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Von der Suche nach dem eigenen Weg: Hesses "Glasperlenspiel"

Von der Suche nach dem eigenen Weg: Hesses "Glasperlenspiel" WDR Zeitzeichen 18.11.2023 15:05 Min. Verfügbar bis 18.11.2099 WDR 5

Hermann Hesse, ein Lieblingsautor auch von Udo Lindenberg: Am 18.11.1943 erscheint sein Roman "Das Glasperlenspiel".

"Das Glasperlenspiel" ist Hermann Hesses geheimnisvollstes Buch. Die Geschichte spielt in einer zukünftigen Welt, in der die Hauptfigur zum Meister des abstrakten "Glasperlenspiels" aufsteigt. Geschrieben hat Hesse das Buch in der Schweiz, während die Nationalsozialisten um ihn herum vernichten und zerstören. Der NS-Ideologie für die Massen setzt Hesse die unbeirrte Suche des Einzelnen nach dem eigenen Weg entgegen. *** Unsere wichtigste Interviewpartnerin: Regina Bucher, ehem. Direktorin Hesse-Museum in Montagnola. ***Die Macherinnen hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Jutta Duhm-Heitzmann; Redaktion: Gesa Rünker


Nach seinen erfolgreichen Romanen "Steppenwolf", "Siddhartha" und "Narziss und Goldmund" sind die Erwartungen an Hermann Hesses neues Buch hoch. Doch das "Glasperlenspiel" macht es den Lesern nicht einfach. Eine abstrakte Geschichte in einem fiktiven Orden in einem zukünftigen Jahrhundert. Die Protagonisten widmen ihr Leben den Erkenntnissen des menschlichen Geistes und den schönen Künsten. Das Glasperlenpiel ist laut Hesse "ein Spiel mit sämtlichen Inhalten und Werten unserer Kultur".
Die Resonanz auf den Roman ist zunächst verhalten. Hesse ist ein wenig genervt: "Manche Leute zerbrechen sich den Kopf über mein Buch, statt ganz einfach es zu lesen und zu probieren, was es ihnen sagt." Elf Jahre hat Hermann Hesse am "Glasperlenspiel" geschrieben, eine Quintessenz aus seiner langen Suche nach der Bestimmung des Einzelnen. Zudem ist das Glasperlenspiel für Hesse "eine magische Zuflucht" vor "der hässlichen Zeit", dem Krieg, der Vertreibung und Vernichtung. Da die Nationalsozialisten seine Werke verbieten, erscheint das "Glasperlenspiel" 1943 in der Schweiz. Drei Jahre später wird er mit dem Literatur-Nobelpreis geehrt.

In diesem Zeitzeichen erzählt Jutta Duhm-Heitzmann:
  • Warum Hermann Hesse elf Jahre am "Glasperlenspiel" arbeitet.
  • Über den lebenslangen Versuch des Autors, mit sich selbst "ins Reine" zu kommen.
  • Warum Hesse als "Vaterlandsverräter" beschimpft wird.
  • Über seine Ehrung mit dem Nobelpreis 1946.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Regina Bucher, ehem. Direktorin Hesse-Museum in Montagnola
  • Hermann Hesse, Sein Leben in Bildern und Texten, hrsg. von Volker Michels, Insel TB 1987
  • Heimo Schwilk, Hermann Hesse. Das Leben des Glasperlenspielers, Piper Verlag 2013
  • Gunnar Decker, Hermann Hesse. DerWanderer und sein Schatten, Hanser Verlag 2012
  • Bernhard Zeller, Hermann Hesse, Rowohlt Monographie 2005

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Autorin: Jutta Duhm-Heitzmann
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Rettung des Pharaonentempels von Abu Simbel (ab dem 17.11.1963)

Rettung des Pharaonentempels von Abu Simbel (ab dem 17.11.1963) WDR Zeitzeichen 17.11.2023 14:44 Min. Verfügbar bis 17.11.2099 WDR 5

Gemeinsam mit einem Baukonzern aus NRW rettet die Unesco den gigantischen Tempel von Ramses II., bevor der in den Fluten des Assuan-Stausees in Ägypten versinkt. Es ist der Beginn der Idee des Weltkulturerbes...

Tausende Techniker und Arbeiter fliegen im Frühjahr 1964 ins Niltal ein. Bagger, Kräne und Planierraupen werden über tausende von Kilometern dorthin gebracht. Damit die beiden Felsentempel zersägt und 180 Meter weiter zusammengebaut werden können, ist moderne Technik genauso nötig wie menschlicher Schweiß. Es gelingt: Abu Simbel wird vor den Fluten gerettet und ist bis heute eine vielbesuchte Tempelanlage in Ägypten. ***Das sind unsere wichtigsten Gesprächspartner: Professorin Angelika Lohwasser, Institut für Ägyptologie Universität Münster, ARD-Korrespondent Georg Troller; ***Autorin: Martina Meißner; Redaktion: David Rother


Beinahe wäre Ramses II. in den 1960er Jahren in den Fluten des Nils untergegangen – nachdem der ägyptische Pharao rund 3200 Jahre in seiner pompösen Tempelanlage Abu Simbel verharrt hatte. Diese liegt mitten im geplanten Überflutungsgebiet des Assuan-Stausees. Die UNESCO läuft Sturm gegen die Pläne, einmal geflutet wären die Kulturgüter für ewig zerstört.

Die einzige bezahlbare Idee: Der Ramses-Tempel soll mit den vier gigantischen Skulpturen abgebaut und an sicherer Stelle wieder aufgebaut werden, ebenso der seiner Frau Nefertari gewidmete kleinere Tempel. Am 17. November 1963 wird ein internationales Firmenkonsortium mit der technischen Durchführung des Projekts beauftragt. Die Leitung übernimmt der Essener Baukonzern Hochtief.

Ein Mammutprojekt, bei dem die beiden Felsentempel in mehr als 1.036 Quader zerlegt und 180 Meter landeinwärts millimetergenau wieder aufgebaut und beinah unsichtbar neu verfugt werden. Das jahrtausendealte ägyptische Bauwunder avanciert zum Wunder moderner Ingenieure.

In diesem Zeitzeichen erzählt Martina Meißner:
  • Warum Ramses II. der wohl einzige Pharao der Geschichte mit einem modernen Reisepass ist.
  • Wie der Pharao einst den Felstentempel mit den thronenden Statuen erbauen ließ.
  • Warum die UNESCO sich für die Rettung der Tempel einsetzt.
  • Wie das berühmte "Sonnenphänomen", bei dem zweimal im Jahr die Sonne bis ins Heiligtum scheint, erhalten bleibt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Professorin Angelika Lohwasser, Institut für Ägyptologie Universität Münster
  • Berichte des ARD-Korrespondenten Georg Troller

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Autorin: Martina Meißner
Redaktion: David Rother
Technik: Moritz Raestrup

Zen-Lehrer der Hippie-Generation: Religionsphilosoph Alan Watts

Zen-Lehrer der Hippie-Generation: Religionsphilosoph Alan Watts WDR Zeitzeichen 16.11.2023 15:34 Min. Verfügbar bis 16.11.2033 WDR 5

"Philosophical Entertainer", so hat sich Alan Watts (Todestag 16.11.1973) mal beschrieben. Er trägt dazu bei, dass fernöstliche Weisheitslehren im Westen populär werden.

Mit seinen mehr als 25 Büchern, etlichen Artikeln zu Themen wie Identität, der Natur der Wirklichkeit und dem Streben nach Glück wird Alan Watts zum Zen-Lehrer der Hippie-Generation. ***Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Dr. Ursula Baatz, Religionsphilosophie und Zen-Lehrerin, Uni Wien ***Autorin: Melahat Simsek, Redaktion: Matti Hesse


"Dem Leben offen und furchtlos begegnen", so lautet das Credo von Alan Watts. Am meisten beeinflusst Alan Watts die Lehre des Zen-Buddhismus. Der Philosoph ist davon überzeugt, dass das alltägliche Streben nach Macht und Reichtum, auf Dauer unglücklich macht. Es soll ersetzt werden durch ein Loslassen und Sich-Einlassen auf den Fluss des Lebens. Mit seinen Worten trifft Alan Watts den Zeitgeist der 1960er Jahre und wird zum spiritueller Begleiter der Hippie-Bewegung.

Geboren wird Alan Watts 1915 im Südengland. Schon als Jugendlicher beginnt er mit dem Studium der asiatischen Religionen. Er bringt sich selbst Chinesisch bei, um die alten Schriften in der Originalsprache zu lesen. Der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs verschlägt ihn in die USA. Dort studiert er in nur zwei Jahren die komplette christliche Theologie und arbeitet zwischenzeitlich als Priester.

In Büchern, Radiosendungen und Vorträgen lehrt der charismatische Alan Watts eine Mischung aus Buddhismus, Taoismus und Hinduismus. Seine Fangemeinde wächst stetig. Watts doziert an renommierten Universitäten, darunter die Harvard University, hält Vorträge auf der ganzen Welt. Ihm selbst fällt ein Leben nach seiner Lehre jedoch immer schwerer. Sein großes Arbeitspensum schafft er schließlich nur noch mit Alkohol. Er stirbt am 16. November 1973 mit 58 Jahren.

In diesem Zeitzeichen erzählt Melahat Simsek:
  • Über Prügel und Mobbing in Alan Watts Kindheit.
  • Warum Alan Watts das Priesteramt niederlegt.
  • Wie der Philosoph mit Drogen experimentiert.
  • Warum Watt es nicht schafft, nach seiner eigenen Philosophie zu leben.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Dr. Ursula Baatz, Religionsphilosophie und Zen-Lehrerin, Uni Wien
  • Inken Prohl, Professorin für Religionswissenschaft an der Universität Heidelberg

Unser Hörtipp:

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Autorin: Melahat Simsek
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Als ein König den Kongo verkaufte: Leopold II. und Zentralafrika

Als ein König den Kongo verkaufte: Leopold II. und Zentralafrika WDR Zeitzeichen 15.11.2023 14:34 Min. Verfügbar bis 15.11.2099 WDR 5

Die weltweit einzige Kolonie in Privatbesitz wechselt am 15.11.1908 den Besitzer: Leopold II. verkauft "seinen" Kongo an den belgischen Staat - nach Jahrzehnten der Ausbeutung und brutaler Gewalt...

Von 1885 bis 1908 war die heutige Demokratische Republik Kongo das Privateigentum des belgischen Königs Leopold II. Der hatte nur ein Ziel: Prestige und Kapital aus dem Land zu ziehen. Die Einheimischen zwingt er zur Zwangsarbeit, wer nicht pariert, stirbt oder wird verstümmelt. ***Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Christoph Driessen, Historiker und Autor der "Geschichte Belgiens", Arthur Conan Doyle: The crime of the Congo ***Autor: Herwig Katzer, Redaktion: David Rother


Ende des 19. Jahrhunderts beauftragt der belgische König Leopold II. den Afrikaforscher Henry Morton Stanley, für ihn in den Kongo zu reisen. Offiziell soll er das Land erforschen und "humanitäre" Hilfe leisten.

Tatsächlich soll Stanley Land für den belgischen König sichern, der möchte sich – wie seinerzeit üblich – mit kolonialem Besitz schmücken. Stanley kann mit mehr als 400 indigenen Fürsten Verträge abschließen, die sich unter den "Schutz" von Leopold II. stellen. So wird der Kongo zur Privatkolonie des belgischen Königs.

Die Einheimischen bekommen von dem versprochenen "Schutz" indes wenig zu spüren. Stattdessen müssen sie schon bald Zwangsarbeit leisten. Leopolds Leute treiben die Schwarzen beispielsweise mit brutaler Gewalt zur Kautschuk-Ernte. Mord, Folter, Amputationen, Vergewaltigungen sind an der Tagesordnung.
Als Anfang des 20. Jahrhunderts Missionare ihr Schweigen brechen und europäische Schriftsteller und Journalisten über die Gewaltherrschaft berichten, kommt Leopold II. unter Druck. Am 15. November 1908 verkauft er die Kolonie Kongo an den belgischen Staat. Da der König sofort alle Unterlagen verbrennen lässt, ist bis heute unklar, wie viele Menschen seinem Regime zum Opfer gefallen sind.

In diesem Zeitzeichen erzählt Herwig Katzer:
  • Wie der belgischen König zu seiner Privatkolonie kommt.
  • Warum die Erfindung des Gummireifens für Schwarze im Kongo zum Martyrium wird.
  • Dass Leopolds Leute zwar Menschen, aber keine Tiere töten dürfen.
  • Wie Sherlock-Holmes-Erfinder Arthur Conan Doyle die Gräueltaten publik macht.
  • Über die schwierige Aufarbeitung dieser Kolonialzeit, die bis heute in Belgien zu vielen Kontroversen führt.
Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Christoph Driessen, Historiker und Autor der "Geschichte Belgiens."
  • Arthur Conan Doyle: The crime of the Kongo
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Autor: Herwig Katzer
Redaktion: David Rother

Krankheitsvertretung am Dirigentenpult: Bernsteins Durchbruch!

Krankheitsvertretung am Dirigentenpult: Bernsteins Durchbruch! WDR Zeitzeichen 14.11.2023 15:01 Min. Verfügbar bis 14.11.2099 WDR 5

Die West Side Story ist sein berühmtestes Musical: Die große Karriere des Dirigenten Leonard Bernstein beginnt am 14.11.1943, als er kurzfristig bei einem Konzert einspringt.

Das Symphonie-Konzert des New York Philharmonic Orchestra wird live aus der New Yorker Carnegie Hall übertragen – dirigiert von dem bis dahin unbekannten Leonard Bernstein. Schon bei Konzertende ist klar: Bernstein steht eine große Karriere bevor, sein Talent ist unverkennbar, ein musikalisches Genie. In den folgenden Jahrzehnt dirigiert Bernstein die großen Orchester, komponiert Sinfonien und Musicals und begeistert weltweit Menschen für Musik. ***Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: The Debut Concert – Beschreibung des Konzerts auf der Seite der Bernstein Familienstiftung; Bernstein, Leonard: Musik für junge Leute. Die Welt der Musik in neun Kapiteln. München (Goldmann) 1988 *** Autor: Holger Noltze; Redaktion: Gesa Rünker


Sein Debüt vor einem Millionenpublikum gibt Leonard Bernstein ohne Probe mit dem Orchester: Der große Dirigent Bruno Walter, der eigentlich an diesem Sonntagnachmittag die New Yorker Philharmoniker dirigieren soll, liegt mit einer heftigen Erkältung im Hotel. Da sich kein anderer Ersatz findet, soll Leonard Bernstein das Konzert in der Carnegie Hall übernehmen. Der 24-Jährige hat gerade als Assistent bei den New Yorker Philharmonikern angefangen und gilt als Musiktalent. Walter gibt dem jungen Bernstein lediglich ein paar Hinweise zu den schwierigsten Stellen der geplanten Stücke, dann lässt man ihn mit seiner Aufgabe allein.

Das Konzert wird live im Radio übertragen – und ein sensationeller Erfolg. "Das Orchester jubelte und stand mit offenem Mund auf der Bühne", erinnert sich ein Geiger später an "den Naseweis", den die renommierten Musiker zunächst skeptisch betrachtet hatten. "Dieser Mann dort war der außergewöhnlichste Musiker, dem ich in meinem ganzen Leben begegnet bin."

Der 14. November 1943 ist der Beginn zu Bernsteins Weltkarriere und einem neuen Typus von Dirigenten: lebendig, charismatisch, lebensfroh und nah am Publikum. Der US-Amerikaner ist das Gegenstück zu den bisherigen konservativen und steifen Dirigenten. Unter anderen adressiert Leonard Bernstein mit seinen "Young People`s Concerts" jungen Menschen und erschließt so neues Publikum.

In diesem Zeitzeichen erzählt Holger Noltze:
  • Wie der 24-Jährige mit einem Konzert berühmt wird und die klassische Musikszene umkrempelt.
  • Warum Leonard Bernstein in gebrauchten und zu großen Anzügen dirigiert.
  • Wieso er mit seinem größten Erfolg, dem Musical West Side Story, später hadert.
  • Über Bernsteins Urschrei beim Schleswig-Holstein-Musikfestival.
  • Wie der Komponist im Alter mit Depressionen, Alkohol, Tabletten und Zigaretten kämpft.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • The Debut Concert – Bernstein Familienstiftung
  • Bernstein, Leonard: Musik für junge Leute. Die Welt der Musik in neun Kapiteln. München (Goldmann) 1988
  • Bernstein, Leonard: Ausgewählte Texte. München (Goldmann) 1988
  • Müller, Sven Oliver: Leonard Bernstein. Der Charismatiker. Ditzingen (Reclam) 2018
  • Omnibus. The historic TV broadcasts (The Archive of American Television). UK-Import, 4 DVDs.

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Autor: Holger Noltze
Redaktion: Gesa Rünker

Laura Bassi, die erste Universitätsprofessorin Europas

Laura Bassi, die erste Universitätsprofessorin Europas WDR Zeitzeichen 13.11.2023 13:22 Min. Verfügbar bis 13.11.2099 WDR 5

Laura Bassi löst einen unglaublichen Hype als erste Universitätsprofessorin Europas. Doch gleichberechtigtes Mitglied der Bologneser Universität war sie damit nicht.

Wie soll die ideale Frau sein? - Im 18. Jahrhundert ist die Antwort auf diese Frage klar: Schön, gütig, fruchtbar. Und wie soll sie möglichst überhaupt nicht sein? - Hochgebildet, wissensdurstig, diskussionsfreudig. Sprich: nicht so wie Laura Bassi. ***Das ist unsere wichtigste Interviewpartnerin: Prof. Beate Ceranski, Universität Stuttgart, Bassi-Biographin *** Autorin: Maren Gottschalk, Redaktion: Matti Hesse


Als 20-jährige gilt sie in ihrer Heimatstadt Bologna als exotisches Wunderwesen. Was, bitteschön, soll man mit so einer blitzgescheiten und bildungshungrigen Frau anfangen? - Da denken sich die Stadtherren: Vielleicht lässt sich aus der Existenz dieser jungen Ausnahme-Bürgerin Kapital schlagen? Vielleicht könnte Laura Bassi Bolognas alten Ruhm als Hochburg der Gelehrsamkeit zurückbringen?
Es werden öffentliche Diskussionen veranstaltet, über naturwissenschaftliche und philosophische Thesen. Die junge Gelehrte beeindruckt in der geistigen Auseinandersetzung mit den klügsten Professoren Bolognas. Sie wird in die Bologneser Akademie aufgenommen. Sie erhält den Doktortitel und wird schließlich, im Fach Naturphilosophie, zur Universitätsprofessorin ernannt. Als erste Frau in Europa.
Echte Gleichberechtigung mit den männlichen Lehrenden bedeutet das aber noch nicht...

In diesem Zeitzeichen erzählt Maren Gottschalk:
  • Warum der große Wissensdurst der kleinen Laura zunächst geheim bleiben musste
  • dass aus ihrer Ehe acht Kinder und ein Blitzableiter hervorgingen
  • wie Laura Bassi sich mit anderen hochrangigen Gelehrten vernetzte

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Prof. Beate Ceranski, Biographin, Abt. für Geschichte der Naturwissenschaften u. Technik (GNT), Uni Stuttgart
  • In: C. Dziudzia und S. Klimek (Hrsg.), Gelehrte Frauen der Frühaufklärung. Springer Fachmedien 2022
  • Uta Fölsing: Geniale Beziehungen. Berühmte Paare in der Wissenschaft. Becksche Reihe München 1999
  • Jean-Pierre Jenny: Eine Gelehrte aus der gelehrten Stadt. Neue Zürcher Zeitung, 29. Oktober 2011

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Autorin: Maren Gottschalk
Redaktion: Matti Hesse
Technik: Nico Söllner
Onlineproducer: Christoph Tiegel

Loriot: Der 100. Geburtstag

Loriot: Der 100. Geburtstag WDR Zeitzeichen 12.11.2023 15:52 Min. Verfügbar bis 12.11.2099 WDR 5

"Komik beginnt, wo Würde misslingt", hat Vicco von Bülow alias Loriot (geboren am 12.11.1923) gesagt. Er hat den Deutschen Humor geschenkt - und viele Wörter vom "Kosakenzipfel" bis zum "Jodeldiplom".

Loriot, das Universalgenie: Er war Zeichner, Komiker, Filmemacher – und ein genauer Beobachter der deutschen Gesellschaft mit all ihren Umständlichkeiten, Missverständnissen, Satz-Ungetümen und Verklemmtheiten. Lassen Sie uns zur Sitzgruppe gehen... *** Autor: Axel Naumer, Redaktion: David Rother


Auf die Frage, ob er im Zweiten Weltkrieg ein guter Soldat gewesen sei, antwortet er in seinem letzten großen Zeitungsinterview: "Nicht gut genug, sonst hätte ich am 20. Juli 1944 zum Widerstand gehört. Aber für den schauerlichen deutschen Beitrag zur Weltgeschichte werde ich mich schämen bis an mein Lebensende."
Nach dem Krieg machte Vicco von Bülow aus seinem Notabitur ein reguläres und studierte auf Anraten seines Vaters Malerei und Grafik. Danach arbeitete er zunächst als Werbegrafiker. Bald entwirft er das später für ihn so typische Knollennasenmännchen, wird 1950 Cartoonist und nennt sich fortan Loriot. Der Rest ist deutsche Humorgeschichte...

In diesem Zeitzeichen erzählt Axel Naumer:
  • wie Vicco von Bülow in Berlin und Stuttgart ohne Mutter aufwuchs
  • was er über seine "merkwürdigen Heldentaten" im Krieg dachte
  • wie er nach dem Krieg vom Baumfäller zum Grafiker wurde
  • welcher Zufall ihn zum Karikaturisten werden ließ
  • wie viel Ärger ihm seine erste Cartoon-Serie im "Stern" einbrachte

Unser Hörtipp: "Loriot 100 – Mehr Lametta mit Ariana Baborie"

Das sind unsere wichtigsten Quellen und weiterführende Links:

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Autor: Axel Naumer
Redaktion: David Rother
Onlineproducer: Christoph Tiegel

Ein Karnevalshit als Fast-Nationalhymne: Der Trizonesiensong

Ein Karnevalshit als Fast-Nationalhymne: Der Trizonesiensong WDR Zeitzeichen 11.11.2023 15:47 Min. Verfügbar bis 11.11.2033 WDR 5

Karneval 1948. Westdeutschland ist in zwei, und dann in drei Besatzungszonen aufgeteilt. Aus diesem Zustand macht der Kölner Karl Berbuer am 11.11.1948 ein Lied: Wir sind die Eingeborenen von Trizonesien, damals hochaktuell und politisch brisant.

Karl Berbuer hat ein Gespür für das, was die Menschen nach dem Zweiten Weltkrieg bewegt. Den Nerv der Menschen zu treffen, ist Berbuers Erfolgsrezept. In "Wir sind die Eingeborenen von Trizonesien" wird einer seiner größten Erfolge. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Reinold Louis, Karnevalsexperte, Autor; Gabriele Dafft, Landschaftsverband Rheinland; Raderberger Karnevalsclub von 1980 e.V. in Köln. *** Autorin: Irene Geuer; Redaktion: Gesa Rünker und Christoph Tiegel


Nach dem zweiten Weltkrieg werden Westdeutschland und Berlin auf die westlichen Alliierten USA, Großbritannien und Frankreich verteilt. Obwohl das erst im April 1949 offiziell gemacht wird, hat Karl Berbuer schon 1948 die Idee für eines seiner bekanntesten Lieder: "Wir sind die Eingeborenen von Trizonesien" - ein politisches Karnevalslied, das das Lebensgefühl der Westdeutschen genau trifft.

Nicht bei allen Deutschen erfreut sich das Lied großer Beliebtheit. Bundeskanzler Konrad Adenauer erinnert sich 1950 bei einer Pressekonferenz daran.

"Da war im Kölner Stadion ein Radrennen. Es war manches belgische Militär in Uniform da vertreten, und schließlich wurden Nationalhymnen angestimmt, und die Musikkapelle, die offenbar einen sehr tüchtigen und geistesgegenwärtigen Kapellmeister gehabt hat, die hat ohne besonderen Auftrag, als die Deutsche Nationalhymne angestimmt werden sollte, das schöne Karnevals Lied angestimmt. Ich bin ein Einwohner von Trizonesien."

Was hätte der Kapellmeister auch tun sollen? Eine Nationalhymne gibt es in der jungen Bundesrepublik noch nicht. Das Deutschlandlied ist zu der Zeit verboten.

Der Kölner Karl Berbuer haut einen Hit nach dem anderen raus. Zum Beispiel auch "Heidewitzka, Herr Kapitän", "O Mosella" oder "Do laachs do dich kapott, dat nennt m’r Camping".

In diesem Zeitzeichen erzählt Irene Geuer:
  • Warum Bundeskanzler Adenauer auch bei einem Besuch in Chicago seinen Ohren kaum traut.
  • Wie ein Lied die Sehnsucht nach Zusammenhalt in den ersten Nachkriegsjahren stillt.
  • Warum Karl Berbuer den Spitznamen "Hefeteilchen" trägt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Reinold Louis, Karnevalsexperte, Autor.
  • Gabriele Dafft, Landschaftsverband Rheinland.
  • Raderberger Karnevalsclub von 1980 e.V. in Köln.

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Autorin: Irene Geuer
Redaktion: Gesa Rünker und Christoph Tiegel

"Vater der Türken": Der Staatsgründer Mustafa Kemal Atatürk

"Vater der Türken": Der Staatsgründer Mustafa Kemal Atatürk WDR Zeitzeichen 10.11.2023 15:15 Min. Verfügbar bis 07.11.2099 WDR 5

1923 ruft Atatürk (gestorben am 10.11.1938) die Republik Türkei aus und verordnet tiefgreifende Reformen: Die Türkei soll ein westliches, ein europäisches Land werden.

Atatürks Lebensleistung brennt sich tief ins kollektive Gedächtnis aller Türkinnen und Türken. Denn 1919/20 bewahrt er das Land vor dem Untergang. In nur 15 Jahren stellt Atatürk Staat und Gesellschaft radikal auf den Kopf. Seine Reformen greifen tief in die Gesellschaft ein. ***Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Prof. Dr. Maurus Reinkowski, Islamwissenschaftler Universität Basel PD; Dr. Gül Şen, Islamwissenschaftlerin Universität Bonn. *** Autorin: Marfa Heimbach; Redaktion: Matti Hesse


Damals gehört das Osmanische Reich zu den Verlierermächten des 1. Weltkriegs und die Sieger planen im Vertrag von Sèvres die komplette Aufteilung des einstigen Riesenreiches.

Doch der Vertrag von Sèvres wird nie ratifiziert. Denn nun schlägt die Stunde des Offiziers Mustafa Kemal. Er verlässt die osmanische Armee, zieht mit seinen Gefolgsleuten gegen die vorrückenden Griechen und siegt.
So ändern die Siegermächte ihren Plan und setzen nun auf ihn, den neuen starken Mann. Im Vertrag von Lausanne werden 1923 weitgehend die heutigen Grenzen der Türkei vereinbart. Noch im selben Jahr ruft Mustafa Kemal die Republik aus und wird ihr erster Präsident.

In nur 15 Jahren stellt Atatürk Staat und Gesellschaft radikal auf den Kopf. Seine Reformen greifen tief in die Gesellschaft ein. Das religiöse Rechtssystem wird abgeschafft und durch Schweizer Zivilrecht ersetzt. Frauen erhalten das Wahlrecht. Die religiösen Schulen werden geschlossen, das Bildungswesen dem Staat unterstellt und das lateinische Alphabet ersetzt die bisher gebräuchliche arabische Schrift.

Der Präsident erneuert die türkische Gesellschaft innerhalb von 15 Jahren bis zu den Grundprinzipien. Er katapultiert das Land auch gegen Widerstände vom Mittelalter in die Moderne. Mustafa Kemal Atatürk stirbt mit 57 Jahren am 10. November 1938 in Istanbul.

In diesem Zeitzeichen erzählt Marfa Heimbach:
  • Wie die Sieger des ersten Weltkriegs das Osmanische Reich aufteilen wollen.
  • Warum der Westen Leitbild des jungen türkischen Staates ist.
  • Welche Rolle europäische Männerhüte bei Atatürks Reformen einnehmen.
  • Dass besonders die Landbevölkerung mit den Reformen fremdelt.
  • Dass Recep Tayyip Erdogan länger regiert als Atatürk - und was das mit der Politik seines Vorgängers zu tun hat.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Prof. Dr. Maurus Reinkowski, Islamwissenschaftler Universität Basel PD.
  • Dr. Gül Şen, Islamwissenschaftlerin Universität Bonn

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Unser Hörtipp: Die historische Hörspiel-Saga "Boudicca"

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Die Judenpogrome am 9.11.1938

Die Judenpogrome am 9.11.1938 WDR Zeitzeichen 09.11.2023 14:45 Min. Verfügbar bis 09.11.2099 WDR 5

In der "Reichspogromnacht" 1938 brennen Synagogen, zerstört die SA jüdische Geschäfte, misshandelt die Besitzer. Deren Nachbarn helfen mit. Wie erinnert man sich an diesen Tag, wenn Antisemitismus in Deutschland wieder zum Alltag gehört?

Wie viele Jüdinnen und Juden in der Reichspogromnacht gewaltsam sterben, ist nicht bekannt. Vermutlich sind es 1.300 Menschen. Tausende werden verhaftet. Im Deutschen Reich werden mehr als 1.000 Synagogen und 7.000 jüdische Geschäfte verwüstet - von der SA, aber auch von ganz normalen Bürgern. *** Das sind unsere Interviewpartner: Professor Michael Brenner (Historiker, Ludwig-Maximilians-Universität München) *** Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Uwe Schulz, Redaktion: David Rother


Der 17-jährige Herschel Grynszpan ist in Paris, als erfährt: Seine Familie ist aus Deutschland nach Polen abgeschoben worden. Am 7. November 1938 kauft sich Herschel Grynszpan in Paris einen Revolver und fährt zur deutschen Botschaft. Dort gibt er fünf Schüsse auf den Botschaftssekretär Ernst vom Rath ab.
Zwei Tage später erliegt der Diplomat am Nachmittag seinen Verletzungen. In derselben Nacht kommt es im gesamten Deutschen Reich zu gewalttätigen Ausschreitungen gegen Juden. Fünf Stunden nach dem Tod des Botschaftssekretärs hat Propagandaminister Joseph Goebbels die Ortsgruppen der NSDAP auf Synagogen und jüdische Geschäfte gehetzt.
Bis heute hält sich die Legende, nur Schlägertrupps der SA seien losgezogen in dieser Nacht. Doch das stimmt nicht. Die Verbrechen werden auch von ganz normale Bürgern verübt. Viele Aktionen sind nicht von oben gesteuert.
Wie viele Jüdinnen und Juden in der Reichspogromnacht gewaltsam sterben, ist nicht bekannt. Vermutlich sind es 1.300 Menschen. Tausende werden verhaftet. Im Deutschen Reiche werden mehr als 1.000 Synagogen und 7.000 jüdische Geschäfte verwüstet.


  • In diesem Zeitzeichen erzählt Uwe Schulz:
  • Warum "Erinnerungskultur" zu einem Wort des Jahres 2023 werden könnte.
  • Wie sich 1938 ganz normale Bürger dem Terror der Nazis anschließen.
  • Dass sich die Gewalt gegen jüdische Mitbürger schon Ende des 19. Jahrhunderts ankündigt.
  • Wie ein "neuer" Antisemitismus in der Bundesrepublik beginnt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Professor Michael Brenner (Historiker, Ludwig-Maximilians-Universität München)
  • Thomas Haury (Historiker, Freiburg)
  • Wolfgang Benz: Geschichte des Dritten Reiches C.H.Beck, 2019
  • Thomas Wild: Hannah Arendt Suhrkamp 2006
  • Matthias Küntzel: Nazis und der Nahe Osten Hentrich & Hentrich, 2019

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Autor: Uwe Schulz
Redaktion: David Rother

Sternstunden der Rhetorik: Ciceros Reden gegen Catilina

Sternstunden der Rhetorik: Ciceros Reden gegen Catilina WDR Zeitzeichen 08.11.2023 15:07 Min. Verfügbar bis 08.11.2099 WDR 5

Es sind rhetorische Meisterwerke, die der römische Konsul Cicero am 7. und 8.11.63 v. Chr. gegen Catilina auffährt: Die Republik rettet er damit nicht.

Ausnahmezustand im alten Rom! Der Politiker Lucius Catilina plant eine Verschwörung gegen den Staat. Als Verteidiger der Republik tritt ihm Marcus Tullius Cicero entgegen, der gewählte Konsul des Jahres 63 vor Christus. Der höchste Amtsträger des Staates wehrt sich mit Worten: Mit zwei Reden schlägt Cicero die Aufständischen in die Flucht. *** Das sind unsere Interviewpartner: Professor Ernst Baltrusch (Althistoriker Freie Universität Berlin), Professor Karl-Joachim Hölkeskamp (Althistoriker Universität zu Köln) *** Die Macherinnen hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Marfa Heimbach, Redaktion: Gesa Rünker


Catilina will unbedingt Konsul werden. Mehrfach schon hat er sich beworben, immer ist er gescheitert. Jetzt greift er zur Gewalt. Seine Anhänger fischt er aus der Menge der Unzufriedenen: ehrgeizige Adlige, die politisch nicht zum Zuge kommen; Bürger, die hoch verschuldet sind.
Für die Nacht zum 7. November im Jahr 63 vor Christus planen die Verschwörer die Ermordung des Konsuls Cicero. Doch der Anschlag scheitert. Sofort ruft Cicero den Senat zusammen und hält die erste seiner berühmten catilinarischen Reden. Einen Tag später, am 8. November, folgt die zweite Rede vor der Volksversammlung.
Cicero gelingt es dank seiner rhetorischen Fähigkeiten, sowohl im Senat wie auch in der Volksversammlung eine Front gegen diese Aufständischen zu erwirken. Am Ende verlässt Catilina Rom. Doch auch Cicero, der vielleicht beste Redner seiner Zeit, kann letztlich den Untergang der Römischen Republik nicht verhindern.

In diesem Zeitzeichen erzählt Marfa Heimbach:
  • Welcher römische Historiker die Auseinandersetzung schriftlich festhält.
  • Welchen symbolträchtigen Versammlungsort Cicero auswählt.
  • Mit welchem rhetorischen Trick er den anwesenden Catilina unter Druck setzt.
  • Wie viele Reden insgesamt Cicero gegen Catilina hält.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Professor Ernst Baltrusch (Althistoriker Freie Universität Berlin)
  • Professor Karl-Joachim Hölkeskamp (Althistoriker Universität zu Köln)

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Unser Hörtipp: "WDR 5 Das Philosophische Radio" mit Jürgen Wiebicke

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Die Macherinnen hinter diesem Zeitzeichen:
Autorin: Marfa Heimbach
Redaktion: Gesa Rünker
Technik: Sarah Fitzek

Kurt Eisner ruft den Freistaat Bayern aus (am 7.11.1918)

Kurt Eisner ruft den Freistaat Bayern aus (am 7.11.1918) WDR Zeitzeichen 07.11.2023 14:29 Min. Verfügbar bis 07.11.2099 WDR 5

Schluss mit der Monarchie: Anfang November 1918 ruft der unabhängige Sozialdemokrat Kurt Eisner den Freistaat Bayern aus - und wird dessen erster Ministerpräsident.

Während des Ersten Weltkrieges tritt Kurt Eisner aus der SPD aus - aus Protest gegen die Zustimmung der Partei zu den Kriegskrediten. Der Journalist tritt stattdessen in die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD) ein und wird in Bayern deren Vorsitzender. Noch vor dem offiziellen Kriegsende proklamiert Eisner am 7. November 1918 den "Freistaat Bayern" und wird einen Tag später Ministerpräsdent. *** Das ist unser Interviewpartner: Bernhard Grau (Eisner-Biograf) *** Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Thoma Klug, Redaktion: Christoph Tiegel und Gesa Rünker


Im Herbst 1918 ist der Erste Weltkrieg für die Deutschen verloren. Die Monarchie ist am Ende, der Ruf der Revolution geht um. Kurt Eisner, Vorsitzender der USPD in Bayern, zieht von Kaserne zu Kaserne und sammelt Getreue um sich. Am 7. November ruft er die Republik, den Freistaat Bayern, aus und beendet damit die Monarchie von König Ludwig III.
Eisner wird am Tag darauf Ministerpräsident. Anstelle eines Parlaments wird der Provisorische Nationalrat einberufen. Eisners Ziel ist eine Räterepublik, in der alle Bevölkerungsteile für sie zuständige Räte, wie Betriebsräte oder Gemeinderäte, ernennen sollen. Er führt den Acht-Stunden-Arbeitstag und das Frauen-Wahlrecht ein.
Bei der Wahl des Bayerischen Landtags im Januar erleiden die USPD und Eisner allerdings eine schwere Niederlage. Sie erreichen nicht einmal drei Prozent der Stimmen. Als er am 21. Februar 1919, dem Tag der konstituierenden Sitzung des Landtags, seinen Rücktritt verkünden will, wird Kurt Eisner auf dem Weg von einem rechtsextremen Attentäter erschossen.

In diesem Zeitzeichen erzählt Thomas Klug:
  • Durch wen Kurt Eisner zu seiner politischen Haltung inspiriert wird.
  • Wie der Text des von ihm verfassten Revolutionsliedes lautet.
  • Was Thomas Mann über Eisner notiert.
  • Wer der Mörder von Kurt Eisner ist.
Das ist unser Interviewpartner:
  • Bernhard Grau (Eisner-Biograf)
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Autor: Thomas Klug
Redaktion: Christoph Tiegel und Gesa Rünker
Technik: Holger Maerten

Jazzer, Drogendealer, erster Hipster: Mezz Mezzrow

Jazzer, Drogendealer, erster Hipster: Mezz Mezzrow WDR Zeitzeichen 06.11.2023 15:07 Min. Verfügbar bis 06.11.2099 WDR 5

Ein blasser Mann mit Halbglatze, Typ braver Beamter - trotz dieses Aussehens lebte Mezz Mezzrow eine der wildesten Jazz-Biographien des 20. Jahrhunderts... Am 6.11.1933 nahm er sein erstes Album auf.

Mezz Mezzrow gibt sich gerne als Afroamerikaner aus, weil er sich dem reinen, schwarzen Jazz so verbunden führt. Dabei wächst er in einer weißen, bürgerlichen Familie voller Ärzte und Anwälte auf. Doch Mezz Mezzrow entscheidet sich für ein Leben als Musiker. Manchen seiner weißen Kollegen geht die Schwärmerei für die schwarze Kultur allerdings auf die Nerven. So lästert Klarinettist Sidney Bechet: "Der Mann strengt sich zu sehr an, etwas zu sein, was er nicht ist." *** Das sind unsere wichtigsten Quellen: Mezz Mezzrow, Bernard Wolfe: "Really The Blues", 1946 erstmals aufgelegt; Norman Mailer: "The white negro: Superficial Reflections on the Hipster" (1957)*** Autor: Thomas Mau; Redaktion: David Rother***


Mezz Mezzrow heißt eigentlich Milton Mesirow und stammt aus einer wohlhabenden jüdischen Familie in Chicago. Als er eine Jugendstrafe absitzen muss, lernt er nicht nur Klarinette spielen, sondern lauscht nachts allein dem Blues der Schwarzen, der zu seiner Zelle herüberweht. Die Musik trifft ihn ins Mark: "Ich gehörte zu ihnen, ich fühlte mich ihnen näher als den Weißen." Fortan bemüht sich Mezz Mezzrow um eine afroamerikanische Identität.

Seinen Lebensunterhalt verdient der Musiker meistens mit dem Verkauf von Drogen, aber seine Leidenschaft gilt dem Jazz. Er taucht ein ins Harlem der 1930er-Jahre, den Treffpunkt der Hipster: Afroamerikaner, Einwanderer, Avantgardisten aus Europa, die Jazz hören, Marihuana rauchen und sogar eine eigene Sprechweise entwickeln, den "Jive". Mezz Mezzrow kennt und spielt mit den großen Jazz-Namen: King Oliver, Sidney Bechet, Bix Beiderbecke oder Louis Armstrong. Seine Biografie "Really The Blues" gilt als eines der wichtigsten Jazzbücher seiner Zeit.

In diesem Zeitzeichen erzählt Thomas Mau:
  • Wie sich Mezz Mezzrow mit Drogengeschäften über Wasser hält
  • Warum ein Gefängnisaufseher ihn seine Haftstrafe bei den Schwarzen Insassen absitzen lässt.
  • Was sich genau hinter dem Ausdruck "Hipster" verbirgt
  • Warum Mezz Mezzrow den wahren Schwarzen Jazz ausgerechnet in Frankreich findet

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Mezz Mezzrow, Bernard Wolfe: "Really The Blues", 1946 erstmals aufgelegt
  • Norman Mailer: "The white negro: Superficial Reflections on the Hipster" (1957)

Weiterführende Links:

Die persönlichen Mezz-Mezzrow-Empfehlungen des Autors Thomas Mau:
  • Free Love (Mezz Mezzrow)
  • Swinging with Mezz (Mezz Mezzrow and his Orchestra)
  • The Sheik of Araby (Mezz Mezzrow)
  • Four or Five Times (10-30-51) (Mezz Mezzrow)
  • Getting Together (Take1) [Remasterd 2014] (Mezz Mezzrow)
  • Savoy Blues (Kid Ory's Creole Jazz Band)
  • Canal Street Blues (King Oliver)
  • Ain't Misbehavin' (Louis Armstrong)
  • Black And Blue (Louis Armstrong)
  • You're a Viper (The Reefer Song) (Fats Waller)
  • Reefer Man (Cab Calloway & His Orchestra)

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Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autor: Thomas Mau
Redaktion: David Rother

Von der Zerbrechlichkeit des amerikanischen Traums: Sam Shepard

Von der Zerbrechlichkeit des amerikanischen Traums: Sam Shepard WDR Zeitzeichen 05.11.2023 14:44 Min. Verfügbar bis 05.11.2099 WDR 5

Sam Shepard (geboren am 5.11.1943 in Illinois, USA) ist ein Multitalent: Gefeierter Theaterautor, bekannt als Schauspieler in vielen Nebenrollen als Cowboy oder Testpilot.

Sam Shepard ist der Shooting-Star der Theaterszene der 1960er Jahre: Seine Stücke sind ungestüm, wild und entlarven den "amerikanischen Traum". Nach den ersten Off-Broadway-Erfolgen geht Shepards Karriere steil nach oben: Er gewinnt den Pulitzer-Preis und wird als Schauspieler für den Oscar nominiert. Sam Shepard ist ein künstlerisches Allround-Talent – mit entsprechenden Allüren und Exzessen. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen: Bettina Walther, S. Fischer Theaterverlag; Michael Lippold, Schauspieler und Regisseur; Sam Shepard: "Der große Himmel", S. Fischer, Frankfurt a.M., 2006.***Autoren: Veronika Bock/Ulrich Biermann; Redaktion: Matti Hesse


Mit 19 Jahren schließt sich Sam Shepard einer vorbeikommenden Theatergruppe an und verlässt die kalifornische Provinz Richtung New York. Im Gepäck die Leiden der Provinz: Trauma der Kriegsrückkehrer, familiäre Gewalt und im Alkohol ertränkte Emotionen.
Sein erstes Theaterstück "Cowboys" hat er angeblich auf die Rückseiten von Bonbonpapier gekritzelt. "Schreiben war wie eine Rettung für mich", sagt Shepard später. Seine Stücke sind wild, wirr, wie eine Explosion, schreiben die Kritiker. Schnelle Einakter, die Szenen wechseln rasch und ohne sich aufeinander zu beziehen – und kommen an.
Sein Thema ist die Sehnsucht nach dem amerikanischen Traum und das Scheitern daran. Er skizziert einsame und verletzte Seelen, die auf Pferderücken oder am Steuer des Pick-ups durchs Leben gleiten. Sam Shepard wird erst zum Shooting-Star der New Yorker Off-Broadway-Szene, dann folgt Hollywood – und eine unermüdliche Schaffensperiode. Es werden mehr als 55 Theaterstücke, mehr als 50 Filme, dazu Fernseh- und Streamingproduktionen. Hinzu kommen Gedichte, Erzählungen und Kurzgeschichten. Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Preis stirbt Sam Shepard am 27. Juli 2017 mit 73 Jahren.

In diesem Zeitzeichen erzählen Veronika Bock und Ulrich Biermann:
  • Wie Sam Shepard im Westen der USA aufgewachsen ist
  • Warum er sich als gefeierter Autor eine Farm zulegt
  • Über die Affäre von Sam Shepard mit Patti Smith
  • Warum Regisseur Volker Schlöndorff nach dem gemeinsamen Film "Homo Faber" nie wieder ein Wort mit Sam Shepard gesprochen hat.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Bettina Walther, S. Fischer Theaterverlag
  • Michael Lippold, Schauspieler und Regisseur
  • Sam Shepard: "Der große Himmel", Frankfurt a.M., 2006
  • Don Shewey: Sam Shepard, New York 1985
  • Robert Greenfield TRUE WEST: Sam Shepard’s Life, Work and Times, 2023
  • Patti Smith: Just Kids, Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2010

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Autoren: Veronika Bock und Ulrich Biermann
Redaktion: Matti Hesse

Das erste It-Girl: Carolina "La Belle" Otéro (geb. am 4.11.1868)

Das erste It-Girl: Carolina "La Belle" Otéro (geb. am 4.11.1868) WDR Zeitzeichen 04.11.2023 14:37 Min. Verfügbar bis 04.11.2099 WDR 5

Der russische Zar, der deutsche Kaiser, ein britischer Prinz: Sie alle liebten die schöne Otéro, Tänzerin und damals wohl die bekannteste Frau der Welt.

Dates mit Carolina Otéro gibt es nur gegen Diamanten – und die reichsten und einflussreichsten Männer ihrer Zeit bezahlen sie gerne. Gestorben ist Carolina "La Belle" Otéro trotzdem arm: Sie hat ihren Reichtum im Casino verspielt. Ihr Leben dauert 96 Jahre und ist eins der faszinierendsten ihrer Epoche. Sie hat den modernen Tanz bereichert, sie hat Künstler inspiriert – und die tragischen Momente ihrer Biografie gern unter den Teppich gekehrt… *** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Brygida Ochaim, Tänzerin und Choreografin. Carmen Posadas: La Belle Otéro, Die große Verführerin der Belle Epoque *** Autorin: Christiane Kopka, Redaktion: David Rother


Wenn Carolina Otéro ihren Geburtstag feiert, natürlich im besten Restaurant von Paris, kommen Könige, Kaiser und Zaren. Mit einigen von ihnen geht sie ins Bett, ihr verfallen sind sie alle. Einer der damals reichsten Menschen der Welt schenkt der Otéro eine Yacht für eine einzigen Abend mit ihr. Als glutäugige, ausdrucksstarke Tänzerin macht sie Bizets Oper "Carmen" populär – ihr expressionistischer Tanzstil gilt heute als ein Wegbereiter des Modern Dance.

Otéro wöchst in ärmlichen Verhältnissen auf und wird schon als Kind Opfer einer Vergewaltigung. Doch das verschweigt sie und genießt ihr Leben als berühmte Frau im Kreis der Mächtigen und Reichen.

Mit Juwelen behängt posiert sie auf Bällen. Wenn der spanischer Eintopf "Puchero" aufgetischt wird, ein Gericht aus Kichererbsen, Huhn, Ochsenkeule, Eisbein, Blutwurst und Chorizo, isst Otéro gerne fünf Portionen – und tanzt danach wieder auf dem Tisch. Sie soll den Schriftsteller Marcel Proust zur weltberühmten Romanfigur der Odette inspiriert haben, Renoir lässt sich von ihr zu Gemälden inspirieren. Angeblich sind sogar die Türme eines Hotels in Cannes ihren Brüsten nachempfunden.

Als die "Belle Epoque" nach dem Ersten Weltkrieg in Scherben liegt, zieht sich Carolina Otéro zurück. Ihren Reichtum verspielt sie in Casinos, die ihr eine danach eine spärliche Rente spendieren. Sie stirbt weitgehend vergessen erst im Jahr 1965 – in einer Welt, die mit der ihrer Jugend nicht mehr viel zu tun hat.

In diesem Zeitzeichen erzählt Christiane Kopka:
  • Wie Carolina Otéro wirklich hieß
  • Welche Teile ihre Biografie sie wohl erfunden hat – und was davon wahr ist
  • Wie ein russischer Großfürst die Otéro seinen Freunden einmal auf einem Silbertablett präsentierte
  • Warum ihr Tanzstil von Choreografen heute für bahnbrechend gehalten wird

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Brygida Ochaim, Tänzerin und Choreografin.
  • Carmen Posadas: La Belle Otéro, Die große Verführerin der Belle Epoque
  • Caroline Otéro: "Die Erinnerungen der schöne Otéro",  Hamburg 1926
  • Barbara Sichtermann/Ingo Rose: "Kurtisanen, Konkubinen und Mätressen", Ebersbach & Simon 2016

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Autor: Christiane Kopka
Redaktion: David Rother
Technik: Theo Kramer

Der EGMR: letzte Hilfsinstanz bei Menschenrechtsverletzungen

Der EGMR: letzte Hilfsinstanz bei Menschenrechtsverletzungen WDR Zeitzeichen 03.11.2023 14:45 Min. Verfügbar bis 03.11.2099 WDR 5

Bis zu seiner grundlegenden Reform tagt der EGMR nur gelegentlich - am 3.11.1998 nimmt er als Ständiger Gerichtshof für Menschenrechte seine Arbeit auf.

Seniorinnen aus der Schweiz klagen gegen ihr Land für mehr Klimaschutz. Eine Gruppe portugiesischer Jugendlicher geht noch weiter, klagt gleich 32 Staaten des Europarates an: Die Richter des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte haben viel zu tun. Alle Bürgerinnen und Bürger der aktuell 46 Mitgliedsstaaten können sich nach Straßburg wenden, wenn sie sich in ihren Menschenrechten verletzt fühlen. Die Idee dahinter: Frieden in Europa sichern, denn Unterdrückung im Inneren eines Staates verläuft häufig parallel zu Aggressionen nach außen. Das Konzept geht nicht ganz auf. Nach dem Angriff auf die Ukraine wird der russische Staat am 16. September 2022 vom Europarat suspendiert. ***Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Angelika Nußberger, ehemalige Vizepräsidentin des Europäischen Gerichtshof; Frank Schwabe, SPD, Leiter der Deutschen Delegation beim Europarat in Straßburg*** Autorin: Susanne Rabsahl; Redaktion: Christoph Tiegel / Gesa Rünker, Technik: Annette Skrzydlo.


Die Idee zu einer durchsetzungsstarken Instanz für Menschenrechte ist kurz nach dem 2. Weltkrieg entstanden, in der Gründungsphase des Europarats. Ein Gerichtshof für Menschenrechte für ganz Europa soll eine Gewaltherrschaft und Diktatur wie unter den Nationalsozialisten künftig verhindern. 1959 nimmt der Gerichtshof in Straßburg seine Arbeit auf.

In den Anfangsjahren trifft sich der Europäische Gerichtshof nur sporadisch, eine Kommission prüft zunächst die vorgebrachten Anliegen, bevor diese den Richtern vorgelegt werden. Doch allmählich etabliert sich die Institution. Länder, die in den Europarat neu aufgenommen werden wollen, müssen die Menschenrechtskonvention unterzeichnen.

Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs steigt die Mitgliederzahl auf 47 Mitglieder. Deren rund 800 Millionen Bürger und Bürgerinnen können sich seit Inkrafttreten der Reform am 3. November 1998 direkt an das Gericht wenden. Seither arbeiten die von den Mitgliedsländern abgesandten Richter hauptberuflich für den Gerichtshof – und kommen mit der Arbeit kaum nach.

Verurteilt wird beispielsweise Russland für die Erstürmung der von tschetschenischen Terroristen besetzten Schule 2004, weil die verwendeten Kriegswaffen mehr Opfer unter den Kindern gefordert hätten. Selbst verurteilte Verbrecher wie Magnus Gäfgen können sich an Straßburg wenden: Das Gericht kritisierte die Verhörmethoden der deutschen Polizei gegen den Entführer des Bankierssohns Jakob.

In diesem Zeitzeichen erzählt Susanne Rabsahl:
  • Warum der Europäische Gerichtshof Opfer seines eigenen Erfolgs geworden ist
  • Wie Schweizer Seniorinnen und portugiesische Jugendliche vor dem Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte mehr Klimaschutz einklagen
  • Warum der Gerichtshof nur im Notfall Länder ausschließt – obwohl einige gegen die Menschenrechte verstoßen

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Angelika Nußberger, ehemalige Vizepräsidentin des Europäischen Gerichtshof
  • Frank Schwabe, SPD, Mitglied des Deutschen Bundestages und Leiter der Deutschen Delegation beim Europarat in Straßburg
  • Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte

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Día de los Muertos, Mexikos "Tag der Toten" (am 2.11.)

Día de los Muertos, Mexikos "Tag der Toten" (am 2.11.) WDR Zeitzeichen 02.11.2023 14:45 Min. Verfügbar bis 02.11.2033 WDR 5

Bunt, laut und vollgestopft mit gutem Essen: So gedenken die Mexikaner der Toten an Allerseelen. Der Día de los Muertos ist eine Mischung aus Jahrtausende alten Traditionen, christlichen Einflüssen - und einem aktuellen James-Bond-Film...

In Deutschland ist der 2. November "Allerseelen". An diesem Tag denken viele im Stillen an ihre verstorbenen Angehörigen. Nicht so in Mexiko: Hier wird der "Tag der Toten", der "Día de los Muertos", mit Musik, Tanz – und üppigen Speisen begangen. Immerhin kehren an diesem Tag –so der traditionelle Glauben – die Seelen der Toten für einige Stunden zurück zu ihren Lieben. ***Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Wiebke Ahrndt, Ethnologin, Altamerikanistin und Direktorin des Übersee-Museums in Bremen. Übersee Museum Bremen: Lebende Tote. Totenkult in Mexiko. Frankfurt/Main, Eichborn, 1986.***Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Daniela Wakonigg, Redaktion: David Rother


Bereits Wochen vor dem 2. November, dem Dia de los Muertos, beginnen in Mexiko jedes Jahr die Vorbereitungen: Totenmasken und Skelette schmücken Häuser und Gärten, in den Bäckereien locken süße Totenschädel. Niemand kann im Oktober in Mexiko dem "Tod entkommen". Schließlich hat jeder einen toten Familienangehörigen oder Freund, deren Seelen am Día de los Muertos aus dem Totenreich zurückkommen – so die Vorstellung der Mexikaner.

Allerdings finden die Seelen der Toten den Weg aus dem Grab in die Häuser ihrer Familien nicht allein. Die Lebenden weisen ihnen den Weg, indem sie Blumen streuen. Im Haus erwarten die Rückkehrer ein reich geschmückter Altar mit üppigen Speisen und viel Alkohol.

Seit 2003 zählt der Día de los Muertos zum UNESCO-Welterbe. Die Feierlichkeiten beginnen bereits am Abend des 31. Oktober, wenn sich Groß und Klein verkleiden und Mariachi-Musik im ganzen Land erklingt. Längst haben sich hier mexikanische Traditionen mit dem US-amerikanischen Halloweenfest vermischt.

Höhepunkt ist der Abend des 2. Novembers: Nachdem zusammen mit den Seelen der Verstorbenen, mit Familie, Nachbarn und Freunden ausgiebig gegessen und gefeiert wurde, werden sie mit Musik wieder zurück zum Friedhof begleitet. Dort können die Seelen dann ruhen – bis zum nächsten "Día de los Muertos".

In diesem Zeitzeichen erzählt Daniela Wakonigg:
  • Warum die Mexikaner den Tod feiern
  • Die Ursprünge des mehrtägigen Totenfestes in Mexiko
  • Wie ein James Bond-Film den "Día de los Muertos" verändert hat
  • Warum die Mexikaner ihren Toten Kuchen und Schnaps servieren

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Wiebke Ahrndt, Ethnologin, Altamerikanistin und Direktorin des Übersee-Museums in Bremen.
  • Übersee Museum Bremen: Lebende Tote. Totenkult in Mexiko. Frankfurt/Main, Eichborn, 1986.
  • Garscha, Karsten: Das Leben, nur eine kurze Reise: Der mexikanische Totenkult. Iberoamericana, 17. Jahrg., No. 2 (50) (1993), S. 16-37. https://www.jstor.org/stable/41671375
  • Einige Kapitel aus dem Geschichtswerk des Fray Bernhardino de Sahagun. Aus dem Aztekischen übersetzt von Eduard Seler. Unveränderter Nachdruck der Originalausgabe von 1927. Outlook Verlag, Frankfurt 2022.

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Autorin: Daniela Wakonigg
Redaktion: David Rother

Forschungsreisender, Entdecker, Chauvinist: Nikolai Prschewalski

Forschungsreisender, Entdecker, Chauvinist: Nikolai Prschewalski WDR Zeitzeichen 01.11.2023 16:04 Min. Verfügbar bis 01.11.2099 WDR 5

Ist das nicht der Mann, der das Prschewalski-Pferd entdeckt hat? Nikolai Prschewalski (gestorben am 01.11.1888) war ein Forschungsreisender, ein Entdecker - aber auch ein Chauvinist.

Als junger Soldat hat Nikolai Prschewalski einen schweren Stand in der russischen Armee. Seine Kameraden sehen ihn als Sonderling, der jede dienstfreie Minute nutzt, um die Natur zu studieren. In einem Herbarium sammelt er akribisch Pflanzen, er verschlingt wissenschaftliche Bücher über Botanik, über Zoologie. Auch Geographie interessiert ihn brennend. Seine Studien zahlen sich aus: Nikolai Prschewalski darf auf Expeditionen gehen und entdeckt in den weitgehend unbekannten Gebieten zahlreiche Säugetiere, Vögel und Pflanzen - darunter die nach ihm benannten Prschewalski-Pferde. Auf seiner letzten Reise in den Himalaya stirbt er am 1.11.1888 mit 49 Jahren.***Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Nikolai M Prschewalski: Reisen in der Mongolei - und den Wüsten Tibets bis zum "blauen See" Kuku-Nor; Edition Erdmann.; Waltraud Zimmermann, Zoologin, Autorin des Buchs "Prschewalski Pferde". ***Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Wolfgang Meyer; Redaktion: Matti Hesse ***


Wann genau Nikolai Prschewalski geboren wird, ist nicht so ganz klar. Fest steht nur, dass es im April 1839 geschieht, wahrscheinlich am 12. oder 13. April. Schon als Kind streift er am liebsten durch die Wälder, die das elterliche Gut in Russland umgeben.

Gleich nach dem Abitur tritt Nikolai mit 16 Jahren in die russische Armee ein. Bei den Kameraden hat er einen schweren Stand. Sie sehen wohl in diesem Nikolai Prschewalski einen Sonderling, der jede dienstfreie Minute nutzt, um die Natur zu studieren. In einem Herbarium sammelt er akribisch Pflanzen, er verschlingt wissenschaftliche Bücher über Botanik, über Zoologie. Auch Geografie interessiert ihn brennend. Schließlich studiert er in St. Petersburg.

Die Vorgesetzten und am Ende sogar der Zar sehen die Talente des jungen Mannes. Im April 1867 darf der 28-jährige Prschewalski zu einer Expedition ins Amur-Gebiet starten. Schon auf seiner ersten Reise entdeckt er zehn neue Säugetierarten, sammelt mehr als dreihundert Vögel, einige hundert Eier und mehr als dreihundert Pflanzenarten in zweitausend Exemplaren. Wissenschaftler verbringen Jahre damit, seine Proben und Präparate zu erforschen und auszuwerten. .

Auf die erste Reise folgen vier weitere. Bei der Expedition durch die Wüste Gobi findet er einen seltsamen Pferdeschädel. Einige Tage danach schenkt ihm ein Jäger das passende Fell dazu. Dem Entdecker ist klar: Das muss ein besonderes Pferd sein. Später wird die Pferdeart als Prschewalski-Pferd bekannt.
Auf seiner fünften großen Reise infiziert sich Nikolai Prschewalski mit Typhus und stirbt 1. November 1888 mit 49 Jahren.

In diesem Zeitzeichen erzählt Wolfgang Meyer:
  • Wieso Prschewalski seine Kameraden bei der Armee als "Gesindel" bezeichnet.
  • Warum sein Traum vom Entdeckerleben Prschewalski für drei Tage in Arrest bringt.
  • Wieso die Wissenschaft zu Unrecht lange davon ausging, dass das Prschewalski-Pferd das letzte urtümliche Wildpferd sei.
  • Wie Prschewalski auch seine letzte Ruhestätte fern der Heimat findet.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Waltraud Zimmermann, Zoologin
  • Nikolai M Prschewalski: Reisen in der Mongolei - und den Wüsten Tibets bis zum "blauen See" Kuku-Nor; Edition Erdmann.
  • N.M. Prschewalski: Auf Schleichwegen nach Tibet. Herausgegeben von Detlef Bennecke, Edition Erdmann (nur antiquarisch)
  • Tomas Micek und Waltraut Zimmermann: Przewalski Pferde. Tecklenborg.2013

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Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autor: Wolfgang Meyer
Redaktion: Matti Hesse
Onlineproducerin: Vera Kettenbach

Studs Terkel und das Geschenk der Unsterblichkeit

Studs Terkel und das Geschenk der Unsterblichkeit WDR Zeitzeichen 31.10.2023 14:16 Min. Verfügbar bis 31.10.2099 WDR 5

Studs Terkel interessiert sich zutiefst für die Menschen, die er interviewt - egal ob Promi oder Kellnerin. Das macht ihn zu einem der profiliertesten Journalisten und Schriftsteller seiner Zeit. Am 31.10.2008 ist er gestorben.

Studs Terkel bezeichnet sich selbst als "Guerilla-Journalisten". In bis dahin nicht gekannter Art und Weise entwickelt er seine besondere Form des Interviews. In den Pionier-Zeiten des Fernsehens ist er einer der ersten, der eine eigene Talkshow bekommt. *** Literaturtipp: Studs Terkel - Working. People Talk about What They Do All Day and How They Feel about What They Do. 1997 *** Autorin: Jana Fischer, Redaktion: David Rother


Studs Terkel kommt in New York zur Welt, seine Eltern sind russisch-jüdische Einwanderer, ein Schneider und eine Näherin. Als er acht ist, zieht die Familie nach Chicago um.
Studs wird überzeugter Linker, was später noch Auswirkungen auf seine Karriere hat. Nach der Schule studiert er erst einmal Jura. Statt in einer Kanzlei schließt er sich mit mäßigem Erfolg einer Theatergruppe an. In den frühen 1930er-Jahren lernt er die Sozialpädagogin Ida Goldberg kennen.

In Sachen Arbeit wiederum findet Terkel durch Zufall seine Berufung, als seine Schauspieltruppe bei einem lokalen Radiosender zu Gast ist. Terkel ist begeistert. Das Radio hat sich gerade als Massenmedium etabliert. Ende der 1940er-Jahre kommt das Fernsehen dazu. Studs Terkel hat bald seine eigene Soap namens "Studs Place".

Aber die Fernsehkarriere ist nicht von Dauer. Die antikommunistische McCarthy-Ära erreicht in den USA ihre Blütezeit. Auch Studs Terkel gerät ins Visier des FBI, der aus seinen linken Ansichten keinen Hehl macht. Terkel landet auf der berüchtigten "Blacklist", die unliebsame Künstlerinnen und Künstler von der Arbeit in Film und Fernsehen ausschließt. Zwangsläufig konzentriert er sich wieder aufs Radio. Auf dem Sender WFMT in Chicago hat er ab 1952 seine eigene Interview-Sendung, "The Studs Terkel Program", die er 45 Jahre lang moderiert.

Mit Mitte Fünfzig beginnt Terkel, Oral History Bücher zu veröffentlichen. Darin dokumentiert er die Berichte von Zeitzeugen. Terkel nennt seine Methoe "Guerilla-Journalismus“. Das erste Buch, "Division Street America" zeichnet ein Panorama der Gesellschaft Chicagos Ende der 1960er-Jahre.

Es folgt ein Buch über die Zeit der großen Depression und 1974 dann Terkels wohl bekanntestes Buch: "Working". Darin spricht Terkel mit Menschen über ihre Arbeit und darüber, was sie ihnen bedeutet - vom Model bis zur Prostituierten.

Studs Terkel arbeitet weiter, veröffentlicht Gesprächssammlungen über Jugend, über den American Dream - mit 73 Jahren gewinnt er den Pulitzer-Preis für "The Good War", eine Sammlung von Protokollen über den zweiten Weltkrieg. Nach dem Tod seiner Frau befasst Terkel sich auch beruflich mit der Vergänglichkeit. Für "Gespräche über Leben und Tod" befragt er Menschen über ihren Blick aufs Sterben. Studs Terkel stirbt am 31. Oktober 2008, mit 96 Jahren. Sein Sohn Dan verabschiedet ihn mit den Worten, mit denen Terkel all seine Radiosendungen beendet hat: "Take it easy, but take it." - Nimm es leicht, aber nimm es!

In diesem Zeitzeichen erzählt Jana Fischer:
  • Wie Studs Terkel unzähligen Menschen ein Stück Unsterblichkeit schenkt.
  • Warum Terkel das Hotel seines Vater als "seine Universität" bezeichnet.
  • Wie Terkel mit dreifachen Martinis versucht, FBI-Agenten milde zu stimmen.
  • Welchen später weltberühmten Folk-Musiker Studs Terkel in seiner Talkshow begrüßt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:

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Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autor: Jana Fischer
Redaktion: David Rother
Onlineproducerin: Vera Kettenbach

Zweimal im Widerstand: Das Leben der Anne Beaumanoir

Zweimal im Widerstand: Das Leben der Anne Beaumanoir WDR Zeitzeichen 30.10.2023 14:38 Min. Verfügbar bis 30.10.2099 WDR 5

Das Leben der Widerstandskämpferin Anne Beaumanoir (geb. am 30.10.1923) - es wäre als Drehbuch in Hollywood eingereicht wohl als "unrealistisch" abgelehnt worden.

Anne Beaumanoir wird am 30.10.1923 in einem kleinen Dorf in der Bretagne geboren. Ihre Eltern sind Linke und erziehen die Tochter in diesem Geist. Anne, die eigentlich Artistin werden will, schließt sich während des Zweiten Weltkriegs dem Widerstand gegen die deutschen Besatzer in Frankreich an. Der Start in ein aufregendes Leben.****** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Gerd Stange, der Übersetzer Anne Beaumoniers Autobiographie ins Deutsche; Anna Tüne, langjährige Berliner Freundin und Autorin; Anne Beaumanoir: "Wir wollten das Leben ändern“; Autobiographie in zwei Bänden; Deutsche Übersetzung: Edition Contra-Bass (2019 und 2022); Übersetzer: Gerd Stange; Anne Weber: "Annette - ein Heldinnenepos"; Matthes & Seitz 2020; Une vie d’Annette - französischer Dokumentarfilm 2018, 52 Minuten.*** Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Thomas Pfaff; Redaktion: Matti Hesse; Technik: Michael Franke; Onlineproducerin: Vera Kettenbach.


Als junge Frau wird Anne Beaumanoir durch die kommunistische Résistance in den Untergrund nach Paris beordert. In einer eigenmächtigen Aktion bewahrt sie 1942 zwei jüdische Jugendliche und einen Säugling vor dem Zugriff der Nazis.

Nach der Befreiung Frankreichs kehrt Anne ins normale Leben zurück. Sie wird Professorin für Neurologie in Marseille und heiratet den Arzt Jo Roger. Mit ihm bekommt sie die Söhne Jean-Henri und Gilles. Trotz des großbürgerlichen Lebens bleibt Anne immer in linksintellektuellen Kreisen, distanziert sich jedoch mehr und mehr von der kommunistischen Partei.

Während eines Urlaubs in Französisch-Algerien wird Anne Beaumanoir damit konfrontiert, dass die französische Kolonialmacht systematisch Folter gegen die algerische Befreiungsbewegung FLN einsetzt – zum Teil mit den gleichen Methoden wie Gestapo und SS. Für Anne Beaumanoir ist das unerträglich. Sie geht ein zweites Mal in den Widerstand und beteiligt sich in Frankreich an der Unterstützung der FLN. 1959 wird sie verraten und kommt in Untersuchungshaft.

Anne Beaumanoir, inzwischen Mitte 30, ist zum dritten Mal schwanger. Weil sie Komplikationen vortäuscht, darf sie für die Geburt und die ersten Wochen ihrer Tochter Myriam nach Hause – in den Hausarrest, während der Prozess gegen sie läuft. Drei Tage vor ihrer Verurteilung zu zehn Jahren Gefängnis flieht sie in die Schweiz. Ihre Tochter Myriam wird sie nicht aufwachsen sehen.

Als die Franzosen 1962 Algerien aufgeben müssen, engagiert sich Anne Beaumanoir für den neuen Staat. Aber auch das ist nicht von Dauer. Im Juni 1965 putscht die Armee. Sie muss wieder untertauchen und geht in die Schweiz. Erst in den 1980er-Jahren gibt es für sie eine Amnestie. Nach ihrer Pensionierung geht sie zurück nach Frankreich. Für die Rettung der jüdischen Jugendlichen Simone und Daniel erklärt die israelische Gedenkstätte Yad Vashem Anne Beaumanoir und ihre Eltern zu "Gerechten unter den Völkern".

In diesem Zeitzeichen erzählt Thomas Pfaff:
  • Wie Anne Beaumanoir ihre jugendliche Unbeschwertheit im Widerstand zugutekommt.
  • Dass romantische Beziehungen innerhalb der Résistance tabu sind.
  • Wer "Roland" ist, der eigentlich Rainer heißt.
  • Dass Anne Beaumanoir in ihren letzten 30 Lebensjahren elfjährige Philosophen kennenlernt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Gerd Stange, der Übersetzer Anne Anne Beaumanoirs Autobiographie ins Deutsche.
  • Anna Tüne, langjährige Berliner Freundin und Autorin.
  • Anne Beaumanoir: "Wir wollten das Leben ändern"; Autobiographie in zwei Bänden; Deutsche Übersetzung: Edition Contra-Bass (2019 und 2022); Übersetzer: Gerd Stange.
  • Anne Weber: "Annette - ein Heldinnenepos"; Matthes & Seitz 2020.
  • Une vie d’Annette - französischer Dokumentarfilm 2018, 52 Minuten

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Autor: Thomas Pfaff
Redaktion: Matti Hesse
Technik: Michael Franke
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100 Jahre Radio: Erste deutsche Rundfunksendung am 29.10.1923

100 Jahre Radio: Erste deutsche Rundfunksendung am 29.10.1923 WDR Zeitzeichen 29.10.2023 14:43 Min. Verfügbar bis 29.10.2099 WDR 5

Die erste deutsche Radiosendung hatte keinen einzigen offiziellen Hörer. Rundfunkgebühren für ein Jahr: 350 Milliarden Mark. In den 100 Jahren danach ist viel passiert.

Oft totgesagt, aber immer noch ziemlich lebendig: Das Radio. Am 29. Oktober 1923 geht die erste offizielle deutsche Rundfunksendung an den Start. Das neue Medium soll unpolitisch, unterhaltend aber auch belehrend sein. Das gelingt nicht immer, trotzdem wird das Radio ein voller Erfolg. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen: Konrad Dussel - "Deutsche Rundfunkgeschichte" (2022); Diemuth Roether, Mitherausgeberin des Sammelbandes "100 Jahre Radio in Deutschland" *** Die Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Peter Zudeick; Redaktion: David Rother


"Achtung, Achtung. Hier ist die Sendestelle Berlin im Vox-Haus, auf Welle 400 Meter." Mit diesen Worten schaltet der erste offizielle deutsche Radiosender in Berlin am 29. Oktober 1923 auf regelmäßigen Sendebetrieb. Die Anfänge sind noch sehr provisorisch: Das "Studio" ist eine sieben Quadratmeter kleine Dachkammer, Wände und Decken sind notdürftig mit Krepp-Papier und schweren Vorhängen abgehängt.

Dennoch ist es ein historischer Moment: Durch die Premiere der "Funk-Stunde" wird das Radio nun auch in Deutschland einer breiten Öffentlichkeit zugänglich. Zumindest theoretisch. Denn die Nutzung des neuen Mediums ist "genehmigungspflichtig". Und eine Genehmigung hat an diesem 29. Oktober noch niemand. Die erste Lizenz erhält zwei Tage später der Berliner Zigarrenhändler Wilhelm Kollhoff. Der Preis: 350 Milliarden Mark - für ein Jahr Radiohören. Hinzu kommen noch die Kosten für den Empfänger.

Schon in den Anfangszeiten bietet das Radio seinen Hörern ein vielfältiges Programm, das sowohl unterhalten als auch belehren soll. So nimmt die Beliebtheit des Mediums in Deutschland schnell zu. Zahlen Anfang Dezember 1923 gerade einmal 476 Teilnehmer eine Rundfunkgebühr, sind es zwei Jahre später schon mehr als eine Million Menschen. Auch die Zahl der Sender wächst stetig.

Zur bewegten Geschichte des Radios gehören auch düstere Kapitel, insbesondere während der Zeit des Dritten Reichs, als es von den Nationalsozialisten als Propagandainstrument genutzt wird. Gleichzeitig ist das Radio aber auch bei schönen Ereignissen hautnah dabei - etwa als das Grundgesetz verabschiedet wird oder 1989 die Mauer fällt.

In diesem Zeitzeichen erzählt Peter Zudeick:
  • Dass andere Länder das Radio schon als Deutschland für sich entdecken
  • Warum Krieg und Militär in der Geschichte des Mediums eine große Rolle spielen
  • Warum es auch vor der offiziellen Geburtsstunde verschiedene Radiosendungen gab
  • Wie es dem Radio heute in Zeiten großer Konkurenz von Fernsehen und Internet ergeht

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Konrad Dussel - "Deutsche Rundfunkgeschichte" (2022)
  • Diemuth Roether, Mitherausgeberin des Sammelbandes "100 Jahre Radio in Deutschland"

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Autor: Peter Zudeick
Redaktion: David Rother

Vom speziellen Reiz der Selbstmontage: das erste IKEA-Kaufhaus

Vom speziellen Reiz der Selbstmontage: das erste IKEA-Kaufhaus WDR Zeitzeichen 28.10.2023 14:44 Min. Verfügbar bis 28.10.2099 WDR 5

In der schwedischen Kleinstadt Älmhut eröffnet Ingvar Kamprad am 28.10.1958 ein Möbelhaus für Do-it-yourself-Kunden. Seine Idee entwickelt sich zum Welterfolg.

IKEA schafft es mit seinem Konzept, das Leben und die Wohnkultur vieler Menschen nachhaltig zu beeinflussen. Heute findet sich kaum ein europäischer Haushalt, in dem kein BILLY-Regal, PAX-Schrank oder MALM-Bett steht. Dabei sind die Anfänge von IKEA ganz bescheiden: ein kleiner Krimskrams-Laden in einem beschaulichen schwedischen Dorf. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen: Nils Jockel, Autor und vormaliger Kurator am "Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg"; IKEA-Museum/Älmhult *** Die Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Steffi Tenhaven; Redaktion: Christoph Tiegel, Gesa Rünker


Die Abkürzung IKEA ist ein Akronym und setzt sich zusammen aus den Anfangsbuchstaben des Unternehmensgründers Ingvar Kamprad und dem elterlichen Bauernhof Elmtaryt, der im kleinen schwedischen Ort Agunnaryd liegt. Hier bastelt Kamprad früh an seinem Lebenswerk. Schon als Teenager verkauft und vertreibt er in den 1940er-Jahren Krimskrams wie Bleistifte, Streichhölzer oder Wäscheklammern. Kamprad bietet die Artikel zu Niedrigpreisen an und lässt seine Pakete mit dem Gemeinde-Milchwagen ausliefern.

Der Handel floriert und weitet sich bald auf Möbel aus. Weil die nicht mehr in die Milchwagen passen, macht Kamprad Filialen auf, in denen man die Waren selbst abholen kann. Die erste eröffnet am 28. Oktober 1958 in der schwedischen Kleinstadt Älmhult. Es folgen Möbelhäuser in Norwegen und Dänemark. Mitte der 1970er-Jahre erobern die Schweden auch die Bundesrepublik.

Heute ist Deutschland mit 54 Einrichtungshäusern und fast 20.000 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der umsatzstärkste Markt - noch vor den USA, Frankreich und Großbritannien. Und IKEA expandiert weiter. Hierfür folgt und setzt das Unternehmen Trends. Was bleibt aber ist ein Wohndesign für die ganze Familie - freundlich und flexibel, mit einer Prise Pippi Langstrumpf im Furnier und Sympathie für wohldosiertes Chaos.

In diesem Zeitzeichen erzählt Steffi Tenhaven:
  • Welches das bekannteste und meistverkaufte Möbelstück von IKEA ist
  • Von kleinen und großen Alltagshelfern mit lustigen schwedischen Namen
  • Was den IKEA-Katalog zu einem echten Marketing-Coup gemacht hat
  • Wie IKEA sich dem Thema Nachhaltigkeit stellt

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:

Weiterführende Links:

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Die Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autorin: Steffi Tenhaven
Redaktion: Christoph Tiegel und Gesa Rünker
Technik: Christina Gabriel

Mehr als blonde Pin-Up-Girls: Pop-Art-Legende Roy Lichtenstein

Mehr als blonde Pin-Up-Girls: Pop-Art-Legende Roy Lichtenstein WDR Zeitzeichen 27.10.2023 14:44 Min. Verfügbar bis 27.10.2099 WDR 5

Werbung, Konsum und Comics: Vor einhundert Jahren wurde Roy Lichtenstein geboren (am 27.10.1923). Er gehört mit Andy Warhol zu den Vätern der Pop Art.

Roy Lichtenstein wird am 27. Oktober 1923 in New York geboren. Er ist neben Andy Warhol und Claes Oldenburg einer der berühmtesten Vertreter der Popart. Schon früh interessiert sich Lichtenstein fürs Zeichnen. Inspiriert von Comic erfindet 1961die Malerei neu - unterstützt von Mickey Mouse und Donald Duck.*** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Klaus Albrecht Schröder, Direktor Albertina-Museum Wien Dort wird ab dem 8. März 2024 die Roy Lichtenstein Retrospektive A Centennial Exhibition zu sehen sein; Janis Hendrickson "Roy Lichtenstein. Die Ironie des Banalen", Köln 1994.***Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Andrea Klasen; Redaktion: Matti Hesse und Christoph Tiegel; Technik: Sascha Schiemann; Onlineproducerin: Vera Kettenbach. Weiterführende Links: Zeitzeichen - 22.02.1987: Andy Warhol stirbt in New York.



Normalerweise lernt man an der Kunsthochschule: Kopieren ist schlecht. Roy Lichtenstein hat da eine andere Idee: Er erweitert bestehende Werke, vergrößert sie. Auch wenn sie den Originalen noch ähnlich sehen, sind sie anders. Das gefällt Lichtenstein.

Mit zwanzig Jahren wird Roy Lichtenstein zum Militärdienst eingezogen. Zwischen 1943 und 1945 dient er als Soldat in England, Frankreich, Belgien und Deutschland. Nach dem Krieg bleibt er eine Weile in Europa, setzt sein Studium in Paris fort, beschäftigt sich mit den französischen Malern und sehr intensiv mit seinem großen Vorbild Pablo Picasso. Er versucht sogar, Picasso in Paris persönlich kennenzulernen. Er geht zu seinem Atelier, wagt aber dann nicht anzuklopfen. Wäre übrigens auch vergeblich gewesen, Picasso war zu dem Zeitpunkt in Südfrankreich.

Als sich nach dem Zweiten Weltkrieg immer mehr Amerikaner etwas leisten können und die Werbung den Wunsch nach Wohlstand verstärkt, parodiert Roy Lichtenstein die Sehnsüchte der Menschen, die unentwegt ihren Lebensstandard verbessern wollen. Er malt Waschmaschinen, Fritteusen, dampfende Kaffeetassen, Dollarscheine. Er lässt banalen Konsum mit Kunst verschmelzen.

So radikal Roy Lichtenstein die Kunst auch verändert hat, ein rebellisches und exzessives Leben wie sein Weggefährte Andy Warhol hat er nicht geführt.

Auch der Kunsthistoriker und Leiter des Albertina Museums in Wien, Klaus Albrecht Schröder, ist überrascht von Roy Lichtensteins sanfter Art, als er ihm 1992 das erste Mal persönlich begegnet. "Und dann tritt mir dieser Mann entgegen, mit einer Freundlichkeit und Stille und Ruhe, die zu diesem Gewaltakt 'Und jetzt mache ich etwas, das die Welt vor mir noch nicht gesehen hat' gar nicht recht passen wollte."

Roy Lichtenstein stirbt im September 1997 mit 74 Jahren in seiner Heimatstadt New York. Seine Bilder hängen in den wichtigsten Museen der Welt und versprühen noch immer den Geist der wilden 1960er-Jahre in New York, als Werbung, Konsum und Comics die großen Künstler inspirierten.


In diesem Zeitzeichen erzählt Andrea Klasen:
  • Welche Rolle traurig-schöne Blondinen in Lichtensteins Kunst spielen.
  • Wie Flash Gordon und andere Comic-Helden in die Pop Art gelangen.
  • Wie Roy Lichtenstein dank Mickey Mouse und Donald Duck die Malerei neu erfindet.
  • Dass die Größe manchmal doch Bedeutung haben kann.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Klaus Albrecht Schröder, Direktor Albertina-Museum Wien Dort wird ab dem 8. März 2024 die Roy Lichtenstein Retrospektive A Centennial Exhibition zu sehen sein.
  • Janis Hendrickson "Roy Lichtenstein. Die Ironie des Banalen", Köln 1994.

Weiterführende Links:
Zeitzeichen - 22.02.1987: Andy Warhol stirbt in New York.

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Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autorin: Andrea Klasen
Redaktion: Matti Hesse und Christoph Tiegel
Technik: Sascha Schiemann
Onlineproducerin: Vera Kettenbach


Revolutionär der Landwirtschaft: Albrecht Thaer (+ 26.10.1828)

Revolutionär der Landwirtschaft: Albrecht Thaer (+ 26.10.1828) WDR Zeitzeichen 26.10.2023 14:43 Min. Verfügbar bis 26.10.2099 WDR 5

Genug zu essen? Im Westeuropa des 18. Jahrhunderts ist das keine Selbstverständlichkeit - bis ein Herr Thaer aus Celle als erster Landwirtschaft zur Wissenschaft macht.

Albrecht Daniel Thaer, Begründer der rationellen Landwirtschaft, wird am 14.05.1752 als Sohn eines Arztes in Celle geboren. Er studiert Medizin in Göttingen und lässt sich dann als Arzt in Celle nieder. Die Arztpraxis gibt er jedoch bald auf, um sich hauptsächlich mit dem Studium der Tier- und Pflanzenwelt zu beschäftigen. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Professor Dr. Bernward Märländer (Universität Göttingen); Karin Sohnemann (Stadtführerin in Celle); Rainer Fabel (Direktor Albrecht-Thaer-Gesellschaft); Jürgen Mente (Landwirt in Bergen); Claudia Hermann (Leiterin Albrecht-Thaer-Schule, Celle) *** Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Kay Bandermann; Redaktion: David Rother und Christoph Tiegel; Technik: Nico Söllner; Onlineproducerin: Vera Kettenbach.


Albrecht Daniel Thaer gilt als der Erste, der die Landwirtschaft in Mitteleuropa auf wissenschaftlicher Basis voranbringt. Er befasst sich mit der Vermehrung und Verbesserung unserer Ernährung. Trotzdem ist Albrecht Thaer heute kaum noch bekannt.
Als Jugendlicher ist Thaer ein Unangepasster. Aber er kriegt noch einmal die Kurve, macht das Abitur mit 17 und studiert Medizin in Göttingen. Zurück in seiner Geburtsstadt Celle ist er rasch ein guter und beliebter Arzt. Er wird sogar Leibmediziner des hannoverschen Königs Georg, der seinerzeit auch englischer König ist. Schon jetzt wird deutlich, dass Thaer die herkömmliche Medizin nicht ausreicht, um den Lebensumständen der Menschen gerecht zu werden.
Für Thaer gehören Gesundheit und Ernährung zusammen. Und die ist im beginnenden 19. Jahrhunderts keineswegs überall gesichert. Hungersnöte sind immer wieder an der Tagesordnung – und das liegt nicht allein am Wetter. Die Bauern arbeiten traditionell "aus dem Bauch" heraus. Nicht systematisch oder gar "experimentell".

Bald wird die nationale und internationale Fachwelt auf Thaer aufmerksam - auch dank seines umfangreichen Schrifttums und einer von ihm gegründeten Landwirtschaftsschule. In Celle dagegen fühlt er sich eingeschränkt. Weil er kein Adliger ist, darf er keine weiteren Ländereien für noch größere Feldexperimente kaufen.
Thaer zieht mit seiner Familie und 23 Angestellten auf ein altes Rittergut nahe der heutigen Grenze zu Polen. In Celle war aus der Experimentalwirtschaft eine Modellwirtschaft geworden, beschreibt Theodor Fontane Thaers Entwicklung. In Möglin machte er aus der Modell-, eine Musterwirtschaft.
Fast ein Vierteljahrhundert lehrt, forscht und arbeitet Thaer unter preußischer Fahne. Am 26. Oktober 1828 stirbt er in Möglin und wird dort auch beigesetzt.

In diesem Zeitzeichen erzählt Kay Bandermann:
  • Wie Albrecht Thaer erkennt, dass er keinesfalls als Chirurg arbeiten möchte.
  • Mit welchen Neuerungen Thaer die sandigen Böden Niedersachsens produktiver macht.
  • Welcher König geradezu euphorisch darauf reagiert, dass Thaer und Anhang sich in seinen Staaten niederlassen.
  • Welche Schafrasse Albrecht Thaer von Nordspanien nach Brandenburg importiert.
  • Dass Umweltschützer und Klimaaktivstinnen die Rationalisierung der Landwirtschaft heute kritisch sehen.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Professor Dr. Bernward Märländer (Universität Göttingen)
  • Karin Sohnemann (Stadtführerin in Celle)
  • Rainer Fabel (Direktor Albrecht-Thaer-Gesellschaft)
  • Jürgen Mente (Landwirt in Bergen) Claudia Hermann (Leiterin Albrecht-Thaer-Schule, Celle)

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Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autor: Kay Bandermann
Redaktion: David Rother und Christoph Tiegel
Onlineproducerin: Vera Kettenbach

Er komponiert die Oper "Carmen": Georges Bizet

Er komponiert die Oper "Carmen": Georges Bizet WDR Zeitzeichen 25.10.2023 14:59 Min. Verfügbar bis 25.10.2099 WDR 5

Der französische Komponist Georges Bizet, geboren am 25.10.1838, schreibt seinen größten Erfolg kurz vor seinem Tod: Die Melodien der Oper "Carmen" sind Ohrwürmer.

Der französische Komponist Georges Bizet schafft kurz vor seinem Lebensende mit der Oper Carmen einen der größten Erfolge der Operngeschichte. Bis dahin ist es aber ein langer und schwerer Weg, auf dem Bizet viele Auftragsarbeiten erledigen muss, die seine Kreativität einschränken. Erst kurz vor seinem Tod gelingt ihm mit der Oper "Carmen" der große Wurf. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Jorge Chaminé Bariton (Initiator und Direktor des Europäischen Musikzentrums CEM, Künstlerischer Direktor des Musikfestivals Bougival); Ute Blumeyer (Direktorin des Brahmshauses Baden-Baden-Lichtental)*** Die Macherinnen hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Sabine Mann; Redaktion: Gesa Rünker


Wirklich glücklich ist der französische Komponist Georges Bizet wohl selten. So schreibt er einem Freund Edmond Galabert: "Ich bin buchstäblich erschöpft […] mein Leben hat nichts Angenehmes […] gerade habe ich das vierhändige Arrangement von 'Hamlet' fertig. Was für eine Fronarbeit!"
Ein dreijähriges Stipendium in der prächtigen Villa Medici in Rom hat er sich anders vorgestellt. Eigentlich möchte er dort unbeschwert von materiellen Sorgen als Träger des Rom-Preises nur ab und zu mal eine Kreation nach Hause schicken und freut sich auf eine steile Karriere nach seiner Rückkehr nach Frankreich.
Aber daraus wird erstmal nichts. Von früh bis spät muss der junge Paris-Heimkehrer stattdessen sein Dasein mit mühsamen Transpositionen, Umschreibungen von Opernpartituren für einzelne Instrumente, Orchestrierungen, ja sogar Klavierunterricht fristen.
Seinen größten Erfolg landet Bizet erst kurz vor seinem Tod. Die Uraufführung seiner Oper "Carmen" am 3. März 1875 in der Opéra-Comique wird allerdings eher ablehnend aufgenommen. Bald darauf wird Carmen jedoch zu einem der größten Erfolge der Operngeschichte. Auch heute noch gehört Carmen zu den beliebtesten und meist aufgeführten Werken des Opernrepertoires. Die berühmte "Habañera" entwickelt sich zum Ohrwurm, den auch heute noch wohl fast jeder mitsummen kann.


In diesem Zeitzeichen erzählt Sabine Mann:
  • Warum der Bariton Jorge Chaminé in Bizet "einen Heiligen" sieht.
  • Wie Bizet sich für die ungeliebte Orchestrierung eines Walzers rächt.
  • Welcher deutsche Komponist den jungen Franzosen Bizet inspirierte.
  • Warum die Geschichte von Carmen und Don José eigentlich nicht normal ist.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Jorge Chaminé Bariton (Initiator und Direktor des Europäischen Musikzentrums CEM, Künstlerischer Direktor des Musikfestivals Bougival)
  • Ute Blumeyer (Direktorin des Brahmshauses Baden-Baden-Lichtental)

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Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autorin: Sabine Mann
Redaktion: Gesa Rünker
Technik: Thomas Bleul
Onlineproducerin: Vera Kettenbach

In Münster wird der Westfälische Frieden verkündet (24.10.1648)

In Münster wird der Westfälische Frieden verkündet (24.10.1648) WDR Zeitzeichen 24.10.2023 14:28 Min. Verfügbar bis 24.10.2099 WDR 5

Der Dreißigjährige Krieg verwüstete weite Teile Europas und brachte unendliches Leid. Erst mit dem Westfälischen Frieden von 1648 gelang es, einen Frieden auszuhandeln.

Die Größe des Friedenskongresses ist enorm: 109 verschiedene Interessenvertreter wollen den Dreißigjährigen Krieg endlich beenden. In Münster und Osnabrück verhandeln die katholisch und die protestantisch geprägten Parteien getrennt. Nach fünf Jahren ist es soweit: Am 24. Oktober wird in Münster der Westfälische Frieden verkündet.*** Das sind unsere wichtigsten Interviewpartner: Volker Arnke (Historiker aus Osnabrück), Siegrid Westphal (Geschichte der frühen Neuzeit, Universität Osnabrück) *** Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Martina Meißner, Redaktion: Christoph Tiegel und Matti Hesse


Drei Jahrzehnte lang ziehen mordende und plündernde Soldatenheere quer durch Europa. Dann sollen Verhandlungen in Münster und Osnabrück endlich einen der schlimmsten Kriege der Menschheitsgeschichte beenden. Am Westfälischen Friedenskongress nehmen 109 Gesandtschaften teil. Sie vertreten eine ungeheure Fülle an Akteuren: 16 europäische Staaten, 140 Reichsstände, also deutsche Fürsten und Städte und 38 weitere Mächte.
Der Kongress ist nach Konfessionen aufgeteilt: Die katholisch geprägten Gesandtschaften sind in Münster stationiert, während sich in Osnabrück die eher protestantisch geprägten Gesandtschaften aufhalten. Fünf Jahre dauert es, bis der Frieden endlich ausgehandelt ist. In Osnabrück kommt es am 6. August 1648 zum Handschlag - einem der wichtigsten Durchbrüche des Kongresses.
Am 24. Oktober 1648 wird in Münster der Westfälische Frieden schließlich beschlossen und verkündet. Doch man traut ihm noch nicht. Die meisten Friedensveranstaltungen finden erst nach 1649/50 statt - nachdem in Nürnberg die Umsetzung des Friedensvertrages im Detail geregelt worden ist.

In diesem Zeitzeichen erzählt Martina Meißner:

  • Wie es zum Dreißigjährigen Krieg kommt.
  • Welche Rolle die Religion bei den Konflikten im 17. Jahrhundert spielt.
  • An welchem Ort bereits kurz nach Beginn des Krieges ein Friedenskongress stattfinden soll.
  • Welche Länder und Interessenvertreter im einzelnen miteinander verhandeln.
  • Wie eine verschlüsselte Depesche des Kaisers am Ende für Aufregung sorgt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:

  • Volker Arnke (Historiker aus Osnabrück)
  • Siegrid Westphal (Geschichte der frühen Neuzeit, Universität Osnabrück)
  • Volker Arnke, Siegrid Westphal (Hrsg.): Der schwierige Weg zum Westfälischen Frieden. Wendepunkte, Friedensversuche und die Rolle der "Dritten Partei". De Gruyter Oldenbourg, Berlin/Boston 2021

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Autorin: Martina Meißner
Redaktion: Christoph Tiegel und Matti Hesse
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"Chinas letzte Kaiserin" Song Meiling (Todestag, 23.10.2003)

"Chinas letzte Kaiserin" Song Meiling (Todestag, 23.10.2003) WDR Zeitzeichen 23.10.2023 14:45 Min. Verfügbar bis 23.10.2099 WDR 5

Als Chinas ehemalige First Lady Song Meiling mit 106 Jahren stirbt, ist sie eine prägende Gestalt des 20. Jahrhunderts - klug, einflussreich, geliebt und gehasst.

Sie liebt die Macht: Als Frau von Chiang Kai-shek, dem Führer der chinesischen Nationalisten, agiert sie praktisch als Außenministerin. Sie spricht Englisch - im Unterschied zu ihrem Mann. Deshalb bestimmt sie die Politik Chinas in den 1930er- und 1940er-Jahren wesentlich mit. Darüber freuen sich nicht alle. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Nele Nösselt (Sinologin, Universität Duisburg-Essen) *** Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Andrea Kath, Redaktion: Matti Hesse


Song Meiling ist ab den 1920er-Jahren mit Chiang Kai-shek verheiratet, dem Führer der Nationalisten in China. Sie hat in den USA studiert und wird praktisch seine Außenministerin - denn ihr Mann spricht kein Englisch. Sie übersetzt für Chiang Kai-shek bei internationalen Konferenzen, sitzt mit Churchill und Roosevelt an einem Tisch.
So bestimmt sie die Politik Chinas in den 1930er- und 1940er-Jahren aus der zweiten Reihe heraus. Sie liebt die Macht, ist für ihre spitze Zunge bekannt und pflegt einen luxuriösen Lebensstil. Damit macht sie sich nicht nur Freunde.
Als in China 1949 die Kommunisten unter Mao siegen, flüchtet Song Meiling gemeinsam mit ihrem Mann auf die Insel Taiwan. Auch dort mischt Madame Chiang Kai-shek aktiv in der Politik mit. Sie stirbt am 23. Oktober 2003 in New York mit 106 Jahren.

In diesem Zeitzeichen erzählt Andrea Kath:
  • Aus welcher gesellschaftlichen Schicht Song Meiling stammt.
  • Warum sie bis zu ihrem Tod eine besondere Beziehung zu den USA hat.
  • Welchen Titel Ernest Hemingway sich für Song Meiling ausgedacht hat.
  • Welcher Ausspruch der Chinesin zum geflügelten Wort wird.
  • Welcher prominente Politiker nach ihrem Tod ein Kondolenzschreiben an ihre Familie schickt.
Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Nele Nösselt (Sinologin, Universität Duisburg-Essen)
  • Heiferman, Ronald Ian (2011): The Cairo Conference of 1943. Roosevelt, Churchill, Chiang Kai -shek and Madame Chiang.
  • Pakula, Hannah (2010): Madame Chiang Kai-shek and the birth of modern China.
  • Paquet, Philippe (2010): Madame Chiang Kai-shek – Un siècle d’histoire de la Chine.
  • Tyson-Li, Laura (2006): Madame Chiang Kai-shek.

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Autorin: Andrea Kath
Redaktion: Matti Hesse
Technik: Sarah Fitzek

Cello-Virtuose mit politischer Haltung: Pablo Casals

Cello-Virtuose mit politischer Haltung: Pablo Casals WDR Zeitzeichen 22.10.2023 15:14 Min. Verfügbar bis 22.10.2099 WDR 5

Pablo Casals revolutioniert das Cellospiel und engagiert sich als Künstler gegen den Faschismus. Am 22.10.1973 stirbt der Spanier in San Juan de Puerto Rico.

"Wir müssen uns für das Gute einsetzen, unsere Stimme erheben." Für Pablo Casals ist klar, dass er sich im Spanischen Bürgerkrieg als Künstler gegen die Faschisten stellt. Nach Francos Sieg flieht Casals nach Frankreich und gründet dort sein eigenes Festival. *** Das sind unsere Interviewpartner: Raimund Trenkler (Kronberg Academy), Alban Gerhardt (Cellist) *** Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Michael Struck-Schloen, Redaktion: Gesa Rünker


Spanischer Bürgerkrieg, 1938: Der katalanische Cellist Pablo Casals steht auf der Seite der Demokratie. Die Faschisten erklären ihn zum Staatsfeind und drohen, ihm seine Musikerarme abzuhacken, falls er in ihre Hände fiele. Aber Casals lässt sich nicht beirren. Kurz vor der Einnahme von Barcelona durch Francos Truppen gibt er ein Konzert vor Soldaten und Regierungsmitgliedern der Republik.
In der Pause wendet sich Casals im Radio an die demokratischen Nationen: "Wenn Sie es zulassen, dass Hitler in Spanien siegt, werden Sie die nächsten sein, die seinem Wahnsinn zum Opfer fallen. Kommen Sie unserem Volk zu Hilfe!" Doch die Putschisten um Franco siegen. Casals geht ins Exil nach Frankreich. Dort gründet er 1950 in Prades sein eigenes Festival.
Der Cellovirtuose komponiert auch eigene Werke und gilt als einer der größten Musiker der 20. Jahrhunderts. Er spielt im Weißen Haus und gibt gefeierte Konzerte auf der ganzen Welt.
Beim von ihm initiierten Musikfestival taucht einmal eine junge Frau auf, die später seine Schülerin und seine dritte Ehefrau wird: Marta Montañez. Sie ist 61 Jahre jünger als der Musiker und erinnert ihn an seine Mutter, die im selben Haus in Puerto Rico aufgewachsen ist. Mit Marta zieht Casals auf die Karibik-Insel. Noch im Alter von über 90 Jahren übt Casals täglich mehrere Stunden Cello. Nach dem Grund gefragt, antwortet er: "Ich habe den Eindruck, Fortschritte zu machen." Am 22. Oktober 1973 stirbt Pablo Casals in San Juan de Puerto Rico.

In diesem Zeitzeichen erzählt Michael Struck-Schloen:
  • Vor welchen Prominenten Pablo Casals nach seinem Durchbruch auftritt.
  • Wie er nach dem Ersten Weltkrieg Konzerte für Arbeiter gibt.
  • Welches Elend Casals nach seiner Flucht nach Frankreich erlebt.
  • Weshalb er als erster von den Vereinten Nationen mit der Friedensmedaille ausgezeichnet wird.
  • Welches die persönliche Hymne von Pablo Casals ist.
Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Raimund Trenkler (Kronberg Academy)
  • Alban Gerhardt (Cellist)
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Autor: Michael Struck-Schloen
Redaktion: Gesa Rünker
Technik: Thomas Bleul

Separatisten rufen in Aachen die "Rheinische Republik" aus

Separatisten rufen in Aachen die "Rheinische Republik" aus WDR Zeitzeichen 21.10.2023 14:45 Min. Verfügbar bis 21.10.2099 WDR 5

"Los von Berlin!" So lautet die Parole der Separatisten, die am 21.10.1923 in Aachen die rot-weiß-grüne Fahne hissen und einen rheinischen Staat errichten wollen.

Die Weimarer Republik wackelt: galoppierende Inflation, Hunger und Elend, Streiks und Aufstände. Franzosen und Belgier besetzen das Ruhrgebiet, es gibt hunderte Tote. Das Wort von der „Versackungspolitik“ macht die Runde. Die Gelegenheit scheint günstig - für radikale Kräfte, die sich sogar eine Trennung von Deutschland vorstellen können. ***Das sind unsere wichtigsten Interviewpartner: Martin Schlemmer, Historiker im Landesarchiv NRW Duisburg, Autor „Los von Berlin!“; Thomas Müller, Historiker und Politologe, Stadtarchiv Aachen *** Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Martin Herzog, Redaktion: Gesa Rünker


Der Putsch erfolgt am Sonntagmorgen um 4 Uhr. Rund 2.000 bewaffnete Separatisten stürmen das Aachener Rathaus, ein Regierungsgebäude, die Post und die Reichsbank. Anschließend hissen sie auf allen Gebäuden die grün-weiß-rote Flagge der sogenannten Rheinischen Republik.

Hyper-Inflation, Hunger und Armut, die Ruhrbesetzung durch die Alliierten und Putschversuche von Links wie Rechts haben der jungen Weimarer Republik bereits schwer zugesetzt in diesem Krisenjahr 1923. In Aachen hat die angespannte Lage bereits zu Plünderungen und Hungerrevolten geführt. Und jetzt kommen die Revoluzzer vom Rhein.

Nach dem ersten Weltkrieg und dem Ende der Hohenzollern-Monarchie hat es immer wieder Versuche gegeben, einen unabhängigen Rheinstaat zu gründen. Die Bevölkerung stellt sich die Frage: Was wird eigentlich aus uns, wenn das Rheinland tatsächlich französisch wird? Oder eine Art "Pufferstaat" zwischen Frankreich und Deutschland?

Schon am 1. Juni 1919 ruft der Separatist Hans Adam Dorten in Wiesbaden die „Rheinische Republik“ aus. Sie soll das Rheinland, Altnassau, Rheinhessen und die Rheinpfalz umfassen. Dieser Putsch scheitert bereits nach nur sieben Tagen, weil nur wenig ihn unterstützen. Eine Weile wird es still um die Separatisten. Bis zum Krisenjahr 1923.

In der Nacht zum 21. Oktober besetzen die Separatisten die wichtigsten Verwaltungsgebäude in Aachen. Der Putsch weitet sich auf weitere Städte aus: Bonn, Duisburg, Mönchengladbach. Am 2. November 1923 kommt es in Aachen zu einem stundenlangen Feuergefecht zwischen Separatisten und Verteidigern der preußischen Ordnung.
Die belgische Besatzungsmacht beendet den Putsch. Sie gewährt den Milizionären freien Abzug und übergibt die Gebäude an die rechtmäßige Regierung. Kurz darauf ist der Spuk auch in den übrigen Regionen des Rheinlandes vorbei.

In diesem Zeitzeichen erzählt Martin Herzog:
  • Wie das Rheinland nach 1918 in Aufruhr geriet
  • Welche Sprengkraft die "Pufferstaat"-Idee entwickelte
  • Von ungeliebten "Preußenfreunden" und "Französlingen"
  • Warum die Rheinische Republik sich nicht durchsetzte
  • Welche Wurzeln des Bundeslands Nordrhein-Westfalen mit dem Separatismus von damals zu tun haben

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Martin Schlemmer, Historiker im Landesarchiv NRW Duisburg
  • Thomas Müller, Historiker und Politologe, Stadtarchiv Aachen
  • Martin Schlemmer: „Los von Berlin“. Die Rheinstaatbestrebungen nach dem Ersten Weltkrieg. Böhlau Verlag. Köln Weimar Wien 2007.
  • Thomas Müller, René Rohrkamp (Hrsg.): Der Aachener Putsch rheinischer Separatisten 1923. Aus den Quellen des Stadtarchivs Aachen. Band 6 (noch unveröffentlicht)

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Autor: Martin Herzog
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Ein preußischer Jude: Isaac Löwensteins Tagebuch

Ein preußischer Jude: Isaac Löwensteins Tagebuch WDR Zeitzeichen 20.10.2023 14:55 Min. Verfügbar bis 20.10.2099 WDR 5

Isaac Löwenstein ist ein gläubiger Jude, der seinen preußischen König verehrt. Am 20.10.1823 schreibt er bei Gütersloh den letzten Eintrag in sein Militär-Tagebuch.

Isaac Löwenstein gehört zur ersten Generation von Juden in Preußen, die nach und nach gleichberechtigt wurden: zu jüdischen Preußen. Mit allen Rechten, aber auch allen Pflichten. Auch der Wehrpflicht. Sein Tagebuch zeigt, wie es ihm in der Armee ergeht. *** Das ist unser Interviewpartner: Manfred Beine (Archivar und Herausgeber) *** Die Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Heiner Wember, Redaktion: David Rother


Die rechtliche Gleichstellung der Juden, die im 18. Jahrhundert so genannte "Judenemanzipation", ist auch durch den reaktionären preußischen König nicht mehr rückgängig zu machen. Juden dürfen Beruf und Wohnort weitgehend frei wählen und studieren. Sie müssen aber auch zum Militär. Isaac Löwenstein, Papierhändler aus Rietberg-Neuenkirchen bei Gütersloh, ist der erste seiner Familie, den es trifft. Drei Jahre lang muss er dienen.
In seinem Tagebuch beschreibt er seine anfängliche Angst vor dem preußischen Drill und seine durchaus harten Erfahrungen bei der militärischen Ausbildung. Allerdings findet sich darin keine Bestätigung üblicher Vorurteile gegen den "preußischen Kommiss", z.B. was die Misshandlung von Soldaten oder den so genannten Kadavergehorsam angeht.
Erstaunlich scheint aus heutiger Sicht, dass das preußischen Militär weltanschaulich recht liberal sein konnte. Ressentiments gegen Juden gab es kaum, und die Offiziere versuchten sogar, auf religiöse Vorschriften Rücksicht zu nehmen. Löwenstein berichtet, wie er von seinem "Herrn Hauptmann" die Erlaubnis erhielt, "für immer des Sabbats vom Exerzieren frei zu sein".
Juden in Deutschland gehen mit der Emanzipation unterschiedlich um. Viele geben ihre jüdischen Wurzeln auf, lassen sich taufen und versuchen so, ganz in der Mehrheitsgesellschaft aufzugehen. Löwenstein beschreitet den Weg der kulturellen Angleichung, indem er seinen Glauben mit allem verbindet, was er für deutsch und preußisch hält.
Für Isaac Löwenstein scheint Geschichte zeitlebens ein permanenter Fortschritt. Dass die Zivilisation, so wie er sie empfindet, stetig höhere Stufen erreicht. Die deutsche Barbarei hätte er sich niemals träumen lassen. Auch nicht, dass sein Enkel und viele Angehörige ermordet würden und andere Familienmitglieder ins Ausland fliehen müssten. Mit seinem Tagebuch im Gepäck.
In diesem Zeitzeichen erzählt Heiner Wember:
  • Wie Napoleon die Gleichstellung der Juden im Königreich Westfalen betrieb
  • Warum ein gläubiger Jude sich beim Militär als überlegener Preuße fühlte
  • Wie mit der Reichsgründung 1871 auch für Isaac Löwenstein ein deutscher Traum wahr wurde
Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Manfred Beine (Archivar und Herausgeber)
  • Beine, Manfred/Kant, Marion/Othengrafen, Ralf (Hgg.): Ein westfälischer Jude in der preußischen Armee Isaac, Löwenstein aus Rietberg-Neuenkirchen und sein Tagebuch 1821–1823. Verlag für Regionalgeschichte, 2021
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Autor: Heiner Wember
Redaktion: David Rother
Technik: Alexander Buske

Als Jahrhundertkünstlerin in der Psychiatrie: Camille Claudel

Als Jahrhundertkünstlerin in der Psychiatrie: Camille Claudel WDR Zeitzeichen 19.10.2023 14:44 Min. Verfügbar bis 19.10.2099 WDR 5

Heute sind Camille Claudels Skulpturen Millionen wert. Im 20. Jahrhundert hat der Kunstbetrieb die Bildhauerin in die Psychiatrie gebracht. Dort stirbt sie am 19.10.1943.

Mehr als 30 Jahre verbringt Camille Claudel in einer Nervenheilanstalt in Montdevergues bei Avignon. "Paranoider Verfolgungswahn" lautet damals die Diagnose. Heute gilt die Bildhauerin als Musterbeispiel für eine Künstlerin, die durch private und gesellschaftliche Umstände in eine seelische Sackgasse geraten ist. *** Das ist unser Interviewpartner: Professor Georg Franzen (Professor für Psychotherapie und Kunstpsychologie, Berlin und Celle) *** Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Christiane Kopka, Redaktion: Christoph Tiegel und David Rother


Zu der Zeit von Camille Claudel haben es Frauen schwer, die künstlerisch tätig sind. Im frühen 20. Jahrhundert ist die Kunst männlich dominiert. Die Bildhauerin ist zwar hochbegabt, doch staatliche Aufträge erhält sie keine. Dass ihr Leben zur Tragödie wird, liegt allerdings nicht nur an den gesellschaftlichen Umständen. Auch ihre private Situation ist von Anfang an schwierig.
Camille wird von ihrer Mutter abgelehnt, weil diese lieber einen Jungen gehabt hätte. Camilles Bruder erinnert sich: "Alle Welt zankte sich in der Familie: mein Vater mit meiner Mutter, die Kinder mit ihren Eltern und die Kinder unter sich." Bereits mit zwölf Jahren will Camille Bildhauerin werden. Da Frauen an der Kunstakademie in Paris nicht zugelassen sind, nimmt sie Privatunterricht bei Auguste Rodin.
Camille Claudel wird Rodins Mitarbeiterin, Model, Muse und schließlich Geliebte. Die Affäre ist problematisch: Der ältere Rodin ist bereits liiert, es kommt zu heftigen Eifersuchtsszenen. Camille verlässt ihn und zieht sich immer mehr zurück. "Paranoider Verfolgungswahn" lautet schließlich die Diagnose. 1913 lassen Mutter und Bruder sie einweisen. Obwohl die Ärzte ihre Entlassung befürworten, lehnt es die Familie ab, sie nach Hause zu holen. Mehr als 30 Jahre verbringt Camille Claudel in einer Nervenheilanstalt in Montdevergues bei Avignon - bis zu ihrem Tod.

In diesem Zeitzeichen erzählt Christiane Kopka:
  • Wie Camille Claudels Briefe aus der Psychiatrie klingen.
  • Was Auguste Rodin über ihr Talent sagt.
  • Wie Camille sich gegen Vorwürfe in der Presse wehrt, sie kopiere Rodin.
  • Warum heute nur noch rund 90 Skulpturen existieren, die von der Bildhauerin stammen.
Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Professor Georg Franzen (Professor für Psychotherapie und Kunstpsychologie, Berlin und Celle)
  • Georg Franzen: Camille Claudel. In: Georg Franzen: Symbolisches Verstehen. Beiträge zur angewandten Kunstpsychologie. Lang, Frankfurt am Main 2004
  • Odile Ayral-Clause: Camille Claudel. A Life. Verlag Harry Abrams, New York 2003
  • Reine-Marie Paris: Camille Claudel. 1864-1943. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1989
  • Barbara Krause: Camille Claudel – Ein Leben in Stein. Herder Verlag, Freiburg im Breisgau, Neuausgabe 2014
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Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autorin: Christiane Kopka
Redaktion: Christoph Tiegel und David Rother

Agrippina die Ältere: vom Volk geliebt, vom Kaiser verbannt

Agrippina die Ältere: vom Volk geliebt, vom Kaiser verbannt WDR Zeitzeichen 18.10.2023 14:46 Min. Verfügbar bis 18.10.2099 WDR 5

Sie gilt als Staatsfeindin: Die römische Adelige Agrippina, Mutter des späteren Kaisers Caligula, wird auf die Insel Ventotene verbannt. Dort stirbt sie am 18.10.33.

Nach dem Tod ihres Mannes, dem Feldherrn Germanicus, wird Agrippina die Ältere beschuldigt, an einer Verschwörung beteiligt zu sein. Sie wird zur Staatsfeindin erklärt und auf die Insel Pandateria verbannt, die heute Ventotene heißt. Dort verhungert Agrippina. Bis heute ist ungeklärt, ob sie die Nahrung verweigert hat oder ob sie ihr verwehrt worden ist. *** Das ist unsere Interviewpartnerin: Birgit Schönau (Historikerin, Journalistin, Buchautorin) *** Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Claudia Friedrich, Redaktion: Christoph Tiegel und Matti Hesse


Geboren wird Agrippina die Ältere vermutlich auf der Insel Lesbos. Ihr Vater, ein Feldherr und Freund von Kaiser Augustus, ist damals im Osten des Reiches unterwegs. Nach der Rückkehr der Familie nach Rom wird die 19-jährige Agrippina mit ihrem Cousin verheiratet, dem Prinzen Nero Claudius Drusus, bekannt als Germanicus.
Das Paar gilt als Hoffnung der Weltmacht. Vom Volk geliebt, von Augustus aufgebaut. Sie beziehen den Statthalterpalast im späteren Köln. Später schickt Kaiser Tiberius die Familie zur nächsten Mission in den Osten. Dort stirbt Germanicus, vermutlich an einem Infekt.
Als Agrippina nach Rom zurückkehrt, wird ihr der Prozess gemacht. Sie sei an einer Verschwörung beteiligt. Sie wird zur Staatsfeindin erklärt und auf die Insel Pandateria verbannt, die heute Ventotene heißt. Am 18. Oktober im Jahr 33 ist Agrippina die Ältere tot. Sie ist verhungert. Unklar ist bis heute, ob sie die Nahrung verweigert hat oder ob sie ihr verwehrt worden ist.

In diesem Zeitzeichen erzählt Claudia Friedrich:
  • Was aufsässigen Frauen aus dem Kaiser-Clan droht.
  • Wie die Vorläuferin der Stadt Köln zur Zeit der Römer heißt.
  • Womit der später gefürchtete Kaiser Caligula als kleiner Junge gefällt.
  • Wie Agrippina die Ältere ihre Erziehung und ihren Reichtum nutzt, um Politik zu machen.
Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Birgit Schönau (Historikerin, Journalistin, Buchautorin)
  • Birgit Schönau: Die Geheimnisse des Tibers. Rom und sein ewiger Fluss. C.H.Beck. München 2023.
  • Birgit Schönau: Neros Mütter. Julia und die Agrippinas. Drei Frauenleben im alten Rom. Berenberg Verlag. Berlin 2021.
  • Werner Eck: Augustus und seine Zeit. Verlag C.H.Beck München 6/2014
  • Augustus: Res Gestae - Tatenbericht (Monumentum Ancyranum) Latein, Griechisch, Deutsch. Übersetzung: Marion Giebel. Reclam Verlag. Ditzingen 1975/ 2014
Weiterführende Links:
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Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autorin: Claudia Friedrich
Redaktion: Christoph Tiegel und Matti Hesse

Geburtstag des Reformpädagogen A. S. Neill (am 17.10.1883)

Geburtstag des Reformpädagogen A. S. Neill (am 17.10.1883) WDR Zeitzeichen 17.10.2023 13:30 Min. Verfügbar bis 17.10.2099 WDR 5

Die Schule Summerhill des Pädagogen A. S. Neill ist etwas Besonderes: Kinderkönnen dort machen, was sie wollen, so lange sie damit andere Menschen nicht stören.

Die Schule Summerhill des Pädagogen A. S. Neill ist etwas Besonderes: Kinder können dort machen, was sie wollen, so lange sie damit andere Menschen nicht stören. Der Ausdruck antiautoritäre Erziehung gefällt Neill nicht. Er sagt, das bin ich nicht, ich stehe für eine freiheitliche Erziehung, das ist was ganz anderes. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Professor em. Jürgen Oelkers (Professor für Erziehungswissenschaften Zürich); A.S. Neill: Theorie und Praxis der antiautoritären Erziehung – Das Beispiel Summerhill. 1969 *** Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Doris Arp; Redaktion: Gesa Rünker; Technik: Alexis Fritz; Onlineproducerin: Vera Kettenbach


Neill's Vater ist Dorfschullehrer und beherrscht die Kunst Kinder zu "führen" - oft mit dem Gürtel. Alexander überlegt, was man grundlegend anders machen kann, damit die Schüler besser lernen und überhaupt zu ihrem Recht kommen und nicht von einer anonymen Schulmasse und Schulbehörde unterdrückt werden.
Einen Wendepunkt bringt der Ausbruch des 1. Weltkriegs: Untauglich für den Kriegsdienst wird Neill vorübergehend Leiter einer Schule, an der er seine eigenen Vorstellungen erprobt. Später eröffnet er mit einer Handvoll Kindern 1924 im südenglischen Lyme Regis die Gemeinschaftsschule Summerhill. Summerhill ist bis heute eine Art Villa Kunterbunt für kleine und große Pipi-Langstrümpfe. Doch die Freiheit zu tun, was man möchte bedeutet keinesfalls Anarchie. Es herrschen Regeln, aber kein König. Summerhill ist bis heute eine selbstregierte Kinderrepublik.

In diesem Zeitzeichen erzählt Doris Arp:
  • Was an der "New Education" neu war.
  • Weshalb A.S. Neill Lehrer als Begleiter und nicht als Anführer sieht.
  • Wie Neill in Deutschland den Zusammenstoß verschiedener Welten erlebt.
  • Was eine ehemalige Summerhill-Schülerin am pädagogischen Konzept kritisiert.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Professor em. Jürgen Oelkers (Professor für Erziehungswissenschaften Zürich)
  • A.S. Neill: Theorie und Praxis der antiautoritären Erziehung – Das Beispiel Summerhill. 1969

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Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen:
  • Autorin: Doris Arp
  • Redaktion: Gesa Rünker
  • Technik: Alexis Fritz
  • Onlineproducerin: Vera Kettenbach

Schwerer als der Eiffelturm: Schaufelradbagger 288

Schwerer als der Eiffelturm: Schaufelradbagger 288 WDR Zeitzeichen 16.10.2023 13:48 Min. Verfügbar bis 16.10.2099 WDR 5

Die größte fahrende Maschine der Welt geht am 16.10.1978 im Braunkohletagebau Hambach in Betrieb. Nun geht die Zeit der Stahlmonster geht zu Ende.

Am 16.10.1978 geht in Hambach ein Stahlmonster der Superlative in Dienst. Der Schaufelrabagger 288 ist schwerer als der Eiffelturm, höher als der Aachener Dom und wird angetrieben von 22.000 PS. Anwohner demonstrieren gegen das Mammutgerät, das sich ranmacht Natur und Kultur zu vernichten. *** Das sind unsere wichtigsten Interviewpartner: Markus Kosma (RWE); Joachim Witzel (RWE); Erich Erben (ehemaliger Bergbauingenieur); Fabian Römer (Verein Schaufelradbagger) *** Die Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Martina Meißner; Redaktion: Christoph Tiegel und David Rother; Technik: Alexander Buske; Onlineproducerin: Vera Kettenbach


Der Schaufelradbagger 288 wird von 1975 bis 1978 in Oberzier/Kreis Düren gebaut. Von dort geht das Gerät in den Einsatz im Hambacher Braunkohletagebau. Vorlaufzeit sind zwei Jahre Planung bis die größte selbstfahrende Arbeitsmaschine der Welt in den Einsatz geht.
Aber es gibt auch Proteste. Anwohner wehren sich gegen das Mammutgerät, das mit all seiner Kraft Natur und Kultur vernichtet. 2030 soll damit Schluss sein, der Kohleabbau beendet werden. Der 288 soll dann aber nicht verschrottet werden. Vielleicht findet er einen Parkplatz in einer in einer Art "Gnadenhof für Bagger", wie es ihn bereits in Sachsen-Anhalt gibt. In "Ferropolis" stehen auf einer aufgeschütteten Insel jede Menge kleinere Bagger nebeneinander und ziehen Jahr für Jahr rund 100.000 Besucher an.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Markus Kosma (RWE)
  • Joachim Witzel (RWE)
  • Erich Erben (ehemaliger Bergbauingenieur)
  • Fabian Römer (Verein Schaufelradbagger)

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  • Autorin: Martina Meißner
  • Redaktion: Christoph Tiegel und David Rother
  • Technik: Alexander Buske
  • Onlineproducerin: Vera Kettenbach

Kanzler Adenauer wird im Bundestag verabschiedet (am 15.10.1963)

Kanzler Adenauer wird im Bundestag verabschiedet (am 15.10.1963) WDR Zeitzeichen 15.10.2023 14:55 Min. Verfügbar bis 15.10.2099 WDR 5

Im Oktober 1963 muss Konrad Adenauer als Bundeskanzler abtreten. Er tut das höchst ungern: Das Regierungsamt hat den inzwischen 87-Jährigen lebendig erhalten.

Bei der Bundeswehr-Abschieds-Parade zwei Tage zuvor sieht man einen alten, hageren Mann mit Hut und tiefen Falten im Gesicht. An diesem sonnigen Oktobertag schaut er besonders finster drein. Wie versteinert blickt der 87jährige auf die vorbeiziehenden Kolonnen der Bundeswehr. ***Das ist unser wichtigster Interviewpartner: Michael Borchard (Konrad-Adenauer-Stiftung, Berlin), Daniel Koerfer (Historiker, Berlin) *** Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Heiner Wember, Redaktion: Gesa Rünker


14 Jahre lang ist er Bundeskanzler gewesen. Bei seinem Amtsantritt galten die Deutschen noch als die Schurken der Weltgeschichte, als Kriegstreiber. Mit ihm ist die Bundesrepublik eine verlässliche Demokratie geworden, fest eingebunden in die westliche Welt. Die Bundeswehr ist sein Kind, ein Teil seiner Machtstrategie. Und die Wirtschaft blüht.
„Der Alte“ machte Ludwig Erhard zum Wirtschaftsminister. Einen, bei dem dauernd die Zigarre glühte, das Symbol für Wohlstand. Ein Optimist und draller Genussmensch. Das gerade Gegenteil zum mageren knochentrockenen Adenauer. Auch politisch. Sie konnten sich nicht leiden. Nur der Erfolg verband sie.
Adenauers goldener Herbst als Kanzler wurde die Aussöhnung mit Frankreich. Dem jungen US-Präsidenten Kennedy misstraute er. Im Franzosen Charles de Gaulle fand er einen Partner, der ein Zusammengehen beider Länder forcierte. Adenauer hinterließ aber auch viele Baustellen. Die Gleichberechtigung von Männern und Frauen stand 1963 nur auf dem Papier. Eine wirksame Entspannung mit dem Ostblock kam erst lange nach ihm unter Willy Brandt.

In diesem Zeitzeichen erzählt Heiner Wember:
  • Über den Erfindungsreichtum des Studenten Konrad Adenauer
  • Warum die Kölner ihn „Graupenauer“ nannten
  • Was ihn zum „teuersten Oberbürgermeister des Reiches“ machte
  • Wie er zum „Urmodell“ des Deutschen Bundeskanzlers wurde
  • Warum der „Alte“ vom Amt nicht lassen wollte
Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Michael Borchard (Leiter Hauptabteilung Wissenschaftl. Dienste/Archiv für Christlich-Demokratische Politik, Konrad-Adenauer-Stiftung, Berlin)
  • Daniel Koerfer (Historiker, Berlin)
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Autor: Heiner Wember
Redaktion: Gesa Rünker
Technik: Alexander Buske
Onlineproducer: Christoph Tiegel

Mehr als der Hochzeitsmarsch: Mendelssohns "Sommernachtstraum"

Mehr als der Hochzeitsmarsch: Mendelssohns "Sommernachtstraum" WDR Zeitzeichen 14.10.2023 14:46 Min. Verfügbar bis 14.10.2099 WDR 5

Ein Klassiker für die musikalische Ewigkeit hat am 14.10.1843 Premiere: Felix Mendelssohn Bartholdy hat Shakespeares "Sommernachtstraum" genial vertont.

„Heute oder morgen will ich dort midsummernight’s dream zu träumen anfangen. Es ist aber eine gränzenlose Kühnheit…“ So schreibt der jugendliche Felix Mendelssohn am 4. Juli 1826 seiner Schwester Fanny. Er will und wird eine Konzertouvertüre komponieren. Nach einer Reihe von Kammermusikwerken, kleinen Opern und anderen Musikstücken. ***Das ist unser wichtigster Interviewpartner: Andreas Eichhorn, Musikwissenschaftler (Köln) *** Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Christoph Vratz, Redaktion: David Rother


Schon die Sommernachtstraum-Ouvertüre des erst 17-jährigen Mendelssohn wird ein Erfolg. Mehr als anderthalb Jahrzehnte später erhält er, inzwischen längst ein international gefeierter Musiker, den Auftrag, für König Friedrich Wilhelm IV. eine vollständige Bühnenmusik zur Shakespeare-Komödie zu komponieren. Erstmals öffentlich aufgeführt wird diese am Vorabend des Geburtstags von Wilhelm IV. im Theater des Neuen Palais in Potsdam.
Das bis heute populärste Stück daraus ist der „Hochzeitsmarsch“, der schon bei unzähligen  Trauungen zum Einsatz kam. Dabei enthält Felix Mendelssohns Sommernachtstraum noch einige Stücke von ähnlich hohem Reiz, die aber leicht übersehen werden.

In diesem Zeitzeichen erzählt Christoph Vratz:
  • Wie sich schon der junge Mendelssohn von Shakespeare inspirieren ließ
  • Über den weiten Weg von der Ouvertüre zur vollständigen Bühnenmusik
  • Was Mendelssohns „Sommernachtstraum“ deutlich von anderen abhebt
  • Von einem „Pop-Hit“, der andere Reize des Werks bis heute überstrahlt
Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Eichhorn, Andreas (Musikwissenschaftler, Köln): Felix Mendelssohn Bartholdy. München. C.H. Beck 2008.
  • Todd, Larry R.: Felix Mendelssohn Bartholdy. Sein Leben. Seine Musik. Stuttgart: Carus-Verlag; Stuttgart: Reclam 2008.
  • Geuting, Matthias (Hg.): Felix Mendelssohn Bartholdy. Interpretationen seiner Werke. 2 Bde. Laaber 2016.
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Autor: Christoph Vratz
Redaktion: David Rother
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"Queen" in Muffendorf - ein Dorf schreibt Musikgeschichte

"Queen" in Muffendorf - ein Dorf schreibt Musikgeschichte WDR Zeitzeichen 13.10.2023 14:54 Min. Verfügbar bis 13.10.2099 WDR 5

Ihr erstes Konzert auf dem europäischen Festland spielt die Band "Queen" in Muffendorf bei Bonn. Dort steht am 13.10.1973 natürlich Sänger Freddie Mercury am Mikrofon.

Die Band "Queen" ist noch unbekannt. Doch der Betreiber des "Underground", Juppi Schaefer, hat einen Riecher für die späteren Weltstars. Schon bald füllen die Rocker um Frontmann Freddie Mercury die großen Stadien der Welt. *** Das sind unsere wichtigsten Interviewpartner: Pia Heckes (Kunsthistorikerin, Muffendorf), Wolfgang Niedecken (Musiker)


Noch kennt die Band kaum jemand: Am 13. Oktober 1973 fahren in Muffendorf, einem ehemaligen Winzerdorf im Süden von Bonn, vier langhaarige Jungs aus England vor. "Queen" tritt zum allerersten Mal in Festland-Europa auf. Juppi Schaefer, der Betreiber des Dorf-Clubs "Underground", hat einen Riecher für spätere Weltstars.
Schon bald füllen die Rocker um Frontmann Freddie Mercury die großen Stadien rund um den Globus. Für das 1969 eröffnete „Underground“ hingegen ist zwei Jahr nach dem Auftritt von "Queen" bereits wieder Schluss.

In diesem Zeitzeichen erzählen Joachim Heinz und Markus Harmann:
  • Weshalb "Queen" ausgerechnet in Muffendorf spielt.
  • Mit welchem Song der "Queen"-Gig im "Underground" eröffnet.
  • Welche namhaften Bands im "Underground" auftreten.
  • Welche Erinnerungen Wolfgang Niedecken an das Ambiente des Clubs hat.
  • Mit welchen Schwierigkeiten der Betreiber des "Underground" zu kämpfen hat.

Das sind unsere wichtigsten Interviewpartner:
  • Pia Heckes (Kunsthistorikerin, Muffendorf)
  • Wolfgang Niedecken (Musiker)
  • Ernst-Ludwig Hartz (Konzertveranstalter)

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Autoren: Joachim Heinz und Markus Harmann
Redaktion: David Rother
Technik: Jürgen Becker

Theaterkritiker Alfred Kerr stirbt in Hamburg (am 12.10.1948)

Theaterkritiker Alfred Kerr stirbt in Hamburg (am 12.10.1948) WDR Zeitzeichen 12.10.2023 13:30 Min. Verfügbar bis 12.10.2099 WDR 5

Scharfsinnig, ironisch, subjektiv - Alfred Kerr zählt zu den bedeutendsten Theaterkritikern des 20. Jahrhunderts. Seine Texte sind literarische Kunstwerke.

Die Macht von Alfred Kerr ist groß: Seine Verrisse können das Karriere-Ende für Schreibende, Spielende, Intendanten und Regisseure bedeuten. Lobt der Theaterkritiker hingegen, ist der Aufstieg gewiss. Beim Schreiben fühlt sich Kerr selbst als Künstler. Seine Texte bestechen durch Ironie, Schärfe und Kürze. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen: Deborah Vietor-Engländer: Alfred Kerr – die Biografie. Rowohlt, 2016; Alfred Kerr: Die Welt im Drama. Kiepenheuer&Witsch, 1954 *** Die Macherinnen hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Monika Buschey, Redaktion: Gesa Rünker


Sein Stil ist pure Verführung. Der Theaterkritiker Alfred Kerr schreibt ironisch, scharf und kurz. Er schildert, welche Gefühle ein Theaterabend in ihm weckt, analysiert sie und zieht seine Schlüsse daraus: "Ich trachte, die Kritik auf eine Stufe zu bringen, wo sie eine dichterische Kunst sein kann."
Kerrs Macht ist groß: Lobt er, ist der Aufstieg gewiss. Seine Verrisse können aber auch die Karriere von Schreibenden, Spielenden, Intendanten und Regisseuren beenden. Selbst Autoritäten lässt Kerr leiden, wenn ihm das Gebotene nicht gefällt. So wie etwa Thomas Mann: Nach der Premiere von dessen Theaterstück "Fiorenza" bezeichnet ihn Kerr 1913 als "ein feines, etwas dünnes Seelchen". Mann schreibt danach nie wieder ein Theaterstück.

In diesem Zeitzeichen erzählt Monika Buschey:
  • Wie Alfred Kerr bereits von Jugend an keinem Wortgefecht aus dem Weg geht.
  • Welche Schriftsteller den Theaterkritiker faszinieren.
  • Wie er nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten mit seiner Familie flieht.
  • Was das zu tun hat mit dem Buch "Als Hitler das rosa Kaninchen stahl".
  • Warum Alfred Kerr Suizid begeht.
Das sind unsere wichtigsten Quellen:
  • Deborah Vietor-Engländer: Alfred Kerr – die Biografie. Rowohlt, 2016
  • Alfred Kerr: Die Welt im Drama. Kiepenheuer&Witsch, 1954
  • Alfred Kerr: Mit Schleuder und Harfe – Theaterkritiken aus drei Jahrzehnten. Severin und Siedler, 1982
  • Marcel Reich-Ranicki: Des Jahrhunderts mächtigster Kritiker – aus Anlass eines neuen Auswahlbandes der Schriften Alfred Kerrs. FAZ, 13. August, 1983
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Autorin: Monika Buschey
Redaktion: Gesa Rünker
Technik: Sarah Fitzek

Heiligsprechung der Nonne Edith Stein (am 11.10.1998)

Heiligsprechung der Nonne Edith Stein (am 11.10.1998) WDR Zeitzeichen 11.10.2023 14:42 Min. Verfügbar bis 11.10.2099 WDR 5

Einsatz für Mitmenschen, Kampf für Frauenrechte, Verbindung von Judentum und Christentum: All diese Facetten waren Edith Stein wichtig. Sie wurde in Auschwitz getötet.

Edith Stein ist Jüdin, Philosophin, Frauenrechtlerin und Nonne vom Orden der Karmelitinnen. Ihre Entscheidung, in einen katholischen Orden einzutreten führt zum Zerwürfnis mit der streng jüdische gläubigen Mutter. Am 7. August 1942 wird Edith Stein im Kloster Echt für Karmelitinnen in den Niederlanden festgenommen und nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Papst Johannes Paul II. spricht sie am 1. Mai 1987 selig und am 11.10 1998 heilig.*** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Dr. Beate Beckmann-Zöller, Freiberufliche Religionsphilosophin und Präsidentin der Edith Stein-Gesellschaft*** Die Macherinnen hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Irene Dänzer-Vanotti; Redaktion: Gesa Rünker; Technik: Sarah Fitzek


Am 7. August 1942 wird Edith Stein aus dem Kloster Echt für Karmelitinnen in den Niederlanden abgeführt. Dort sucht die Jüdin, Philosophin, Frauenrechtlerin und Nonne vom Orden der Karmelitinnen vergeblich Schutz vor den Nationalsozialisten.
Aber die Niederlande sind seit zwei Jahren von NS-Deutschland besetzt. Die katholische Kirche protestiert gegen die Misshandlung und Deportationen christlicher Jüdinnen und Juden. Die Racheaktion der Besatzer folgt sofort: Am 2. August 1942, einem Sonntag, werden mehr als 700 Katholiken, darunter Geistliche, Nonnen und Mönche, deportiert.

Am 9. August erreicht der Transport das Vernichtungslager Auschwitz. Nach allem, was man weiß, wird Edith Stein unmittelbar nach der Ankunft im Gas ermordet. Sie wird 50 Jahre alt.

"Wir verneigen uns tief vor dem Zeugnis des Lebens und Sterbens von Edith. Der herausragenden Tochter Israels und des Karmels." Das ruft Papst Johannes Paul II. am 1. Mai 1987 bei Edith Steins Seligsprechung. Am 11.10 1998 wird sie heilig gesprochen. Ihr gewaltsamer Tod macht die Christin, die als Jüdin geboren und katholisch geworden war, zur Märtyrerin.

In diesem Zeitzeichen erzählt Irene Dänzer-Vanotti:

  • Wie Edith Stein sich für die Stärkung der Frauenrechte engagiert.
  • Wie Papst Pius XI. mit einer verweigerten Audienz Edith Steins Lebensweg beeinflusst.
  • Wie die Atheistin Stein zurück zur Religion findet.
  • Wie der Eintritt in den Orden der Karmelitinnen zum Bruch mit der Familie führt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:

Dr. Beate Beckmann-Zöller, Freiberufliche Religionsphilosophin und Präsidentin der Edith Stein-Gesellschaft

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Autorin: Irene Dänzer-Vanotti
Redaktion: Gesa Rünker
Technik: Sarah Fitzek

"Die tollkühnste Frau der Welt": Lola Montez

"Die tollkühnste Frau der Welt": Lola Montez WDR Zeitzeichen 10.10.2023 14:41 Min. Verfügbar bis 10.10.2099 WDR 5

Eine wunderschöne Tänzerin, blitzgescheit: König Ludwig I. von Bayern war verschossen in Lola Montez. Nach ihrer verrückten Liebesgeschichte bettelt sie in einem Brief vom 10.10.1848 um Geld.

Die Tänzerin Lola Montez ist eine bildhübsche und auch resolute Frau. Mit 25 Jahren kommt sie 1846 nach München und geht eine innige Beziehung mit König Ludwig I. ein. Im katholischen Bayern geht das nicht lange gut und Montez setzt sich in die Schweiz ab. Mit ihrem luxoriösen Lebensstil geht ihr bald das Geld aus. Verzweifelt schreibt sie ihrem Ludwig einen Bettelbrief. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Marita Krauss (Professorin für Europäische Regionalgeschichte sowie Bayerische und Schwäbische Landesgeschichte an der Universität Augsburg, Montez- Biografin), Krauss, Marita: "Ich habe dem starken Geschlecht überall den Fehdehandschuh hingeworfen". Das Leben der Lola Montez. München 2020. *** Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Christoph Vormweg; Redaktion: David Rother; Technik: Juliane Blum


Eine Spanierin, wie jahrelang behauptet, ist Lola Montez nicht: vielmehr die Tochter eines britischen Offiziers, geboren als Eliza Gilbert. Im Oktober 1846 kommt die 25-Jährige nach München. Seit Jahren inszeniert sie sich quer durch Europa als skandalträchtige Tänzerin - ob vor dem preußischen König oder dem russischen Zaren.

Es verwundert nicht, dass die schöne Tänzerin nur zwei Tage nach ihrer Ankunft in München eine Audienz bei Ludwig I. erhält. Der 35 Jahre ältere bayerische König aus dem Haus der Wittelsbacher will stets selbst über Gastauftritte im Hoftheater entscheiden. Auch der König erliegt ihren Reizen. Ihre sechzehn monatige Beziehung ist weniger vom Sex bestimmt, sondern geprägt von Verehrung und Gesprächen.
Die katholischen Bayern stehen jedoch hinter ihrer betrogenen Königin, Ludwigs Ehefrau Therese. Bald wird im Hofstaat systematisch gegen die Favoritin intrigiert. Vom Mob wird Lola Montez aus München vertrieben. Nicht einmal Ludwig kann verhindern, dass ihr die 1847 verliehene Staatsbürgerschaft entzogen wird. Sie flieht in die Schweiz, und der König zieht für sich die Konsequenzen. Ludwig I. Ludwig legt die Krone nieder und verzichtet auf den Thron. Er übergibt seinem Sohn Maximilian das Zepter.

Lola Montez lebt am Genfer See weiter in Saus und Braus. Finanziell ist sie bald am Ende. Am 10. Oktober 1848 schreibt sie einen verzweifelten Bettelbrief an Ludwig. "Ich flehe Dich an. […] Schick mir die 20.000 Franken sofort. Ich schicke Dir einen Kuss aus meinem zärtlichen Herzen. Du bist das Leben, mein Ludwig. Deine treue Lolita." Und der Ex-König schickt ihr Geld.

In diesem Zeitzeichen erzählt Christoph Vormweg:

  • Welche Kosenamen der König und die Tänzerin füreinander haben.
  • Womit Lola Montez die Münchener auf die Palme bringt.
  • Wie aus Lola Montez die bayerische Staatsbürgerin Gräfin Landsfeld wird.
  • Warum Lola Montez sich eine Burschenschaft als Leibgarde zulegt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:

  • Marita Krauss (Professorin für Europäische Regionalgeschichte sowie Bayerische und Schwäbische Landesgeschichte an der Universität Augsburg, Montez- Biografin)
  • Krauss, Marita: "Ich habe dem starken Geschlecht überall den Fehdehandschuh hingeworfen". Das Leben der Lola Montez. München 2020.

Weiterführende Links:

13. Oktober 2010 - Vor 185 Jahren: Regierungsantritt von König Ludwig I.
17. Februar 1821 - Lola Montez wird geboren

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Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen:

Autor: Christoph Vormweg
Redaktion: David Rother
Technik: Juliane Blum

Eine Naturgewalt, ein Getriebener: Der Chansonnier Jaques Brel

Eine Naturgewalt, ein Getriebener: Der Chansonnier Jaques Brel WDR Zeitzeichen 09.10.2023 14:35 Min. Verfügbar bis 09.10.2099 WDR 5

Der belgische Chansonnier Jacques Brel (gestorben am 9.10.1978) packte die ganz großen Dramen des Lebens in seine Texte und sang an gegen die Bigotterie der Spießer.

Schön ist er nicht gerade, dieser schlaksige Belgier mit den Pferdezähnen und dem verknautschten Gesicht. Doch wenn er auf der Bühne steht und "Ne me quitte pas" ("Verlass mich nicht") singt, dann wird er zum großen Verführer. Jacques Brel ist eine Naturgewalt, die das Publikum dahinschmelzen lässt. *** Das ist unser wichtigster Interviewpartner: Dr. Jens Rosteck (Musikwissenschaftler / Biograph) *** Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Christiane Kopka; Redaktion: Matti Hesse


Er verspricht der Geliebten Perlen aus Regen aus Ländern, in denen es nie regnet. Und er will der Schatten ihres Hundes sein. Jacques Brels "Ne me quitte pas" wird in Frankreich immer wieder zum schönsten "chanson d’amour" gekürt. Keiner singt so ergreifend von Sehnsucht und Zärtlichkeit, von der Zerbrechlichkeit der Liebe, der Trauer über den Verlust. Aber Brel kann auch ätzend und grob sein, bissig, sarkastisch oder bösartig. Dabei hält er dem Publikum den Spiegel vor.
Er ist ein Getriebener, der es nirgendwo lange aushielt, der jedes Projekt abbricht, wenn es zu erfolgreich wird. Jacques Brel hetzt rastlos um die Welt, betrügt jede Frau mit einer anderen. Diese Intensität und Unberechenbarkeit ist es, die er auch auf die Bühne bringt.
Für Brel ist klar: "Entscheidend ist die Intensität eines Lebens, nicht die Dauer eines Lebens." Seine größte Sorge ist es, vor seiner Zeit zu "verfriedhofen". Das hat er geschafft: Brel stirbt am 9. Oktober 1978 mit nicht einmal 50 Jahren an Lungenkrebs.

In diesem Zeitzeichen erzählt Christiane Kopka:
  • Wie Jacques Brel mit seinen französischen Chansons zum Weltstar wird
  • Dass Brels erste Auftritte katastrophal verlaufen
  • Wie er einerseits von Sehnsucht und Zärtlichkeit singt ...
  • ... andererseits aber auch bissig, sarkastisch oder bösartig sein kann
  • Wie seine Filmkarriere verläuft
  • Warum er mit seiner bürgerlichen Herkunft hadert
Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Dr. Jens Rosteck (Musikwissenschaftler und Brel-Biograph)
  • Jens Rosteck: "Brel. Der Mann, der eine Insel war" (mare Verlag, Hamburg, 2016)
  • Olivier Todd: "Jacques Brel – ein Leben. Biographie" (Achilla Presse, Hamburg, 1997)

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Autorin: Christiane Kopka
Redaktion: Matti Hesse
Technik: Theo Kramer

Karl Sudhoff, Vater der Medizingeschichte (Todestag 8.10.1938)

Karl Sudhoff, Vater der Medizingeschichte (Todestag 8.10.1938) WDR Zeitzeichen 08.10.2023 14:45 Min. Verfügbar bis 08.10.2099 WDR 5

Zufälle, die zu neuen Medikamenten führten. Fatale Irrtümer. Segensreiche Fortschritte. Die Geschichte der Medizin ist faszinierend: Karl Sudhoff hat sie erforscht.

Früh schon macht Karl Sudhoff die Geistesgeschichte und auch die Naturwissenschaften zu seiner Sache. Seit seinen Studienjahren beschäftigt er sich mit der Medizingeschichte - aber als Amateur. Sudhoff gilt als Neubegründer des Faches Geschichte der Medizin. 1906 gründet er das weltweit erste medizinhistorische Institut. *** Das sind unsere wichtigsten Interviewpartner: Professorin Ortrun Riha (Medizinhistorikerin/Leipzig); Professor Thomas Schnalke (Medizinhistorisches Museum der Charité, Berlin) *** Die Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Jürgen Werth; Redaktion: David Rother


Karl Sudhoff nutzt das von ihm 1906 in Leipzig gegründete medizinhistorische Institut vor allem, um zu sammeln: Handschriften, Drucke, Objekte, Porträts, Zeichnungen oder Graphiken. Seine Karikaturen-Sammlung ist einmalig. Was Sudhoff nicht so gründlich sammelt wie Schriften und Dokumente, das sind Dinge der ärztlichen Arbeit.
Bekannt wird Karl Sudhoff vor allem durch seine Studien über mittelalterliche medizinische Handschriften. Er legt umfangreiche medizinhistorische Sammlungen an und verfügte über eine außerordentlich große Privatbibliothek. Er gilt damit als Neubegründer des Faches Geschichte der Medizin.

In diesem Zeitzeichen erzählt Jürgen Werth:
  • Was der Film "Odyssee im Weltraum" oder auch Prinz Hamlet mit Karl Sudhoff zu tun haben
  • Was Sudhoff alles gesammelt hat - und was nicht
  • Was seine Karikaturen-Sammlung einmalig macht
  • Dass der eher liberale Sudhoff in die NSDAP eintrat
Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Professorin Ortrun Riha (Medizinhistorikerin/Leipzig)
  • Professor Thomas Schnalke (Medizinhistorisches Museum der Charité, Berlin)
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Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autor: Jürgen Werth
Redaktion: David Rother
Technik: Antonia Herzog

Toni Morrison - erster Nobelpreis für Schwarze Literatur

Toni Morrison - erster Nobelpreis für Schwarze Literatur WDR Zeitzeichen 07.10.2023 14:43 Min. Verfügbar bis 07.10.2099 WDR 5

Am 7.10.1993 wird bekannt, dass Toni Morrison den Literaturnobelpreis erhält: eine Schwarze Schriftstellerin mit einer Sprache voller Musik.

Die meisten Nobelpreis-Gewinner bekommen nachts den Anruf aus Stockholm. Wie auch Toni Morrison. Sie ist die erste Schwarze Autorin, die für ihre Arbeit mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wird. *** Das ist unsere wichtigste Interviewpartnerin: Tanja Handels, dt. Übersetzerin von Toni Morrison (Rowohlt Verlag) *** Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Andrea Klasen; Redaktion: Gesa Rünker


Toni Morrison ist zwar keine zentrale Gestalt der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung in den 1960er Jahren, aber sie ist als Schriftstellerin Sprachrohr der Afroamerikaner. Sie schreibt über ihre Community, über Menschen, die unter Diskriminierung und Rassenhass leiden und unter den Nachwirkungen der Sklaverei. Als Autorin durchbricht sie die gängigen Muster eines "literarischen Rassismus": Die erfolgreichen, gefeierten Schriftsteller sind allesamt weiß und männlich. Und somit sind auch die Themen der Bücher weiß und männlich. Morrisons Hauptfiguren sind meist Afroamerikanerinnen. Sie beschreibt ihr Empfinden, ihren Blick auf das Leben und führt weiße Leser so in eine unbekannte Welt, die bis dahin niemand beschrieben hatte.
Das Schicksal afroamerikanischer Kinder zieht sich durch ihr gesamtes literarisches Schaffen (wie etwa in "Menschenkind"). Auch afrikanische und afroamerikanische Mythen flicht Morrison immer wieder in ihre Texte mit ein ("Teerbaby"). Ihre poetische Kraft, die emotionale Tiefe ihrer Texte und das eindringliche Schildern menschlichen Scheiterns bringen ihr 1988 erst den Pulitzer-Preis ein und 1993 schließlich den Nobelpreis für Literatur.

In diesem Zeitzeichen erzählt Andrea Klasen:
  • Warum aus Chloe Ardelia Wofford später Toni Morrison wurde
  • Wie mit Geister- und Gruselgeschichten alles begann
  • Wie Toni Morrison zum Sprachrohr der Afroamerikaner wurde
  • Was der Gesang ihrer Mutter damit zu tun hatte
Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Tanja Handels, dt. Übersetzerin von Toni Morrison (Rowohlt Verlag)
  • Toni Morrison: "Selbstachtung - Ausgewählte Essays" (2020)
  • DVD: Toni Morrison "The pieces I am" (2019)
Weiterführender Link:
  • Rezension: "Rezitativ" von Toni Morrison
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Autorin: Andrea Klasen
Redaktion: Christoph Tiegel und Gesa Rünker
Technik: Sascha Schiemann

Das weiblichste Parlament der Welt in Ruanda

Das weiblichste Parlament der Welt in Ruanda WDR Zeitzeichen 06.10.2023 14:50 Min. Verfügbar bis 06.10.2099 WDR 5

Erstmals trat am 6.10.2008 ein Parlament zusammen, in dem mehr Frauen als Männer saßen - in Ruanda, wenige Jahre nach dem verheerenden Bürgerkrieg.

Ruanda, einer der kleinsten Binnenstaaten Afrikas, hat einen der höchsten Frauenanteile in der Politik weltweit. Die Hälfte der Kabinettsmitglieder sind weiblich, im Obersten Gericht sind zwei der fünf Richter Frauen. Auch ein Top-Unternehmen wie die Bank of Kigali wird von einer Frau geleitet. *** Das sind unsere wichtigsten Interviewpartner: Annonciata Mukayitete, Reaseau des Femmes-Rwandal; Judith Uwiwama, Mehrfach-Unternehmerin *** Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Laura Mareen Janssen; Redaktion: David Rother


Nach den Parlamentswahlen am 6. Oktober 2008 schaut die Welt verblüfft nach Ruanda. Ein afrikanisches Land stellt den sogenannten Westen in Sachen Gleichberechtigung in den Schatten. Ein Paradoxon - eigentlich. Denn die weibliche Erfolgsstory Ruandas beginnt erst, als das bis heute dunkelste Kapitel des Landes sein Ende nimmt: Im Jahr 1994 wütet ein Bürgerkrieg in Ruanda. Dem Völkermord an der Tutsi-Minderheit fallen über 800.000 Menschen zum Opfer. Die Überlebenden sind zu über 70 Prozent Frauen. Und die bauen das in Schutt und Asche liegende Ruanda wieder auf.
Seit den späten 1990er Jahren übernehmen Frauen damit nicht nur Verantwortung, sondern auch wichtige Ämter und Geschäfte. Weil Frauen im Vorkriegs-Ruanda weder Land besitzen noch irgendetwas erben durften, wäre die Gesellschaft nach dem Krieg zusammengebrochen, viele Familien auf einen Schlag verarmt. Die Notlage erzwingt einen historischen Umbruch. Frauen - Tutsi wie Hutu - organisieren sich, um das Land aus der Schockstarre zu lösen.

In diesem Zeitzeichen erzählt Laura Mareen Janssen:
  • Wie Frauen in Ruanda lange diskriminiert wurden
  • Dass Frauen früher etwa nicht verreisen durften
  • Wie ein Bürgerkrieg alles veränderte
  • Wie Judith Uwiwama von der Taxifahrerin zur Mehrfach-Unternehmerin wurde
  • Warum einige Ruandas Genderpolitik skeptisch sehen
Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Annonciata Mukayitete, Reaseau des Femmes-Rwandal
  • Judith Uwiwama, Mehrfach-Unternehmerin
  • Dative Nakabonye, Psychologin
  • Sylvie Nsanga, Aktivistin und Feministin

Weiterführender Link:

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Autorin: Laura Mareen Janssen
Redaktion: David Rother

WDR Zeitzeichen: Der Showtrailer

WDR Zeitzeichen: Der Showtrailer WDR Zeitzeichen 05.10.2023 00:35 Min. Verfügbar bis 05.10.2033 WDR 5

WDR Zeitzeichen - Jeden Tag ein Stück Geschichte.


Todestag von Eleonore Prochaska, Soldatin in Männerkleidung

Todestag von Eleonore Prochaska, Soldatin in Männerkleidung WDR Zeitzeichen 05.10.2023 14:46 Min. Verfügbar bis 05.10.2099 WDR 5

Eleonore Prochaska, die als Soldat August Renz in den Befreiungskriegen kämpft und fällt, erliegt am 5.10.1813 ihren Verletzungen: Später wird daraus ein Mythos.

"Ein Weib", soll der Feldchirurg verwundert ausgerufen haben, glaubt man der Erzählung, die 1855 unter der Überschrift "Eine deutsche Amazone. Erinnerung aus den Freiheitskriegen" in der Literaturzeitschrift 'Gartenlaube' erscheint. Da ist "das Weib" Eleonore Prochaska schon mehr als 40 Jahre tot. Gefallen auf dem Schlachtfeld. Dabei darf sie als Frau da gar nicht sein. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen: Susanne Götting-Nilius, Stadtarchivarin von Dannenberg; Friedrich Förster: "Ein deutsches Heldenmärchen" ("Die Gartenlaube", 1863) *** Die Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autoren: Ulrich Biermann und Veronika Bock; Redaktion: Gesa Rünker


Eleonore Prochaska wird 1785 in Potsdam geboren. Getrieben von patriotischer Begeisterung tritt sie mit 28 Jahren unter dem Namen August Renz als freiwilliger Jäger in das Lützower Heer ein. Ein junger schlanker Mann, wie alle denken: Fünf Fuß, acht Zoll, drei Strich hoch. Unerkannt macht sie als Trommlerin ebenso von sich reden wie als Retterin eines Kameraden. Dabei setzt sie sich selbstbewusst, mutig und klug über gesellschaftliche Rollenerwartungen hinweg.

Doch im September 1813, im ersten ernsthaften Kampf, wird Prochaska bei der Schlacht an der Göhrde schwer verletzt. Drei Wochen später, am 5. Oktober 1813, stirbt sie. Nach ihrem Tod und der Entdeckung ihres Geschlechts, beginnt sogleich die Legendenbildung um die Soldatin. Nach und nach wird Prochaska eine Symbolfigur - wahlweise für Patrioten, Nationalisten, Kriegsbefürworter, Kommunisten und Feministinnen.

In diesem Zeitzeichen erzählen Ulrich Biermann und Veronika Bock:
  • Was über das Leben von Eleonore Prochaska bekannt ist.
  • Warum eine tote Frau auf dem Schlachtfeld Probleme bringt.
  • Warum Vergleiche mit Jeanne d‘Arc gezogen werden - die aber eigentlich grotesk sind.
  • Wie der Mythos Prochaska bis heute immer wieder in unterschiedlichen Zusammenhängen bemüht wird.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:

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Autoren: Ulrich Biermann und Veronika Bock
Redaktion: Gesa Rünker
Sprecher/in: Thomas Anzenhofer, Rainer Hagedorn, Christina Maria Greve, Irina Scholz

Die Deutsche Bank erhält die Konzession für die Anatolienbahn

Die Deutsche Bank erhält die Konzession für die Anatolienbahn WDR Zeitzeichen 04.10.2023 14:45 Min. Verfügbar bis 04.10.2099 WDR 5

Der berühmte Orient-Express fährt schon, als die Deutsche Bank am 4.10.1888 den Auftrag bekommt, die Bahnstrecke quer durchs Osmanische Reich weiterzubauen.

Seit Jahrzehnten erlebt das Osmanische Reich des 19. Jahrhunderts einen stetigen politischen Machtverlust, schul daran sind auch fehlende Infrastruktur und veraltete Technik, vor allem im Bereich Verkehr. Um sein Land in die Moderne zu katapultieren, träumt Sultan Abdülhamid II. von langen Eisenbahnzügen, die Rohstoffe wie Petroleum, Getreide oder Manufakturwaren schnell und billig durch das weite Land transportieren. Eine Eisenbahntrasse soll das Landesinnere mit Istanbul (das damals noch Konstantinopel heißt) und somit Kleinasien mit Europa verbinden. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen: Jgnaz Civelli: Deutsche Schienen in osmanischem Boden (2007); Manfred Pohl: Von Stambul nach Bagdad (1999) *** Die Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Almut Finck; Redaktion: David Rother


Für den Eisenbahnbau braucht die osmanische Regierung allerdings Geld - ein großes Problem für das hoch verschuldete Reich. Daher erteilt der Sultan am 4. Oktober 1888 der Deutschen Bank die Konzessionsrechte zum Bau und Betrieb einer kleinasiatischen Bahn, die zunächst von Konstantinopel nach Ankara führen soll. Schienen, Waggons und Baumaterial liefert die deutsche Industrie, deutsche Ingenieure leisten Bauaufsicht. 1896 - acht Jahre nach Erteilung der Lizenz an die Deutsche Bank - ist Ankara schließlich über den östlichen Arm erreicht.

Doch die Fertigstellung dieses Mammutprojekts ist erst der Anfang: Zwei Jahre später hat Sultan Abdülhamid II. mit der Bagdadbahn eine neue Idee. Mit weiteren 1.600 Kilometern Schiene sollen Istanbul und Bagdad miteinander verbunden, und so die entlegenen Provinzen erschlossen werden. Tatsächlich beginnen 1903 die Bauarbeiten. Doch der Ausbruch des Ersten Weltkriegs, der das Ende des Osmanischen Reichs einleitet, verhindert für lange Zeit die Fertigstellung.

In diesem Zeitzeichen erzählt Almut Finck:
  • Warum das Osmanischen Reich als der "Kranke Mann am Bosporus" bezeichnet wird.
  • Welche Erfahrungen die Deutsche Bank mit dem Eisenbahnbau mitbringt.
  • Warum Reisende der Anatolienbahn anfangs mit dem Schiff über den Bosporus müssen.
  • Was die Bagdadbahn mit dem Völkermord an den Armeniern zu tun hat.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Ignaz Civelli: Deutsche Schienen in osmanischem Boden. Eine virtuelle Reise mit der Anatolischen und Bagdadbahn durch Geschichte, Wahrnehmungen, Raum und Zeit (2007)
  • Werner Plumpe, A. Nützenadel und Catherine R. Schenk: Deutsche Bank. Die globale Hausbank 1870-1920 (2020)
  • Manfred Pohl: Von Stambul nach Bagdad. Die Geschichte einer berühmten Eisenbahn (1999)
  • Paul Lindenberg: Auf deutschen Pfaden im Orient (2014 - Nachdruck des Originals von 1902)

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Redaktion: David Rother

Der Deutschlandsender: SED-Radio für den Westen?

Der Deutschlandsender: SED-Radio für den Westen? WDR Zeitzeichen 03.10.2023 14:45 Min. Verfügbar bis 03.10.2099 WDR 5

Amerikanische Truppen beeinflussen, DDR-Geflüchteten Vorwürfe machen. Gegründet am 3.10.1948, war der Deutschlandsender das Sprachrohr der SED für Gesamtdeutschland.

Die Hörer in Westdeutschland sollen erfahren, "was die westdeutsche Presse unterschlägt". Der Deutschlandsender steht von Beginn an ganz im Dienste der SED und der Sowjetischen Militäradministration. Im Sprachgebrauch der Obrigkeit heißt es allerdings: "Wie das literarische wird auch das musikalische Programm in erster Linie im Dienste der schaffenden Bevölkerung stehen." ***Das sind unsere wichtigsten Interviewpartner: Klaus Feldmann, Nachrichtensprecher; Karin Pfundstein, Deutsches Rundfunkarchiv Potsdam-Babelsberg *** Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Thomas Klug; Redaktion: Matti Hesse


Die Kernbotschaft Richtung Westen: In der sowjetischen Besatzungszone und später in der DDR ist die Welt eine bessere. Das Böse ist da, wo der Sozialismus nicht ist. Die Nachrichtensendungen spulen routiniert die Parteifloskeln ab. Es ist die offensichtliche Verweigerung politischer Debatten jenseits vorgefertigter ideologischer Sprach-Codes.
Es wirkt wie ein Grundrauschen des Alltags. Die DDR-Medien als Abbildung einer Floskel-Republik voller vorgestanzter Sätze, vor denen es kein Entkommen gibt, weil sie überall präsent sind: in allen offiziellen Reden, bei denen von der Obrigkeit vorgegebenen Losungen für die organisierten Massendemonstrationen und in den Medien sowieso.
Das "Grundrauschen des Sozialismus" dauert über 40 Jahre. Dann vermeldet auch die "Stimme der DDR", dass der Weg über die Grenze für alle offen ist.

In diesem Zeitzeichen erzählt Thomas Klug:
  • Wie der Deutschlandsender zum SED-Radio für den Westen wurde
  • Warum der Staatsrundfunk kaum mehr als ein Sprachrohr der Mächtigen war
  • Weshalb das Propaganda-Programm nirgends echte Begeisterung hervorrief
  • Was den Verlautbarungs-Journalismus so ermüdend machte

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Klaus Feldmann, Nachrichtensprecher
  • Karin Pfundstein, Deutsches Rundfunkarchiv Potsdam-Babelsberg
  • Gunter Holzweißig: Die schärfste Waffe der Partei. Eine Mediengeschichte der DDR. Böhlau Verlag 2002

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Autor: Thomas Klug
Redaktion: Matti Hesse
Onlineproducer: Christoph Tiegel

Der King in Deutschland: Elvis Presley tritt Wehrdienst an

Der King in Deutschland: Elvis Presley tritt Wehrdienst an WDR Zeitzeichen 02.10.2023 15:01 Min. Verfügbar bis 02.10.2099 WDR 5

Am 2. Oktober 1958 tritt der "King" im hessischen Friedberg seinen Militärdienst an. Der weltberühmte Film- und Fernsehstar und Plattenmillionär bleibt 18 Monate.

Seine ausverkauften Konzerte müssen in den USA von der Polizei gesichert werden, die Mädels fallen beim Anblick von Elvis Presley mit seinen kreisenden Hüften reihenweise in Ohnmacht. Der aus armen Verhältnissen stammende Sänger ist der Superstar der 1950er Jahre in den USA. Doch im Herbst 1958 muss der "King of Rock 'n' Roll" eine musikalische Zwangspause einlegen, um seinen Militärdienst zu absolvieren. Das Schicksal verschlägt ihn ausgerechnet in die deutsche Provinz. Anderthalb Jahre bleibt Elvis Presley in Friedberg und im benachbarten Bad Nauheim und bringt eine neue Lässigkeit in die hessischen Kleinstädte. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen: Heinrich Burk und Hans Ulrich Elter: The King in Germany 1958-1960. B+U Verlag 2008; CD Edition Elvis Presley Made In Germany - The Complete Private Recordings *** Die Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Christian Kosfeld; Redaktion: Matti Hesse


Bei seiner Ankunft mit dem Schiff in Bremerhaven warten schon Hunderte Jugendliche, die Polizei und das Fernsehen. Denn auch diesseits des Atlantiks sind viele von Elvis Presleys neuen, schnellen und wilden Musikstil begeistert. Der 23-Jährige enttäuscht die wartenden Fans nicht: Seinen Seesack hat er lässig über die Schulter geworfen – ungewohnte Coolness im piefigen Nachkriegsdeutschland. Dabei gibt sich der Musiker bodenständig, offen und freundlich: "Ich freue mich aus Deutschland, auf das Land, und darauf, die Menschen kennenzulernen", sagt er vor seiner Abreise.

Nur Konzerte geben darf der "King of Rock 'n' Roll" in Deutschland nicht. Stattdessen verbringt er seine Tage in der Kaserne in Friedberg. Nach Dienstschluss warten jeden Tag seine deutschen Fans auf ihn, um ein Autogramm zu ergattern oder ihm Musik vorzuspielen. In Deutschland lernt Elvis auch seine spätere Ehefrau Priscilla kennen, ihr Stiefvater ist im gleichen Bataillon wie er stationiert. Zurück in den USA spielt Elvis in "G.I. Blues" (im Deutschen "Café Europa) einen Soldaten in Deutschland und sein im Film gesungenes "Muss i denn zum Städtele hinaus" wird ein Welthit.

In diesem Zeitzeichen erzählt Christian Kosfeld:
  • Wo sich heute noch die Spuren von Elvis Presley in Bad Nauheim finden.
  • Wie Fans seinerzeit den King live erlebt haben.
  • Warum seine Stationierung in Hessen wichtig für das deutsch-amerikanische Verhältnis war.
  • Wieso das Haus der Geschichte Elvis Presley eine eigene Ausstellung gewidmet hat.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Heinrich Burk und Hans Ulrich Elter: The King in Germany 1958-1960. B+U Verlag 2008
  • Maria Hesterberg: Elvis. Populäre Irrtümer und andere Weisheiten. Klartext Verlag 2021
  • John Robertson: Elvis Presley: Story und Songs kompakt. Bosworth Edition 2004
  • Elvis in Bad Nauheim: Auf den Spuren von Elvis in Bad Nauheim
  • CD Edition Elvis Presley Made In Germany - The Complete Private Recordings (4-CD, 152 Page Book) Bear family records EAN: 5024545847529

Weiterführende Links:
16. August 1977 - Elvis Presley stirbt in Memphis
10. Januar 1956 - Elvis Presley nimmt "Heartbreak Hotel" auf
24. Mai 1945 - Priscilla Presley wird in Brooklyn geboren
8. Januar 1935 - Geburtstag von Elvis Presley

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Die Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autor: Christian Kosfeld
Redaktion: Matti Hesse

Wegen Obszönität beschlagnahmt: Die Georg-Baselitz-Ausstellung

Wegen Obszönität beschlagnahmt: Die Georg-Baselitz-Ausstellung WDR Zeitzeichen 01.10.2023 13:45 Min. Verfügbar bis 01.10.2099 WDR 5

Georg Baselitz ist heute einer der erfolgreichsten deutschen Künstler. Seine erste Einzelausstellung ab dem 1.10.1963 wurde zun Skandal, die Staatsanwaltschaft schaltete sich ein.

Das Sujet ist bei Georg Baselitz immer das gleiche: verzerrte und entmenschlichte Aktfiguren von Männern, männlichen Säuglingen und männlichen Embryonen", berichtet die Deutsche Presseagentur über die erste Ausstellung von Georg Baselitz. Der 25-jährige Künstler ist geschockt über die heftigen Reaktionen. Zwar will Baselitz mit seinen Pinselstrichen "das Hässliche" hervorheben und durchaus auch provozieren, aber als Pornograf will er nicht wahrgenommen werden. Nun muss sich Baselitz wegen der "Erregung der Geschlechtslust und Verletzung des Scham- und Sittlichkeitsgefühls" vor Gericht verantworten. ***Das sind unsere wichtigsten Interviewpartner: Stephan Diederich, Kurator im Museum Ludwig; Martin Schwander, Kurator der Fondation Beyeler *** Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Thomas Mau; Redaktion: Matti Hesse


Stein des Anstoßes sind ein überdimensioniert gemalter Penis und ein onanierender Mann in den Bildern "Der nackte Mann" und "Die große Nacht im Eimer" von Georg Baselitz, so die naheliegende Interpretation der Bilder. Dabei sorgen diese Gemälde am Tag der Ausstellungseröffnung am 1. Oktober 1963 für wenig Aufsehen. Erst als die Presse die folgenden Tage "Galerie Werner & Katz eröffnete obszön" und "Schock in der Kunst-Galerie" titelt, rückt die Staatsanwaltschaft an und beschlagnahmt die beiden Bilder.
Spekulationen, der Künstler und die Galeristen Werner & Katz hätten den Skandal inszeniert, um den jungen Georg Baselitz bekannt zu machen, weisen sie bis heute zurück. "Nein, das war absolut tödlich, weil die ganze Bourgeoisie lehnte einen Besuch in einer Skandalgalerie ab", erinnert sich Galerist Benjamin Katz später. "Das war also wirklich ein falscher Start", sagt auch Baselitz. Geschadet hat ihm der Skandal aber nicht wirklich, er zählt heute zu den bedeutendsten zeitgenössischen Künstlern. Auch die Werke haben den Aufenthalt in der Asservatenkammer gut überstanden. Nach einem jahrelangen Prozess hängt "Die große Nacht im Eimer" heute im Museum Ludwig in Köln.

In diesem Zeitzeichen erzählt Thomas Mau:
  • Was an den konfiszierten Bildern als "obszön" wahrgenommen wurde.
  • Wer den Skandal ins Rollen gebracht haben könnte.
  • Wieso Georg Baselitz wegen "gesellschaftspolitischer Unreife" zuvor vom Osten in den Westen Berlins wechseln musste.
  • Wonach der als Hans-Georg Kern geborene Baselitz seinen Künstlernamen ausgewählt hat.
  • Welches Urteil die Richter gesprochen haben.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Georg Baselitz, Künstler
  • Benjamin Katz, Galerist
  • Stephan Diederich, Kurator im Museum Ludwig
  • Martin Schwander, Kurator der Fondation Beyeler

Weiterführende Links:
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