überlebenden. Köln 2010

Weiterführende Links:

Unser Hörtipp: WDR 5 "Das Philosophische Radio" mit Jürgen Wiebicke

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Die Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autor: Peter Meisenberg
Redaktion: Matti Hesse

Josip Broz Tito: Autokrat und Lebemann, verehrt und verachtet

Josip Broz Tito: Autokrat und Lebemann, verehrt und verachtet WDR Zeitzeichen 16.05.2024 14:51 Min. Verfügbar bis 17.05.2099 WDR 5

Am 16.5.1974 wurde Tito als jugoslawischer Staatspräsident auf Lebenszeit bestätigt. Er war Kämpfer, Landesvater, Unterdrücker, Jetset-Mensch... eine Jahrhundertfigur.

Der jugoslawische Staatspräsident Josip Broz, genannt Tito, genießt das Leben, liebt gutes Essen, teure Autos und den Glamour des internationalen Jetsets. Seine politischen Gegner lässt er gnadenlos verfolgen, bis er sein Land vom Stalinismus entfernt: Tito bleibt eine zwiespältige, schillernde Gestalt der europäischen Geschichte. *** Das ist unsere wichtigste Interviewpartnerin: Marie-Janine Calic, Professorin für Ost- und Südosteuropäische Geschichte, Universität München.


Josip Broz, genannt Tito, wird 1892 in Kumrovec, einem Dorf an der kroatisch-slowenischen Grenze, geboren und wächst in einer kinderreichen Bauernfamilie auf. Während des Ersten Weltkriegs gerät er in russische Kriegsgefangenschaft und kommt dort mit sozialistischen Ideen in Kontakt. Im Zweiten Weltkrieg führt er die Partisanen im Kampf gegen die deutsche Besatzung und gegen nationale Gruppen, die Jugoslawien in den Bürgerkrieg treiben.

Nach dem Krieg gründet Tito ein sozialistisches Jugoslawien, später versucht er das Land zwischen den politischen Blöcken in Ost und West zu positionieren. Seine Herrschaft ist von strenger Kontrolle geprägt, er erlaubt aber auch eine gewisse Liberalisierung, die Reisefreiheit und Meinungsvielfalt zulässt. 1974 wird er zum Staatspräsidenten auf Lebenszeit ernannt.

Titos Tod im Jahr 1980 hinterlässt ein Machtvakuum, das die kommunistische Partei nicht füllen kann. Der Slogan "Brüderlichkeit und Einheit" entpuppt sich als Illusion, und in den 1990er Jahren zerbricht Jugoslawien in einem blutigen Bürgerkrieg.

Heute ist Titos Erbe ambivalent. Die Figur spaltet immer noch: Für manche ist er der Held, der Jugoslawien vereint, für andere der Diktator, der das Land ins Unglück stürzt.

In diesem Zeitzeichen erzählt Claudia Friedrich:
  • warum warmer Topfenstrudel viel mit Titos Biografie zu tun hat,
  • woher der Name Tito kommt,
  • warum in Jugoslawien gerade unter Jugendlichen eine Titostalgie zu beobachten ist.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Marie-Janine Calic: Tito. Der ewige Partisan, München 2020.
  • Marie-Janine Calic: Geschichte Jugoslawiens, München 2018.
  • Slavko Goldstein: 1941. Das Jahr, das nicht vergeht. Die Saat des Hasses auf dem Balkan, Frankfurt am Main 2018. -
  • Sarah Wiener: 1969. Josip Broz Tito. Der Topfenstrudel, den der jugoslawische Staats-Chef der Schauspielerin Sophia Loren servierte, in: Gerichte, die die Welt veränderten. S. 209-216), Wien 2018.

Und das ist unsere Interviewpartnerin:
  • Marie-Janine Calic, Professorin für Ost- und Südosteuropäische Geschichte, Universität München.

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Autorin: Claudia Friedrich
Redaktion: David Rother
Technik: Claudia Friedrich

Beeindruckte Mozart: Die blinde Pianistin Maria Theresia Paradis

Beeindruckte Mozart: Die blinde Pianistin Maria Theresia Paradis WDR Zeitzeichen 15.05.2024 14:45 Min. Verfügbar bis 16.05.2099 WDR 5

Die am 15.05.1759 geborene Paradis spielt nur nach Gehör. Trotzdem tourt sie als gefeierte Pianistin durch Europa und wird zur Wegbereiterin für die Blindenbildung.

Das Leben der blinden Pianistin Maria Theresia Paradis Leben ist nicht nur von Musik geprägt, sondern auch von bemerkenswerten sozialen Verbindungen, darunter Adlige, Musiker, Komponisten und Wissenschaftler. In Paris inspiriert sie den Lehrer Valentin Haüy, der später die erste Blindenschule gründet. ***Das ist unsere wichtigste Interviewpartnerin: Gerlinde Sämann, Sopranistin


Im Wien des 18. Jahrhunderts ist sie eine Ausnahmeerscheinung, eine blinde Pianistin, die die Herzen Europas erobert. Maria Theresia Paradis, geboren 1759, ist eine wahre Meisterin am Klavier. Ihr Talent führt sie auf eine bemerkenswerte Konzertreise durch Europa.

Ihr Motto "Wer die Musik nur durch die Ohren jagt, ist mehr Gaukler als Musiker" spiegelt sich in allen Bereichen des Lebens der Pianistin wider: In ihrer Hingabe zur Musik, ihrer akribischen Disziplin beim Üben, ihrer Art, Schüler zu unterrichten, und ihrer kontinuierlichen Suche nach tieferem Verständnis. Sie hört Musik nicht nur, sondern erlebt sie mit ganzen Sinnen. Sie fühlt die Tasten, memoriert Strukturen und entwickelt Techniken, um sich musikalische Werke vorzustellen. Dies zeigt sich auch in ihrer Offenheit gegenüber neuen Ideen und Technologien, wie dem speziell für sie entwickelten Druck-Setzkasten, der es ihr ermöglicht, Briefe und Noten zu schreiben.

Die tiefgehende Auseinandersetzung mit der Musik macht Paradis zu einer außergewöhnlichen Musikerin und Lehrerin, deren Leidenschaft weit über das bloße Spielen von Noten hinausgeht. Sie stirbt 1824 im Alter von 64 Jahren. Ihre Werke sind größtenteils verloren gegangen, doch ihre Geschichte bleibt eine Quelle der Inspiration.

In diesem Zeitzeichen erzählt Christian Kosfeld:
  • wie die junge Pianistin alle in ihren Bann zieht,
  • wie es dazu kommt, dass Mozart ihr ein Konzert widmet,
  • und warum Liebe eines ihrer wirkungsvollsten Lehrmittel ist.

Das ist unsere wichtigste Interviewpartnerin:
  • Gerlinde Sämann, Sopranistin

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Autor: Christian Kosfeld
Redaktion: Carolin Rückl und Frank Zirpins

Amerikanischer Traum aus der Ketchup-Flasche: Henry John Heinz

Amerikanischer Traum aus der Ketchup-Flasche: Henry John Heinz WDR Zeitzeichen 14.05.2024 13:37 Min. Verfügbar bis 15.05.2099 WDR 5

Am 14.5.1919 stirbt Henry John Heinz. Der "Vater des Ketchups" war ein Marketing-Genie: "Wenn es nicht Heinz ist, ist es auch nicht Ketchup." Sein Ketchup wird zur Grundlage einer der größten Lebensmittel-Dynastien der USA.

Bei diesem Namen sehen die meisten rot: Henry J. Heinz, der Mann mit dem Ketchup. Als Firmenchef ist er ein Patriarch alter Schule: Gewerkschaften sieht er als sozialistische Unruhestifter, ist aber auch der Meinung, dass Arbeitgeber ihre Mitarbeiter fair behandeln sollten und bietet ihnen daher eine kostenlose medizinische Versorgung und ausreichend Pausen. ***Das ist unsere wichtigste Quellen: Quentin R. Skrabec: H.J. Heinz - a Biography. Jefferson 2009


Henry John Heinz ist der Mann hinter Heinz-Ketchup, einer der bekanntesten Marken der Welt. Geboren 1844 in der Nähe von Pittsburgh als ältestes von acht Kindern deutscher Einwanderer, zeigt sich schon früh sein Talent für den Handel: Schon im Alter von 12 Jahren verkauft er eingelegtes Gemüse und Meerrettich an lokale Händler.

1869 gründet er dann sein erstes Unternehmen: Heinz Noble & Company. Der Börsencrash 1873 zwingt ihn in die Insolvenz, aber er baut sein Geschäft wieder auf. Er konzentriert sich auf Produkte wie Ketchup, Essig und eingelegtes Gemüse. Für seinen Erfolg setzt er neben guter Qualität auf Verpackung und innovative Werbung: die noch heute verwendete "57 Varieties"-Kampagne stammt von ihm.

Henry John Heinz stirbt 1919, aber sein Vermächtnis lebt weiter: Sein Heinz-Ketchup ist auch heute weltweit bekannt. Und auch sein Motto ist heute noch genauso aktuell wie damals: "Tue eine gewöhnliche Sache ungewöhnlich gut."

In diesem Zeitzeichen erzählt Thomas Mau:
  • wieso Ed Sheeran nicht auf Ketchup verzichten kann,
  • warum klare Glasflaschen ein Verkaufsargument sind,
  • wozu Henry J. Heinz mittels einer Maschine misst, mit welcher Geschwindigkeit der Ketchup aus der Flasche kommt,
  • und wie eine Gurke zum berühmtesten Giveaway in der Geschichte des Merchandisings wird.

Das ist eine unserer Quellen:
  • Quentin R. Skrabec: H.J. Heinz - a Biography. Jefferson 2009

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Autor: Thomas Mau
Redaktion: Matti Hesse

Kämpfer gegen das Vergessen: Todestag von Paul Merker

Kämpfer gegen das Vergessen: Todestag von Paul Merker WDR Zeitzeichen 13.05.2024 14:26 Min. Verfügbar bis 14.05.2034 WDR 5

Funktionär Paul Merker wird in der DDR verhaftet, verhört und verurteilt - weil er sich für Entschädigungen für Holocaust-Überlebende einsetzt. Erst spät und im Stillen wird er rehabilitiert.

Er ist langjähriger Kommunist und Widerstandskämpfer gegen die Nazis. Als hoher SED-Funktionär ist Paul Merker auch mit Walter Ulbricht und Wilhelm Pieck bekannt. Trotzdem wird er in der DDR zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt - weil er sich für die Rückerstattung geraubten jüdischen Vermögens einsetzt. *** Das sind unsere wichtigsten Interviewpartner: Ulrich Mählert (Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur), Philipp Graf (Leibniz-Institut für jüdische Geschichte) ***


Die DDR nähert sich dem Thema Holocaust künstlerisch, politisch und juristisch. Doch von Entschädigungen für Holocaust-Überlebende will sie nichts wissen. Paul Merker tritt als einziges hochrangiges SED-Mitglied für die Rechte der jüdischen NS-Opfer und ihrer Nachkommen ein.
Er favorisiert die sogenannte Wiedergutmachung, also die Rückerstattung geraubten jüdischen Vermögens. Deshalb fällt er in Ungnade. Wegen vermeintlicher "Agententätigkeit" nimmt ihn die Stasi Ende November 1952 fest. Der Prozess findet nach zweijähriger Untersuchungshaft unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt und dauert nur zwei Tage. Das Urteil fällt Ende März 1955: acht Jahre Zuchthaus.
Doch dann wird Paul Merker bereits im Januar 1956 aus der Haft entlassen. Wenige Wochen später hält Stalins Nachfolger Chruschtschow seine Geheimrede über Stalins Verbrechen. Dasselbe DDR-Gericht, das Paul Merker zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt hatte, spricht ihn ein Jahr später in einer neuen Verhandlung frei, ohne dass sich die Beweislage geändert hat.
Eine politische Rehabilitierung erfolgt allerdings nicht. Die Medien verschweigen den Freispruch. Als Paul Merker am 13. Mai 1969 stirbt, veröffentlicht die SED einen Nachruf, ohne seine Haft zu erwähnen. In den 1970er-Jahren ziert sein Porträt eine DDR-Briefmarke.

In diesem Zeitzeichen erzählt Thomas Klug:
  • wie die DDR-Justiz das Urteil gegen Paul Merker begründet,
  • mit welchem Argument die DDR eine finanzielle Entschädigung von NS-Opfern ablehnt,
  • wie die Sowjetunion die Gründung Israels zunächst unterstützt und sich danach abwendet,
  • was Paul Merker nach seiner Haftentlassung an Staatspräsident Wilhelm Pieck schreibt.

Das sind unsere wichtigsten Interviewpartner:
  • Ulrich Mählert (Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur)
  • Philipp Graf (Leibniz-Institut für jüdische Geschichte)

Weiterführende Links:

Audiothek-Tipp:
Zum 80. Mal jährt sich in diesem Jahr die so genannte Chinesenaktion – die Verhaftung von rund 130 chinesischen Einwanderern durch die Gestapo am 13. Mai 1944 im Hamburger Stadtteil St. Pauli. Darum geht es in der aktuellen Folge des ARD-Podcasts Welt.Macht.China.

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Autor: Thomas Klug
Redaktion: Christoph Tiegel und Frank Zirpins
Technik: Holger Maerten

Begründer der Allergielehre - Der Kinderarzt Clemens von Pirquet

Begründer der Allergielehre - Der Kinderarzt Clemens von Pirquet WDR Zeitzeichen 12.05.2024 14:45 Min. Verfügbar bis 13.05.2099 WDR 5

"Haben Sie Allergien?" Die Frage ist im Restaurant inzwischen selbstverständlich. Den Namen Allergie hat der Wiener Arzt Clemens von Pirquet erfunden, dem vor allem das Wohl von Kindern am Herzen lag. Fünfmal war er für den Medizin-Nobelpreis nominiert. Fünfmal hat er ihn nicht bekommen.

Seine Laufbahn beginnt Clemens von Pirquet als Kinderarzt in Wien. Er ist für seine menschenfreundliche Art bekannt. Er beschäftigt sich mit Infektionskrankheiten wie Diphterie, Masern und Tuberkulose sowie mit Fragen der Impfung - und prägt den bis heute verwendeten Begriff der Allergie. *** Das sind unsere wichtigsten Interviewpartner: Dr. Benedikt M. Huber (Leitender Kinderarzt am Kantonsspital in Fribourg/Schweiz), Professor Dr. Nils Hansson (Professor für Medizingeschichte an der Uni Düsseldorf) ***


Piquet studiert in Wien, Königsberg und Graz. Dort gehört Theodor Escherich zu seinen Lehrern, damals der bekannteste Kinderarzt der k. u. k. Monarchie. Nach der Promotion im Jahr 1900 geht Pirquet zur weiteren Ausbildung nach Berlin an die Charité zu Otto Heubner, einer weltweit geschätzten Kapazität auf dem Gebiet der Pädiatrie.
Pirquet beschäftigt sich zunächst mit Infektionskrankheiten wie Diphtherie, Masern und Tuberkulose, dann mit Fragen der Impfung. Dabei stößt er gemeinsam mit seinem Kollegen Béla Schick auf das Phänomen der sogenannten Serumkrankheit.
Den beiden Wissenschaftlern fällt auf, dass Patienten, die mit einem Serum etwa gegen Diphtherie geimpft worden waren, oft stärker mit Krankheitssymptomen reagieren, wenn sie ein weiteres Mal mit diesem Serum in Berührung kommen. Die Reaktionsfähigkeit des Organismus hat sich also verändert. 1906 entwickelt Pirquet daraus seinen Allergiebegriff und zählt zu den Pionieren der Allergieforschung.
Die Nobelpreisfanfare erklingt nie für Clemens von Pirquet, obwohl er fünfmal für den wichtigsten Wissenschaftspreis nominiert ist. Er ist ein Tausendsassa mit zahlreichen Forschungsinteressen. Dennoch ist er für das Nobelkomitee eher weniger interessant, weil er nie eine einzelne bahnbrechende Entdeckung nachweist.

In diesem Zeitzeichen erzählt Heide Soltau:
  • welche beruflichen Pläne die katholische Mutter für den Sohn Clemens hat,
  • wie von Pirquet zum informellen Titel "Vater der Klinik" kommt,
  • warum seine Ehe mit Christine van Husen unter keinem guten Stern steht,
  • warum von Pirquets Forschungen zur Kinderernährung ein Segen sind und im Ergebnis trotzdem heftig kritisiert werden.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Dr. Benedikt M. Huber (Leitender Kinderarzt am Kantonsspital In Fribourg/Schweiz)
  • Eva Kaiserseder (Ärztekammer Wien)
  • Professor Johannes Ring (Allergologe)
  • Professor Dr. Nils Hansson (Professor für Medizingeschichte an der Uni Düsseldorf)
  • Daniel Angetter und Nils Hansson: Clemens Freiherr von Pirquet – Warum der „Allround“-Mediziner am Nobelpreis scheiterte. In: Laureaten und Verlierer. Der Nobelpreis und die Hochschulmedizin in Deutschland, Österreich und der Schweiz, Göttingen: V&R Unipress 2021, S. 139-156.
  • Nils Hansson: Wie man keinen Nobelpreis gewinnt. Die verkannten Genies der Medizingeschichte. 2023.
  • Eva Kaiserseder: Clemens von Pirquet. Genialer Kinderarzt und wissenschaftlicher Pionier. In: medinlive.at. 1.3.2021

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Autorin: Heide Soltau
Redaktion: Frank Zirpins

Der Geburtstag des Künstlers Salvador Dalí (am 11.05.1904)

Der Geburtstag des Künstlers Salvador Dalí (am 11.05.1904) WDR Zeitzeichen 11.05.2024 14:44 Min. Verfügbar bis 12.05.2099 WDR 5

Gezwirbelter Bart, ein Ozelot an der Leine - der spanische Künstler Salvador Dalí versteht es, aufzufallen. Begeistert mit Bildern von zerfließenden Uhren. Und sagt von sich selbst: Ich gelte nur als gut, weil die anderen noch schlechter sind.

Brennende Giraffen, Menschen mit Schubladen im Körper, zerfließende Uhren - der Maler Salvador Dalí ist einer der Hauptvertreter des Surrealismus. Mit seiner eigenen Stilrichtung des Hyperrealismus' ist er unheimlich erfolgreich. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Michael Imhof (Kunsthistoriker und Buchautor), Dalí Lorca Buñuel - Aufbruch in Madrid - Korrespondenzen. Stuttgart 1993 ***


Der spanische Maler Salvador Dalí pflegt seine Exzentrik. Mit weit aufgerissenen Augen, einem nach oben gezwirbelten Schnurrbart und dem eleganten Gehstock spielt Dalí vor Journalisten den irren Künstler, der auf dem schmalen Grat zwischen Genie und Wahnsinn wandelt.
Ein ganz anderer ist Salvador Dalí in seinem Dorf Cadaqués, an der Costa Brava gelegen. Hier verbringt er beinahe sein ganzes Leben, malt viele Stunden am Tag und pflegt Freundschaften mit einfachen Menschen.
Mit 25 Jahren trifft Salvador Dalí die Frau, mit der er sein restliches Leben verbringen wird. Gala und Salvador Dalí heiraten. Gala ist nicht nur seine Muse, sondern auch seine Managerin, die knallhart Preise aushandelt und die Kunst ihres Mannes gewinnbringend vermarktet.
Salvador Dalís Werke sind von einer tiefgründigen ausbalancierten Schönheit, altmeisterlich gemalt. Der Katalane ist einer der bedeutendsten Maler des 20. Jahrhunderts. Er stirbt im Januar 1989 mit 84 Jahren.

In diesem Zeitzeichen erzählt Andrea Klasen:
  • welche Rollen ein Ameisenbär, ein Ozelot und ein Tintenfisch in Dalís Leben spielen,
  • warum Dalí die Freundschaft mit Federico García Lorca als "tragische Liebe" bezeichnet,
  • wie Dalí zu seinen zerfließenden Uhren inspiriert wurde,
  • warum die Amerikaner Dalí während seines Exils in den USA nicht nur wegen seiner Kunst lieben.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Michael Imhof (Kunsthistoriker und Buchautor)
  • Michael Imhof: Dalí - Leben und Werk, Petersberg 2024.
  • Salvador Dalí: Das geheime Leben des Salvador Dalí, 1997.
  • Dalí Lorca Buñuel - Aufbruch in Madrid - Korrespondenzen, Stuttgart 1993.

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Autorin: Andrea Klasen
Redaktion: Christoph Tiegel und Frank Zirpins
Technik: Christina Gabriel

J. Edgar Hoover wird Chef des FBI: Der mächtigste Mann der USA?

J. Edgar Hoover wird Chef des FBI: Der mächtigste Mann der USA? WDR Zeitzeichen 10.05.2024 14:49 Min. Verfügbar bis 11.05.2034 WDR 5

Am 10.5.1924 wird Hoover Chef des FBI. Um die USA zu schützen, schreckt er vor nichts zurück. So wird er zum womöglich mächtigsten Amerikaner des 20. Jahrhunderts.

J. Edgar Hoover wird 1924 Direktor des FBI und bleibt es bis zu seinem Tod 1972. Während dieser Zeit etabliert er einen regelrechten Personenkult. Er ist jemand, der von vielen bewundert und von anderen gefürchtet wird.


John Edgar Hoover ist nicht bloß ein hoher Beamter, er ist einer der mächtigsten Amerikaner, viele behaupten: der mächtigste Amerikaner des 20. Jahrhunderts. Ab 1924 leitet er fast 50 Jahre lang das Federal Bureau of Investigation (FBI) und baut es zu seinem persönlichen Machtzentrum aus.
Hoover formt aus einer kleinen Abteilung des Justizministeriums eine hochprofessionelle Polizeibehörde: Er führt wissenschaftliche Standards ein, systematische Spurensicherung, ballistische Untersuchungen von Schusswaffen und Projektilen, und sorgt für eine umfassende Ausbildung seiner Agenten.
Hoover ist aber auch verantwortlich für einige der schlimmsten und ungeheuerlichsten Machtmissbräuche. Er ist besessen von der Jagd auf vermeintliche Kommunisten. Hoover bricht Regeln, um Leuten habhaft zu werden, die er als staatsfeindlich ansieht. Er besitzt Akten längst nicht nur über Kriminelle, sondern auch über Politiker, Regierungsangestellte, über Filmstars, Wissenschaftler - und nutzt die Informationen zur Einschüchterung.
Hoover erlebt als FBI Direktor acht Präsidenten. Fast alle spielen irgendwann mit dem Gedanken, Hoover zu feuern. Keiner traut sich. Lyndon B. Johnson fasst es kurz zusammen: "Auf jeden Fall ist es besser, ihn im Zelt zu haben und er pinkelt raus, als vor dem Zelt, und er pinkelt rein."

In diesem Zeitzeichen erzählt Martin Herzog:
  • wie acht Sprengsätze die größte Massenverhaftung in der Geschichte der USA auslösen,
  • welche Gangster-Größen der 1930er Jahre die Erfolgsbilanz des FBI veredeln,
  • welche Rolle Karteikarten beim Aufbau des FBI spielen,
  • womit J. Edgar Hoover den amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy in Rage bringt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Kenneth D. Ackermann, Washington, Biograph J. Edgar Hoovers
  • Kenneth D. Ackerman: Young J. Edgar: Hoover, the Red Scare, and the Assault on Civil Liberties, DaCapo Press 2008

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Autor: Martin Herzog
Redaktion: Matti Hesse

Billy Joel - der singende Piano Man wird 75

Billy Joel - der singende Piano Man wird 75 WDR Zeitzeichen 09.05.2024 14:27 Min. Verfügbar bis 10.05.2099 WDR 5

Am 9.5.1949 wird Billy Joel in einem New Yorker Vorort geboren und früh von den Eltern zum Klavierunterricht genötigt. Basis für eine Weltkarriere als Pianist und Sänger.

Billy Joel erzählt vom Selbstmitleid und Frust seines Publikums, seiner Generation. Das Publikum findet sich in seinen Songs wieder. Seine Eltern drängen ihn zum Klavierunterricht. Bis er 14 ist, bleibt sein Idol Beethoven; dann hört er zum ersten Mal die Beatles. Neben der Musik lernt der schmächtige Billy aber auch Boxen, um sich als jüdischer Junge im italo-amerikanisch geprägten Levitt-Town durchzusetzen.


Billy erweist sich schon früh als musikalisch talentiert. Der Junge hängt aber auch mit New Yorker Straßengangs ab, beteiligt sich an kleinen Diebstählen und Prügeleien ohne Ende. Mit einem Highschool-Abschluss wird es so nichts. Der erbosten Mutter erklärt der junge Mann: "Ich gehe dann eben nicht zur Columbia University - ich geh‘ dann zu Columbia Records …"

Bis zum musikalischen Durchbruch dauert es etwas. Schließlich gelingt dieser 1977 aber mit der LP "The Stranger" und dem Mega-Hit "Just the Way You Are" .
Es folgen viele weitere Hits, die bis heute ihren Stammplatz in den Rotationslisten der wichtigsten Popsender haben. 160 Millionen Tonträger hat Joel mittlerweile verkauft - mehr als Bob Dylan, Bruce Springsteen oder U2.

2014 erklärt Billy Joel, er wolle kein weiteres Studioalbum veröffentlichen. Er habe alles gesagt und wolle keine Musik veröffentlichen, die nicht gut sei.
Doch er ändert seine Meinung: Am 1. Februar 2024 veröffentlicht er mit "Turn the Lights Back On" doch wieder einen neuen Song. Im Video dazu altert er am Piano durch die Jahrzehnte: Vom jugendlichen Heißsporn zum weißbärtigen Glatzkopf, der am 9. Mai 2024 seinen 75. Geburtstag feiert.

In diesem Zeitzeichen erzählt Thomas Pfaff:
  • Wie Billy Joel Selbstmitleid als künstlerische Triebfeder nutzt,
  • was Billy Joel am "Just the Way You Are"-Image nervt,
  • welche Rolle der deutsche Unternehmer und Dressurreiter Josef Neckermann in der Familiengeschichte der Joels spielt
  • warum Billy Joel für den Song "Goodnight, Saigon" kritisiert wird.

Das sind unsere wichtigsten Quellen:
  • Fred Schuers: Billy Joel - Die Biografie. 2016
  • Steffen Radlmaier: Die Joel-Story. Billy Joel und seine deutsch-jüdische Familiengeschichte. 2009

Hör-Tipp: Für alle, die sich für die Geschichte von Rpck- und Popmusik interessieren, ist der Podcast Urban Pop lohnenswert: Dort trifft Mikrofonlegende Peter Urban auf den NDR-Musikjournalisten Ocke Bandixen. Sie reden über Weltstars von Bowie bis Springsteen, von Johny Cash bis Taylor Swift, über Bands von den Beatles bis U2.

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Autor: Thomas Pfaff
Redaktion: David Rother/Christoph Tiegel
Technik: Sascha Schiemann

Gegen den Menschenhass: Die Widerstandsgruppe Europäische Union

Gegen den Menschenhass: Die Widerstandsgruppe Europäische Union WDR Zeitzeichen 08.05.2024 14:49 Min. Verfügbar bis 09.05.2099 WDR 5

Am 8.5.1944 werden Mitglieder der Widerstandsgruppe "Europäische Union" hingerichtet. Sie haben gegen das Hitlerregime gekämpft und für ein besseres Leben ohne Hass.

Sie verstecken Juden und haben als politische Ziele unter anderem die Abschaffung der Einzelstaaten: Die Widerstandsgruppe "Europäische Union" wird 1943 enttarnt und zahlreiche Mitglieder zum Tode verurteilt. Nur der spätere DDR-Dissident Robert Havemann entgeht der Strafe. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Bernd Florath, Historiker, Robert Havemann, Abschiedsbrief von Georg Groscurth *** Das sind die Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Heiner Wember; Redaktion: Gesa Rünker


In seinem letzten Brief an seine Frau schreibt Georg Groscurth: "Liebe, gute, treue Anneliese, nun ist es soweit: In einer halben Stunde wird das Urteil vollstreckt." Der Arzt gehört zusammen mit dem Zahnarzt Paul Rentsch, dem Architekten Herbert Richter und dem Chemiker Robert Havemann zur Widerstandsgruppe "Europäische Union".

Die Gruppe ist gut vernetzt. Richter arbeitet im Stab von Hermann Göring, Groscurth behandelt den "Führer"-Stellvertreter Rudolf Heß. Das Insiderwissen nutzen sie, um Juden und Zwangsarbeitern zu helfen. Ihr großes politisches Ziel: Sie wollen die Nazi-Diktatur durch einen menschlichen Marxismus ersetzen, der persönliche Freiheit garantiert, Einzelstaaten überwindet und ein vereinigtes Europa schafft.

Doch die Gruppe wird enttarnt. Richter, Groscurth und Rentsch werden am 8. Mai 1944 hingerichtet. Nur der Chemiker Robert Havemann entkommt der Guillotine, weil seine Forschungen als kriegswichtig gelten. Insgesamt kommen 40 Mitglieder und Anhänger der Europäischen Union vor den Volksgerichtshof. 14 werden zum Tode verurteilt.

Nach Kriegsende lebt Havemann in der DDR und macht zunächst als Professor und Volkskammer-Abgeordneter Karriere. Mit den Jahren macht die politische Realität aus dem überzeugten Sozialisten einen Oppositionellen der DDR – und die Erinnerung an die "Europäische Union" verschwindet aus der ostdeutschen Gedenkkultur. Auch in der BRD werden die Widerstandskämpfer zunächst nicht gewürdigt, sondern als kommunistische Gruppe abgetan. Erst nach der Wiedervereinigung wird die "Europäische Union" allmählich als Widerstandsgruppe anerkannt.

In diesem Zeitzeichen erzählt Heiner Wember:
  • wie die "Europäische Union" im Untergrund agiert,
  • warum ausländische Zwangsarbeiter wichtig für revolutionäre Pläne sind,
  • durch welches Unglück die Gruppe enttarnt wird,
  • seit wann die Widerstandsgruppe in der Erinnerungskultur doch noch breitere Anerkennung erfährt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Bernd Florath, Historiker
  • Robert Havemann, Chemiker und später DDR-Dissident
  • Abschiedsbrief von Georg Groscurth

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Autor: Heiner Wember
Redaktion: Gesa Rünker
Technik: Moritz Raestrup

Die "Perle Allahs": 93 Millionen für ein Stückchen Kalk

Die "Perle Allahs": 93 Millionen für ein Stückchen Kalk WDR Zeitzeichen 07.05.2024 14:45 Min. Verfügbar bis 08.05.2099 WDR 5

Am 7.5.1934 bezahlt ein Taucher den Fund der Riesenperle angeblich mit seinem Leben. Legenden über ihren Ursprung steigern ihren Preis - Experten bezweifeln ihren Wert...

Um die "Perle Allahs" ranken sich viele Geschichten, selbst ihr Fund ist legendenumwoben. Was macht diese 6,35 Kilo Kalk so besonders? ***Das ist unser wichtigster Interviewpartner: Prof. Dr. Bernhard Hausdorf, Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels, Hamburg ***Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Marko Rösseler / Redaktion: Carolin Rückl und David Rother


Die Erzählung geht so: Einst lebt eine Meerjungfrau in der riesigen Muschel, die die Perle Allahs hervorbringt. Durch ihren plötzlichen Verlust aber wird das Gleichgewicht des Meeres gestört, und die Meerjungfrau versucht seitdem, die Perle zurückzugewinnen. Andere berichten, die Perle gehöre dem Propheten Mohammed. Jahrhundertelang soll sie an einem heiligen Ort versteckt sein, bevor sie verloren geht.

Dies sind nur zwei der vielen Geschichten und Legenden, die sich um die Perle Allahs ranken. Am 7. Mai 1934 geschieht der Zufallsfund: Die Perle wird von Tauchern vor der philippinischen Insel Palawan entdeckt. Diese beeindruckende Perle, bis heute, eine der größten natürlichen Perlen der Welt, wiegt etwa 6,35 Kilogramm und hat einen Durchmesser von fast 24 Zentimetern.

Seitdem liefert sie Inspiration für zahlreiche Legenden. Als Symbol für Macht und Einfluss, so heißt es, streben Herrscher und Krieger nach der Perle, um sich Stärke und Schutz zu sichern. In anderen Erzählungen bringt sie Unglück und Verderben über ihre Besitzer. Immer aber steht sie beispielhaft für die seltene Schönheit und die Wunder der Natur.

In diesem Zeitzeichen erzählt Marko Rösseler:
  • welche zahlreichen Geschichten sich um die Perle ranken,
  • und warum sogar ihr Fund selbst Teil einer Legendenerzählung sein könnte,
  • woher die Perle Allahs vermeintlich ihren Namen hat,
  • warum gar nicht so klar ist, ob die Perle wirklich echt ist,
  • wie eine Perle wirklich entsteht und was ein Blister ist.

Das sind unsere wichtigsten Quellen:

Und das sind unsere Interviewpartner:
  • Prof. Dr. Bernhard Hausdorf, Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels, Hamburg
  • Dr. Laurent Cartier, Schweizerisches Gemmologisches Institut, Basel

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Autor: Marko Rösseler
Redaktion: Carolin Rückl und David Rother
Technik: Sarah Fitzek

Die stärkste Frau der Welt: Der Zirkusstar Katharina Brumbach

Die stärkste Frau der Welt: Der Zirkusstar Katharina Brumbach WDR Zeitzeichen 06.05.2024 14:49 Min. Verfügbar bis 07.05.2099 WDR 5

Sie trägt ihren Mann buchstäblich auf Händen - durch die Manege: Katharina Brumbach (geboren am 29.4.1884), gefeierter Star in der "größten Show der Welt" in den USA.

Katharina Brumbach alias Katie Sandwina verbiegt Eisen, stemmt Männer in die Höhe und ist dabei noch aufreizend und sexy. Anfang des 20. Jahrhunderts tourt sie als "stärkste Frau" durch Europa und den USA und bringt das vorherrschende Bild der schwachen und devoten Frau durcheinander. *** *** Das ist unsere wichtigste Interviewpartnerin: Stefanie Haerdle, Kultur- und Literaturwissenschaftlerin


Das Zirkusleben wird Katharina Brumbach in die Wiege gelegt: Sie wird am 6. Mai 1884 in die niederbayerische Zirkusfamilie Brumbach geboren. Die Eltern arbeiten beide als Kraftakrobaten und vererben der Tochter einen kräftigen Körperbau. Zudem entwickelt sich das Mädchen zur geschickten Kämpferin und tritt früh vor Publikum auf.

Als sie 16 Jahre alt ist, lobt der Vater ein Preisgeld von 100 Goldmark aus für denjenigen, der seine Tochter im Ringkampf besiegt. Der schmächtige Max Heymann lässt sich auf den Kampf ein, geht gnadenlos unter, aber macht Katharina auf dem Boden liegend einen Heiratsantrag. Sie nimmt an und schleudert bald ihren kleinen Mann durch die Manege.

Eine Frau, die es wagt, sich nicht mehr elfengleich an den Mann zu schmiegen, sondern diesen durch Luft wirbelt, torpediert das dominierende Frauenbild. Hunderttausende Menschen in den USA wollen die "stärkste Frau der Welt" sehen.

In diesem Zeitzeichen erzählt Burkhard Hupe:
  • warum Katharina Brumbach ihren Namen in Katie Sandwina ändert,
  • dass sie zeitweise stolze 1.500 Dollar pro Woche verdient,
  • mit welchen Mitteln sie sich für die Gleichberechtigung für Frauen einsetzt,
  • warum das Ehepaar eine Gaststätte aufmacht.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Stefanie Haerdle, Kultur- und Literaturwissenschaftlerin
  • Stefanie Haerdle: Keine Angst haben, das ist unser Beruf! Kunstreiterinnen, Dompteusen und andere Zirkusartistinnen, Berlin 2007.

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Autor: Burkhard Hupe
Redaktion: Matti Hesse