WDR Zeitzeichen

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192 Zentimeter Europäer: Als Karl zum Großen wurde

192 Zentimeter Europäer: Als Karl zum Großen wurde WDR Zeitzeichen 05.06.2024 14:39 Min. Verfügbar bis 06.06.2099 WDR 5

Karl der Große gilt als Erfinder eines geeinten Europas. Doch Vorsicht: In seinen Methoden war er nicht zimperlich, nur in zwei Jahren seiner Regentschaft führte er keinen Krieg.

Karl der Große stammt aus dem Geschlecht der Karolinger und wird schon als Kind zum Heeresführer ausgebildet. Als er den fränkischen Thron besteigt, dehnt er sein Reich von der Nordsee bis nach Mittelitalien, von den Pyrenäen bis ins heutige Ungarn aus. Im Jahr 800 wird er vom Papst zum Kaiser des Römischen Reiches gekrönt. Sein Lieblingsort soll Aachen gewesen sein, wo er 814 stirbt und beerdigt wird. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Prof. Matthias Becher, Mittelalterhistoriker, Universität Bonn, Matthias Becher: Karl der Große, aktual. Auflage, München 2021, Johannes Fried: Karl der Große – Gewalt und Glaube, München 2014***


Anfangs muss sich der Frankenkönig Karl noch vom Klerus in Rom bitten lassen, gegen die Langobarden in den Krieg zu ziehen. Doch dann bricht Karl, der seit seiner Kindheit auf Kriegsführung gedrillt ist, mit seinem Heer Richtung Alpen auf. Wenig später ist der Langobarden-König Desiderius in seiner Hauptstadt Pavia eingeschlossen und muss nach neun Monaten kapitulieren. Am 5. Juni 774 kann sich der Frankenkönig Karl zum König der Langobarden erklären. Aufatmen in Rom!

Dort wird König Karl auf den Stufen von St. Peter von Papst Hadrian freudig empfangen. Der ganze Klerus ruft ihm entgegen: "Gelobet sei, der da kommt im Namen des Herrn!" Zum ersten Mal erscheint nun in Rom der Beiname, der untrennbar mit dem berühmtesten mittelalterlichen Herrscher verbunden ist: Karl der Große.

Auch wenn es weitere 26 Jahre dauern wird, bis Karl zum Kaiser gekrönt wird, der Sieg über die Langobarden dehnt sein Reich weiter aus: Der umtriebige König unternimmt Feldzüge in Spanien, in Bayern, gegen die Slawen, Hunnen und die Dänen. Und 30 Jahre lang führt er immer wieder Krieg gegen die verschiedenen Sachsenstämme.

Am Ende formt der Kaiser, der 814 in Aachen stirbt, ein europäisches Großreich. Historiker Matthias Becher warnt jedoch davor, Karl den Großen als Vorbild für ein europäisches Bündnis zu sehen: "Die Methoden etwa, mit denen Karl der Große Europa geeint hat, die wollen wir uns ja ganz sicherlich nicht zu eigen machen."

In diesem Zeitzeichen erzählt Marfa Heimbach:
  • dass Wissenschaftler 1861 Karls Skelett exhumieren und ihm eine stattliche Körpergröße von 1,92 Metern bescheinigen,
  • wie Karl bereits als Sechsjähriger auf die Kriegsführung vorbereitet wird,
  • warum er eine Bildungsoffensive für den Klerus startet,
  • dass der König auf Kriegsbeute angewiesen ist, um den Adel zu beschwichtigen,
  • wie Karl der Große in Aachen mit seiner Gefolgschaft gemeinsam Bäder einnimmt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Prof. Matthias Becher, Mittelalterhistoriker, Universität Bonn
  • Matthias Becher: Karl der Große, aktual. Auflage, München 2021
  • Johannes Fried: Karl der Große – Gewalt und Glaube, München 2014
  • Stefan Weinfurter: Karl der Große – Der heilige Barbar, München-Berlin 2013

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Autor: Marfa Heimbach
Redaktion: Christoph Tiegel und Frank Zirpins

Härte gegen politischen Protest: Massaker auf dem Tian'anmen

Härte gegen politischen Protest: Massaker auf dem Tian'anmen WDR Zeitzeichen 04.06.2024 14:49 Min. Verfügbar bis 05.06.2099 WDR 5

Es beginnt als Trauerfeier für einen beliebten Politiker, wird zum Massenprotest für gesellschaftliche Öffnungen - und endet im gewaltsamen Vorgehen des Militärs gegen das eigene Volk. Das Massaker auf dem Tian'anmen-Platz schockt die Welt.

Offiziell gibt es kein Gedenken an die Toten vom 4. Juni 1989. Gegen das kollektive Vergessen kämpfen die sogenannten Mütter des Tian’anmen Platzes. Sie bekommen zum Jahrestag regelmäßig Hausarrest verordnet. Aber die inzwischen meist über 80-jährigen Frauen geben nicht auf und fordern Aufklärung, warum ihre Kinder sterben mussten. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Daniel Leese, Sinologe, Universität Freiburg, Jeremy Brown: June Fourth. The Tiananmen protests and Beijing massacre of 1989. Cambridge 2021***


Mitte Mai besucht Michael Gorbatschow China. Die Parteiführung hätten den Mann, der in Osteuropa mit den Begriffen Perestroika und Glasnost eine Lawine losgetreten hat, gerne auf dem Platz des Himmlischen Friedens empfangen. Doch der Tian’anmen, auf dem Mao einst die Volksrepublik China ausgerufen hat, ist seit Wochen von Demonstrierenden besetzt. Vor allem Studierende fordern mehr politische Mitbestimmung, Freiheit und Gerechtigkeit, Hunderte von ihnen sind inzwischen in einen Hungerstreik getreten.

Die westlichen Medien, die eigentlich über Gorbatschows Besuch berichten wollten, tragen nun die Bilder der Demonstranten in die Welt. Die chinesische Parteispitze wird nervöser und ringt mit ihrer Haltung. Tolerieren oder eingreifen? Das Staatsfernsehen strahlt sogar ein Treffen zwischen Ministerpräsident Li Peng und Studierenden aus.

Doch aller Protest, alle internationale Aufmerksamkeit sind am Ende vergebens. In der Nacht auf den 4. Juni 1989 rollen die Panzer durch die Pekinger Innenstadt. "Unter den Toten und Verletzten sind überwiegend Studenten, aber auch Frauen und Kinder und Greise", berichtet die Tagesschau. Schätzungen zufolge sterben bei der Militäraktion rund 3.000 Menschen.

In der Folge öffnet sich China wirtschaftlich, steigt zur weltweiten Exportnation auf. Die nach dem Massaker vom Westen initiierten Sanktionen versanden angesichts der wirtschaftlichen Gewinnaussichten in China. Die Parteispitze selbst tabuisiert die Ereignisse vom 4. Juni 1989 bis heute. Kein chinesisches Schulbuch berichtet darüber, Gedenkfeiern sind streng verboten.

In diesem Zeitzeichen erzählt Almut Finck:
  • was man heute über den Mann weiß, der sich am Tag nach dem Massaker den Panzern in den Weg gestellt hat.
  • warum China in den 1980er Jahren, ein Jahrzehnt nach Maos Tod, noch immer mit seiner politischen Neuausrichtung ringt,
  • wie aus dem Trauermarsch für einen beliebten Politiker eine Großdemonstration wird,
  • über die symbolische Bedeutung vom "Tian'anmen", dem Platz des Himmlischen Friedens,
  • wie der ehemalige Studentenführer Wu’er Kaixi heute im Exil lebt und auf die Proteste blickt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Daniel Leese, Sinologe, Universität Freiburg
  • Jeremy Brown: June Fourth. The Tiananmen protests and Beijing massacre of 1989. Cambridge 2021
  • Daniel Leesel: Maos langer Schatten. Chinas Umgang mit der Vergangenheit. München 2020
  • Luisa Lim, Luisa: The People’s republic of Amnesia. Tiananmen Revisited. Oxford 2014
  • Liao Yiwu: Die Kugel und das Opium. Leben und Tod am Platz des Himmlischen Friedens. Frankfurt/M. 2012

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Autor: Almut Finck
Redaktion: Frank Zirpins
Technik: Annette Skrzydlo

Wendepunkt in der Wissenschaft: Der Venustransit am 3.6.1769

Wendepunkt in der Wissenschaft: Der Venustransit am 3.6.1769 WDR Zeitzeichen 03.06.2024 15:27 Min. Verfügbar bis 04.06.2099 WDR 5

Zum ersten Mal werten Wissenschaftler weltweit gemeinsam und erfolgreich Messdaten des Himmelsereignisses aus und prägen damit internationale Wissenschaftskooperation.

Wie groß ist die Entfernung zwischen Erde und Sonne? Um diese Frage zu beantworten, bildet sich im 18. Jahrhundert das erste internationale Forschungsprojekt. Das Ziel: Die Astronomen wollen anhand eines Venustransits zum Ergebnis kommen. Am 3. Juni 1769 gelingt das: Sie errrechnen aus den Rohdaten beinahe den heute gültigen Wert von 150 Millionen Kilometern. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Professor Dieter B. Herrmann (2021 verstorbener Astronom und Astronomie-Historiker); Andrea Wulf: Die Vermessung des Himmels – Vom gößten Wissenschaftsabenteuer des 18. Jahrhunderts. München 2023 ***


Nur sehr selten stehen Erde, Venus und Sonne exakt in einer Reihe. Von unserem Blickwinkel aus wandert die Venus dann über die Sonnenscheibe, mit bloßem Auge als kleiner schwarzer Punkt zu sehen. Im 18. Jahrhundert findet dieser sogenannte Venustransit zwei Mal statt: 1761 und 1769.

Die Astronomen glauben, dass sich aus der präzisen Transitdauer die Entfernung Erde-Sonne berechnen lasse und damit die Größe des Sonnensystems. Daraus ließe sich wiederum die Distanzen zwischen den Planeten ausrechnen. Das hätte praktischen Nutzen: Positionen auf See wären genauer bestimmbar – für den Seehandel von unschätzbarem Nutzen.

Das einzige Problem daran ist: Hunderte von Astronomen müssen den kurzen Moment gleichzeitig beobachten, von so viel verschiedenen Positionen wie möglich. Deshalb entsteht eine internationale Kooperation von Forschern – trotz Siebenjährigen Krieg, der auf fast allen Kontinenten und Meeren zwischen England und Frankreich und ihren Verbündeten tobt.

Doch ein optisches Phänomen lässt die rund 200 Forschern weltweit verzweifeln. Deshalb bleiben die Messungen hinter den Erwartungen zurück. Für den nächsten Transit am 3. Juni 1769 standardisieren alle ihre Instrumente und Messverfahren. Mit Erfolg: Sie errechnen aus den Rohdaten fast den heute gültigen Wert der Distanz Erde-Sonne, der "Astronomischen Einheit", von rund 150 Millionen Kilometern.

In diesem Zeitzeichen erzählt Wolfgang Burgmer:
  • mit welchen irdischen Problemen die Astronomen auf ihren Forschungsreisen zu kämpfen haben,
  • wie der sogenannte Schwarz-Tropfen-Effekt die Beobachtung des Venustransits erschwert,
  • wie später der US-Astronom Edwin Hubble das Tor in die Welt der Galaxien aufstößt,
  • welche Beispiele es heute für globale Forschungsprogramme im All gibt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Professor Dieter B. Herrmann (2021 verstorbener Astronom und Astronomie-Historiker)
  • Andrea Wulf: Die Vermessung des Himmels – Vom größten Wissenschaftsabenteuer des 18. Jahrhunderts. München 2023
  • Gudrun Bucher: Die Spur des Abendsterns – Die abenteuerliche Erforschung des Venustransits. Darmstadt 2011
  • Jean-Pierre Luminet: Rendez-vous mit Venus oder Die Liebe zur Astronomie. München 2005

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Unser Hörtipp: Im WDR-Podcast Sport inside geht es in der aktuellen Folge um den deutschen Kolonialismus in Namibia: Dort hielt die herrschende weiße Minderheit Schwarze Fußballer aus ihren Ligen fern. Heute, mehr drei Jahrzehnte nach der Unabhängigkeit, besteht die soziale Ungleichheit fort. Host Nora Hespers spricht mit Ronny Blaschke, Autor eines Buchs über Kolonialismus und Rassismus im Fußball.

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Autor: Wolfgang Burgmer
Redaktion: Carolin Rückl und Matti Hesse
Technik: Sarah Fitzek

"Der Hellseher Hitlers": Erik Jan Hanussen

"Der Hellseher Hitlers": Erik Jan Hanussen WDR Zeitzeichen 02.06.2024 14:35 Min. Verfügbar bis 03.06.2099 WDR 5

Berlin Anfang der 30er: Tausende strömen in Hanussens (geboren am 2.6.1889) Vorstellungen, er hat beste Kontakte zu den Nationalsozialisten - dabei ist er Jude.

Erik Jan Hanussen ist weder Däne noch Deutscher. Er heißt auch nicht Hanussen. Und hellsehen kann er ebenfalls nicht. Sonst hätte der Österreicher Hermann Steinschneider seinen nahen Untergang wohl vorausgesehen.*** *** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Peter Walther (Literaturhistoriker); Erik Jan Hanussen: Meine Lebenslinie. Berlin 1930; Peter Walther: Fieber - Universum Berlin 1930-1933. Berlin 2020


"Was ist Magie? Die Menschen in dem Glauben an das Wunderbare nicht zu stören, sondern zu bestärken", notiert Erik Jan Hanussen, der als Wahrsager auftritt. Für ihn sitzen im Publikum "Schwachköpfige, Wundersüchtige, Hysteriker, vor allem aber doch Kinder". Sein Geschäftsmodell funktioniert bestens.

Hanussen berät die Polizei bei Kriminalfällen, aber auch Privatleute bei Lebensentscheidungen, Wetten, Finanzfragen und Liebesdingen. Ab 1930 gibt er seine eigene Hanussen-Zeitung heraus, verkauft magische Ketten, Amulette und eine Schönheitscreme. Seine "Prophezeiende Schallplatte" enthält Vorhersagen für die ganze Welt. 

Das alles bringt ihm ein Vermögen ein. Hanussen residiert in Berlin in seinem "Palast des Okkultismus". Auf seiner Yacht "Ursel IV" feiert er Partys mit Prominenz aus Politik, Film, Theater. Hanussen spendet viel Geld an die Nationalsozialisten und bekommt dafür den Schutz der SA. Doch 1932 veröffentlicht der Journalist Bruno Frei Beweise, dass Hanussen tatsächlich "Hermann oder Chaim Steinschneider" heißt - und Jude ist. Das kostet Hanussen nach der Machtübernahme der Nazis das Leben - wohl auch, weil er während seiner ausschweifenden Feste Dinge über hochrangige Nationalsozialisten erfährt, die niemand wissen soll.

In diesem Zeitzeichen erzählt Christian Kosfeld:
  • welche Tricks Erik Jan Hanussen bei seinen angeblichen Vorhersagen anwendet,
  • welche Nazi-Größen Schulden bei Hanussen haben,
  • wie Hanussen versucht, sein Leben zu retten,
  • wie der Österreicher vermutlich zu Tode kommt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Peter Walther (Literaturhistoriker)
  • Peter Walther: Fieber - Universum Berlin 1930-1933. Berlin 2020
  • Erik Jan Hanussen: Meine Lebenslinie. Berlin 1930
  • Wilfried Kugel: Hanussen - Die wahre Geschichte des Hermann Steinschneider. Düsseldorf 1998

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Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autor: Christian Kosfeld
Redaktion: David Rother

Ein musikalischer Russe erobert den Westen: Michail Glinka

Ein musikalischer Russe erobert den Westen: Michail Glinka WDR Zeitzeichen 01.06.2024 14:45 Min. Verfügbar bis 02.06.2099 WDR 5

Der russische Komponist Michail Glinka ist überzeugt: "Das Volk schafft die Musik - der Komponist arrangiert sie nur!" Damit begründet er eine eigenständige russische klassische Musik - und seinen eigenen Weltruhm.

Musik ist sein Beruf, aber Geld verdienen muss er damit nicht: Michail Glinka stammt aus einer russischen Aristokraten-Familie. Seine erste Oper trägt den Titel "Leben für den Zaren". Damit wird Glinka in ganz Europa bekannt. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Dorothea Redepenning (emeritierte Musik-Professorin, Universität Heidelberg); Michail Glinka: Aufzeichnungen aus meinem Leben. Wilhelmshaven, Heinrichshofen 1969


Die Familie Glinka bringt mehrere Diplomaten, Dichter und Wissenschaftler hervor. Der berühmteste von ihnen aber ist Musiker: Michail Glinka. Er wird als zweites von 13 Kindern am 1. Juni 1804 nahe Smolensk im Westen Russlands geboren. Als Aristokratensohn erhält er eine umfassende Bildung.
Im Frühjahr 1830 kommt Glinka nach Deutschland und reist von da aus vier Jahre lang in Europa umher. Dabei lernt er unter anderem die Komponisten Mendelssohn und Berlioz kennen. Mit dem Franzosen freundet er sich an: "Das Schönste, was mir je passiert ist, war sicherlich die Begegnung mit Berlioz."
Mit 30 Jahren kehrt Glinka nach Russland zurück und schreibt seine erste Oper "Ein Leben für den Zaren". Sie macht ihn schlagartig bekannt und begründet die Periode einer eigenständigen russischen Musik. Michail Glinka ist auch der Verfasser von Orchestermusik, Klaviermusik, Chorwerken und Liedern.

In diesem Zeitzeichen erzählt Christoph Vratz:
  • von welchem berühmten Komponisten der junge Michail Glinka das Klavierspielen lernt,
  • wie Glinka seinen Freund Berlioz musikalisch einschätzt,
  • was der Zar dem Komponisten für dessen erste Oper schenkt,
  • wie sich Franz Liszt und Modest Mussorgsky von Glinka inspieren lassen,
  • in welcher deutschen Stadt der Komponist stirbt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Dorothea Redepenning (emeritierte Musik-Professorin, Universität Heidelberg)
  • Michail Glinka: Aufzeichnungen aus meinem Leben. Wilhelmshaven, Heinrichshofen 1969
  • Dorothea Redepenning: Russischer Stoff, europäische Form. In: Osteuropa, 53. Jg., 9–10/2003, S. 1262–1280

Weiterführender Link:
  • ARD Klassik: Die Ouvertüre von Glinkas Oper "Ruslan und Ljudmila"

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Autor: Christoph Vratz
Redaktion: Frank Zirpins

Der Shakespeare unter den Tagebuchautoren: Samuel Pepys

Der Shakespeare unter den Tagebuchautoren: Samuel Pepys WDR Zeitzeichen 31.05.2024 14:45 Min. Verfügbar bis 01.06.2099 WDR 5

Am 31.05.1669 macht der britische Marinebeamte den letzten Eintrag in sein Tagebuch. Es gehört zu den wichtigsten Quellen über das Leben im London des 17. Jahrhunderts.

Pepys beginnt sein Tagebuch 1660 als junger Beamter der britischen Marine und er führt es bis 1669, als seine Sehkraft nachlässt. In dieser Zeit dokumentiert er nicht nur persönliche Erlebnisse, sondern auch politische und kulturelle Ereignisse, oft humorvoll und selbstironisch. ***Das sind unsere wichtigsten Interviewpartner: Professor Matthias Pohlig (Historiker an der Humboldt-Universität in Berlin) Dr. Holger Rainer Maria Goetzendorff (Mitglied im Samuel Pepys-Club)


Samuel Pepys, geboren 1633 in London, ist vielen als akribischer und humorvoller Chronist des 17. Jahrhunderts bekannt. Über neun Jahre hinweg führt er ein Tagebuch über sein Leben als Musiker, Schriftsteller, Künstler – und berüchtigter Frauenheld. Eigentlich ist Pepys Staatssekretär im englische Marineamt. In mehr als 3000 Seiten hält er seinen Alltag detailliert fest, von banalen Alltagsbeobachtungen bis hin zu bedeutenden historischen Ereignissen wie der Pest und dem Großen Brand von London.

Seine Einträge beginnen oft unspektakulär, werden aber schnell pikant. Auch humorvolle und selbstironische Einträge fehlen nicht: "Gelübde abgelegt, diese Woche keinen Wein mehr zu trinken. Heute dieses Gelübde gebrochen, worüber ich sehr traurig bin."

Pepys’ Tagebuch ist eine Fundgrube für Historiker: Die Aufzeichnungen geben einen intimen Einblick in Pepys Leben, aber auch die Gesellschaft. Und sie lassen den Leser eintauchen in das London der 1660er Jahre - eine Welt voller Widersprüche, Leidenschaft und Wandel.

Am 31. Mai 1669 verfasst Samuel Pepys den letzten Eintrag. Danach lebt er noch über 30 Jahre - nur schreibt er nicht mehr darüber. Oder wurden die fehlenden Bände bisher nur nicht gefunden?

In diesem Zeitzeichen erzählt Marko Rösseler:
  • weshalb Pepys seine Einträge in einem seltsamen Sprachmix schreibt und was das mit Beamtentum zu tun hat,
  • wie seine Karriere im Flottenamt von Korruption und persönlichen Vorteilen geprägt ist,
  • warum das Tagebuch erst im 19. Jahrhundert entdeckt und entziffert wird,
  • was Pepys’ Tagebuch zu einer unschätzbaren Quelle für Historiker macht,
  • und warum viele Passagen aus heutiger Sicht problematisch sind.

Das ist unsere wichtigste Quellen:
  • Samuel Pepys: Tagebuch aus dem London des 17. Jahrhunderts. Ausgewählt, übersetzt und herausgegeben von Helmut Winter, Stuttgart 1980.

Und das sind unsere Interviewpartner:
  • Prof. Matthias Pohlig (Historiker an der Humboldt-Universität in Berlin)
  • Dr. Holger Rainer Maria Goetzendorff (Mitglied im Samuel Pepys-Club)

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Autor: Marko Rösseler
Redaktion: Carolin Rückl und David Rother
Technik: Sarah Fitzek

Bandleader in kurzen Hosen: Benny Goodman, der "King of Swing"

Bandleader in kurzen Hosen: Benny Goodman, der "King of Swing" WDR Zeitzeichen 30.05.2024 14:21 Min. Verfügbar bis 31.05.2099 WDR 5

Seine ersten professionellen Auftritte als Musiker absolviert Benny Goodman in kurzen Hosen - und verdient so viel, dass sein Lehrer neidisch wird. Der Durchbruch für seine Swing-Musik kommt aber erst viel später.

Benny Goodman, der Mann, der als „King of Swing“ in die Musikgeschichte eingeht, erlebt am 16. Januar 1938 einen Wendepunkt seiner Karriere: An diesem Tag tritt er mit seinem Orchester in der ehrwürdigen Carnegie Hall in New York auf. Das Konzert gilt vielen als das bedeutendste der Jazzgeschichte. ***Das sind unsere wichtigsten Quellen: Benny Goodman, Mein Weg zum Jazz. Eine Autobiographie, Zürich 1961.


Den Höhepunkt seiner Karriere bildet das legendäre Konzert in der Carnegie Hall 1938. Geboren wurde der Musiker am 30. Mai 1909 in einem Armenviertel von Chicago, als neuntes von zwölf Kindern. Seine Eltern, jüdische Emigranten aus dem russischen Zarenreich, hatten in der Neuen Welt auf ein besseres Leben gehofft.

Goodman zeigt schon früh außergewöhnliches Talent auf der Klarinette und tritt bereits mit dreizehn Jahren als professioneller Musiker auf und widmet sich bald ganz der Musik.

In den 1930er Jahren bringt Benny Goodman mit seiner Band und den Arrangements von Fletcher Henderson, die maßgeblich den Sound der Swing-Ära prägten, frischen Wind in die Musikszene. Goodmans Auftritte werden zu einem Symbol der Swing-Ära, in der Jazz die Pop-Musik der Zeit ist und für einen Moment die Sorgen der Great Depression vergessen lässt. Sein Erfolg im Palomar Ballroom in Los Angeles im Jahr 1935 markiert den Beginn des nationalen Swing-Fiebers.

Bis zu seinem letzten Tag bleibt Benny Goodman der Musik treu. Als er am 13. Juni 1986 stirbt, liegt seine Klarinette neben ihm – ein passendes Ende für den "King of Swing", der die Welt des Jazz für immer verändert hat.

In diesem Zeitzeichen erzählt Thomas Mau:
  • warum es Aufnahmen des gesamten Konzertes in der Carnegie Hall gibt, obwohl dies nicht geplant ist,
  • wieso diese erst 12 Jahre später veröffentlicht werden,
  • dass Goodman schon mit 13 Jahren in die Musikergewerkschaft eintreten musste,
  • warum ausgerechnet sein Lehrer ihm in jungen Jahren dazu rät, auf die Musik zu setzen,
  • und wie der Musiker immer wieder Zeichen gegen Rassentrennung setzt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen:
  • Ross Firestone, Swing, Swing, Swing: The Life and Times of Benny Goodman. New York 1993.
  • Studs Terkel, Giganten des Jazz. Zweitausendeins, Frankfurt 2005.
  • Benny Goodman & Irving Kolodin, The Kingdom of Swing. 1939.
  • Benny Goodman, Mein Weg zum Jazz. Eine Autobiographie, Zürich 1961.

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Die Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autor: Thomas Mau
Redaktion: Frank Zirpins

Tenzing Norgay: Sherpa und Erstbesteiger des Mount Everest

Tenzing Norgay: Sherpa und Erstbesteiger des Mount Everest WDR Zeitzeichen 29.05.2024 13:09 Min. Verfügbar bis 30.05.2099 WDR 5

Am 29.5.1953 stehen der Sherpa Tenzing Norgay (1914 geboren) und der Neuseeländer Edmund Hillary als erste Menschen auf dem Mount Everest, dem Dach der Welt.

Zusammen mit dem Neuseeländer Edmund Hillary steht der Bergführer und Träger Tenzing Norgay als einer von zwei Menschen auf dem Gipfel - und schafft es vor allem lebendig wieder herunter. Denn noch Jahrzehnte später heißt es bei Expeditionsleitern: "Raufkommen ist die Kür, lebendig wieder herunter – das ist Pflicht!" *** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Billi Bierling (Bergsteigerin und Journalistin), Namgel Sherpa (Reiseleiter und NGO-Gründer), Jamling Tenzing Norgay: Auf den Spuren meines Vaters. München 2008 ***


Sie sind die zwei ersten Menschen, die es dort hinauf schaffen: Für den Touristen Edmund Hillary, der aus Neuseeland kommt, heißt der Berg "Mount Everest", benannt nach einem Briten. Für den Bergführer und Träger Tenzing Norgay, der aus Nepal stammt, heißt der Berg "Chomolungma", das bedeutet "Göttinmutter der Erde".
Die Nachricht der Erstbesteigung des höchsten Berges der Erde im Jahr 1953 macht weltweit Schlagzeilen. Der Mount Everest wird zum Sehnsuchts- und später auch zum Profilierungsziel einer nicht enden wollenden Flut von Bergtouristen.
Ein Aufstieg führt entlang von Fixseilen inmitten von Hunderten ungeborgener Leichname. Die Sherpas verdienen zwar am Tourismus. Viele von ihnen sind gut bezahlte Fachkräfte oder schon selbst Unternehmer. Aber die Arbeit ist lebensgefährlich. Nach wie vor tragen vor allem sie die schwersten Lasten und das höchste Risiko.

In diesem Zeitzeichen erzählt Murat Kayi:
  • wo genau Tenzing Norgay aufwächst,
  • welche Bedeutungen das Wort "Sherpa" hat,
  • mit welchem Tier die Einheimischen die westlichen Bergsteiger vergleichen,
  • ob Tenzing Norgay oder ob Edmund Hillary als erster auf dem Gipfel ankommt,
  • wie es 2013 zum Konflikt zwischen Sherpas und ausländischen Bergsteigern kommt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Billi Bierling (Bergsteigerin und Journalistin)
  • Namgel Sherpa (Reiseleiter und NGO-Gründer)
  • Jamling Tenzing Norgay: Auf den Spuren meines Vaters. München 2008
  • Melissa Arnot et al.: Machtkampf am Everest Sherpas - Bergsteiger und die blutige Eskalation eines Konflikts. München 2013

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Autor: Murat Kayi
Redaktion: Matti Hesse

Ja zum Leben, auch wenn es wehtut: Friedrich Nietzsche

Ja zum Leben, auch wenn es wehtut: Friedrich Nietzsche WDR Zeitzeichen 28.05.2024 14:45 Min. Verfügbar bis 29.05.2099 WDR 5

Nietzsche liebäugelt mit Chemie und Musik, entscheidet sich dann aber doch für eine Philologie-Professur. Am 28.05.1869 hält er seine Antrittsvorlesung in Basel.

Musik, Literatur, Naturwissenschaften - das Multi-Talent Friedrich Nietzsche interessiert sich für vieles. Getrieben von seinem Erkenntnishunger, ist er auf der Suche nach Veränderung des Denkens. Deshalb zweifelt er von Anfang an an seiner Philologen-Professur in Basel. Bereits in seiner Antrittsvorlesung deutet Nietzsche an, wo er seine Zukunft sieht: "Philosophie ist geworden, was Philologie war." *** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Cathrin Nielsen (Philosophisches Seminar der Universität Wuppertal); Cathrin Nielsen: Der frühe Nietzsche über Erkenntnis, Sprache und Rhythmus. Nietzsche-Studien BD. 39, Heft 1; Rüdiger Safranski: Nietzsche. Biographie seines Denkens. München 2000 ***


Friedrich Nietzsche ist weder promoviert noch habilitiert. Aber er hat sich bereits einen Namen mit seinen Veröffentlichungen Fachzeitschriften gemacht. Darum interessiert sich die finanzschwache Universität Basel für ihn. Als neuer Lehrstuhlinhaber für griechische Sprache und Literatur ist Nietzsche einfach preiswerter als ein namhafter Kollege.
Bereits in seiner Antrittsvorlesung lässt Nietzsche keinen Zweifel daran, wohin es ihn zieht: "Philosophie ist geworden, was Philologie war." Seinem Erkenntnisdrang lässt er freien Lauf: "Meine Methode ist, für eine einzelne Tatsache zu erkalten, sobald der weitere Horizont sich zeigt."
Mit seinen zwei Idole, dem Moralphilosophen Arthur Schopenhauer und dem Komponisten Richard Wagner, bricht Nietzsche bald - und findet sich selbst. Er verwandelt sich vom Philologen zum Philosophen. Die Voraussetzung für seinen posthumen weltweiten Ruhm.

In diesem Zeitzeichen erzählt Christoph Vormweg:
  • von wem Friedrich Nietzsche der Universität empfohlen wird,
  • über welchen griechischen Gelehrten er bei seiner Antrittsvorlesung spricht,
  • warum seine Worte bei den Basler Fachkollegen nicht gut ankommen,
  • wie Nietzsche Einsamkeit verträgt,
  • mit welchen gesundheitlichen Problemen der Philosoph zu kämpfen hat.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Cathrin Nielsen (Philosophisches Seminar der Universität Wuppertal)
  • Cathrin Nielsen: Der frühe Nietzsche über Erkenntnis, Sprache und Rhythmus. Nietzsche-Studien BD. 39, Heft 1
  • Friedrich Nietzsche: Sämtliche Briefe - Kritische Studienausgabe von Colli/Montinari. München 1986
  • Wiebrecht Ries: Nietzsches Werke - Die großen Texte im Überblick. Darmstadt 2008
  • Rüdiger Safranski: Nietzsche. Biographie seines Denkens. München 2000
  • Karl Schlechta: Nietzsche-Chronik. München 1984

Weiterführende Links:

Unser Hörtipp: WDR 5 "Das Philosophische Radio" mit Jürgen Wiebicke

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Autor: Christoph Vormweg
Redaktion: Carolin Rückl und Matti Hesse
Technik: Beate Prantner

Schriftsteller Joseph Roth stirbt mit nur 44 Jahren am 27.5.1939

Schriftsteller Joseph Roth stirbt mit nur 44 Jahren am 27.5.1939 WDR Zeitzeichen 27.05.2024 14:47 Min. Verfügbar bis 28.05.2099 WDR 5

Joseph Roth gehört zu den größten Schriftstellern des 20. Jahrhunderts - und zu den rätselhaftesten. Ein brillanter Schreiber, ein Alkoholiker, ein Rastloser, der aus vier Koffern lebt.

Joseph Roth gehört zu den größten Schriftstellern des 20. Jahrhunderts – und zu den rätselhaftesten. Er hat sein Leben mit Legenden umwoben und jedem Freund eine andere Geschichte erzählt. Trotzdem ist er ein präziser Chronist seiner Zeit. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Professorin Iris Hermann (Literaturwissenschaftlerin, Universität Bamberg), Wilhelm von Sternburg: Joseph Roth - Eine Biographie. Köln 2009, Helmuth Nürnberger: Joseph Roth. Reinbek bei Hamburg 1981 ***


"Ein Ostjude auf der Suche nach Heimat" - so fasst Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki das Leben von Joseph Roth zusammen. Mit 19 verlässt Roth seine galizische Geburtsstadt Brody und ist ab diesem Zeitpunkt unterwegs: Wien, Berlin und Paris sind die wichtigsten Stationen, dazu kommen unzählige Reisen.
Unterwegs schreibt er als Reporter Reiseerzählungen mit Anspruch: "Mich liest man mit Interesse. Ich mache keine 'witzigen Glossen'. Ich zeichne das Gesicht der Zeit." Das gilt auch für seine Romane. Etwa das "Spinnennetz", eine hellsichtige Analyse des aufziehenden Nationalsozialismus.
Aus der mehr oder weniger freiwilligen Rastlosigkeit wird 1933 eine erzwungene Flucht – vor den Nazis, die Roth ganz oben auf der Liste ihrer Gegner führen. Zermürbt von Flucht und Exil, zerstört durch viel zu viel Alkohol, stirbt er am 27. Mai 1939 in einem Pariser Armenhospital.

In diesem Zeitzeichen erzählt Christiane Kopka:
  • wie das Elternhaus von Joseph Roth sein Leben prägt,
  • dass der Autor seine Romane und Artikel am liebsten schreibt, wenn es laut ist,
  • über das schwierige Verhältnis Joseph Roths zu Frauen,
  • wie sich sein Hass auf die Nationalsozialisten in Verzweiflung verwandelt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Professorin Iris Hermann (Literaturwissenschaftlerin, Universität Bamberg)
  • Joseph Roth: Die Erzählungen. Köln 1973
  • Joseph Roth: Romane. Köln 1994
  • Joseph Roth: Das journalistische Werk 1929 – 1939. Köln 2009
  • Helmuth Nürnberger: Joseph Roth. Reinbek bei Hamburg 1981
  • Wilhelm von Sternburg: Joseph Roth - Eine Biographie. Köln 2009

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Autorin: Christiane Kopka
Redaktion: David Rother
Technik: Theo Kramer

Piano-Legende im Buena Vista Social Club: Rubén González

Piano-Legende im Buena Vista Social Club: Rubén González WDR Zeitzeichen 26.05.2024 14:44 Min. Verfügbar bis 27.05.2099 WDR 5

Der am 26.05.1919 geborene Rubén González entscheidet sich kurz vor dem Ende seines Medizinstudiums doch für ein Leben am Klavier. Er macht kubanische Musik weltberühmt.

Der am 26. Mai 1919 geborene Rubén González ist mit seinem Klavierspiel der geniale Taktgeber des Buena Vista Social Club. Dabei war Pianist nicht sein erster Berufswunsch. Zum Glück entscheidet sich González nochmal um, denn ohne ihn würde die lateinamerikanische Musik heute anders klingen. *** Das ist unser wichtigster Interviewpartner: Ramón Valle (kubanischer Jazzpianist)


Eigentlich will Pianist Rubén González mit 77 Jahren seinen Ruhestand genießen. Doch es kommt anders. Der US-amerikanische Gitarrist Ry Cooder und Produzent Nick Gold reisen für ein Crossover-Projekt zwischen kubanischen und westafrikanischen Musikern nach Havanna. Da die Afrikaner nicht eintreffen, springen kurzerhand andere klangvolle Namen ein - unter ihnen Ibrahim Ferrer, Eliades Ochoa, Omara Portuondo und eben Rubén González.

Buena Vista Social Club, wie man in Kuba sagt, gehen auf Welttournee und füllen die Konzertsäle von New York bis Amsterdam. Als 1998 der Dokumentarfilm von Wim Wenders in die Kinos kommt, sind González und Co. auf dem Höhepunkt ihrer zweiten, späten Karriere.

Seit seiner Kindheit sitzt der am 26.05.1919 geborene Rubén Gonzaléz täglich am Klavier. Trotzdem will er nach der Schule zunächst Arzt werden. Doch 1940 bricht er sein Medizinstudium ab und lebt fortan nur noch für die Musik. Er wird zu einem der bekanntesten und erfolgreichsten Pianisten Kubas. Er gilt als Mann mit den seidenen Händen, dem Gefühl für Rhythmus und Harmonie. Und er ist der Pianist, der den kubanischen Son weiterentwickelt.

Auch mit 81 Jahren tourt die Piano-Legende noch mit dem Buena Vista Social Club um die Welt. Zum letzten Mal tritt er zwei Jahre später in Mexiko und Kuba noch einmal öffentlich auf. Rubén González stirbt im Dezember 2003 in seinem Haus in Havanna.

In diesem Zeitzeichen erzählt Andrea Kath:
  • Warum Buena Vista Social Club in Kuba selbst kein Erfolg wird,
  • was die Musiker des Buena Vista Social Clubs verbindet,
  • von Gonzalez' Karriere vor dem Crossover-Projekt
  • von der Liebe des Pianisten zum traditionellen Son.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Ramón Valle (kubanischer Jazzpianist)
  • Jonas Reichert (Musikwissenschaftler mit Spezialgebiet kubanische Musik, Universität Bonn)
  • BBC News: Buena Vista pianist Gonzalez dies

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Autorin: Andrea Kath
Redaktion: Carolin Rückl / Matti Hesse

Künstlerin ohne Konventionen: Rosa Bonheur, Tiermalerin

Künstlerin ohne Konventionen: Rosa Bonheur, Tiermalerin WDR Zeitzeichen 25.05.2024 14:36 Min. Verfügbar bis 26.05.2099 WDR 5

Heute gilt sie - nicht ganz zurecht - als Ikone der LGBTQ-Community. Rosa Bonheur (gestorben am 25.5.1899) malte brillante Tierporträts, von den man damals glaubte, Männer hätten sie gemalt...

Rosa Bonheur ist als Tiermalerin eine der bedeutendsten Künstlerinnen des 19. Jahrhunderts. Im Unterschied zu vielen anderen zeitgenössischen Künstlerinnen und entgegen gesellschaftlicher Rollenfestlegung begreift sie das Malen als Beruf und bestimmte ihre Rolle, dem männlichen Modell folgend, von ihrer beruflichen Tätigkeit ausgehend. Zu ihrer Zeit malten Frauen bevorzugt kleinere Tiere wie Vögel und Fische, Bonheur jedoch konzentrierte sich auf Rinder und Pferde. *** Unsere wichtigste Quelle: Rosa Bonheur & Anna Klumpke: Souvenirs de ma vie. Paris 2022


Rosa Bonheur ist die Tiermalerin des 19. Jahrhunderts. Die gefeiertste und reichste französische Künstlerin ihrer Zeit, die erste, die den Ritterorden der Ehrenlegion bekommt. Und sogar die erste Frau überhaupt, die man zum Offizier dieses Ordens ernennt. Eine hübsche Person, auffallend durch kurze Haare und weite dunkle Kostüme - obwohl Frauen doch eigentlich komplizierte Aufsteckfrisuren tragen und sich in Korsetts und Krinolinen zu zwängen haben.

Rosa Bonheur will die Einzigartigkeit der Tiere darstellen, ihr Wesen, fast ihre Psychologie. In jahrzehntelangen anatomischen Studien, Tausenden von Skizzen, arbeitet Rosa Bonheur ein Leben lang an diesem Ideal. Manchmal hart am Kitsch, aber meist unsentimental realistisch. Anfangs im Rock, aber sehr schnell in den nicht nur bequemeren Hosen, für die sie extra eine polizeiliche Genehmigung braucht. Erneuerbar alle sechs Monate.

Weltruhm erlangt Rosa Bonheur 1853 mit ihrem "Pferdemarkt", einer wie ein Schlachtgemälde aufgebauten bewegten Szene mit malträtierten und rebellierenden schweren Ackergäulen. Gekauft wird es für 268.000 Goldfrancs vom amerikanischen Multimillionär Vanderbilt. Er schenkt es dem neuen Metropolitan Museum of Art. Einhellig schließt die Kritik auf das "männliche Genie" der Künstlerin.

In diesem Zeitzeichen erzählt Sabine Mann:
  • Warum Rosa Bonheur beim Malen eines Ochsengespanns mit Steinen beworfen und als Hexe beschimpft wird,
  • wie es dazu kommt, dass Rosa Bonheur heute als lesbische Ikone gilt,
  • was Buffalo Bill zu Bonheurs Popularität in den USA beiträgt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:innen:
  • Marie Borin, Bonheur-Biografin
  • Katherine Brault, Besitzerin des Ateliers von Rosa Bonheur
  • Léon Roger-Milès: Rosa Bonheur, sa vie, son œuvre. Société d’Edition Artistique, 1900, S. 116, zitiert in:
  • Marie Borin: Rosa Bonheur. Une artiste à l’aube du féminisme. Paris. 2011.
  • Anna Klumpke: Rosa Bonheur, sa vie, son oeuvre. Paris, 1908, S. 311, zitiert in:
  • Marie Borin, Rosa Bonheur: Une artiste à l’aube du féminisme. Paris 2011.

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Autorin: Sabine Mann
Redaktion: David Rother
Technik: Annett Bastian

Begnadeter Schriftsteller und Theaterkönig: George Tabori

Begnadeter Schriftsteller und Theaterkönig: George Tabori WDR Zeitzeichen 24.05.2024 14:48 Min. Verfügbar bis 25.05.2099 WDR 5

Endet jede Show mit einem tödlichen Sturz? Das glaubt der vierjährige György, aus dem einmal George Tabori werden soll - frenetischer Drehbuchschreiber, Stückeautor, begnadeter Schriftsteller und der Theaterkönig von Wien und Berlin.

George Tabori ist Regisseur, Schauspieler, Lebenskünstler - und er ist Jude. Seit den späten 1960er-Jahren bringt Tabori den Holocaust auf seine ganz eigene Art ins deutschsprachige Theater: brutal komisch und politisch völlig unkorrekt. In seinem größten Erfolg, der Farce "Mein Kampf", ist er einer der Ersten, der Adolf Hitler als Komödienfigur zeigt. Vergangenheitsbewältigung mal anders. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Wolf Biermann (Liedermacher und Lyriker), George Tabori: Autodafé - George Tabori erzählt aus seinem Leben. Berlin 2023, Andrea Welker: George Tabori - Dem Gedächtnis, der Trauer und dem Lachen gewidmet. Wien 1994


Wie lautet der kürzeste deutsche Witz? "Auschwitz". Da, wo für viele der Spaß aufhört, macht George Tabori einfach weiter. Mit schwarzem Humor und politisch völlig unkorrekt nutzt der jüdische Journalist, Autor und Theatermacher seine Kunst zeitlebens auch dazu, die Erinnerung an den Holocaust wachzuhalten.
Sarkasmus ist dabei Taboris Strategie, die eigene Lebenstragödie auszuhalten: Am 24. Mai 1914 als György Tabori in Budapest geboren, lebt der wortgewandte Künstler im Laufe seines Lebens in 17 Ländern. Sein Vater und große Teile seiner jüdischen Familie werden in Auschwitz ermordet. Tabori selbst überlebt den Holocaust in Großbritannien.
Für sein Schaffen erhält der Theatermann zahlreiche Preise - unter anderem darf er 1992 als erster nichtdeutschsprachiger Autor den Georg-Büchner-Preis entgegen nehmen. 2007 stirbt George Tabori im Alter von 93 Jahren in Berlin.

In diesem Zeitzeichen erzählt Jürgen Werth:
  • Durch welches "Wunder" Taboris Mutter Elsa dem Transport nach Auschwitz entkommt,
  • welche Rolle Bertolt Brecht bei Taboris Theaterkarriere spielt,
  • wie ausgerechnet die Farce "Mein Kampf" zu Taboris größtem Erfolg wird,
  • von Taboris Tierliebe - vor allem zu seinem Hund Hapschi.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Wolf Biermann (Liedermacher und Lyriker)
  • George Tabori: Autodafé - George Tabori erzählt aus seinem Leben. Berlin 2023
  • George Tabori: Theaterstücke. München 1994
  • George Tabori: Meine Kämpfe Erzählungen. München 1986
  • Andrea Welker: George Tabori - Dem Gedächtnis, der Trauer und dem Lachen gewidmet. Wien 1994
  • George Tabori: Betrachtungen über das Feigenblatt. Ein Handbuch für Verliebte und Verrückte. Frankfurt am Main 1993

Weiterführender Link:
  • Hörbuch der Woche: "Autodafé" von George Tabori
  • Sie hat George Tabori und Günter Grass entdeckt: Verlegerin Maria Müller-Sommer gestorben

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Die Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autor: Jürgen Werth
Redaktion: Frank Zirpins

Das deutsche Grundgesetz wird verkündet (am 23.5.1949)

Das deutsche Grundgesetz wird verkündet (am 23.5.1949) WDR Zeitzeichen 23.05.2024 14:45 Min. Verfügbar bis 24.05.2099 WDR 5

Acht Monate arbeiten 65 Frauen und Männer in Bonn am Grundgesetz. Dieser Parlamentarische Rat will die Verfassung eines Rechtsstaats schaffen - mit nüchterner Sprache und hehren Zielen.

Mit der Unterzeichnung des Grundgesetzes in Bonn wird am 23. Mai 1949 die Bundesrepublik Deutschland gegründet. Nach Artikel 20 versteht sie sich als demokratischer und sozialer Bundesstaat, in dem alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht. *** Unser wichtigster Interviewpartner: Heribert Prantl (Jurist und Autor der Süddeutschen Zeitung)


Am 23. Mai 1949 endet mit der feierlichen Verkündung und Unterzeichnung des Grundgesetzes zu Bach´scher Orgelmusik die Arbeit des Parlamentarischen Rates. Ein dreiviertel Jahr zuvor sind in den Westdeutschen Landtagen 65 Frauen und Männer gewählt und nach Bonn entsandt worden. Sie sollen die Verfassung für einen Rechtsstaat ausarbeiten. Aus den ursprünglich geplanten drei Monaten werden schließlich acht.

Am vierten Jahrestag der Kapitulation, dem 8. Mai 1949, verabschiedet der Parlamentarische Rat kurz vor Mitternacht das Grundgesetz mit 53 gegen zwölf Stimmen. Vier Tage später wird es von den drei westlichen Alliierten bestätigt und danach von den westdeutschen Landtagen ratifiziert.

Die Mütter und Väter des Grundgesetzes sind nicht nur von der Geschichte und dem Leitsatz "Nie wieder" geprägt. Sie sind auch von der Sorge getrieben, die Spaltung zwischen Ost- und Westdeutschland nicht weiter zu vertiefen. Zeitgleich entsteht in der DDR ebenfalls eine Verfassung, die für vier Jahrzehnte gilt.

"Grundrechte sind weder rechts noch links. Sondern Grundrechte sind schlicht fundamental für den demokratischen Rechtsstaat. Und das ist der Satz, der für mich über den Feierlichkeiten zum Grundgesetzjubiläum steht", erklärt Heribert Prantl, Autor und Kolumnist der Süddeutschen Zeitung.

In diesem Zeitzeichen erzählt Anja Arp:
  • Warum das Grundgesetz weniger ein Liebesbrief an ein Land ist, sondern eher ein Liebeskummerbrief,
  • woran die beiden ersten demokratischen Verfassungen in Deutschland scheitern,
  • welche großen Bewährungsproben das Grundgesetz bisher gemeistert hat,
  • wie die "Gesellschaft für Freiheitsrechte" als privater Verein über das Grundgesetz wacht.

Das sind unsere wichtigsten Interviewpartner:
  • Heribert Prantl (Autor und Kolumnist der Süddeutschen Zeitung)
  • Ulf Buermeyer (Vorsitzender der Gesellschaft für Freiheitsrechte)

Podcast-Tipp:
Live-Reportage vom 23.5.1949 in voller Länge im ARD Archivradio

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Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autorin: Anja Arp
Redaktion: Christoph Tiegel / Frank Zirpins

Trotziger Schriftsteller und Grenzgänger: Stefan Heym

Trotziger Schriftsteller und Grenzgänger: Stefan Heym WDR Zeitzeichen 22.05.2024 14:49 Min. Verfügbar bis 23.05.2099 WDR 5

Am 22.5.1979 wird Stefan Heym in der DDR wegen angeblicher Devisenvergehen verurteilt. Dem Schriftsteller sollten Grenzen aufgezeigt werden. Grenzen - ohnehin Heyms zentrales Thema.

Stefan Heyms Lebensthema sind Grenzen: etwa die, die er überqueren muss, als bedrohter Flüchtling, als angefeindeter Emigrant. Doch Grenzen auch in den Köpfen, politische, religiöse, ideologische, an denen er sich wundstößt, selbst wenn die Grenzen sich tarnen. *** Das ist unsere wichtigste Interviewpartnerin: Beate Kunath (Filmemacherin)


Schon als Schüler veröffentlicht er 1931 in einer Chemnitzer Zeitung ein Anti-Kriegs-Gedicht. Damals noch unter seinem richtigen Namen Helmut Flieg. Daraufhin fliegt er vom Gymnasium, studiert Journalistik in Berlin, schreibt in linken Zeitungen - und landet als Feind auf der schwarzen Liste der Nazis. Als Hitler an die Macht kommt, veröffentlicht Flieg nur noch unter dem Pseudonym Stefan Heym und flieht erst nach Schlesien, von dort aus zu Fuß über die Berge nach Prag.


Später emigriert er weiter in die USA und kehrt im Krieg als amerikanischer Soldat zurück. Im besetzten Deutschland arbeitet er als Militärjournalist am Aufbau einer freien Presse mit, kehrt dann aber in die USA zurück. 1948 erscheint sein Kriegsroman "The Crusaders". Als in den USA die McCarthy-Ära beginnt, kehrt er zurück nach Europa, nach Ost-Berlin. In der DDR versteht er sich als "kritischer Marxist".

Schon mit SED-Parteichef Walter Ulbricht bekommt Heym Ärger wegen seiner unangepassten Kommentare. Seit den 1960er-Jahren lehnt die Zensur immer mehr Bücher von Heym ab. 1976 organisiert Heym mit anderen den Protest gegen die Ausbürgerung von Wolf Biermann. 1979 rechnet er in seinem Roman "Collin" mit dem Stalinismus ab. In der DDR darf das Buch nicht erscheinen. Weil Heym es im Westen drucken lässt, wird er am 22.05.1979 wegen Devisenvergehen verurteilt und aus dem Schriftstellerverband ausgeschlossen. 

Nach dem Fall der Mauer macht Heym eine kurze politische Karriere. Er stirbt am 16. Dezember 2001 bei einer Vortragsreise in Israel.

In diesem Zeitzeichen erzählt Jutta Duhm-Heitzmann:
  • Warum Stefan Heym nach seiner USA-Zeit nicht in der BRD, sondern in der DDR sesshaft wurde,
  • dass die DDR ihn erfolglos "zu Tode schweigen" wollte,
  • warum Stefan Heym nach der Wende in die Politik ging - und sie desillusioniert wieder verließ,
  • dass seine Gedichte heute von jungen Leuten neu entdeckt werden.

Das ist unsere wichtigste Interviewpartnerin:
  • Beate Kunath (Filmemacherin, u.a. "Abschied und Ankunft")

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Autorin: Jutta Duhm-Heitzmann
Redaktion: Matti Hesse / Christoph Tiegel
Technik: Moritz Raestrup

Bezahlbar wohnen in der Stadt: Jakob Reumann und das "Rote Wien"

Bezahlbar wohnen in der Stadt: Jakob Reumann und das "Rote Wien" WDR Zeitzeichen 21.05.2024 16:03 Min. Verfügbar bis 22.05.2099 WDR 5

Am 21.5.1919 wird Jakob Reumann der erste sozialdemokratische Bürgermeister Wiens. So wird das "Rote Wien" geboren: ein Reformprojekt, das die Stadt bis heute prägt.

Er will nicht nur Wohnungen für Menschen erschaffen, sondern ganze Lebensräume: Als Jakob Reumann zum ersten sozialdemokratischen Bürgermeister von Wien gewählt wird, wird die Stadt neu gestaltet. Das hat Auswirkungen bis heute. *** Das ist unser wichtigster Interviewpartner: Werner Michael Schwarz, Historiker und Kurator im Wien-Museum


Am Ende des Ersten Weltkriegs ist Wien in Not - eine überfüllte Stadt mit schlechter Versorgungslage. Die Menschen versuchen, sich selbst zu versorgen, sich auch selbst um Wohnraum zu kümmern. Sie bauen sich am Stadtrand Hütten und legen große Gärten an.

Bis 1919 gilt in Österreich das Kurienwahlrecht: Ob und wer wählen darf, hängt unter anderem von der Steuerleistung ab. Das ändert sich mit der Wahlrechtsreform. Am 4. Mai 1919 finden bei der Gemeinderatswahl in Wien erstmals allgemeine und gleiche Wahlen statt. Dabei erzielen die Sozialdemokraten mit 54,2 Prozent der Stimmen die absolute Mehrheit. Der Gemeinderat wählt Jakob Reumann zum Bürgermeister. Das rote Wien ist geboren.

Zum Programm der neuen Stadtregierung zählt unter anderem kostenlose medizinische Versorgung, Bildungsreformen sowie die Schaffung von Wohnraum. Zentral dabei: Es sollen nicht nur Wohnungen für Menschen geschaffen werden, sondern Lebensräume. Das hat nicht nur in Wien Konsequenzen: Die eher traditionell und konservativ denkende Landbevölkerung schaut so skeptisch nach Wien, dass Wien und Niederösterreich sich trennen. Wien wird zum unabhängigen Land in Österreich und kann eigene Gesetze und eigene Steuern erheben - etwa die Wohnbausteuer.

In diesem Zeitzeichen erzählt Wolfgang Meyer:
  • Welche traurige Inschrift heute Reumanns Bronzebüste ziert,
  • warum die Versorgungslage in Wien so schlecht war, obwohl alle Eisenbahnlinien über die Stadt liefen,
  • warum Gemeindewohnungen in den alten Gebäuden heute noch so begehrt sind,
  • wieso die Wohnbausteuer in der Bevölkerung große Zustimmung fand.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Werner Michael Schwarz (Historiker, Kurator im Wien-Museum)

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Die Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autor: Wolfgang Meyer
Redaktion: Matti Hesse

Mit Humor gegen den Krebs ankämpfen: Komikerin Gilda Radner

Mit Humor gegen den Krebs ankämpfen: Komikerin Gilda Radner WDR Zeitzeichen 20.05.2024 14:45 Min. Verfügbar bis 21.05.2099 WDR 5

Mit ihrem humoristischen Talent ist Gilda Radner einer der Stars der TV-Show "Saturday Night Live". Den Humor verliert sie auch nicht, als bei ihr Krebs diagnostiziert wird.

"Comedy ist das, was mein Leben von einer Tragödie unterschieden hat", sagt die Komikerin Gilda Radner 1982 rückblickend. "Ein komischer Blick auf die Welt hat mich wieder und wieder gerettet - und ich liebe es, lustig zu sein." *** Das ist unsere wichtigste Interviewpartnerin: Lisa D’Apolito (Regisseurin der Doku "Love, Gilda")


Im Leben von Gilda Radner sind Komödie und Tragödie immer eng verknüpft. Als Tochter eines wohlhabenden Hotelmanagers ist sie ein aufgekratztes, gut gelauntes Mädchen. Trotzdem findet sie schwer Anschluss, denn durch die Umzüge der Familie wechselt sie oft die Schule - und sie wird immer wieder wegen ihres Gewichts gehänselt.

Mit zehn Jahren erhält sie Diätpillen, die heftige Stimmungsschwankungen verursachen. Ihr Kindermädchen rät ihr: "Wenn sie sagen, dass du fett bist, mach einen Witz darüber und lach. Mach du den Witz, bevor sie darauf kommen." Auch als ihr Vater an einem Tumor stirbt, ist für den Teenager Humor ein Weg, um mit der Trauer umzugehen.

"Meine Comedy war immer dazu gedacht, die Dinge wieder in Ordnung zu bringen", sagt sie später. "Ich benutzte Comedy, um die Kontrolle über mein Leben zu halten." Doch für den Umgang mit ihrer Bulimie muss sie auf ärztliche Hilfe zurückgreifen - und weist sich selbst ins Krankenhaus ein.

Als sie den Schauspieler Gene Wilder heiratet, geht es ihr gut wie nie zuvor. Doch schon bald hat sie mit Schmerzen zu kämpfen: Sie hat Krebs. Auch diesen Kampf nimmt sie mit ihrer eigenen Waffe auf: dem Humor.

In diesem Zeitzeichen erzählt Jana Fischer:
  • Wie das komödiantische Talent von Gilda Radner entdeckt wird,
  • welche Stationen zu ihrer Karriere gehören,
  • welches Verhältnis sie zu Fans hat,
  • wie Ehemann Gene Wilder auf die tragische Krankheitsgeschichte von Gilda Radner reagiert.

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  • Lisa D’Apolito (Regisseurin der Doku "Love, Gilda")

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Autorin: Jana Fischer
Redaktion: Frank Zirpins

Ikone der Evolution: das Primatenfossil "Ida"

Ikone der Evolution: das Primatenfossil "Ida" WDR Zeitzeichen 19.05.2024 14:47 Min. Verfügbar bis 20.05.2099 WDR 5

Die Grube Messel in Hessen wird 1983 Fundort von etwas, das mit der öffentlichen Präsentation am 19.5.2009 zur Weltsensation wird: ein Primatenfossil, 47 Mio. Jahre alt.

Der norwegische Paläontologe Jorn Hurum präsentiert 2009 publikumswirksam den Ankauf des frühen Primaten-Fossils Darwinius masillae aus dem Eozän (Alter 47 Millionen Jahre) der Grube Messel, das über Umwege privater Sammler an die Universität Oslo kommt. Den Holotyp bennent er nach seiner Tochter Ida. Seine öffentliche Ankündigung einer "revolutionären" neuen Entdeckung erweist sich später aus wissenschaftlicher Sicht als übertrieben, da es sich als wahrscheinlich nicht direkt zur Vorfahrenlinie des Menschen und der Affen zugehörig erweist. *** Das ist unser wichtigster Interviewpartner: Prof. Dr. Ottmar Kullmer, Leiter der Abteilung Paläoanthropologie im Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt


Mitten in Deutschland, auf halbem Weg zwischen Darmstadt und Frankfurt am Main, ist ein ganz besonderes Fenster in die Vergangenheit zu finden. Die Grube Messel. Etwa einen Kilometer im Durchmesser und rund 60 Meter tief ist die Grube eine sehr ergiebige Fundstelle für Fossilien, die auch besonders gut erhalten sind. Eines dieser Fossilien wird vor 15 Jahren zum weltweiten Medienstar.

Am 19. Mai 2009 stellen der norwegische Paläontologe Jørn Hurum und sein Team der Weltöffentlichkeit die Sensation im New Yorker Museum für Naturgeschichte vor.

Ausgegraben wird das Fossil in der heutigen UNESCO-Weltnaturerbestätte Grube Messel schon 1983 - also über ein Vierteljahrhundert vor seiner öffentlichen Präsentation. Die Politik hat zu diesem Zeitpunkt den wissenschaftlichen Wert der stillgelegten Ölschiefergrube noch nicht erkannt und will sie zur Mülldeponie umfunktionieren.

Bis es soweit ist, dürfen auch Hobby-Forscher auf dem Gelände nach Fossilien suchen. Einer von ihnen findet die Schieferplatte, in der sich ein versteinertes Primatenskelett verbirgt. Die Wissenschaftler geben ihrer Entdeckung den lateinischen Namen "Darwinius masillae". Einen Spitznamen hat das Fossil auch. Jørn Hurum hat es zu Ehren seiner Tochter "Ida" getauft.

In diesem Zeitzeichen erzählt Daniela Wakonigg:
  • Wie aus einem Vulkan die Grube Messel entsteht,
  • warum der neu entstandene See für Tiere zur tödlichen Falle wird,
  • wie Jørn Hurum die Präsentation des Fossils und der wissenschaftlichen Untersuchungen über "Ida" zum medienwirksamen Event macht,
  • warum Wissenschaftler darum streiten, ob "Ida" ein Trocken- oder Feuchtnasenprimat ist.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Prof. Dr. Ottmar Kullmer, Leiter der Abteilung Paläoanthropologie im Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt.
  • Colin Tudge: Missing Link: Ida und die Anfänge der Menschheit. Der Sensationsfund aus Deutschland. 2009.

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Autorin: Daniela Wakonigg
Redaktion: Christoph Tiegel und David Rother
Technik: Moritz Raestrup

Todfeind der Mafia: Der italienische Richter Giovanni Falcone

Todfeind der Mafia: Der italienische Richter Giovanni Falcone WDR Zeitzeichen 18.05.2024 14:44 Min. Verfügbar bis 19.05.2099 WDR 5

Giovanni Falcone (geboren am 18.5.1938) war der wichtigste Mafia-Jäger. Er bewies, dass man die Mafia wohl nicht besiegen, aber bekämpfen kann. Dafür zahlte er mit seinem Leben.

Giovanni Falcone ist der "Cosa Nostra" jahrelang auf den Fersen - und sie ihm. Der italienische Star-Jurist weiß, dass er jederzeit um sein Leben fürchten muss. Am 23. Mai 1992 reißt eine Autobombe den Richter in den Tod. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Michael Kadereit (interviewte als letzter deutscher Journalist Falcone neun Tage vor dessen Tod), Marcelle Padovani: Giovanni Falcone – Mafia intern. München 1993, Roberto Saviano: Falcone. München 2024


Im Frühjahr 1992 stellt die Mafia dem Richter Giovanni Falcone eine Falle: In einem Abwasserkanal unter der Autobahn 29 vom Flughafen Punta Raisi nach Palermo werden in Höhe der Kleinstadt Capaci 500 Kilogramm Sprengstoff versteckt. Der Mafia-Jäger ist seit den 1980er-Jahren der Star-Jurist Italiens. Mittlerweile arbeitet er im Justizministerium in Rom an einer Reform des Strafvollzugs.

Wenn der Richter das nächste Mal heim nach Sizilien kommt, soll die Bombe hochgehen. Das ist am 23. Mai 1992 der Fall: Das Auto der drei vorausfahrenden Leibwächter wird von der gewaltigen Explosion 60 Meter hoch in die Luft geschleudert. Falcones Fahrzeug kracht in den Bombenkrater. Der Richter stirbt im Krankenhaus. Er wird 53 Jahre und fünf Tage alt.

In diesem Zeitzeichen erzählt Edda Dammmüller:
  • wie Giovanni Falcone als Kind mit den Söhnen der Mafia-Familien spielt,
  • was der Richter über die Chancen des Kampfes gegen die Mafia denkt,
  • mit wem Falcone im Justizpalast von Palermo eng zusammenarbeitet,
  • welches Ermittlungscredo er verfolgt,
  • mit wem Falcone die "Pizza-Connection" aufgedeckt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Michael Kadereit (interviewte als letzter deutscher Journalist Falcone neun Tage vor dessen Tod)
  • Marcelle Padovani: Giovanni Falcone – Mafia intern. München 1993
  • Roberto Saviano: Falcone. München 2024

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Autorin: Edda Dammmüller
Redaktion: Matti Hesse
Producerin: Sarah Fitzek

Zur Rettung ungarischer Juden: ein Deal mit den Nazis

Zur Rettung ungarischer Juden: ein Deal mit den Nazis WDR Zeitzeichen 17.05.2024 15:08 Min. Verfügbar bis 18.05.2099 WDR 5

Wie können ungarische Juden vor der Vernichtung gerettet werden? Ein Hilfskomitee setzt im April/Mai 1944 auf Verhandlungen mit der SS. Ein Resultat der Gespräche ist der "Kasztner-Zug".

Als sich Adolf Eichmann, der Organisator des Holocaust, 1961 in Israel für seine Taten verantworten muss, geht es auch um einen Deal zwischen der SS und einem Hilfskomitee, das ungarische Juden retten will. 1944 erreicht Rezsö Kasztner, dass fast 1.700 jüdische Menschen Budapest per Zug verlassen können. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Sybille Steinbacher (Direktorin des Fritz-Bauer-Instituts und Inhaberin des Lehrstuhls zur Erforschung der Geschichte und Wirkung des Holocaust an der Goethe-Universität Frankfurt am Main), Ladislaus Löb: Geschäfte mit dem Teufel - Die Tragödie des Judenretters Rezsö Kasztner - Bericht eines Überlebenden. Köln 2010***


Der Holocaust in Ungarn verläuft in einem enormen Tempo: Am 19. März 1944 marschiert die deutsche Wehrmacht das Land ein und schon gut einen Monat später, am 28. April, verlässt der erste Zug mit ungarischen Juden Budapest in Richtung Auschwitz. Innerhalb von acht Wochen werden 438.000 von ihnen dorthin deportiert.

Dagegen stemmt sich das Komitee für Rettung und Hilfe, das seit 1941 versucht, Juden aus den Konzentrationslagern und Ghettos ins sichere Ausland zu bringen. Das Komitee nimmt Kontakt zur SS auf: zu Adolf Eichmann, dem Organisator der Judenvernichtung. Es kommt zu einem Versprechen: 10.000 Lastwagen gegen eine Million Juden.

100.000 Juden will Eichmann als "Vorschuss" freilassen, falls Vertreter der vermeintlichen "jüdischen Weltmacht" eine Zusage für den Deal unterschreiben. Am 17. Mai 1944 macht sich deshalb Joel Brand als Komitee-Vertreter nach Istanbul auf. Derweil verhandelt Rezsö Kasztner in Ungarn weiter mit Eichmann.

Schließlich fährt der sogenannte Kasztner-Zug mit 1.684 ungarischen Juden Ende Juni 1944 los - aber nicht wie ausgemacht in die Schweiz, sondern nach Bergen-Belsen. Dort gibt es auf Weisung von SS-Chef Heinrich Himmler 30.000 "Austauschjuden", die als Geiseln für mögliche "Geschäfte" mit den Westalliierten dienen sollen.

In diesem Zeitzeichen erzählt Peter Meisenberg:
  • warum Eichmann Kasztner überhaupt ernst nimmt,
  • was aus der Mission von Joel Brand wird,
  • welches Kalkül die SS mit dem Deal "Juden gegen Lastwagen" verbindet,
  • wie einige Juden tatsächlich die Schweiz erreichen,
  • dass Rezsö Kasztner nach dem Zweiten Weltkrieg für sein Engagement mit dem Leben bezahlt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Sybille Steinbacher (Direktorin des Fritz-Bauer-Instituts und Inhaberin des Lehrstuhls zur Erforschung der Geschichte und Wirkung des Holocaust an der Goethe-Universität Frankfurt am Main)
  • Yehuda Bauer: Freikauf von Juden? Verhandlungen zwischen dem nationalsozialistischen Deutschland und jüdischen Repräsentanten von 1933 bis 1945. Berlin 2019
  • Andreas Biss: List als Waffe. Wir hielten die Vernichtung an. Berlin 2022
  • Christian Gerlach, Götz Aly: Das letzte Kapitel - Der Mord an den ungarischen Juden 1944 bis 1945. Frankfurt am Main 2002
  • Ladislaus Löb: Geschäfte mit dem Teufel - Die Tragödie des Judenretters Rezsö Kasztner - Bericht eines Überlebenden. Köln 2010

Weiterführende Links:

Unser Hörtipp: WDR 5 "Das Philosophische Radio" mit Jürgen Wiebicke

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Autor: Peter Meisenberg
Redaktion: Matti Hesse

Josip Broz Tito: Autokrat und Lebemann, verehrt und verachtet

Josip Broz Tito: Autokrat und Lebemann, verehrt und verachtet WDR Zeitzeichen 16.05.2024 14:51 Min. Verfügbar bis 17.05.2099 WDR 5

Am 16.5.1974 wurde Tito als jugoslawischer Staatspräsident auf Lebenszeit bestätigt. Er war Kämpfer, Landesvater, Unterdrücker, Jetset-Mensch... eine Jahrhundertfigur.

Der jugoslawische Staatspräsident Josip Broz, genannt Tito, genießt das Leben, liebt gutes Essen, teure Autos und den Glamour des internationalen Jetsets. Seine politischen Gegner lässt er gnadenlos verfolgen, bis er sein Land vom Stalinismus entfernt: Tito bleibt eine zwiespältige, schillernde Gestalt der europäischen Geschichte. *** Das ist unsere wichtigste Interviewpartnerin: Marie-Janine Calic, Professorin für Ost- und Südosteuropäische Geschichte, Universität München.


Josip Broz, genannt Tito, wird 1892 in Kumrovec, einem Dorf an der kroatisch-slowenischen Grenze, geboren und wächst in einer kinderreichen Bauernfamilie auf. Während des Ersten Weltkriegs gerät er in russische Kriegsgefangenschaft und kommt dort mit sozialistischen Ideen in Kontakt. Im Zweiten Weltkrieg führt er die Partisanen im Kampf gegen die deutsche Besatzung und gegen nationale Gruppen, die Jugoslawien in den Bürgerkrieg treiben.

Nach dem Krieg gründet Tito ein sozialistisches Jugoslawien, später versucht er das Land zwischen den politischen Blöcken in Ost und West zu positionieren. Seine Herrschaft ist von strenger Kontrolle geprägt, er erlaubt aber auch eine gewisse Liberalisierung, die Reisefreiheit und Meinungsvielfalt zulässt. 1974 wird er zum Staatspräsidenten auf Lebenszeit ernannt.

Titos Tod im Jahr 1980 hinterlässt ein Machtvakuum, das die kommunistische Partei nicht füllen kann. Der Slogan "Brüderlichkeit und Einheit" entpuppt sich als Illusion, und in den 1990er Jahren zerbricht Jugoslawien in einem blutigen Bürgerkrieg.

Heute ist Titos Erbe ambivalent. Die Figur spaltet immer noch: Für manche ist er der Held, der Jugoslawien vereint, für andere der Diktator, der das Land ins Unglück stürzt.

In diesem Zeitzeichen erzählt Claudia Friedrich:
  • warum warmer Topfenstrudel viel mit Titos Biografie zu tun hat,
  • woher der Name Tito kommt,
  • warum in Jugoslawien gerade unter Jugendlichen eine Titostalgie zu beobachten ist.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Marie-Janine Calic: Tito. Der ewige Partisan, München 2020.
  • Marie-Janine Calic: Geschichte Jugoslawiens, München 2018.
  • Slavko Goldstein: 1941. Das Jahr, das nicht vergeht. Die Saat des Hasses auf dem Balkan, Frankfurt am Main 2018. -
  • Sarah Wiener: 1969. Josip Broz Tito. Der Topfenstrudel, den der jugoslawische Staats-Chef der Schauspielerin Sophia Loren servierte, in: Gerichte, die die Welt veränderten. S. 209-216), Wien 2018.

Und das ist unsere Interviewpartnerin:
  • Marie-Janine Calic, Professorin für Ost- und Südosteuropäische Geschichte, Universität München.

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Autorin: Claudia Friedrich
Redaktion: David Rother
Technik: Claudia Friedrich

Beeindruckte Mozart: Die blinde Pianistin Maria Theresia Paradis

Beeindruckte Mozart: Die blinde Pianistin Maria Theresia Paradis WDR Zeitzeichen 15.05.2024 14:45 Min. Verfügbar bis 16.05.2099 WDR 5

Die am 15.05.1759 geborene Paradis spielt nur nach Gehör. Trotzdem tourt sie als gefeierte Pianistin durch Europa und wird zur Wegbereiterin für die Blindenbildung.

Das Leben der blinden Pianistin Maria Theresia Paradis Leben ist nicht nur von Musik geprägt, sondern auch von bemerkenswerten sozialen Verbindungen, darunter Adlige, Musiker, Komponisten und Wissenschaftler. In Paris inspiriert sie den Lehrer Valentin Haüy, der später die erste Blindenschule gründet. ***Das ist unsere wichtigste Interviewpartnerin: Gerlinde Sämann, Sopranistin


Im Wien des 18. Jahrhunderts ist sie eine Ausnahmeerscheinung, eine blinde Pianistin, die die Herzen Europas erobert. Maria Theresia Paradis, geboren 1759, ist eine wahre Meisterin am Klavier. Ihr Talent führt sie auf eine bemerkenswerte Konzertreise durch Europa.

Ihr Motto "Wer die Musik nur durch die Ohren jagt, ist mehr Gaukler als Musiker" spiegelt sich in allen Bereichen des Lebens der Pianistin wider: In ihrer Hingabe zur Musik, ihrer akribischen Disziplin beim Üben, ihrer Art, Schüler zu unterrichten, und ihrer kontinuierlichen Suche nach tieferem Verständnis. Sie hört Musik nicht nur, sondern erlebt sie mit ganzen Sinnen. Sie fühlt die Tasten, memoriert Strukturen und entwickelt Techniken, um sich musikalische Werke vorzustellen. Dies zeigt sich auch in ihrer Offenheit gegenüber neuen Ideen und Technologien, wie dem speziell für sie entwickelten Druck-Setzkasten, der es ihr ermöglicht, Briefe und Noten zu schreiben.

Die tiefgehende Auseinandersetzung mit der Musik macht Paradis zu einer außergewöhnlichen Musikerin und Lehrerin, deren Leidenschaft weit über das bloße Spielen von Noten hinausgeht. Sie stirbt 1824 im Alter von 64 Jahren. Ihre Werke sind größtenteils verloren gegangen, doch ihre Geschichte bleibt eine Quelle der Inspiration.

In diesem Zeitzeichen erzählt Christian Kosfeld:
  • wie die junge Pianistin alle in ihren Bann zieht,
  • wie es dazu kommt, dass Mozart ihr ein Konzert widmet,
  • und warum Liebe eines ihrer wirkungsvollsten Lehrmittel ist.

Das ist unsere wichtigste Interviewpartnerin:
  • Gerlinde Sämann, Sopranistin

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Autor: Christian Kosfeld
Redaktion: Carolin Rückl und Frank Zirpins

Amerikanischer Traum aus der Ketchup-Flasche: Henry John Heinz

Amerikanischer Traum aus der Ketchup-Flasche: Henry John Heinz WDR Zeitzeichen 14.05.2024 13:37 Min. Verfügbar bis 15.05.2099 WDR 5

Am 14.5.1919 stirbt Henry John Heinz. Der "Vater des Ketchups" war ein Marketing-Genie: "Wenn es nicht Heinz ist, ist es auch nicht Ketchup." Sein Ketchup wird zur Grundlage einer der größten Lebensmittel-Dynastien der USA.

Bei diesem Namen sehen die meisten rot: Henry J. Heinz, der Mann mit dem Ketchup. Als Firmenchef ist er ein Patriarch alter Schule: Gewerkschaften sieht er als sozialistische Unruhestifter, ist aber auch der Meinung, dass Arbeitgeber ihre Mitarbeiter fair behandeln sollten und bietet ihnen daher eine kostenlose medizinische Versorgung und ausreichend Pausen. ***Das ist unsere wichtigste Quellen: Quentin R. Skrabec: H.J. Heinz - a Biography. Jefferson 2009


Henry John Heinz ist der Mann hinter Heinz-Ketchup, einer der bekanntesten Marken der Welt. Geboren 1844 in der Nähe von Pittsburgh als ältestes von acht Kindern deutscher Einwanderer, zeigt sich schon früh sein Talent für den Handel: Schon im Alter von 12 Jahren verkauft er eingelegtes Gemüse und Meerrettich an lokale Händler.

1869 gründet er dann sein erstes Unternehmen: Heinz Noble & Company. Der Börsencrash 1873 zwingt ihn in die Insolvenz, aber er baut sein Geschäft wieder auf. Er konzentriert sich auf Produkte wie Ketchup, Essig und eingelegtes Gemüse. Für seinen Erfolg setzt er neben guter Qualität auf Verpackung und innovative Werbung: die noch heute verwendete "57 Varieties"-Kampagne stammt von ihm.

Henry John Heinz stirbt 1919, aber sein Vermächtnis lebt weiter: Sein Heinz-Ketchup ist auch heute weltweit bekannt. Und auch sein Motto ist heute noch genauso aktuell wie damals: "Tue eine gewöhnliche Sache ungewöhnlich gut."

In diesem Zeitzeichen erzählt Thomas Mau:
  • wieso Ed Sheeran nicht auf Ketchup verzichten kann,
  • warum klare Glasflaschen ein Verkaufsargument sind,
  • wozu Henry J. Heinz mittels einer Maschine misst, mit welcher Geschwindigkeit der Ketchup aus der Flasche kommt,
  • und wie eine Gurke zum berühmtesten Giveaway in der Geschichte des Merchandisings wird.

Das ist eine unserer Quellen:
  • Quentin R. Skrabec: H.J. Heinz - a Biography. Jefferson 2009

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Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autor: Thomas Mau
Redaktion: Matti Hesse

Kämpfer gegen das Vergessen: Todestag von Paul Merker

Kämpfer gegen das Vergessen: Todestag von Paul Merker WDR Zeitzeichen 13.05.2024 14:26 Min. Verfügbar bis 14.05.2034 WDR 5

Funktionär Paul Merker wird in der DDR verhaftet, verhört und verurteilt - weil er sich für Entschädigungen für Holocaust-Überlebende einsetzt. Erst spät und im Stillen wird er rehabilitiert.

Er ist langjähriger Kommunist und Widerstandskämpfer gegen die Nazis. Als hoher SED-Funktionär ist Paul Merker auch mit Walter Ulbricht und Wilhelm Pieck bekannt. Trotzdem wird er in der DDR zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt - weil er sich für die Rückerstattung geraubten jüdischen Vermögens einsetzt. *** Das sind unsere wichtigsten Interviewpartner: Ulrich Mählert (Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur), Philipp Graf (Leibniz-Institut für jüdische Geschichte) ***


Die DDR nähert sich dem Thema Holocaust künstlerisch, politisch und juristisch. Doch von Entschädigungen für Holocaust-Überlebende will sie nichts wissen. Paul Merker tritt als einziges hochrangiges SED-Mitglied für die Rechte der jüdischen NS-Opfer und ihrer Nachkommen ein.
Er favorisiert die sogenannte Wiedergutmachung, also die Rückerstattung geraubten jüdischen Vermögens. Deshalb fällt er in Ungnade. Wegen vermeintlicher "Agententätigkeit" nimmt ihn die Stasi Ende November 1952 fest. Der Prozess findet nach zweijähriger Untersuchungshaft unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt und dauert nur zwei Tage. Das Urteil fällt Ende März 1955: acht Jahre Zuchthaus.
Doch dann wird Paul Merker bereits im Januar 1956 aus der Haft entlassen. Wenige Wochen später hält Stalins Nachfolger Chruschtschow seine Geheimrede über Stalins Verbrechen. Dasselbe DDR-Gericht, das Paul Merker zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt hatte, spricht ihn ein Jahr später in einer neuen Verhandlung frei, ohne dass sich die Beweislage geändert hat.
Eine politische Rehabilitierung erfolgt allerdings nicht. Die Medien verschweigen den Freispruch. Als Paul Merker am 13. Mai 1969 stirbt, veröffentlicht die SED einen Nachruf, ohne seine Haft zu erwähnen. In den 1970er-Jahren ziert sein Porträt eine DDR-Briefmarke.

In diesem Zeitzeichen erzählt Thomas Klug:
  • wie die DDR-Justiz das Urteil gegen Paul Merker begründet,
  • mit welchem Argument die DDR eine finanzielle Entschädigung von NS-Opfern ablehnt,
  • wie die Sowjetunion die Gründung Israels zunächst unterstützt und sich danach abwendet,
  • was Paul Merker nach seiner Haftentlassung an Staatspräsident Wilhelm Pieck schreibt.

Das sind unsere wichtigsten Interviewpartner:
  • Ulrich Mählert (Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur)
  • Philipp Graf (Leibniz-Institut für jüdische Geschichte)

Weiterführende Links:

Audiothek-Tipp:
Zum 80. Mal jährt sich in diesem Jahr die so genannte Chinesenaktion – die Verhaftung von rund 130 chinesischen Einwanderern durch die Gestapo am 13. Mai 1944 im Hamburger Stadtteil St. Pauli. Darum geht es in der aktuellen Folge des ARD-Podcasts Welt.Macht.China.

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Die Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autor: Thomas Klug
Redaktion: Christoph Tiegel und Frank Zirpins
Technik: Holger Maerten

Begründer der Allergielehre - Der Kinderarzt Clemens von Pirquet

Begründer der Allergielehre - Der Kinderarzt Clemens von Pirquet WDR Zeitzeichen 12.05.2024 14:45 Min. Verfügbar bis 13.05.2099 WDR 5

"Haben Sie Allergien?" Die Frage ist im Restaurant inzwischen selbstverständlich. Den Namen Allergie hat der Wiener Arzt Clemens von Pirquet erfunden, dem vor allem das Wohl von Kindern am Herzen lag. Fünfmal war er für den Medizin-Nobelpreis nominiert. Fünfmal hat er ihn nicht bekommen.

Seine Laufbahn beginnt Clemens von Pirquet als Kinderarzt in Wien. Er ist für seine menschenfreundliche Art bekannt. Er beschäftigt sich mit Infektionskrankheiten wie Diphterie, Masern und Tuberkulose sowie mit Fragen der Impfung - und prägt den bis heute verwendeten Begriff der Allergie. *** Das sind unsere wichtigsten Interviewpartner: Dr. Benedikt M. Huber (Leitender Kinderarzt am Kantonsspital in Fribourg/Schweiz), Professor Dr. Nils Hansson (Professor für Medizingeschichte an der Uni Düsseldorf) ***


Piquet studiert in Wien, Königsberg und Graz. Dort gehört Theodor Escherich zu seinen Lehrern, damals der bekannteste Kinderarzt der k. u. k. Monarchie. Nach der Promotion im Jahr 1900 geht Pirquet zur weiteren Ausbildung nach Berlin an die Charité zu Otto Heubner, einer weltweit geschätzten Kapazität auf dem Gebiet der Pädiatrie.
Pirquet beschäftigt sich zunächst mit Infektionskrankheiten wie Diphtherie, Masern und Tuberkulose, dann mit Fragen der Impfung. Dabei stößt er gemeinsam mit seinem Kollegen Béla Schick auf das Phänomen der sogenannten Serumkrankheit.
Den beiden Wissenschaftlern fällt auf, dass Patienten, die mit einem Serum etwa gegen Diphtherie geimpft worden waren, oft stärker mit Krankheitssymptomen reagieren, wenn sie ein weiteres Mal mit diesem Serum in Berührung kommen. Die Reaktionsfähigkeit des Organismus hat sich also verändert. 1906 entwickelt Pirquet daraus seinen Allergiebegriff und zählt zu den Pionieren der Allergieforschung.
Die Nobelpreisfanfare erklingt nie für Clemens von Pirquet, obwohl er fünfmal für den wichtigsten Wissenschaftspreis nominiert ist. Er ist ein Tausendsassa mit zahlreichen Forschungsinteressen. Dennoch ist er für das Nobelkomitee eher weniger interessant, weil er nie eine einzelne bahnbrechende Entdeckung nachweist.

In diesem Zeitzeichen erzählt Heide Soltau:
  • welche beruflichen Pläne die katholische Mutter für den Sohn Clemens hat,
  • wie von Pirquet zum informellen Titel "Vater der Klinik" kommt,
  • warum seine Ehe mit Christine van Husen unter keinem guten Stern steht,
  • warum von Pirquets Forschungen zur Kinderernährung ein Segen sind und im Ergebnis trotzdem heftig kritisiert werden.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Dr. Benedikt M. Huber (Leitender Kinderarzt am Kantonsspital In Fribourg/Schweiz)
  • Eva Kaiserseder (Ärztekammer Wien)
  • Professor Johannes Ring (Allergologe)
  • Professor Dr. Nils Hansson (Professor für Medizingeschichte an der Uni Düsseldorf)
  • Daniel Angetter und Nils Hansson: Clemens Freiherr von Pirquet – Warum der „Allround“-Mediziner am Nobelpreis scheiterte. In: Laureaten und Verlierer. Der Nobelpreis und die Hochschulmedizin in Deutschland, Österreich und der Schweiz, Göttingen: V&R Unipress 2021, S. 139-156.
  • Nils Hansson: Wie man keinen Nobelpreis gewinnt. Die verkannten Genies der Medizingeschichte. 2023.
  • Eva Kaiserseder: Clemens von Pirquet. Genialer Kinderarzt und wissenschaftlicher Pionier. In: medinlive.at. 1.3.2021

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Autorin: Heide Soltau
Redaktion: Frank Zirpins

Der Geburtstag des Künstlers Salvador Dalí (am 11.05.1904)

Der Geburtstag des Künstlers Salvador Dalí (am 11.05.1904) WDR Zeitzeichen 11.05.2024 14:44 Min. Verfügbar bis 12.05.2099 WDR 5

Gezwirbelter Bart, ein Ozelot an der Leine - der spanische Künstler Salvador Dalí versteht es, aufzufallen. Begeistert mit Bildern von zerfließenden Uhren. Und sagt von sich selbst: Ich gelte nur als gut, weil die anderen noch schlechter sind.

Brennende Giraffen, Menschen mit Schubladen im Körper, zerfließende Uhren - der Maler Salvador Dalí ist einer der Hauptvertreter des Surrealismus. Mit seiner eigenen Stilrichtung des Hyperrealismus' ist er unheimlich erfolgreich. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Michael Imhof (Kunsthistoriker und Buchautor), Dalí Lorca Buñuel - Aufbruch in Madrid - Korrespondenzen. Stuttgart 1993 ***


Der spanische Maler Salvador Dalí pflegt seine Exzentrik. Mit weit aufgerissenen Augen, einem nach oben gezwirbelten Schnurrbart und dem eleganten Gehstock spielt Dalí vor Journalisten den irren Künstler, der auf dem schmalen Grat zwischen Genie und Wahnsinn wandelt.
Ein ganz anderer ist Salvador Dalí in seinem Dorf Cadaqués, an der Costa Brava gelegen. Hier verbringt er beinahe sein ganzes Leben, malt viele Stunden am Tag und pflegt Freundschaften mit einfachen Menschen.
Mit 25 Jahren trifft Salvador Dalí die Frau, mit der er sein restliches Leben verbringen wird. Gala und Salvador Dalí heiraten. Gala ist nicht nur seine Muse, sondern auch seine Managerin, die knallhart Preise aushandelt und die Kunst ihres Mannes gewinnbringend vermarktet.
Salvador Dalís Werke sind von einer tiefgründigen ausbalancierten Schönheit, altmeisterlich gemalt. Der Katalane ist einer der bedeutendsten Maler des 20. Jahrhunderts. Er stirbt im Januar 1989 mit 84 Jahren.

In diesem Zeitzeichen erzählt Andrea Klasen:
  • welche Rollen ein Ameisenbär, ein Ozelot und ein Tintenfisch in Dalís Leben spielen,
  • warum Dalí die Freundschaft mit Federico García Lorca als "tragische Liebe" bezeichnet,
  • wie Dalí zu seinen zerfließenden Uhren inspiriert wurde,
  • warum die Amerikaner Dalí während seines Exils in den USA nicht nur wegen seiner Kunst lieben.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Michael Imhof (Kunsthistoriker und Buchautor)
  • Michael Imhof: Dalí - Leben und Werk, Petersberg 2024.
  • Salvador Dalí: Das geheime Leben des Salvador Dalí, 1997.
  • Dalí Lorca Buñuel - Aufbruch in Madrid - Korrespondenzen, Stuttgart 1993.

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Autorin: Andrea Klasen
Redaktion: Christoph Tiegel und Frank Zirpins
Technik: Christina Gabriel

J. Edgar Hoover wird Chef des FBI: Der mächtigste Mann der USA?

J. Edgar Hoover wird Chef des FBI: Der mächtigste Mann der USA? WDR Zeitzeichen 10.05.2024 14:49 Min. Verfügbar bis 11.05.2034 WDR 5

Am 10.5.1924 wird Hoover Chef des FBI. Um die USA zu schützen, schreckt er vor nichts zurück. So wird er zum womöglich mächtigsten Amerikaner des 20. Jahrhunderts.

J. Edgar Hoover wird 1924 Direktor des FBI und bleibt es bis zu seinem Tod 1972. Während dieser Zeit etabliert er einen regelrechten Personenkult. Er ist jemand, der von vielen bewundert und von anderen gefürchtet wird.


John Edgar Hoover ist nicht bloß ein hoher Beamter, er ist einer der mächtigsten Amerikaner, viele behaupten: der mächtigste Amerikaner des 20. Jahrhunderts. Ab 1924 leitet er fast 50 Jahre lang das Federal Bureau of Investigation (FBI) und baut es zu seinem persönlichen Machtzentrum aus.
Hoover formt aus einer kleinen Abteilung des Justizministeriums eine hochprofessionelle Polizeibehörde: Er führt wissenschaftliche Standards ein, systematische Spurensicherung, ballistische Untersuchungen von Schusswaffen und Projektilen, und sorgt für eine umfassende Ausbildung seiner Agenten.
Hoover ist aber auch verantwortlich für einige der schlimmsten und ungeheuerlichsten Machtmissbräuche. Er ist besessen von der Jagd auf vermeintliche Kommunisten. Hoover bricht Regeln, um Leuten habhaft zu werden, die er als staatsfeindlich ansieht. Er besitzt Akten längst nicht nur über Kriminelle, sondern auch über Politiker, Regierungsangestellte, über Filmstars, Wissenschaftler - und nutzt die Informationen zur Einschüchterung.
Hoover erlebt als FBI Direktor acht Präsidenten. Fast alle spielen irgendwann mit dem Gedanken, Hoover zu feuern. Keiner traut sich. Lyndon B. Johnson fasst es kurz zusammen: "Auf jeden Fall ist es besser, ihn im Zelt zu haben und er pinkelt raus, als vor dem Zelt, und er pinkelt rein."

In diesem Zeitzeichen erzählt Martin Herzog:
  • wie acht Sprengsätze die größte Massenverhaftung in der Geschichte der USA auslösen,
  • welche Gangster-Größen der 1930er Jahre die Erfolgsbilanz des FBI veredeln,
  • welche Rolle Karteikarten beim Aufbau des FBI spielen,
  • womit J. Edgar Hoover den amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy in Rage bringt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Kenneth D. Ackermann, Washington, Biograph J. Edgar Hoovers
  • Kenneth D. Ackerman: Young J. Edgar: Hoover, the Red Scare, and the Assault on Civil Liberties, DaCapo Press 2008

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Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autor: Martin Herzog
Redaktion: Matti Hesse

Billy Joel - der singende Piano Man wird 75

Billy Joel - der singende Piano Man wird 75 WDR Zeitzeichen 09.05.2024 14:27 Min. Verfügbar bis 10.05.2099 WDR 5

Am 9.5.1949 wird Billy Joel in einem New Yorker Vorort geboren und früh von den Eltern zum Klavierunterricht genötigt. Basis für eine Weltkarriere als Pianist und Sänger.

Billy Joel erzählt vom Selbstmitleid und Frust seines Publikums, seiner Generation. Das Publikum findet sich in seinen Songs wieder. Seine Eltern drängen ihn zum Klavierunterricht. Bis er 14 ist, bleibt sein Idol Beethoven; dann hört er zum ersten Mal die Beatles. Neben der Musik lernt der schmächtige Billy aber auch Boxen, um sich als jüdischer Junge im italo-amerikanisch geprägten Levitt-Town durchzusetzen.


Billy erweist sich schon früh als musikalisch talentiert. Der Junge hängt aber auch mit New Yorker Straßengangs ab, beteiligt sich an kleinen Diebstählen und Prügeleien ohne Ende. Mit einem Highschool-Abschluss wird es so nichts. Der erbosten Mutter erklärt der junge Mann: "Ich gehe dann eben nicht zur Columbia University - ich geh‘ dann zu Columbia Records …"

Bis zum musikalischen Durchbruch dauert es etwas. Schließlich gelingt dieser 1977 aber mit der LP "The Stranger" und dem Mega-Hit "Just the Way You Are" .
Es folgen viele weitere Hits, die bis heute ihren Stammplatz in den Rotationslisten der wichtigsten Popsender haben. 160 Millionen Tonträger hat Joel mittlerweile verkauft - mehr als Bob Dylan, Bruce Springsteen oder U2.

2014 erklärt Billy Joel, er wolle kein weiteres Studioalbum veröffentlichen. Er habe alles gesagt und wolle keine Musik veröffentlichen, die nicht gut sei.
Doch er ändert seine Meinung: Am 1. Februar 2024 veröffentlicht er mit "Turn the Lights Back On" doch wieder einen neuen Song. Im Video dazu altert er am Piano durch die Jahrzehnte: Vom jugendlichen Heißsporn zum weißbärtigen Glatzkopf, der am 9. Mai 2024 seinen 75. Geburtstag feiert.

In diesem Zeitzeichen erzählt Thomas Pfaff:
  • Wie Billy Joel Selbstmitleid als künstlerische Triebfeder nutzt,
  • was Billy Joel am "Just the Way You Are"-Image nervt,
  • welche Rolle der deutsche Unternehmer und Dressurreiter Josef Neckermann in der Familiengeschichte der Joels spielt
  • warum Billy Joel für den Song "Goodnight, Saigon" kritisiert wird.

Das sind unsere wichtigsten Quellen:
  • Fred Schuers: Billy Joel - Die Biografie. 2016
  • Steffen Radlmaier: Die Joel-Story. Billy Joel und seine deutsch-jüdische Familiengeschichte. 2009

Hör-Tipp: Für alle, die sich für die Geschichte von Rpck- und Popmusik interessieren, ist der Podcast Urban Pop lohnenswert: Dort trifft Mikrofonlegende Peter Urban auf den NDR-Musikjournalisten Ocke Bandixen. Sie reden über Weltstars von Bowie bis Springsteen, von Johny Cash bis Taylor Swift, über Bands von den Beatles bis U2.

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Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autor: Thomas Pfaff
Redaktion: David Rother/Christoph Tiegel
Technik: Sascha Schiemann

Gegen den Menschenhass: Die Widerstandsgruppe Europäische Union

Gegen den Menschenhass: Die Widerstandsgruppe Europäische Union WDR Zeitzeichen 08.05.2024 14:49 Min. Verfügbar bis 09.05.2099 WDR 5

Am 8.5.1944 werden Mitglieder der Widerstandsgruppe "Europäische Union" hingerichtet. Sie haben gegen das Hitlerregime gekämpft und für ein besseres Leben ohne Hass.

Sie verstecken Juden und haben als politische Ziele unter anderem die Abschaffung der Einzelstaaten: Die Widerstandsgruppe "Europäische Union" wird 1943 enttarnt und zahlreiche Mitglieder zum Tode verurteilt. Nur der spätere DDR-Dissident Robert Havemann entgeht der Strafe. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Bernd Florath, Historiker, Robert Havemann, Abschiedsbrief von Georg Groscurth *** Das sind die Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Heiner Wember; Redaktion: Gesa Rünker


In seinem letzten Brief an seine Frau schreibt Georg Groscurth: "Liebe, gute, treue Anneliese, nun ist es soweit: In einer halben Stunde wird das Urteil vollstreckt." Der Arzt gehört zusammen mit dem Zahnarzt Paul Rentsch, dem Architekten Herbert Richter und dem Chemiker Robert Havemann zur Widerstandsgruppe "Europäische Union".

Die Gruppe ist gut vernetzt. Richter arbeitet im Stab von Hermann Göring, Groscurth behandelt den "Führer"-Stellvertreter Rudolf Heß. Das Insiderwissen nutzen sie, um Juden und Zwangsarbeitern zu helfen. Ihr großes politisches Ziel: Sie wollen die Nazi-Diktatur durch einen menschlichen Marxismus ersetzen, der persönliche Freiheit garantiert, Einzelstaaten überwindet und ein vereinigtes Europa schafft.

Doch die Gruppe wird enttarnt. Richter, Groscurth und Rentsch werden am 8. Mai 1944 hingerichtet. Nur der Chemiker Robert Havemann entkommt der Guillotine, weil seine Forschungen als kriegswichtig gelten. Insgesamt kommen 40 Mitglieder und Anhänger der Europäischen Union vor den Volksgerichtshof. 14 werden zum Tode verurteilt.

Nach Kriegsende lebt Havemann in der DDR und macht zunächst als Professor und Volkskammer-Abgeordneter Karriere. Mit den Jahren macht die politische Realität aus dem überzeugten Sozialisten einen Oppositionellen der DDR – und die Erinnerung an die "Europäische Union" verschwindet aus der ostdeutschen Gedenkkultur. Auch in der BRD werden die Widerstandskämpfer zunächst nicht gewürdigt, sondern als kommunistische Gruppe abgetan. Erst nach der Wiedervereinigung wird die "Europäische Union" allmählich als Widerstandsgruppe anerkannt.

In diesem Zeitzeichen erzählt Heiner Wember:
  • wie die "Europäische Union" im Untergrund agiert,
  • warum ausländische Zwangsarbeiter wichtig für revolutionäre Pläne sind,
  • durch welches Unglück die Gruppe enttarnt wird,
  • seit wann die Widerstandsgruppe in der Erinnerungskultur doch noch breitere Anerkennung erfährt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Bernd Florath, Historiker
  • Robert Havemann, Chemiker und später DDR-Dissident
  • Abschiedsbrief von Georg Groscurth

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Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autor: Heiner Wember
Redaktion: Gesa Rünker
Technik: Moritz Raestrup

Die "Perle Allahs": 93 Millionen für ein Stückchen Kalk

Die "Perle Allahs": 93 Millionen für ein Stückchen Kalk WDR Zeitzeichen 07.05.2024 14:45 Min. Verfügbar bis 08.05.2099 WDR 5

Am 7.5.1934 bezahlt ein Taucher den Fund der Riesenperle angeblich mit seinem Leben. Legenden über ihren Ursprung steigern ihren Preis - Experten bezweifeln ihren Wert...

Um die "Perle Allahs" ranken sich viele Geschichten, selbst ihr Fund ist legendenumwoben. Was macht diese 6,35 Kilo Kalk so besonders? ***Das ist unser wichtigster Interviewpartner: Prof. Dr. Bernhard Hausdorf, Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels, Hamburg ***Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Marko Rösseler / Redaktion: Carolin Rückl und David Rother


Die Erzählung geht so: Einst lebt eine Meerjungfrau in der riesigen Muschel, die die Perle Allahs hervorbringt. Durch ihren plötzlichen Verlust aber wird das Gleichgewicht des Meeres gestört, und die Meerjungfrau versucht seitdem, die Perle zurückzugewinnen. Andere berichten, die Perle gehöre dem Propheten Mohammed. Jahrhundertelang soll sie an einem heiligen Ort versteckt sein, bevor sie verloren geht.

Dies sind nur zwei der vielen Geschichten und Legenden, die sich um die Perle Allahs ranken. Am 7. Mai 1934 geschieht der Zufallsfund: Die Perle wird von Tauchern vor der philippinischen Insel Palawan entdeckt. Diese beeindruckende Perle, bis heute, eine der größten natürlichen Perlen der Welt, wiegt etwa 6,35 Kilogramm und hat einen Durchmesser von fast 24 Zentimetern.

Seitdem liefert sie Inspiration für zahlreiche Legenden. Als Symbol für Macht und Einfluss, so heißt es, streben Herrscher und Krieger nach der Perle, um sich Stärke und Schutz zu sichern. In anderen Erzählungen bringt sie Unglück und Verderben über ihre Besitzer. Immer aber steht sie beispielhaft für die seltene Schönheit und die Wunder der Natur.

In diesem Zeitzeichen erzählt Marko Rösseler:
  • welche zahlreichen Geschichten sich um die Perle ranken,
  • und warum sogar ihr Fund selbst Teil einer Legendenerzählung sein könnte,
  • woher die Perle Allahs vermeintlich ihren Namen hat,
  • warum gar nicht so klar ist, ob die Perle wirklich echt ist,
  • wie eine Perle wirklich entsteht und was ein Blister ist.

Das sind unsere wichtigsten Quellen:

Und das sind unsere Interviewpartner:
  • Prof. Dr. Bernhard Hausdorf, Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels, Hamburg
  • Dr. Laurent Cartier, Schweizerisches Gemmologisches Institut, Basel

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Autor: Marko Rösseler
Redaktion: Carolin Rückl und David Rother
Technik: Sarah Fitzek

Die stärkste Frau der Welt: Der Zirkusstar Katharina Brumbach

Die stärkste Frau der Welt: Der Zirkusstar Katharina Brumbach WDR Zeitzeichen 06.05.2024 14:49 Min. Verfügbar bis 07.05.2099 WDR 5

Sie trägt ihren Mann buchstäblich auf Händen - durch die Manege: Katharina Brumbach (geboren am 29.4.1884), gefeierter Star in der "größten Show der Welt" in den USA.

Katharina Brumbach alias Katie Sandwina verbiegt Eisen, stemmt Männer in die Höhe und ist dabei noch aufreizend und sexy. Anfang des 20. Jahrhunderts tourt sie als "stärkste Frau" durch Europa und den USA und bringt das vorherrschende Bild der schwachen und devoten Frau durcheinander. *** *** Das ist unsere wichtigste Interviewpartnerin: Stefanie Haerdle, Kultur- und Literaturwissenschaftlerin


Das Zirkusleben wird Katharina Brumbach in die Wiege gelegt: Sie wird am 6. Mai 1884 in die niederbayerische Zirkusfamilie Brumbach geboren. Die Eltern arbeiten beide als Kraftakrobaten und vererben der Tochter einen kräftigen Körperbau. Zudem entwickelt sich das Mädchen zur geschickten Kämpferin und tritt früh vor Publikum auf.

Als sie 16 Jahre alt ist, lobt der Vater ein Preisgeld von 100 Goldmark aus für denjenigen, der seine Tochter im Ringkampf besiegt. Der schmächtige Max Heymann lässt sich auf den Kampf ein, geht gnadenlos unter, aber macht Katharina auf dem Boden liegend einen Heiratsantrag. Sie nimmt an und schleudert bald ihren kleinen Mann durch die Manege.

Eine Frau, die es wagt, sich nicht mehr elfengleich an den Mann zu schmiegen, sondern diesen durch Luft wirbelt, torpediert das dominierende Frauenbild. Hunderttausende Menschen in den USA wollen die "stärkste Frau der Welt" sehen.

In diesem Zeitzeichen erzählt Burkhard Hupe:
  • warum Katharina Brumbach ihren Namen in Katie Sandwina ändert,
  • dass sie zeitweise stolze 1.500 Dollar pro Woche verdient,
  • mit welchen Mitteln sie sich für die Gleichberechtigung für Frauen einsetzt,
  • warum das Ehepaar eine Gaststätte aufmacht.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Stefanie Haerdle, Kultur- und Literaturwissenschaftlerin
  • Stefanie Haerdle: Keine Angst haben, das ist unser Beruf! Kunstreiterinnen, Dompteusen und andere Zirkusartistinnen, Berlin 2007.

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Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autor: Burkhard Hupe
Redaktion: Matti Hesse

Satire als Waffe: Wolfgang Neuss, Kabarettist

Satire als Waffe: Wolfgang Neuss, Kabarettist WDR Zeitzeichen 05.05.2024 14:42 Min. Verfügbar bis 06.05.2099 WDR 5

Der Mann mit der Pauke, späte Kiffer-Ikone, humorvoller Kritiker der bräsigen Wirtschaftswunder-BRD: Wolfgang Neuss (gestorben am 5.5.1989) war ein herausragender Satiriker.

Messerscharfe Satire und ein alles durchdringender Humor waren die Markenzeichen von Wolfgang Neuss. Seine kritische Haltung machte ihn zum "enfant terrible" der Wirtschaftswunderzeit. ***Das sind unsere wichtigsten Quellen/Interviewpartner: Gaston Salvatore erzählt die Geschichte des Mannes mit der Pauke. Wolfgang Neuss, ein faltenreiches Kind, Frankfurt am Main 1974.


Geboren 1923 in Breslau, macht er in den 1950er und 60er Jahren durch seine messerscharfe Satire und seinen humorvollen Stil auf sich aufmerksam. Obwohl Neuss vor allem für seine Bühnenauftritte und kabarettistischen Beiträge bekannt ist, umfasst sein Werk weit mehr als nur oberflächliche Unterhaltung.

Schon als junger Mann, geprägt von den Erlebnissen des Zweiten Weltkriegs, entwickelt Neuss eine kritische Sicht auf Politik und Gesellschaft. Seine frühen Erfahrungen führen dazu, dass er stets eine anti-autoritäre Haltung einnimmt, die seine Kunst durchdringt. Ernste gesellschaftliche Themen werden auf humorvolle Weise in seine Stücke eingeflochten.

Seine Vielseitigkeit zeigt sich nicht nur auf der Bühne, sondern auch in seinen zahlreichen Filmrollen. In mehr als 25 Filmen, darunter "Das Wirtshaus im Spessart" und "Die Halbstarken", beweist er seine Fähigkeit, die unterschiedlichsten Charaktere zu verkörpern.

Neuss' Engagement geht jedoch über die Unterhaltungsindustrie hinaus – zeitlebens lehnt er traditionelle Rollenbilder und gesellschaftliche Normen ab, setzt sich aktiv für soziale Gerechtigkeit ein und unterstützt politische Bewegungen, die sich für Gleichberechtigung und Frieden einsetzen.

In diesem Zeitzeichen erzählt Inge Braun:
  • was Wolfgang Neuss an der Nachkriegspolitik kritisiert,
  • welches Buch ihn maßgeblich inspiriert,
  • wie Neuss die Nation in Aufruhr bringt,
  • wieso er von der Presse als "trauriger Hippie" bezeichnet wird,
  • und warum "Wir Kellerkinder" heute aktueller denn je ist.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Anke Jablinski: Klettermax – dem Trauma zum Trotz, Roman einer Aufwärtsbewegung. Autobiografisches aus den Kreisen um Wolfgang Neuss, Frankfurt am Main 2011.
  • Gaston Salvatore erzählt die Geschichte des Mannes mit der Pauke. Wolfgang Neuss, ein faltenreiches Kind, Frankfurt am Main 1974.

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Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autor: Inge Braun
Redaktion: Gesa Rünker, David Rother
Technik: Antonia Herzog

Ida B. Wells: Kämpferin gegen Lynchjustiz und Unterdrückung

Ida B. Wells: Kämpferin gegen Lynchjustiz und Unterdrückung WDR Zeitzeichen 04.05.2024 14:45 Min. Verfügbar bis 05.05.2099 WDR 5

4. Mai 1884, USA: Die Schwarze Lehrerin Ida B.Wells nimmt im Zugabteil für Damen Platz - doch das ist nur für weiße Frauen. Ihren Rauswurf lässt sie sich nicht gefallen.

Ida B. Wells scheint keine Furcht zu kennen: Als sie über die Benachteiligung von Schwarzen Menschen im Bildungssystem schreibt, kostet sie das ihren Job als Lehrerin. So beschreibt sie dann als hauptberufliche Journalistin den brutalen Rassismus Ende des 19. Jahrhunderts und kämpft für Gleichberechtigung. Für ihre investigative Arbeit zur Lynchjustiz wird Ida B. Wells 2020 posthum der Pulitzer-Preis verliehen. *** Das sind unserer Interviewpartner: Manfred Berg, Professor für Amerikanische Geschichte in Heidelberg, Julia Sattler, Amerikanistin *** Das sind die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Claudia Belemann; Redaktion: Matti Hesse


Als Ida B. Wells 1862 geboren wird, lebt ihre Familie noch in Sklaverei. Drei Jahren später feiern die Eltern ihre Freiheit, bauen sich eine Existenz auf und sorgen dafür, dass ihre Tochter eine gute Schulausbildung bekommt – und das nötige Selbstbewusstsein, um für ihre Rechte einzustehen.

Ihre erste Schlagzeile erzeugt Ida B. Wells, als sie sich am 4. Mai 1884 in ein Damenabteil der Bahn setzt, das in den Augen der Bahnmitarbeiter weißen Frauen vorbehalten ist. Das Zugpersonal zerrt die Lehrerin mit Gewalt raus, doch Wells erstreitet später 500 Dollar Schadenersatz vor Gericht.

Und Ida B. Wells kämpft weiter, denn die Hoffnung der Schwarzen auf Gleichberechtigung nach dem Ende der Sklaverei wird nicht erfüllt. Der Rassismus gipfelt in Lynchjustiz, durch die tausende Schwarze willkürlich getötet werden. Ida B. Wells schreibt über die Ungerechtigkeit, das kostet sie ihren Job als Lehrerin. Doch sie gibt nicht auf und sorgt als Journalistin dafür, dass die Gräueltaten auch im Ausland bekannt werden und so der Druck auf die USA erhöht wird, gegen die Lynchmorde aktiv zu werden.

In diesem Zeitzeichen erzählt Claudia Belemann:
  • wie nach dem Ende der Sklaverei die Schwarzen zunächst auf Gleichberechtigung hoffen – und bitter enttäuscht werden,
  • warum Ida B. Wells auch eine Vorreiterin für Frauenrechte ist,
  • dass die Aktivistin die Weltausstellung 1893 für ihren Kampf nutzt,
  • wie Ida B. Wells 2020 posthum den Pulitzer-Preis bekommt.

Das sind unsere Interviewpartner:
  • Manfred Berg, Professor für Amerikanische Geschichte in Heidelberg,
  • Julia Sattler, Amerikanistin

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Autorin: Claudia Belemann
Redaktion: Matti Hesse
Technik: Nico Söllner

03.05.1974: Erich Honecker will auf Flüchtende schießen lassen

03.05.1974: Erich Honecker will auf Flüchtende schießen lassen WDR Zeitzeichen 03.05.2024 14:45 Min. Verfügbar bis 04.05.2099 WDR 5

Offiziell gab es den Schießbefehl an der deutsch-deutschen Grenze nie – aber 429 Menschen ließen ihr Leben bei dem Versuch, vor der DDR-Diktatur zu fliehen. Einer der Verantwortlichen: Erich Honecker.

Mehr als 400 Menschen sterben bei Fluchtversuchen aus der DDR. Einige verunglücken, andere werden – im Sinne der Parteifunktionäre – bei der Flucht von Grenzsoldaten getötet. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Prof. Manfred Görtemaker, Historiker und Autor von "Republikflucht und Ausreisen"; Paul Küch, ehem. Grenzsoldat und Autor von "Ich hatte einen Schießbefehl". *** Das sind die Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Heiner Wember; Redaktion: Frank Zirpins


Selbst Mauerbau, Stacheldraht-Zäune und Selbstschussanlagen halten DDR-Bürger nicht ab, in den Westen zu fliehen. Das will die SED verhindern und setzt auf rigide Überwachung. Für die rund 1.500 Kilometer lange innerdeutsche Grenze werden rund 50.000 Grenzsoldaten benötigt, die meisten von ihnen sind Wehrpflichtige.

Ein Schwerpunkt ihrer Ausbildung liegt in Schießübungen. Und auch wenn es keinen "offiziellen Schießbefehl" gibt, so wird den Rekruten unmissverständlich klargemacht: Auf Flüchtlinge, Landsleute, sollen die Grenzbewacher – als letztes Mittel – mit ihren Waffen feuern.

Am 3. Mai 1974 bekräftigt SED-Generalsekretär Erich Honecker im Nationalen Sicherheitsrat, es seien "die Genossen, die die Schusswaffe erfolgreich angewandt haben, zu belobigen". Eine fatale Anweisung: Mehr als 400 Menschen kommen bei Fluchtversuchen ums Leben. Sie werden erschossen, ertrinken oder von Minen und Selbstschussanlagen getötet.

In diesem Zeitzeichen erzählt Heiner Wember:
  • wie die DDR seit ihren Anfängen Bürger in den Westen verliert,
  • mit welcher Rhetorik die SED-Führung Grenzsoldaten zum Schusswaffen-Gebrauch ermutigt,
  • warum die DDR schließlich Selbstschussanlagen abbaut,
  • über die juristische Aufarbeitung der Todesschüsse nach der Wiedervereinigung.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:

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Autor: Heiner Wember
Redaktion: Frank Zirpins

Revolutionär der Oper, ängstliches Genie: Giacomo Meyerbeer

Revolutionär der Oper, ängstliches Genie: Giacomo Meyerbeer WDR Zeitzeichen 02.05.2024 14:42 Min. Verfügbar bis 03.05.2099 WDR 5

Vor jeder Premiere war er krank vor Nervosität: Dabei war Giacomo Meyerbeer schon zu Lebzeiten ein Star-Komponist und Erfinder der "Großen Oper". Am 2.5.1864 stirbt er in Paris.

Er gilt als "ängstliches Genie" – hochnervös vor jeder Premiere. Dabei könnte es Giacomo Meyerbeer ganz entspannt angehen: Der Opern-Komponist wird in Italien, Frankreich und Deutschland hochgeschätzt. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen: Sabine Henze-Döring; Sieghard Döring: Giacomo Meyerbeer. Der Meister der Grand Opéra. München 2014; Rainer, Zimmermann: Giacomo Meyerbeer. Eine Biographie nach Dokumenten. Berlin 2014 *** Die Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Holger Noltze, Redaktion: David Rother


Am 5. September 1791 wird er bei Berlin als Jakob Meyer Beer in eine großbürgerliche jüdische Familie geboren. Später zieht er den zweiten Vor- und den Nachnamen zu Meyerbeer zusammen.

Die Bildungschancen des jungen Meyer sind gut. Er wird ausschließlich von Privatlehrern unterrichtet, sein musikalisches Talent fördern die Eltern gezielt. Meyerbeer reüssiert als Pianist, zielt aber früh auf eine Karriere als Komponist für die Oper. In Italien kann er seine ersten Werke platzieren, wo er seinen Vornamen zu Giacomo italianisiert.

In Paris erfindet er zusammen mit Dramatiker und Theaterprofi Eugène Scribe das Genre der Grand Opéra neu, damals die Blockbuster des Musiktheaters. Für seine Leistungen wird er in Frankreich und Deutschland mit Orden und Titeln geehrt.

In die Musikgeschichte geht Meyerbeer ein als das "ängstliche Genie" – hochnervös vor jeder Premiere, um das Wohlwollen von Presse und Publikum besorgt.

In diesem Zeitzeichen erzählt Holger Noltze:
  • mit welcher Komposition Giacomo Meyerbeer 1827 seinen Durchbruch hat,
  • wie er von Richard Wagner ausgenutzt und diffamiert wird,
  • was der Komponist an Heinrich Heine über Antisemitismus schreibt,
  • welche Bitte Giacomo Meyerbeer an den "allmächtigen Gott" notiert,
  • warum seine letzte Oper "L'Africaine" erst nach seinem Tod Premiere hat.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Heinz Becker: Meyerbeer. Reinbek 1980
  • Sabine Henze-Döring; Sieghard Döring: Giacomo Meyerbeer. Der Meister der Grand Opéra. München 2014
  • Anselm Gerhard: Die Verstädterung der Oper. Paris und das Musiktheater des 19. Jahrhunderts. Heidelberg und Berlin 1992
  • Rainer, Zimmermann: Giacomo Meyerbeer. Eine Biographie nach Dokumenten. Berlin 2014

Mediathek-Tipp:
50 Jahre ist es her, dass ABBA mit WATERLOO beim Eurovision Song Contest triumphierte. Der Dokumentarfilm "ABBA - die ganze Geschichte" erzählt die ABBA-Story neu und bringt sie in einen musikalischen, persönlichen und auch politischen Kontext. ABBA – Spiegel und Ausdruck des 70er Jahre Zeitgeistes - den Film gibt es hier in der ARD-Mediathek.

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Autor: Holger Noltze
Redaktion: David Rother
Technikerin: Sarah Fitzek

Die Römer verlieren die Varus-Schlacht (im Jahr 9 n. Chr.)

Die Römer verlieren die Varus-Schlacht (im Jahr 9 n. Chr.) WDR Zeitzeichen 01.05.2024 14:42 Min. Verfügbar bis 02.05.2099 WDR 5

Was ist wirklich passiert im verregneten Teutoburger Wald? Die Legende der Schlacht von Varus gegen "Hermann" wurde oft erzählt - die Wahrheitssuche ist akribische Forschung...

Im Jahr 9 nach Christus erleiden die Römer eine herbe Niederlage im Teutoburger Wald. Im Lauf der Jahrhunderte wird die Varusschlacht zum Mythos stilisiert. Dabei wirft Arminius’ vermeintliche Heldentat bis heute viele Fragen auf. *** Das ist unsere wichtigste Interviewpartnerin: Dr. Heidrun Derks, Leiterin des Museums Varusschlacht im Osnabrücker Land *** Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Ralph Erdenberger, Redaktion: David Rother


Auf dem Weg ins Winterlager gerät die römische Armee im Jahr 9 nach Christus in eine Falle: Die Germanen unter der Führung von Arminius haben die Besatzer in unwegsames Gelände gelockt, das sie nur auf kleinen Pfaden durchquerten können. Wald, Moor und Felsen lassen es nicht zu, dass die Soldaten ihre gewohnte Formation einnehmen können, so dass die Germanen nun attackieren können.

Nach drei Tagen im Kampf sind die Römer aufgerieben und ihr Anführer Varus stürzt sich – verzweifelt über die demütigende Niederlage – in sein Schwert. Arminius, der später als Hermann eingedeutscht wird, avanciert zum Helden. So will es die Legende um die Varusschlacht.

Historiker indes rätseln seit Jahren, ob sich der Kampf zwischen den Römern und Germanen tatsächlich so zugetragen haben könnte. Dank neuster Technologie liefern ausgegrabene Fundstücke neue Hinweise über die Varusschlacht, den Helden Arminius und die Frage, ob die Römer in eine Falle gelockt oder in einer Stellung angegriffen wurden.

In diesem Zeitzeichen erzählt Ralph Erdenberger:
  • wie Arminius, von den Römern ausgebildet, zu den Germanen wechselte,
  • was zeitgenössische Schreiber über die Varusschlacht notiert haben,
  • was ein metallurgischer Fingerabdruck ist,
  • und warum dieser für Historiker so wichtig ist.

Das ist unsere wichtigste Interviewpartnerin:
  • Dr. Heidrun Derks, Leiterin des Museums Varusschlacht im Osnabrücker Land

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Autor: Ralph Erdenberger
Redaktion: David Rother

Es war einmal...eine Bierkönigin - Rosemarie Veltins

Es war einmal...eine Bierkönigin - Rosemarie Veltins WDR Zeitzeichen 30.04.2024 13:42 Min. Verfügbar bis 01.05.2099 WDR 5

Die erste deutsche Bierbraumeisterin brachte ihrer sauerländer Familien-Marke erstaunlichen Erfolg: Rosemarie Veltins. Sie starb am 30.4.1994 im Alter von nur 56 Jahren.

Sie wird "die Bierkönigin" genannt: Rosemarie Veltins übernimmt 1964 den Familienbetrieb, setzt auf die Herstellung von Pils und hat damit Erfolg. Zunächst beträgt der Jahresausstoß knapp 200.000 Hektoliter, 30 Jahre später sind es zwei Millionen Hektoliter. *** Das sind unsere wichtigsten Interviewpartner: Dietrich Ballin (ehemaliger kaufmännischer Geschäftsführer bei Veltins), Armin Naumann (Brauer und Mälzer) *** Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Martina Meißner, Redaktion: Christoph Tiegel und David Rother


Im Dorf Grevenstein bei Meschede im Sauerland steht seit 1824 eine kleine Landbrauerei, die der Familie Veltins gehört. Viele Jahre lang heißen die Brauherren Clemens, Carl oder Anton. Das ändert sich, als 1964 Rosemarie Veltins das Unternehmen übernimmt.

Ihre kleine Brauerei ist zu diesem Zeitpunkt von großen Bierproduzenten aus Ruhrgebiet umgeben. Um sich von der Konkurrenz abzusetzen, die vor allem Export-Biere verkauft, lässt Rosemarie Veltins nur Pils brauen. Mit dieser Besonderheit hat sie Erfolg: Zunächst beträgt der Jahresausstoß knapp 200.000 Hektoliter, 30 Jahre später sind es zwei Millionen Hektoliter. Rosemarie Veltins wird nun überall "die Bierkönigin" genannt.

In diesem Zeitzeichen erzählt Martina Meißner:
  • was Rosemarie Veltins als Kind für einen Berufswunsch hat,
  • welchen Ruf sie als Chefin bei der Belegschaft hat,
  • mit welchem Trick sie den Geschäftsführer zu strukturierter Arbeit motiviert,
  • wie Rosemarie Veltins die Räume in der Brauerei benennt,
  • was sie in ihrer Freizeit gern macht.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Dietrich Ballin (ehemaliger kaufmännischer Geschäftsführer bei Veltins)
  • Ulrich Biene (Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei Veltins)
  • Armin Naumann (Brauer und Mälzer)

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Autorin: Martina Meißner
Redaktion: Christoph Tiegel und David Rother

Schneller als 100 km/h: Camille Jenatzys Rekordfahrt im E-Auto

Schneller als 100 km/h: Camille Jenatzys Rekordfahrt im E-Auto WDR Zeitzeichen 29.04.2024 14:42 Min. Verfügbar bis 30.04.2099 WDR 5

Es ist der 29.04.1899: Der "rote Teufel" Camille Jenatzy tritt zu einem Duell auf der Straße an. Sein Ziel: Die damals magische Grenze von 100 km/h mit dem Auto knacken.

Der Spitzname "roter Teufel" wird dem Rennfahrer und Ingenieur Jenatzy wegen seines roten Bartes und seiner verwegenen Fahrweise verliehen. Mit seinem mit einem Elektromotor angetriebenen Auto „La Jamais Contente“ („die niemals Zufriedene“) will er der schnellste Mann auf der Straße sein. ***Das ist unser wichtigster Interviewpartner: Prof. Dr. Kurt Möser, Karlsruher Institut für Technologie


Schaulustige der besonderen Art versammeln sich auf den staubigen Straßen von Achères, einem Vorort von Paris, um Zeugen eines spektakulären Ereignisses zu werden: es sind neugierige Automobilisten. Sie sind angereist für das Autorennen, das den legendären "roten Teufel" Camille Jenatzy zur Legende machen sollte.

Jenatzy, ein charismatischer Belgier mit einem ausgeprägten Sinn für Dramatik und Abenteuer, ist bereits eine bekannte Persönlichkeit in der aufstrebenden Welt des Motorsports. Seine Liebe zur Geschwindigkeit und sein unerschrockener Mut machen ihn zu einem Symbol für Innovation und Kühnheit unter den Rennfahrern seiner Zeit.

Beim Duell in Achères mit seinem Dauerkonkurrenten am 29.4.1899 knackt Jenatzy die damals magische Grenze von 100 Stundenkilometern.

In diesem Zeitzeichen erzählt Kay Bandermann:
  • wieso Jenatzy ein "technologischer Dandy" war,
  • wie die Jagd nach Rekorden zur Zeit der Jahrhundertwende eine besondere Rolle spielt,
  • wie der "rote Teufel" zur Werbeikone wird,
  • wie der Rennfahrer schließlich bei einem kuriosen wie tragischen Unfall - jedoch nicht mit dem Auto - stirbt

Das ist unsere wichtigste Quelle:
  • Prof. Dr. Kurt Möser: Über Mobilität; in: Studien zur Geschichte von Technik, Arbeit und Umwelt, Bd 42, 2022.

Interviewpartner:
  • Prof. Dr. Kurt Möser, Karlsruher Institut für Technologie
  • Peter Becker, Mercedes-Benz classic

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Autor: Kay Bandermann
Redaktion: Matti Hesse
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Die Meuterei auf der Bounty (am 28.4.1789)

Die Meuterei auf der Bounty (am 28.4.1789) WDR Zeitzeichen 28.04.2024 14:45 Min. Verfügbar bis 29.04.2099 WDR 5

Bei der berühmtesten Meuterei der Seefahrts-Geschichte war manches nicht wie in der Legende: Kapitän Bligh war kein Tyrann, und Fletcher Christian nicht mal der Anführer der Meuterer...

Fletcher Christian und einige Gefolgsleute lassen sich nach der Meuterei auf der Bounty auf der abgelegenen Insel Pitcairn nieder, wo sie ihre eigene Gemeinschaft gründen. Diese Gemeinschaft existiert über Generationen hinweg - einige ihrer Nachkommen leben noch heute auf der Insel. ***Das sind unsere wichtigsten Interviewpartner: Caroline Alexander, US-amerikanische Wissenschaftsautorin Simon Young, Bürgermeister von Adamstown, Pitcairn-Inseln ***Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Andrea Kath, Redaktion: David Rother


Es ist das Jahr 1789: die Besatzung des britischen Schiffes HMS Bounty rebelliert gegen ihren Kapitän William Bligh. Das Ereignis ist inzwischen zur Legende geworden und liefert Stoff für unzählige Romane und Kinofilme und prägt nach wie vor die Vorstellung vieler Menschen über das Leben auf See.

Wachoffizier Fletcher Christian wird zum berühmten Meuterer – Kapitän William Bligh zum tyrannischen Bootsführer, der seine Mannschaft drangsaliert. Deswegen, so die Erzählung, hätte sie am Ende gegen ihren Kapitän gemeutert. Doch vieles über Christian, Bligh und die Meuterei gehört ins Reich der Legenden. Sehr wahrscheinlich ist Fletcher Christian nicht einmal der Anführer der Meuterei. Und Bligh nachgewiesenermaßen kein tyrannischer Kapitän.

Als die Meuterer am 28. April 1789 Bligh und 17 treue Männer in einem winzigen Boot im Südpazifik aussetzen, war es Bligh, dem sie ihre Rettung nach 48 Tagen auf See verdanken. Er ist zu seiner Zeit einer der besten Navigatoren der Welt. Diese Überlebensfahrt gehört bis heute zu einer der außergewöhnlichsten Leistungen in der Geschichte der Seefahrt.

In diesem Zeitzeichen erzählt Andrea Kath:
  • was William Blighs besondere Begabung war,
  • warum die Reise der Bounty von Anfang an unter keinem guten Stern steht,
  • wie sehr sich der echte William Bligh von der fiktiven Romanfigur unterscheidet,
  • wie der Kapitän als Held nach England zurückkehrt,
  • wie die Geschichte zu Ende geht, aber doch einige Fragen offen bleiben.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:

Und das sind unsere Interviewpartner:
  • Caroline Alexander, US-amerikanische Wissenschaftsautorin
  • Simon Young, Bürgermeister von Adamstown, Pitcairn-Inseln

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Autorin: Andrea Kath
Redaktion: David Rother
Technik: Nicolas Dohle

Ende der Apartheid: Südafrikas langer Weg zur inneren Einheit

Ende der Apartheid: Südafrikas langer Weg zur inneren Einheit WDR Zeitzeichen 27.04.2024 14:41 Min. Verfügbar bis 28.04.2099 WDR 5

Die neue Übergangsverfassung Südafrikas vom 27.4.1994 bedeutet eine historische Wende. Bis heute kämpft das Land mit den Folgen des rassistischen Systems.

Der 27. April 1994 wird in Südafrika als "Freedom Day" gefeiert und erinnert an die Befreiung vom rassistischen Regime der Apartheid. ***Das sind unsere wichtigsten Interviewpartner: Prof. emer. Christoph Marx, Professor für Außereuropäische Geschichte an der Universität Duisburg-Essen Monde Ralo, Shuttle-Unternehmer, Jeffreys Bay, Südafrika ***Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Edda Dammmüller, Redaktion: Matti Hesse


Im Februar 1990 wird Nelson Mandela nach fast drei Jahrzehnten aus dem Gefängnis entlassen. Dieses Ereignis symbolisiert den Anfang vom Ende der Apartheid in Südafrika. Als Führer des "African National Congress" (ANC) kämpft Mandela gegen die rassistische Politik der Apartheid und setzt sich nach seiner Freilassung für Verhandlungen ein, die zu den ersten demokratischen Wahlen führen werden.
Die historischen Wahlen vom 27. April 1994 schließen das dunkle Kapitel der Apartheid. Mandela verkörpert als erster demokratisch gewählter Präsident wie kein anderer die Hoffnung auf Versöhnung und Einheit des Landes.
Doch wie kann die tiefe soziale und wirtschaftliche Ungleichheit als Folge der jahrzehntelangen Apartheidpolitik überwunden werden? Auch wenn die neuen demokratischen Institutionen eine Grundlage für Gleichberechtigung und soziale Gerechtigkeit schaffen, bleiben Armut, Arbeitslosigkeit und soziale Spannungen bestehen.
Programme der Regierung zur sozialen Entwicklung und wirtschaftlichen Integration sind erste Schritte, die beachtliche Fortschritte erzielen. Als Vertreter afrikanischer Interessen, aber auch als Fürsprecher der Menschenrechte und des Friedens in der Welt spielt Südafrika auch auf internationaler Ebene eine zunehmend wichtige Rolle. Nach 50 Jahren rassistischer Trennungspolitik ist der Weg aber noch lang.

In diesem Zeitzeichen erzählt Edda Dammüller:
  • welchen Erniedrigungen schwarze Südafrikanerinnen und Südafrikanner Tag für Tag unter der Apartheid aufgeliefert sind,
  • wieso der Westen das System so lange schützt,
  • wer der ANC ist und warum er sich von Israel und China beraten lässt,
  • und wie die südafrikanische Verfassung dennoch zu einem der demokratischsten und umfassendsten Grundrechtekataloge wird.

Das sind unsere wichtigsten Quellen:

Und das sind unsere Interviewpartner:
  • Prof. emer. Christoph Marx, Professor für Außereuropäische Geschichte, Universität Duisburg-Essen
  • Monde Ralo, Shuttle-Unternehmer, Jeffreys Bay, Südafrika

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Autorin: Edda Dammmüller
Redaktion: Matti Hesse
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Genie und Sturkopf: Ludwig Wittgenstein (Geburtstag, 26.4.1889)

Genie und Sturkopf: Ludwig Wittgenstein (Geburtstag, 26.4.1889) WDR Zeitzeichen 26.04.2024 14:49 Min. Verfügbar bis 25.04.2099 WDR 5

Der österreichische Philosoph Ludwig Wittgenstein hat unser Denken bahnbrechend verändert. Sein Leben ist wenig glücklich, aber in jeder Hinsicht außergewöhnlich.

Ludwig Wittgenstein wird am 26.04.1889 in Wien geboren. Er verfasst sein Werk "Tractatus Logico-Philosophicus" während seines Einsatzes im Ersten Weltkrieg. Er schreibt es an der Front, im Schützengraben. ***Das ist unser wichtigster Interviewpartner: Alfred Schmidt, Österreichische Nationalbibliothek ***Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Ulrich Biermann und Veronika Bock, Redaktion: David Rother


Ludwig Wittgenstein ist ein einflussreicher österreichischer Philosoph, der für seine Beiträge zur Logik, Sprachphilosophie und Philosophie des Geistes bekannt ist. Wittgenstein, der aus einer wohlhabenden Wiener Familie stammt, spendet ein Großteil seines Erbes an Künstler und lebt fast schon asketisch. Er arbeitet zeitweise als Volksschullehrer, im Ersten Weltkrieg dient er als einfacher Soldat.
Beeinflusst von namhaften Denkern wie Bertrand Russell, veröffentlicht der exzentrische Wissenschaftler zwei bedeutende Werke: „Tractatus Logico-Philosophicus“ (1921) und „Philosophische Untersuchungen“ (1953, posthum). Wittgenstein ist fasziniert von der Frage nach dem Wesen der Sprache und ihrer Beziehung zur Wirklichkeit. In seinem Frühwerk argumentiert er, dass die Grenzen der Sprache die Grenzen unserer Welt sind.
Die Person Wittgensteins ist so facettenreich wie sein Forschungsgebiet: Er ist getrieben, eigensinnig, schwer depressiv und zeitlebens suizidgefährdet. Gleichzeitig ist er genial, charismatisch und ein brillanter Kopf. Sein privates Glück findet er erst gegen Ende seines Lebens in der Begegnung mit Ben Richard.

In diesem Zeitzeichen erzählen Ulrich Biermann und Veronika Bock:
  • warum Wittgensteins Professor in Cambridge sich nicht sicher ist, ob sein Student ein Genie oder ein Sonderling ist,
  • wieso der Philosoph der Meinung ist, dass ein Nashorn im Raum sein könne, auch wenn man es nicht sähe,
  • dass Wittgensteins Leben voller Schattenseiten ist,
  • und wieso er der Meinung ist, mit seinem Tractatus die Probleme von Welt und Sprache im wesentlichen gelöst zu haben.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Alfred Schmidt (Hrsg.): I think of you constantly with love - Briefwechsel Ludwig Wittgenstein – Ben Richards 1946–1951, 2023.

Das ist unser Interviewpartner:
Alfred Schmidt, Österreichische Nationalbibliothek

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Autoren: Ulrich Biermann und Veronika Bock
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Rote Nelken in den Gewehrläufen: Portugals Revolution 1974

Rote Nelken in den Gewehrläufen: Portugals Revolution 1974 WDR Zeitzeichen 25.04.2024 14:22 Min. Verfügbar bis 26.04.2099 WDR 5

Die Nelkenrevolution in Portugal am 25.4.1974 beendet die bislang am längsten dauernde Diktatur Europas mit einem friedlichen Militärputsch. Am Ende siegt die Demokratie.

In Portugal ist der Faschismus 47 Jahre lang an der Macht. Dann setzen regimefeindliche Offiziere der Diktatur ein Ende - mit der Nelkenrevolution. Der Oppositionspolitiker Mário Soares kehrt aus dem Exil zurück und führt das Land in die Demokratie. *** Das sind unsere wichtigsten Interviewpartnerinnen und -partner: Fabian Schmiedel (Politikwissenschaftler und Leiter des Büros der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung in Lissabon), Margarida Peraia-Müller (Vorsitzende der deutschsprachigen katholischen Gemeinde in Lissabon) *** Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Hans Rubinich, Redaktion: Gesa Rünker


In der Nacht zum 25. April 1974 geht ein Lied über den katholischen Rundfunk in Lissabon: "Grândola, Vila Morena". Es ist das verabredete Signal für den Militärputsch der "Bewegung der Streitkräfte", einem Zusammenschluss regimefeindlicher Offiziere.

Als sie die Hauptstadt Lissabon besetzen, steckt die begeisterte Bevölkerung den Soldaten rote Nelken in die Gewehrläufe. Der Umsturz nach 47 Jahren Faschismus verläuft weitestgehend unblutig. Regierungstreue Truppen schießen allerdings auf unbewaffnete Demonstranten, vier davon sterben.

Einer der wichtigsten Oppositionspolitiker während der Diktatur ist Mário Soares. 1970 verlässt er Portugal und geht ins Exil. Am 28. April 1974, drei Tage nach der Nelkenrevolution, kommt Soares zurück nach Lissabon. Er begleitet federführend den Gang Portugals in die Demokratie. Nach den ersten Präsidentschaftswahlen nach der Diktatur stellt die sozialistische Partei unter Soares die Regierung,

In diesem Zeitzeichen erzählt Hans Rubinich:
  • wie eng die Verbindung der katholischen Kirche zur Diktatur ist,
  • wie die Geheimpolizei mit politisch Andersdenkenden umgeht,
  • welche Gründe schließlich zum Putsch führen,
  • in welcher Kleinstadt in NRW die Sozialistische Partei Portugals gegründet wird,
  • wie die Portugiesinnen und Portugiesen heute die Zeit der Diktatur bewerten.

Das sind unser wichtigsten Interviewpartnerinnen- und partner:
  • Fabian Schmiedel (Politikwissenschaftler und Leiter des Büros der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung in Lissabon)
  • Margarida Peraia-Müller (Vorsitzende der deutschsprachigen katholischen Gemeinde in Lissabon)
  • Nelson Pinto (Doktorand an der Universität Köln im Fach iberische und lateinamerikanische Geschichte)

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Autor: Hans Rubinich
Redaktion: Gesa Rünker
Technik: Nicolas Dohle

Spion im Kanzleramt: Verhaftung von Günter Guillaume

Spion im Kanzleramt: Verhaftung von Günter Guillaume WDR Zeitzeichen 24.04.2024 15:49 Min. Verfügbar bis 25.04.2099 WDR 5

Am 24.4.1974 erschüttert die Verhaftung des DDR-Spions die BRD. Zwei Wochen später tritt Willy Brandt zurück. War Günter Guillaume aus Sicht der Stasi eine Top-Quelle?

Günter Guillaume wurde von der Stasi bereits in den 1950er Jahren als potenzieller Agent rekrutiert, lange bevor er Zugang zu Willy Brandt erlangte. Am 24. April 1974 wird er enttarnt. *** Das ist unser wichtigster Interviewparter: Florian Schimikowski, Historiker, Deutsches Spionagemuseum ***Die Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Martina Meißner, Redaktion: Gesa Rünker


Es ist einer der bedeutendsten Spionagefälle der deutschen Geschichte und liest sich fast wie Fiktion: Am 24. April 1974 wird Günter Guillaume verhaftet. Als Maulwurf hat der ostdeutsche Agent sich bis in die höchsten politischen Kreise der Bundesrepublik Deutschland eingeschleust und schließlich als persönlicher Referent Willy Brandts gedient.

Die Enthüllung von Guillaumes Doppelleben löst einen politischen Skandal aus. Obwohl Brandt betont, nichts von Guillaumes Tätigkeiten gewusst zu haben, übernimmt er die politische Verantwortung für den Skandal und tritt im Mai 1974 von seinem Amt als Bundeskanzler zurück.

Die Verhaftung hat auch weitreichende Auswirkungen auf die Beziehungen zwischen Ost und West. Sie führt zu einem erheblichen Vertrauensverlust zwischen den beiden deutschen Staaten und erschwert die Bemühungen um eine Annäherung und Entspannungspolitik.

In diesem Zeitzeichen erzählt Martina Meißner:
  • von der Hauptstadt der Spione,
  • wie der Fall Guillaume trotz Verdachtsmomenten und wegen weiterer Formfehler zunächst nicht weiterverfolgt wird,
  • dass Spione im tatsächlichen Leben eher unauffällig und nicht wie James Bond sind,
  • wie Geburtstagsglückwünsche dann doch zur Enttarnung führen,
  • warum der Bundeskanzler zum Lockvogel werden soll,
  • und warum es in dem Fall nur Verlierer gibt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen:
  • Arnulf Baring: Machtwechsel, Stuttgart 1982.
  • Willy Brandt: Erinnerungen. Mit den „Notizen zum Fall G“, Berlin und Frankfurt a. M. 1994.
  • Günter Guillaume: Die Aussage – Wie es wirklich war, Tübingen 1990.

Und das ist unser Interviewpartner:
Florian Schimikowski (Historiker, Deutsches Spionagemuseum)

Streaming-Tipp:
Die ARD-Doku-Serie „WILLY- Verrat am Kanzler“ rekonstruiert die folgenreichste Agentenaffäre der Bundesrepublik – ein Polit- und Spionagethriller voller Geheimnisse, Lügen und Verrat. Erzählt von Expertinnen wie der Vertrauten Brandts und Journalistin Heli Ihlefeld und der DDR-Spionin Lilli Pöttrich. Hier geht es zur Doku-Serie.


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Autorin: Martina Meißner
Redaktion: Gesa Rünker
Technik: Moritz Raestrup

Ein Stück Deutschlands wird belgisch: "Bollenien" 1949-1958

Ein Stück Deutschlands wird belgisch: "Bollenien" 1949-1958 WDR Zeitzeichen 23.04.2024 14:45 Min. Verfügbar bis 24.04.2099 WDR 5

Ein kurioser Mini-Staat entsteht am 23.4.1949 in der Eifel: "Bollenien" nennt man bald die belgische Verwaltungszone. "Hauptstadt" ist ein Dörfchen bei Aachen...

Nach der Niederlage Nazi-Deutschlands im Zweiten Weltkrieg plant Belgien, Teile des deutschen Territoriums entlang der Grenze zu annektieren. Bis zu 60.000 Hektar Wald, Weiden, Ackerflächen und Grenzdörfer – und mit ihnen 100.000 Deutsche - sollen nach ersten belgischen Plänen die Seite wechseln. Am Ende ist es ein schmaler Streifen mit gerade einmal 1.000 Einwohnern, die am 23. April 1949 ihre deutsche Staatsangehörigkeit verlieren. *** Das ist unser wichtigster Interviewpartner: Christoph Brüll, Historiker, Universität Luxemburg *** Das sind die Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autoren: Markus Harmann und Joachim Heinz


Vier Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg, am 23. April 1949, annektiert Belgien einen schmalen Streifen entlang der deutsch-belgischen Grenze. Dazu zählen unter anderem der Aachener Stadtteil Bildchen, die Gemeinde Losheim, Hemmeres und einige Höfe im Monschauer Stadtteil Kalterherberg. Das neue Gebiet ist ein 20 Quadratkilometer großer Flickenteppich, den die 1.000 Einwohner Bollenien nennen – nach dem Militärverwalter der neuen Zone, General Paul Bolle.

Unglücklich sind die Bollenier nicht über ihre neue Staatszugehörigkeit. Die belgische Regierung lässt Telefon- und Stromanschlüsse verlegen, Häuser anstreichen und eine Brücke über die Our bauen. Und im Gegensatz zu Deutschland gibt es in der neuen Zone noch keine Fahrprüfungen. Wer 18 Jahre alt ist, darf Auto fahren.

Als Bollenien neun Jahre später wieder zurück an die Bundesrepublik fallen soll, weigern sich einige vehement gegen den neuerlichen Wechsel der Staatszugehörigkeit – unter anderem mit einem Protest-Telegramm an Kanzler Konrad Adenauer.

In diesem Zeitzeichen erzählen Markus Harmann und Joachim Heinz:
  • warum Belgien 1949 "großzügig" auf deutsche Gebiete verzichtet,
  • wie Mützenich belgisch werden möchte,
  • vom Freibier für die neuen Staatsbürger,
  • was für straffällige Bollenier vorgesehen ist.

Das sind unsere wichtigsten Interviewpartner:
  • Christoph Brüll, Historiker, Universität Luxemburg
  • Michael Heinzel, Bonner Heimatforscher

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Autoren: Markus Harmann und Joachim Heinz
Redaktion: David Rother
Technik: Annett Bastian

Rita Levi-Montalcini - ihr Gehirn ging nie in Rente

Rita Levi-Montalcini - ihr Gehirn ging nie in Rente WDR Zeitzeichen 22.04.2024 14:43 Min. Verfügbar bis 23.04.2099 WDR 5

103 Jahre alt wurde Rita "la professoressa" Levi-Montalcini, Entdeckerin des Nervenwachstumfaktors. Zur Welt kam die Medizin-Nobelpreisträgerin am 22.4.1909 in Turin.

Um ihre Forschung während des Zweiten Weltkriegs uneingeschränkt fortsetzen zu können, arbeitet die italienische Neurologin Rita Levi-Montalcini in einem provisorischen Labor, das sie in ihrem Schlafzimmer einrichtet. *** Das ist unser wichtigster Interviewparter: Dr. Gerald Hüther, Neurobiologe und Autor ***Die Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Steffi Tenhaven, Redaktion: Christoph Tiegel und David Rother


Rita Levi-Montalcinis Entdeckungen auf dem Gebiet der Neurobiologie gelten als bahnbrechend. Die herausragende italienische Neurologin und Zellbiologin wird am 22. April 1909 in Turin geboren und wächst in einer wohlhabenden jüdischen Familie auf.

Gemeinsam mit Stanley Cohen erhält Levi-Montalcini 1986 den Nobelpreis für Medizin und Physiologie für die Entdeckung des Nervenwachstumsfaktors (NGF), einem Botenstoff, der das Wachstum von Nervenzellen stimuliert. Dies revolutioniert das Verständnis für Entwicklung und Funktion des Nervensystems und hat weitreichende Auswirkungen auf die Neurobiologie und die Medizin im Allgemeinen.

"La professoressa", wie sie in Italien bewundernd genannt wird, ist eine unerschrockene Pionierin, die trotz der Hindernisse, mit denen sie als Frau und Jüdin während des Faschismus und des Zweiten Weltkriegs in Italien konfrontiert ist, unermüdlich für wissenschaftliche Erkenntnisse kämpft. Sie sagt: "Im Leben sollte man niemals nachgeben, sich dem Mittelmaß hingeben, sondern sich aus jener Grauzone herausbewegen, in der alles Gewohnheit und passive Resignation ist. Man muss den Mut haben, zu rebellieren." Und dies tut sie, bis zu ihrem Tod mit 103 Jahren.

In diesem Zeitzeichen erzählt Steffi Tenhaven:
  • wie Rita Levi-Montalcinis besonderer Einfallsreichtum ihre Forschung beflügelt,
  • wie die Grande Dame der Wissenschaft scheinbar alles mit Leichtigkeit nimmt,
  • wieso es nie zu spät ist, Neues zu lernen,
  • welche wichtige Rolle Emotionen beim Lernen spielen,
  • und inwiefern die Wissenschaftlerin selbst der beste Beweis dafür ist, dass ihre Theorien zutreffen.

Das sind unsere wichtigsten Quellen:
  • Rita Levi-Montalcini: Die Vorzüge des Alters. Leistungsfähigkeit und geistige Aktivität ein Leben lang, München/Zürich 2005.
  • Charlotte Kerner: Ein Lob der Vollkommenheit. In: Charlotte Kerner: Nicht nur Madame Curie – Frauen, die den Nobelpreis bekamen, Weinheim und Basel 1999.
  • Ralph A. Bradshaw: Rita Levi-Montalcini (1909–2012). In: Nature. Band 493, Nr. 7432, 2013, S. 306.
  • Gisela Baumgart: Levi-Montalcini, Rita. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte, Berlin und New York 2005, S. 847.

Und das ist unser Interviewpartner
Dr. Gerald Hüther, Neurobiologe und Autor

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Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autorin: Steffi Tenhaven
Redaktion: Christoph Tiegel und David Rother
Technik: Nicolas Dohle

Der "Game Boy": Wie ein kleiner grauer Kasten die Welt erobert

Der "Game Boy": Wie ein kleiner grauer Kasten die Welt erobert WDR Zeitzeichen 21.04.2024 14:43 Min. Verfügbar bis 22.04.2034 WDR 5

Am 21.4.1989 startet der "Game Boy" mit bereits veralteter Technik - und trotzdem verändert er die (Videospiel-)Welt: Spielen wird überall und jederzeit möglich.

Es ist der hochfunktionale technische Minimalismus des "Game Boys", der die überzüchtete Technik der Konkurrenz ausstechen kann: Als die japanische Firma Nintendo die mobile Spielkonsole auf den Markt bringt, wird sie umgehend zum weltweiten Verkaufserfolg. Die Kinder sind hin und weg. Eltern und Pädagogen hingegen sind nicht begeistert. *** Das ist unser wichtigster Interviewpartner: Christian Schiffer (Journalist BR, Digital- und Gamingexperte für die ARD) *** Die Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Fritz Schaefer, Redaktion: Matti Hesse


Der "Game Boy" ist lange Zeit weltweit die meistverkaufte Spielkonsole. Und das, obwohl seine technische Ausstattung schon bei der Markteinführung 1989 sehr zu wünschen übrig lässt. Während die Konkurrenz fast zeitgleich mit großzügigen Farbbildschirmen und deutlich komplexerer Grafik aufwarten kann, besitzt der "Game Boy" nur einen grün-schwarzen Mini-Monitor.
Auch der Hauptprozessor ist bei seinem Einbau in das Gerät bereits 15 Jahre alt. Er wird Ende der 1980er-Jahre eigentlich nur noch für die Steuerung von Wasch- und Nähmaschinen verwendet.
Aber diese reduzierte technische Ausstattung ist für den "Game Boy" kein Nachteil. Im Gegenteil: Handhelds – Spielkonsolen, die nicht an den Fernseher gekoppelt werden müssen, sondern überall hin mitgenommen werden können – sind damals eine Innovation. Der Game Boy punktet gegenüber Konkurrenzprodukten mit der viel längeren Batterielaufzeit und dem verhältnismäßig günstigen Preis - so wird er zum Massenprodukt.

In diesem Zeitzeichen erzählt Fritz Schaefer:
  • welches dem "Game Boy" beliegende Spiel ganz entscheidenden Anteil am Erfolg hat,
  • warum es in Japan so viele Anbieter von Computerspielen gibt,
  • was die drei Schriftzeichen Nin-ten-do auf Deutsch bedeuten,
  • welche Einwände Pädagoginnen und Pädagogen gegen den "Game Boy" haben,
  • dass es trotz Smartphones auch heute noch Fans des "Game Boy" gibt.

Das ist unser wichtigster Interviewpartner:
  • Christian Schiffer (Journalist BR, Digital- und Gamingexperte für die ARD)

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Autor: Fritz Schaefer
Redaktion: Matti Hesse

Der Amoklauf an der Columbine High School (am 20.4.1999)

Der Amoklauf an der Columbine High School (am 20.4.1999) WDR Zeitzeichen 20.04.2024 14:39 Min. Verfügbar bis 21.04.2099 WDR 5

Die Tat von zwei Schülern in Littleton im US-Bundestaat Colorado erschütterte die USA. Eine Tragödie, die als Wendepunkt in der Geschichte der Vereinigten Staaten gilt.

Der Amoklauf an der Columbine-High-School läutet eine neue Phase der Gewalt an US-amerikanischen Schulen ein. Es ist nicht das erste Mal, dass Menschen durch Waffengewalt in Schulen sterben, aber das eiskalte Vorgehen der Täter ist neu – und findet in der Folge viele Nachahmer. *** Das ist unsere wichtigste Interviewpartnerin: Mareike Wilke, Institut für Konflikt- und Gewaltforschung, Bielefeld *** Das sind unsere Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Ulrich Biermann, Autorin: Veronika Bock, Redaktion: Matti Hesse


Eric Harris und Dylan Klebold müssen sich monatelang vorbereitet haben: Laut Polizeibericht betreten sie um 11.14 Uhr ihre Schule und schießen um sich. Zunächst in der Cafeteria, dann gehen der 17- und 18-Jährige in die Bibliothek. In weniger als einer Stunde töten sie zwölf Schülerinnen und Schüler und einen Lehrer. Danach erschießen sie sich selbst.

Die Menschen in den USA und der ganzen Welt sind geschockt. Der damalige Präsident Bill Clinton ahnt schon kurz nach der Tat: "Wir kennen noch nicht alle Gründe für diese Tragödie, und vielleicht werden wir sie auch nie ganz verstehen." Er soll Recht behalten. In der Folge wird jedes Detail im Leben der Täter analysiert. Gewaltverherrlichende Musik und so genannte Ego-Shooter-Computerspiele geraten ebenso wie die laxen Waffengesetze der USA als mögliche Treiber für den Amoklauf in Verdacht.

Viele der ersten Spekulationen werden später widerlegt, aber bis heute beschäftigen sich Forschende mit den Vorfällen an der Columbine High School, um die Täter besser zu verstehen und so zu verhindern, dass es Nachahmer gibt. Auch der 19-Jährige, der 16 Menschen und sich selbst 2002 am Gutenberg-Gymnasium in Erfurt tötet, hat zuvor zu Columbine recherchiert – genauso wie der 17-jährige Amokläufer von Winnenden.

In diesem Zeitzeichen erzählen Ulrich Biermann und Veronika Bock:
  • wie das Massaker an der Columbine High School zu einem Medienhype wird,
  • warum dieser Amoklauf als Zäsur für Gewalt an Schulen gilt,
  • über die schwierige Suche nach möglichen Motiven der Täter,
  • wie jeder in einem Videospiel zum virtuellen Amokläufer der Columbine High School werden konnte.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:

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Autor: Ulrich Biermann
Autorin: Veronika Bock
Redaktion: Matti Hesse

Er machte Hits und Stars wie kein zweiter: Hans R. Beierlein

Er machte Hits und Stars wie kein zweiter: Hans R. Beierlein WDR Zeitzeichen 19.04.2024 14:43 Min. Verfügbar bis 20.04.2099 WDR 5

Er entdeckte Udo Jürgens. Er zog die Fäden im Hintergrund des Mediengeschäfts und der Schlagerbranche: Hans Rudolf Beierlein, geboren am 19.4.1929.

Heinz Rudolf Beierlein erkennt das Potenzial des unbekannten Udo Jürgens und fördert seine Karriere. Daneben vermarktet der Musikmanager Schlager und Volksmusik und macht französische Stars wie Charles Aznavour und Johnny Hallyday in Deutschland bekannt.*** Das sind unsere wichtigsten Interviewpartner: Tobias Reitz und Thomas Woitkewitsch *** Das sind die Macher und Macherinnen hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Andrea Klasen, Redaktion: David Rother


Der Gourmet und Frankreichliebhaber Hans R. Beierlein pflegt mit allergrößter Sorgfalt seine Kontakte zur französischen Musikelite, schafft es auch, Deutschland-Tourneen für die französischen Top-Stars zu organisieren.

Der Kritik, dass er keine Ahnung von Musik habe, begegnet Beierlein mit der pragmatischen Antwort, es sei seine Aufgabe, aus Musiknoten Banknoten zu machen.

Udo Jürgens und Hans R. Beierlein begegnen sich 1963 das erste Mal. Da ist Udo Jürgens ziemlich mutlos. Seine Platten verkaufen sich nicht, er möchte nicht mehr singen, nur noch komponieren. Beierlein erkennt sofort das große Potenzial des Klagenfurters und nimmt ihn unter seine Fittiche. Udo Jürgens gewinnt 1966 den Grand Prix Eurovision de la Chanson. Es ist der Start seiner Weltkarriere.

2014 verkauft Hans R. Beierlein die Rechte an allen 6.000 Musiktiteln seines Musikverlags Montana und zieht sich ins Private zurück. Im August 2022 stirbt er mit 93 Jahren.

In diesem Zeitzeichen erzählt Andrea Klasen:
  • wie Beierlein als angehender Journalist in einem Waschraum seine erste Story aufschnappt,
  • welchen Coup Beierlein mit dem Kampflied "Die Internationale" landet,
  • warum Beierlein seine Mitarbeiter vor dem Grand Prix Eurovision de la Chanson 1966 Zeitungen in Kiosken aufkaufen lässt,
  • welche Sonderstellung die Sängerin Alexandra in Beierleins Lebenswerk einnimmt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Die Textdichter Tobias Reitz und Thomas Woitkewitsch
  • Hubert Bücken: Anders als andere - die montana-Story 1959-2009, München 2009.

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Autorin: Andrea Klasen
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Radioprogramm der Nazis für den arabischen Raum

Radioprogramm der Nazis für den arabischen Raum WDR Zeitzeichen 18.04.2024 14:48 Min. Verfügbar bis 19.04.2099 WDR 5

Täglich judenfeindliche Parolen: Das ist Aufgabe der "Orient-Redaktion", die im April 1939 im Auftrag der Nationalsozialisten ihre Arbeit aufnimmt. Die Propaganda wirkt.

Mit dem Start der „Orient-Redaktion“ des Deutschen Kurzwellensenders beginnen die Nationalsozialisten eine Propagandaschlacht im arabischen Raum. Schlüsseltext der Radiosendungen ist der Koran – so, wie die Nazis ihn selektiv interpretieren: "Die Nazis haben alles weggelassen, was pro-jüdisch ist, und haben den Koran genommen, als sei es ein antisemitisches Buch. Das war natürlich ein Betrug. Aber wenn so ein Betrug sechs Jahre lang ununterbrochen per Radio weiterverbreitet wird, dann verändert es das Bild des Juden in der ganzen Region." *** Das Zitat stammt von unserem Interviewpartner: Matthias Küntzel (Historiker und Experte für islamischen Antisemitismus) *** Die Macherinnen hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Almut Finck; Redaktion: Gesa Rünker


Die fremden Klänge, die der deutsche Radiosender bringt, sind nicht für das heimische Publikum gedacht. Sie beschallen den arabischen Raum von Nordafrika bis in den Nahen Osten.

Sie zielen besonders auf Palästina, wo Muslime damals fürchten, Juden könnten einen eigenen Staat errichten, wenn die Mandatsmacht Großbritannien abgezogen wird. Ein Regionalkonflikt, den die nationalsozialistischen Machthaber mithilfe judenfeindlicher Hetze im Kurzwellenradio anheizen.
In Königs Wusterhausen, knapp 40 Kilometer südlich von Berlin, besitzen die Nationalsozialisten den leistungsstärksten Kurzwellensender der Welt. Sie sind in der Lage, Radioprogramme um den halben Globus zu funken.

Mit enormem Aufwand lassen Hitlers oberster Propagandist Joseph Goebbels und Reichspressechef Otto Dietrich die sogenannte "Orient-Redaktion" einrichten. 80 Mitarbeiter werden verpflichtet, Texter, Übersetzer, Sprecher – türkische, persische und vor allem Arabisch-Muttersprachler.

Die antisemitische Hasspropaganda verschwindet mit Kriegsende aus dem Äther. Einen Nachhall hat sie bis heute.


In diesem Zeitzeichen erzählt Almut Finck:
  • dass Radiohören im arabischen Raum ein kollektives Ereignis ist,
  • welches Hindernis die nationalsozialistische Rassenlehre für den Propagandasender darstellt,
  • weshalb der Großmufti von Jerusalem, Amin al-Husseini, zum Glücksfall für den Nazisender wird.

Das sind unser Interviewpartner und unsere wichtigsten Quellen:
  • Matthias Küntzel (Historiker und Experte für islamischen Antisemitismus)
  • Matthias Küntzel: Nazis und der Nahe Osten. Wie der islamische Antisemitismus entstand. Berlin/Leipzig 2019.
  • Jeffrey Herf: Nazi Propaganda for the Arab World. New Haven & London 2009
  • Klaus-Michael Mallmann und Martin Cüppers: Halbmond und Hakenkreuz. Das Dritte Reich, die Araber und Palästina. Darmstadt 2006
  • Barry Rubin und Wolfgang G. Schwanitz: Nazis, Islamists, and the Making of the Modern Middle East. New Haven & London 2014.

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Autorin: Almut Finck
Redaktion: Gesa Rünker
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Nikita Chruschtschow: Vom Stalinisten zum polternden Reformer

Nikita Chruschtschow: Vom Stalinisten zum polternden Reformer WDR Zeitzeichen 17.04.2024 14:45 Min. Verfügbar bis 18.04.2099 WDR 5

Ausgerechnet Stalins Erbe, der selbst Teil von Stalins Terrorapparat war, räumte mit den Verbrechen seiner Genossen auf. Geboren wurde er 1894 als Sohn eines armen Bauern.

Nach dem Tod Josef Stalins leitet Nikita Chruschtschow mit seiner 1956 gehaltenen Geheimrede die Entstalinisierung ein. Chruschtschow wird 1958 auch Regierungschef der Sowjetunion. Außenpolitisch propagiert er die friedliche Koexistenz mit dem Westen, ist aber gleichzeitig dessen schwieriger Konterpart und strebt die globale Führungsrolle der UdSSR an. *** Das ist unser wichtigster Interviewpartner: Jörg Baberowski (Professor für Osteuropäische Geschichte, Humboldt-Universität Berlin) *** Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Heiner Wember; Redakteurin: Gesa Rünker


Ausgerechnet der politische Erbe Stalins, Nikita Chruschtschow, der selbst Teil des stalinistischen Terrorapparates war, räumt mit den Verbrechen seiner Genossen auf und betreibt die Entstalinisierung.

Mit 15 Jahren wird der ungebildete Bauernsohn Chruschtschow Bergmann, später Gewerkschaftsfunktionär. An der Moskauer Arbeiter-Akademie gelangt er in Stalins Dunstkreis. Im Zweiten Weltkrieg ist Chruschtschow Parteichef der Ukraine. Bei Kriegsende wird er einmal mehr zum Schlächter im Auftrag Stalins. Er ist verantwortlich für die Rache an wirklichen oder vermeintlichen Kollaborateuren.

Gegen den Rivalen USA schaffen die Sowjets 1957 im Weltraum mit dem Satelliten Sputnik einen Etappensieg. Real und verbal rüstet Chruschtschow mächtig auf. Doch wirtschaftlich können die Sowjets nicht mithalten. Und in der Kuba-Krise beweist Chruschtschow, dass er keinen Krieg will und in letzter Minute die Einigung mit US-Präsident Kennedy sucht.

In diesem Zeitzeichen erzählt Heiner Wember:
  • wie Josef Stalin Nikita Chruschtschow in seinen Bann zieht,
  • wie Stalin seine Gefolgschaft aufbaut und in sein Terrorregime zieht,
  • wie Chruschtschow durch die eigenen Gräueltaten zum Kriegsgegner wird,
  • wie Chruschtschow den Freiheitskampf der Ungarn und die Republikflucht aus der DDR bekämpft.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Jörg Baberowski (Professor für Osteuropäische Geschichte, Humboldt-Universität Berlin)
  • Jörg Baberowski (Hrsg.): Das russische Imperium: Von den Romanows bis zum Ende der Sowjetunion, 2022

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Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autor: Heiner Wember
Redakteurin: Gesa Rünker
Technik: Moritz Raestrup