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Der Komponist Ferruccio Busoni stirbt in Berlin (am 27.7.1924)

Der Komponist Ferruccio Busoni stirbt in Berlin (am 27.7.1924) WDR Zeitzeichen 27.07.2024 14:23 Min. Verfügbar bis 28.07.2099 WDR 5

Kritiker rühmen Ferruccio Busonis Virtuosität: "Es gibt gute Pianisten und es gibt große Pianisten. Und es gibt Busoni." Doch der Klassik ist der Komponist und Dirigent zu modern, der Moderne zu klassisch.

Am 27. Juli 1924 stirbt Busoni, und mit ihm endet ein Leben voller Kreativität und kultureller Synthese. Seine Berliner Wohnung, ein Zentrum künstlerischen Austauschs, wird aufgelöst, und seine umfangreiche Bibliothek versteigert. ***Das ist unser wichtigster Interviewpartner: Reinhard Ermen, Biograf***


Als unermüdlicher Künstler reist er um die Welt, um mit seinem virtuosen Klavierspiel und seinen Kompositionen Geld zu verdienen. Doch Ferruccio Busoni ist weit mehr als nur ein Musiker. Er ist eine universelle Künstlerfigur, die die Traditionen der Renaissance in die moderne Musik überträgt.

Ferruccio Busoni wird 1866 in Empoli, Italien geboren. Er lebt für die Kunst und gestaltet sein Leben als ein Gesamtkunstwerk, wie es der Komponist Wolfgang Rihm beschreibt: "Kunst und Leben als Einheit, die komponierte Existenz."

Busonis musikalisches Erbe umfasst nicht nur seine eigenen Werke, sondern auch seine tiefgehenden Interpretationen und Bearbeitungen von Bach, Chopin und Mozart. Seine Kompositionen zeichnen sich durch intellektuelle Tiefe und technische Brillanz aus, wie etwa die "Fantasia contrappuntistica", eine Vollendung von Bachs unvollendeter "Kunst der Fuge".

Obwohl Busoni in der deutschen Musikkultur verwurzelt ist, prägen ihn seine italienischen Wurzeln ebenso wie seine internationale Karriere. Er ist ein Grenzgänger zwischen den Kulturen und Epochen, stets auf der Suche nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten.

In diesem Zeitzeichen erzählt Michael Struck-Schloen:
  • Von der letzten Geburtstagsfeier Busonis,
  • warum der Pianist in der Tradition der universellen Künstlerfiguren der Renaissance steht,
  • wie der Künstler eine Synthese aus Vergangenheit und Gegenwart schafft,
  • was die "Erklärung der Menschenrechte der Musik" ist,
  • und warum seine letzte Oper unvollendet bleibt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Gottfried Galston: Kalendernotizen über Ferruccio Busoni, mit Anm. und einem Vorwort hrsg. von Martina Weindel, Wilhelmshaven 2000.
  • Ferruccio Busoni: Von der Einheit der Musik, von Dritteltönen und junger Klassizität, von Bühnen und Bauten und anschliessenden Bezirken, Berlin 1922.
  • Ferruccio Busoni: Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst, hrsg. von H. H. Stuckenschmidt, Wiesbaden 1954.

Und das ist unser Interviewpartner:
  • Reinhard Ermen, Biograf

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Autor: Michael Struck-Schloen
Redaktion: Frank Zirpins

Heinrich VI. und der dramatische "Erfurter Latrinensturz"

Heinrich VI. und der dramatische "Erfurter Latrinensturz" WDR Zeitzeichen 26.07.2024 14:29 Min. Verfügbar bis 27.07.2099 WDR 5

Nur mit großer Anstrengung entgeht König Heinrich am 26.07.1184 dem Absturz in eine Jauchegrube. Viele Menschen sterben in der Kloake. Was ist damals in Erfurt los?

Überbelastete Balken, volle Latrine - diese Kombination kostet 1184 vielen Menschen das Leben. Beim Hoftag von König Heinrich VI. ist eine so große Menge an Würdenträgern versammelt, dass der Boden des Gebäudes die Last nicht tragen kann. Die Männer stürzen in die darunter befindliche Kloake. Der König gehört nicht zu den Opfern - dank Glück und Körperkraft. *** Das ist unserer Interviewpartner: Michael Kister (Historiker, Doktorand, München) ***


Ein König im konfliktreichen Mittelalter muss gut vermitteln können. Dafür ist der junge Heinrich VI. bestens ausgebildet. Sein erster Job führt ihn nach Erfurt. Denn in Thüringen bekriegen sich 1184 zwei hohe Reichsfürsten. Der Erzbischof von Mainz besitzt Erfurt und weite Landesteile. Der Landgraf von Thüringen macht sie ihm streitig, auch mit Gewalt.
Am Ende des diplomatischen Ringens um einen Kompromiss steht die Versammlung aller Parteien. Man trifft sich wahrscheinlich in der Propstei des Marienstifts, um den Fall abzuschließen. Geschätzt bis zu 100 Männer stapfen am 26. Juli die Treppen hoch. Viele mit Rüstungen und Schwertern. Der König und die Streithähne sitzen in einem Fenstererker, damit sie über den anderen thronen und sich ungestört besprechen können.
Doch dann brechen Balken und der Holzboden im oberen Stockwerk stürzt unter der Last der Menge nach unten. Ritter in ihren Rüstungen, Tische und Stühle, Schränke, Balken, Bretter, alles stürzt in die gewaltige Jauchegrube, die sich unten im Gebäude befindet. Wie viele Männer genau in den Fäkalien versinken und sterben, ist nicht überliefert. Geschätzt kommen 50 bis 100 Menschen ums Leben. König Heinrich VI. gehört nicht zu den Opfern.

In diesem Zeitzeichen erzählt Heiner Wember:
  • Was ein Fenstersims mit dem Überleben von Heinrich VI. zu tun hat,
  • wie einige der herabgestürzten Männer dank des Abflusssystems dem Tod entrinnen,
  • worauf die Statik beim Hausbau im Mittelalter beruht,
  • wer der Vater von König Heinrich VI. ist,
  • warum Heinrichs Rettung auch für das Reich ein Glücksfall ist.

Das ist unser wichtigster Interviewpartner:
  • Michael Kister (Historiker, Doktorand, München)

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Autor: Heiner Wember
Redaktion: Matti Hesse
Technik: Alexander Buske

Preußischer Abenteurer und Ausbrecher: Friedrich von der Trenck

Preußischer Abenteurer und Ausbrecher: Friedrich von der Trenck WDR Zeitzeichen 25.07.2024 14:45 Min. Verfügbar bis 26.07.2099 WDR 5

Im Kerker schrieb Friedrich von der Trenck mit seinem eigenen Blut Spottgedichte zwischen die Zeilen einer Bibel: nur eine Episode im abenteuerlichen Leben des Offiziers und Revolutionärs, der am 25.7.1794 in Paris hingerichtet wurde.

Spekulationen über den Grund für die erste von vielen Inhaftierungen Friedrich von der Trencks reichen von einer angeblichen Affäre mit der Schwester des Königs bis zum Verdacht des Landesverrats während des Schlesischen Krieges. ***Das ist unsere wichtigste Quelle: Christopher Frey: Der Preuße von Zwerbach. Das ruhelose Leben des Friedrich von der Trenck im Spiegel der Familienkorrespondenz. St. Pölten 2019.***


Friedrich von der Trenck ist ein preußischer Offizier und Abenteurer, dessen Leben von radikalen Ansichten und ständigen Konflikten mit der Obrigkeit geprägt ist. Geboren 1727 in Königsberg, dient er bereits mit 18 Jahren im Garderegiment Friedrichs II.

Trenck ist ein rastloser Geist, der es versteht, aus jeder Lage eine dramatische Geschichte zu machen. In seinen Memoiren schreibt er von spektakulären Ausbrüchen aus preußischen Festungen und den darauffolgenden abenteuerlichen Fluchten. Sie machen ihn europaweit bekannt.

In seinen Schriften wettert er gegen die Willkür der absolutistischen Herrscher und für demokratische Ideen. Doch sein radikaler Ton und sein unbändiger Egoismus bringen ihm viele Feinde ein. In Paris wird er zunächst als Held der Revolution gefeiert, doch die politischen Wirren und Verdächtigungen bringen ihn schließlich ins Gefängnis.

Am 25. Juli 1794 wird Friedrich von der Trenck in Paris hingerichtet, nur drei Tage bevor die Schreckensherrschaft der Jakobiner endete.

In diesem Zeitzeichen erzählt Christoph Vormweg:
  • warum Friedrich von der Trenk in Österreich und Preußen nicht mehr willkommen ist,
  • was seine Gefängnisausbrüche so spektakulär macht,
  • welche innovativen Ideen es ihm ermöglichen, trotz widrigster Umstände in Einzelhaft zu schreiben,
  • wie er sich in Paris als Opfer des Despotismus feiern lässt
  • und die Stadt letztendlich für ihn zur Sackgasse wird.

Das sind unsere wichtigsten Quellen:
  • Christopher Frey: Der Preuße von Zwerbach. Das ruhelose Leben des Friedrich von der Trenck im Spiegel der Familienkorrespondenz, St. Pölten 2019.
  • Eberhard Cyran (Hrsg.): Des Friedrich Freiherrn von der Trenck merkwürdige Lebensgeschichte. Memoiren und Historie, Berlin / Frankfurt am Main / Wien 1983.
  • Walter Grab: Ein Volk muss seine Freiheit selbst erobern. Zur Geschichte der deutschen Jakobiner, Frankfurt am Main / Olten / Wien 1984.

Und das ist unser Interviewpartner:
  • Dr. Christopher Frey (Wien)

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Autor: Christoph Vormweg
Redaktion: Christoph Tiegel und David Rother
Technik: Thomas Bleul

Die "Küchendebatte" zwischen Nixon und Chruschtschow

Die "Küchendebatte" zwischen Nixon und Chruschtschow WDR Zeitzeichen 24.07.2024 14:45 Min. Verfügbar bis 25.07.2099 WDR 5

Mitten im Kalten Krieg streiten zwei der mächtigsten Männer der Welt - über Einbauküchen. Am 24.7.1959 liefern sich Richard Nixon und Nikita Chruschtschow die legendäre "Küchendebatte".

"Sie sind ein Anwalt des Kapitalismus! Und ich bin ein Anwalt des Kommunismus! Lassen sie uns wettstreiten!" Als US-Vizepräsident Richard Nixon 1959 in Moskau den sowjetischen Premier Nikita Chruschtschow trifft, wird die Frage nach dem besseren System anhand amerikanischer Einbau-Küchen diskutiert. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Bernd Greiner (Historiker und Gründungsdirektor Berlin Kolleg "Kalter Krieg"); Shane Hamilton (Wirtschaftshistoriker Universität York); Odd Arne Westad: Der Kalte Krieg. Eine Weltgeschichte. Stuttgart, 2019 ***


Mitten im Kalten Krieg scheint es auf einmal Tauwetter zu geben. Nach dem Tod Stalins im März 1953 steht Nikita Chruschtschow an der Spitze der Sowjetunion. Viele hoffen seither auf Entspannung zwischen den beiden Supermächten.
Schon im Juni 1959 gibt es eine erste sowjetische Industrieausstellung in New York. Einen Monat später eröffnet am 24. Juli 1959 die amerikanische Landesausstellung im Moskauer Sokolniki-Park. Dort treffen US-Vizepräsident Richard Nixon und der sowjetische Partei- und Regierungschef Chruschtschow aufeinander. Es geht um die Frage: Welches System ist das bessere? Der Sozialismus oder der Kapitalismus?
Für Chruschtschow ist klar: "Lasst uns wetteifern, wer die meisten Güter für die Menschen produzieren kann. Dieses System ist besser und wird gewinnen." Nixon ist da ganz anderer Ansicht - und präsentiert Chruschtschow beim Rundgang durch die Ausstellung eine moderne amerikanische Einbauküche.

In diesem Zeitzeichen erzählt Andrea Kath:
  • Wie Chruschtschow auf Nixons Küchen-Präsentation reagiert,
  • welche Wortgefechte sich Nixon und Chruschtschow vor Ort liefern,
  • wer die "Küchendebatte" nach Punkten gewinnt,
  • wie sich die Auseinandersetzung auf die atomare Aufrüstung auswirkt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Bernd Greiner (Historiker und Gründungsdirektor Berlin Kolleg "Kalter Krieg")
  • Shane Hamilton (Wirtschaftshistoriker Universität York)
  • Shane Hamilton und Sarah Phillips: The Kitchen Debate and Cold War Consumer Politics. Boston und New York City, 2014
  • Ruth Oldenziel und Karin Zachmann: Cold War Kitchen, Americanization, Technology and European Consumers. Cambridge, 2009
  • Odd Arne Westad: Der Kalte Krieg. Eine Weltgeschichte. Stuttgart, 2019

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Autorin: Andrea Kath
Redaktion: David Rother

Die Reliquien der Heiligen Drei Könige kommen nach Köln

Die Reliquien der Heiligen Drei Könige kommen nach Köln WDR Zeitzeichen 23.07.2024 14:49 Min. Verfügbar bis 24.07.2099 WDR 5

Eigentlich sind es nur drei Skelette, aber sie haben Köln mit Pilger-Tourismus reich gemacht. Am 23.7.1164 kamen die Reliquien der heiligen drei Könige nach Köln.

Nachdem die Heiligen Drei Könige in Bethlehem Jesus gehuldigt haben, verliert sich ihre Spur. Erst viel später tauchen ihre angeblichen Überreste in Mailand auf. Dann nimmt Kaiser Barbarossa im 12. Jahrhundert die norditalienische Stadt ein - und übergibt die Gebeine dem ihm ergebenen Kölner Erzbischof Rainald von Dassel. *** Das ist unser wichtigster Interviewpartner: Professor Manfred Becker-Huberti (langjähriger Sprecher des Erzbistums Köln, Buchautor in der Heiligen- und Brauchtumsforschung) ***


In der Bibel oder ihren Übersetzungen gibt es die ein oder andere Ungenauigkeit. So auch bei den Heiligen Drei Königen. Im Matthäus Evangelium werden sie als "Magoi" bezeichnet, was später fälschlicherweise in "Magier" übersetzt wird. Tatsächlich meint Matthäus wohl den Stamm der Mager, einer Priesterkaste aus Persien.

Der Stern führt sie zu Jesus in der Krippe, sie huldigen ihm und beschenken ihn. Danach verliert sich ihre Spur, bis ihre angeblichen Überreste Jahrhunderte später nach Mailand gelangen.
Dort haben die Reliquien der Heiligen Drei Könige eine ganze Weile ihre Ruhe. Bis Kaiser Barbarossa 1162 die widerspenstigen norditalienischen Staaten auf Linie bringen will und vor Mailand steht. An seiner Seite der Kölner Erzbischof Rainald von Dassel.

Mailand wird eingenommen und geplündert. Da Barbarossa mit Reliquien nicht viel anzufangen weiß, vermacht er diverse Knochen dem treuen Kölner Erzbischof. Darunter angeblich auch die der Heiligen Drei Könige. Rainald von Dassel erkennt schnell, was man mit den Gebeinen anstellen kann.
Kaum sind die Reliquien in Köln, da strömen auch schon die ersten Pilger herbei. Und obwohl ihr Erzbischof schon bald nach der Reliquien-Übergabe wieder aufbricht - seine großartige Gabe werden ihm die Kölner nie vergessen.

In diesem Zeitzeichen erzählt Marko Rösseler:
  • mit welcher List Erzischof von Dassel sich auf dem Weg von Mailand nach Köln Wegelagerer und Reliquienräuber vom Hals hält,
  • warum sich die Zahl der heiligen Könige bei der Drei einpendelt,
  • wie die Mutter Konstantins der katholischen Kirche eine Flut an Reliquien beschert,
  • welche Rolle die Reliquien für den Baubeginn des Kölner Doms 1248 spielen,
  • warum die Frage nach der Echtheit der Gebeine kaum mit einem klaren "Ja" beantwortet werden kann.

Das ist unser wichtigster Interviewpartner:
  • Prof. Dr. Manfred Becker-Huberti, langjähriger Sprecher des Erzbistums Köln. Buchautor in der Heiligen- und Brauchtumsforschung.

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Autor: Marko Rösseler
Redaktion: Sefa Inci Suvak

New Yorker Verbrecherkönigin aus Kassel: Fredericka Mandelbaum

New Yorker Verbrecherkönigin aus Kassel: Fredericka Mandelbaum WDR Zeitzeichen 22.07.2024 14:50 Min. Verfügbar bis 23.07.2099 WDR 5

Am 22.7.1884 wurde Fredericka Mandelbau, Kopf des organisierten Verbrechens in New York, verhaftet: Wie kam es zum Aufstieg und Fall der Meisterhehlerin?

Fredericka Mandelbaum fängt klein an: Zu Beginn ihrer Karriere führt sie einen Kurzwarenladen in Manhattan. Dann organisiert sie von dort aus ihre kriminellen Aktivitäten in New York und schließlich in den gesamten USA, Mexiko, Kanada und Europa. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Margalit Fox (Journalistin, Biografin); Herbert Asbury: The Gangs Of New York. An Informal History of the Underworld. London 2002 ***


1850 entsteigt die 25-jährige Fredericka Mandelbaum mit ihrem Mann Wolfe dem elenden Unterdeck eines Auswandererschiffes. Die Mandelbaums kommen aus Deutschland und lassen sich direkt in Kleindeutschland nieder, der mit 50.000 Bewohnern größten Einwanderer-Enklave New Yorks.

In Deutschland verdienen die Mandelbaums ihren kargen Lebensunterhalt als Hausierer, als Verkäufer wiederverwerteten Mülls. Auf die gleiche Art versuchen sie es auch in Kleindeutschland. Ihre Aufstiegschancen sind damit äußerst überschaubar.

Doch Fredericka Mandelbaum baut eine kriminelle Organisation auf, mit der sie zu ungeheurem Reichtum gelangt. Von ihrem kleinen Kurzwarenladen in Manhattan aus organisiert sie ihre kriminellen Aktivitäten in New York und darüber hinaus in den gesamten USA, Mexiko, Kanada und bis nach Europa.
Bis 1884 wächst ihre Organisation zur größten kriminellen Vereinigung New Yorks. Am 22. Juli 1884 endet mit ihrer Festnahme Mandelbaums kriminelle Karriere in New York. Im Gefängnis aber landet sie nicht.

In diesem Zeitzeichen erzählt Martin Herzog:
  • welche Schätze die Pinkerton-Detektive bei der Festnahme in Fredericka Mandelbaums Kurzwarenladen finden,
  • wie Mandelbaum den Rat des Spitzels, der für ihre Verhaftung sorgt, quittiert,
  • warum Charles Dickens sich nur unter Polizeischutz in das New Yorker Kleindeutschland wagt,
  • wie sich die Königin der Unterwelt durch einen Geheimgang mit geschätzt einer Millionen Dollar im Gepäck spektakulär absetzt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Margalit Fox, Journalistin, Biografin
  • Margalit Fox: The talented Mrs. Mandelbaum. The Rise and Fall of an American Organized-Crime Boss. Random House, New York 2024 - auf Deutsch: Die furchtlose Mrs. Mandelbaum. Vom Aufstieg und Fall einer berühmt-berüchtigten Frau im New York der Gangs und Ganoven. MVG Verlag, München 2024 (erscheint im Dezember)
  • Herbert Asbury: The Gangs Of New York. An Informal History of the Underworld, Arrow Books, London 2002

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Die Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autor: Martin Herzog
Redaktion: Matti Hesse

Der beste Radrennfahrer seiner Zeit: Eddy Merckx

Der beste Radrennfahrer seiner Zeit: Eddy Merckx WDR Zeitzeichen 21.07.2024 14:28 Min. Verfügbar bis 22.07.2034 WDR 5

Sein Spitzname war "der Kannibale", weil er seine Gegner "mit Haut und Haaren fraß". Seine sportlichen Leistungen waren spektakulär: Am 21. Juli 1974 gewann Eddy Merckx zum 5. Mal die Tour de France.

Die beiden wichtigsten Radrennen, die Tour de France und den Giro d’Italia, gewinnt er jeweils fünfmal. Insgesamt erringt Eddy Merckx in seiner Laufbahn 525 Profisiege. ***Das ist unsere wichtigste Quelle: O-Ton Reportage Dieter Zimmer***


Eddy Merckx, der beste Radrennfahrer seiner Zeit. Fünf Mal siegt er bei der Tour der France, das letzte Mal am 21. Juli 1974. Dieses Kunststück gelingt vor ihm nur Jacques Anquetil. In seiner bis heute beispiellosen Karriere gewinnt Merckx auch fünf Mal den Giro d`Italia, die Vuelta a España und 19 Radklassiker.

Das Jahr 1969 markiert den Beginn der Ära Eddy Merckx - im Guten, wie im Schlechten. Vor seinem ersten haushohen Sieg bei der Tour de France steht der Giro d`Italia auf dem Rennkalender. Merckx gewinnt vier Etappen und führt in der Gesamtwertung. Doch dann wird er positiv auf verbotene Substanzen getestet. Merckx wird bis zum 1. Juli gesperrt. Kein Start bei der Tour de France.

Einen Publikumsmagneten wie Merckx möchte man natürlich bei der Tour haben. Nach einigen negativen Tests wird die Sperre aufgehoben. Die anschließende Tour gewinnt der Belgier unangefochten.

Im Mai 1978 erklärt Eddy Merckx auf Anraten seiner Ärzte seinen Rückzug aus dem Rennsport. Der "zweite König" von Belgien, wie ihn seine Landsleute nennen, tritt ab, wie er früher am Berg antritt: Schnörkellos konsequent, nur aufs Ziel fokussiert, dabei aber ein fairer Sportsmann.

In diesem Zeitzeichen erzählt Herwig Katzer:
  • wie in Flandern rund um Jahrmärkte, Stadtfeste und Feiertage Radsporttalente entdeckt werden,
  • was Eddy Merckx seinen Spitznamen "Der Kannibale" beschert,
  • was die französische Radsportikone Jacques Anquetil über den belgischen Ausnahmesportler sagt,
  • wie Eddy Merckx sich auch als Mannschaftssportler zeigt,
  • welcher der zahlreichen Merckx-Rekorde bis 2024 hält.

Das sind unsere wichtigsten Quellen:
  • O-Ton Reportage Dieter Zimmer
  • O-Ton Herbert Watterott (WDR)

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Autor: Herwig Katzer
Redaktion: Sefa Suvak

Erfinder der Dinosaurier: Richard Owen wird geboren (20.7.1804)

Erfinder der Dinosaurier: Richard Owen wird geboren (20.7.1804) WDR Zeitzeichen 20.07.2024 14:32 Min. Verfügbar bis 21.07.2099 WDR 5

Kinder und Kinobesucher lieben Dinosaurier. Erfunden hat den Begriff der Naturforscher Richard Owen. Bekannt wurde er vor allem durch seinen prominenten Streit mit Charles Darwin.

Richard Owen ist einer der bedeutendsten Naturwissenschaftler des 19. Jahrhunderts. In die Geschichtsbücher ist er jedoch nicht als strahlender Held der Forschung eingegangen, sondern als mürrischer Gegner von Charles Darwins Evolutionstheorie. *** Das ist unser wichtigster Interviewpartner: Prof. Paul Barrett (Paläontologe) ***


Das 19. Jahrhundert ist eine spannende Zeit für die Naturwissenschaften. Vieles ist in den Jahrzehnten zuvor entdeckt worden, aber noch viel mehr gilt es zu enträtseln.
Richard Owen wird am 20.07.1804 im nordenglischen Lancaster geboren. Mit 16 geht er in die Lehre bei einem Chirurgen. Er interessiert sich vor allem für die Anatomie, also den Aufbau des menschlichen Körpers. Später wechselt er an das St. Bartholomew's Hospital in London, kurz darauf wird er in das Königliche Chirurgenkolleg aufgenommen.
Von der Britischen Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft wird er beauftragt, alle Reptilienfossilien, die in Großbritannien jemals gefunden wurden, zu beschreiben und zu systematisieren. Darunter sind auch die Überreste von drei gigantischen Reptilien.
Owen erkennt, dass die Knochen Merkmale aufweisen, die bei keinem lebenden Reptil zu finden sind. Er hat es mit einer völlig neuen Gruppe von Reptilien zu tun und nennt sie "Dinosaurier" - wörtlich übersetzt: "schreckliche Echsen".
Während Owen zum anerkannten Experten für Anatomie und Zoologie aufsteigt, nimmt auch die Karriere eines anderen Mannes Fahrt auf: Charles Darwin. Anders als Owen treibt es Darwin hinaus in die Welt. Mit Darwins Evolutionstheorie kann der religiöse Owen nichts anfangen - mehr noch: er bekämpft sie verbissen.
Unter Wissenschaftlern gehört Owen schon bald zum alten Eisen. Als Museumsmensch leistet er jedoch weiterhin Großes: Jahrelang setzt er sich intensiv für die Gründung eines Naturhistorischen Museums in London ein, dessen erster Direktor er nach der Eröffnung 1881 wird.

In diesem Zeitzeichen erzählt Daniela Wakonigg:
  • dass Richard Owen und Charles Darwin anfangs eine herzliche Beziehung verband,
  • welche Gründe zum Streit zwischen ihnen geführt haben könnten,
  • was der Hippocampus mit dem Streit zu tun hatte,
  • dass Owens Naturhistorisches Museum heute über 80 Millionen Objekte beherbergt,
  • warum eine Statue von Charles Darwin das Erste ist, was man sieht, wenn man das Museum betritt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Prof. Paul Barrett (Paläontologe am Natural History Museum in London)
  • Patrick Armstrong: Critical Lives: Richard Owen. London 2023.
  • Nicolaas Rupke: Richard Owen. Biology without Darwin. A Revised Edition. Chicago 2009.

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Autorin: Daniela Wakonigg
Redaktion: Frank Zirpins
Technik: Jürgen Mönkediek

Das erste öffentliche Pissoir in Paris (am 19.7.1839)

Das erste öffentliche Pissoir in Paris (am 19.7.1839) WDR Zeitzeichen 19.07.2024 14:46 Min. Verfügbar bis 20.07.2099 WDR 5

Öffentliche Toiletten sind eine zivilisatorische Errungenschaft. Und sie erzählen viel über das Patriarchat, die Gleichberechtigung von Frau und Mann und Unterschiede zwischen arm und reich.

Pecunia non olet – Geld stinkt nicht. Das hat bereits der römische Kaiser Vespasian erkannt. Im ersten Jahrhundert n. Chr. lässt er öffentliche Latrinen aufstellen, erhebt darauf eine Steuer und verkauft den Urin. Damit nimmt das Geschäft mit dem Geschäft seinen Lauf. *** Das ist unser wichtigster Interviewpartner: Florian Kinast (Journalist, Schriftsteller) ***


Wo und wann die allererste öffentliche Toilette der Geschichte gestanden hat - das weiß niemand so genau. Vielleicht in Mesopotamien, 2400 vor Christus. Archäologen haben dort im Nordpalast von Ešnunna sieben nebeneinanderliegende, in Stein gemeißelte Löcher gefunden. Für die kann es nur eine Erklärung geben: Hier konnte, wer musste.
Den Römern wird sogar eine regelrechte Latrinenbesessenheit nachgesagt. "Stille Orte" sind Latrinen dabei nicht: Hier wird Handel betrieben, werden Verträge beschlossen. Getreu der heute bekannten Redensart: "Ich geh mein Geschäft machen."
Aber nicht nur auf den Latrinen werden Geschäfte gemacht. Latrinenbetreiber sammeln und verkaufen den Urin als Mittel zur Gerbung von Leder. Das Geschäft ist so einträglich, dass der römische Kaiser Vespasian sogar eine Latrinensteuer einführt. Auf den Protest seines Sohnes soll Vespasian ihm das eingenommene Geld unter die Nase gehalten und entgegnet haben: "Pecunia non olet - Geld stinkt nicht." Bis heute nennen die Franzosen ihre öffentlichen Toiletten "Vespasiennes".
Mit dem Zerfall des Römischen Reiches ist auch die gehobenere Klokultur dahin. Im Mittelalter erleichtert man sich hinter einem Busch oder in einer Hausecke. Um 1800 bieten "mobile Abtrittsanbieter" ihre Dienste an - Buttenweiber oder Buttenmänner mit zwei Eimern, in die man gegen einen kleinen Obolus sein Geschäft verrichten kann. Auch hier wird der Urin dann wieder gewinnbringend etwa an Färber verkauft.
Mitte des 19. Jahrhunderts setzt sich in europäischen Großstädten wie Paris und London die Kanalisation durch. Am 19. Juli 1839 gibt der Polizeipräsident von Paris bekannt: "Ich habe versuchsweise auf dem Boulevard Montmartre und dem Boulevard des Italiens die Errichtung von Plakatsäulen mit Innen-Urinal-Ständen gestattet." Für Frauen entstehen erst 1902 rund ein Dutzend "Notdurft-Chalets".

In diesem Zeitzeichen erzählt Martina Meißner:
  • warum in Berlin die ersten Litfaßsäulen Urinale enthalten sollten - es aber nicht taten,
  • wie und warum das Dixie-Klo in einer Garage in Velbert erfunden wurde und
  • wie der Papst dem Dixie-Klo zum Durchbruch verhalf,
  • warum Frauen vor wenigen Jahren in den Niederlanden zu "Pinkelprotesten" aufriefen,
  • auf was der Welttoilettentag am 19. November aufmerksam machen soll,
  • warum die öffentliche Toilette heute ein bedrohter Ort ist.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Florian Kinast (Journalist, Schriftsteller)
  • Rebekka Endler: Das Patriarchat der Dinge. Warum die Welt Frauen nicht passt. Köln 2021.
  • Florian Kinast: Die Toilette. Alles zum stillen Örtchen. Berlin 2024.
  • Ralph Schock: Der liebste Ort auf Erden. Klogeschichten. Zürich 2015.

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Autorin: Martina Meißner
Redaktion: Sefa İnci Suvak

Nero und der Brand von Rom: Wahrheit oder Mythos?

Nero und der Brand von Rom: Wahrheit oder Mythos? WDR Zeitzeichen 18.07.2024 15:45 Min. Verfügbar bis 19.07.2099 WDR 5

Wieso brach der Große Brand Roms in der Nacht vom 18. auf den 19. Juli 64 n. Chr. aus? War es Kaiser Nero? Oder gar die Christen? Was ist Wahrheit und was nur Propaganda?

Waren's die Christen? Oder hat Kaiser Nero Rom anzünden lassen? Bis heute ist unklar, wer für das verheerende Feuer verantwortlich sein könnte. Klar ist aber: Nero hätte sich mit dem Brand vor allem selbst geschadet. *** Das ist unser wichtigster Interviewpartner: Dr. Alexander Bätz (Althistoriker) ***


Die Straßen sind eng in Rom, die Flammen haben leichtes Spiel: Eine Woche lang wüten im Juli des Jahres 64 verheerende Flammen in der Stadt. Viele Menschen sterben, das ist gewiss. Wie viele, ist nicht überliefert. Das Feuer zerstört wertvolle Bau- und Kunstwerke, auch Wohnhäuser und Werkstätten. Doch warum brach es aus, war es Brandstiftung?

Aber wer könnte ein Interesse an dem zerstörerischen Brand haben? Etwa Nero Claudius Caesar Augustus Germanicus, letzter Kaiser der julisch-claudischen Dynastie? Nero ist sicherlich kein Engel - aber ein Brandstifter ist er auch nicht. Er hätte sich mit dem Brand vor allem selbst geschadet. Das Feuer ist unterhalb seines eigenen Palastes ausgebrochen, sein eigener Besitz ist stark gefährdet.

Zu Beginn der Feuersbrunst ist Nero zwar nicht in der Stadt. Es ist aber gut belegt, dass er sich, als er die Nachricht vom Brand hört, sofort nach Rom aufmacht und die Löscharbeiten organisiert. Er lässt seine Parks für diejenigen öffnen, die vor dem Feuer flüchten, und Behelfsbauten für die vielen Obdachlosen errichten. Er ordert Nahrungsmittellieferungen aus Ostia und senkt den Getreidepreis.

Beim Volk ist Nero, der lieber Sportler oder Künstler als Kaiser geworden wäre, beliebt. Bei den Senatoren hingegen weniger. Nach Neros Tod beschließt der Senat denn auch, sein Andenken zu verdammen. Vielleicht haben deshalb fast 2.000 Jahre nach dem Brand von Rom die meisten Menschen einen gefährlichen und brutalen Irren vor Augen, wenn sie an Nero denken.

In diesem Zeitzeichen erzählt Wolfgang Meyer:
  • dass heute noch unklar ist, wie der Brand entstanden ist,
  • warum antike Schminkspiegel für Neros damalige Beliebtheit sprechen,
  • wie Hollywood auf Nero und den Brand schaut.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Dr. Alexander Bätz (Althistoriker und wissenschaftlicher Bibliothekar an der Universität Konstanz)
  • Leandro Polverini (Professor für antike Geschichte an der Universität Rom)

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Autor: Wolfgang Meyer
Redaktion: Matti Hesse

"I can't breathe": Eric Garner stirbt nach Festnahme in New York

"I can't breathe": Eric Garner stirbt nach Festnahme in New York WDR Zeitzeichen 17.07.2024 14:37 Min. Verfügbar bis 18.07.2099 WDR 5

Am 17.7.2014 stirbt Eric Garner nach einer brutalen Festnahme. Elfmal ruft er "I can't breathe" - vergeblich. Die Worte werden zum Symbol der Black-Lives-Matter-Bewegung.

Gemessen am Bevölkerungsanteil werden Schwarze in den USA mehr als doppelt so oft von Polizisten getötet wie Weiße. Der Tod von Eric Garner führt 2014 zu landesweiten Demos und Protesten. Seine letzten Worte sind: "I can't breathe." *** Das ist unser wichtigster Interviewpartner: Silvan Niedermeier (Historiker) ***


Der 17. Juli ist ein Sommertag in Staten Island, dem südlichsten Stadtteil von New York. Eric Garner lehnt an einer Hauswand, als ihn die Polizei anspricht. Er soll unversteuerte Zigaretten verkauft haben. Garner ist zwar polizeibekannt, wurde schon mehrfach wegen kleinerer Delikte verhaftet. Doch an diesem Nachmittag geht er nur spazieren.
Der Afroamerikaner misst mehr als 1 Meter 90 und wiegt fast 160 Kilogramm. Er hat etliche gesundheitliche Probleme, ist ständig krank. Im Verlauf des Gesprächs mit den Beamten beteuert er immer wieder, nichts getan zu haben, bittet sie, ihn in Ruhe zu lassen - vergebens. Vier Beamte versuchen schließlich, ihn zu Boden zu bringen. Einer von ihnen ist Daniel Pantaleo.
Pantaleo würgt Garner im Verlauf des Handgemenges so sehr, dass dieser am Boden liegend nur noch röcheln kann: "I can’t breathe, I can’t breathe." Wenig später verstummt er. Eric Garner erstickt.

In diesem Zeitzeichen erzählen Ulrich Biermann und Veronika Bock:
  • warum Schwarze in den USA oft Opfer von Polizeigewalt werden,
  • ob Daniel Pantaleo für sein Handeln bestraft wurde,
  • wie die "Black Lives Matter"-Bewegung die USA veränderte.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Silvan Niedermeier (Historiker, Uni Erfurt)
  • Matt Taibbi: I Can't Breathe: A Killing on Bay Street. 2017

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Autoren: Ulrich Biermann und Veronika Bock
Redaktion: Matti Hesse

Adolf Lüderitz: Mit Betrug zum kolonialen Besitz

Adolf Lüderitz: Mit Betrug zum kolonialen Besitz WDR Zeitzeichen 16.07.2024 14:45 Min. Verfügbar bis 17.07.2099 WDR 5

Seinen eigenen Streifen Land in Afrika hat Adolf Lüderitz durch einen Betrug deutlich vergrößert - der Anfang vom Genozid an Herero und Nama. Wie soll man heute an ihn erinnern?

Im Zuge der Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschichte, wird heute vermehrt gefordert, Straßen, die Namen wie den von Adolf Lüderitz tragen, umzubenennen. Diese Forderungen sind Teil eines größeren Diskurses über die Erinnerungskultur und die Aufarbeitung kolonialer Verbrechen. *** Das ist unser wichtigster Interviewpartner: Prof. Jürgen Zimmerer, Afrikawissenschaftler und Leiter der Forschungsstelle Hamburgs (-post-) koloniales Erbe ***


Adolf Lüderitz, ein Name, der heute kontrovers diskutiert wird: Der deutsche Kaufmann und Kolonialpolitiker, trägt maßgeblich zur Gründung der Kolonie Deutsch-Südwestafrika bei.

Geboren am 16. Juli 1834 in Bremen, tritt Lüderitz nach einer Ausbildung im Ausland zunächst in das väterliche Tabakunternehmen ein. Doch sein Abenteurergeist und seine Goldgräbermentalität führen ihn schließlich nach Südwestafrika.

Durch fragwürdige Landkäufe und betrügerische Verträge legt er die Grundlage für die deutsche Kolonialherrschaft. Seine Unternehmungen finden ein abruptes Ende, als er 1886 während einer Expedition im Süden der Kolonie verschwindet. Seine Leiche wird nie gefunden.

Die rund 30-jährige deutsche Kolonialherrschaft in Südwestafrika ist geprägt von Ausbeutung, Unterdrückung und Gewalt, die 1904 in den Aufständen der Herero und Nama und deren brutaler Niederschlagung gipfelt.

In diesem Zeitzeichen erzählt Maren Gottschalk:
  • warum Bismarck Kolonien zunächst als Luxus betrachtet und was seine Meinung ändert,
  • wie die Geschichte der ersten deutschen Kolonie mit einem Betrug beginnt,
  • was es mit der Lüderitzbucht auf sich hat,
  • wieso der Kaufmann Adolf Lüderitz auch "Lügenfritz" genannt wird,
  • und warum es immer noch zu viel Unwissen über die deutsche Kolonialgeschichte gibt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen:
  • Jürgen Zimmerer (Hg): Kein Platz an der Sonne, Erinnerungsorte der deutschen Kolonialgeschichte, Frankfurt, New York 2013.
  • Ders. und Joachim Zeller (Hg), Völkermord in Deutsch-Südwestafrika, Berlin 2003.
  • Horst Drechsler, Südwestafrika unter Deutscher Kolonialherrschaft, Berlin 1966.
  • Wilhelm Schüßler, Adolf Lüderitz. Ein deutscher Kampf um Südafrika 1883-1886, Bremen 1936.

Und das ist unser Interviewpartner:
  • Prof. Jürgen Zimmerer, Afrikawissenschaftler und Leiter der Forschungsstelle Hamburgs (-post-) koloniales Erbe

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Autorin: Maren Gottschalk
Redaktion: Frank Zirpins
Technik: Nikolas Dohle

Vom Kabarett ins KZ und ins Kloster: Isa Vermehren

Vom Kabarett ins KZ und ins Kloster: Isa Vermehren WDR Zeitzeichen 15.07.2024 14:45 Min. Verfügbar bis 16.07.2099 WDR 5

Isa Vermehren ist die erste Frau, die das Wort zum Sonntag spricht. Die Nonne und Schauspielerin erreicht damit viele Menschen. Sie stirbt am 15.7.2009 in Bonn.

Als sie die Hakenkreuzfahne nicht grüßt, fliegt Isa Vermehren von der Schule. Daraufhin geht sie ins große Berlin, wird Kabarettistin und macht Karriere. Immer an ihrer Seite: Ziehharmonika "Agathe". Doch als ihr Bruder zu den Briten überläuft, kommt Vermehren ins KZ. Nach dem Krieg ändert sie ihr Leben - und wird Nonne. *** Das ist unsere wichtigste Interviewpartnerin: Dr. Helga Böse, Wegbegleiterin von Isa Vermehren und Herausgeberin ihrer Tagebücher


Isa Vermehren kommt 1918 in Lübeck zur Welt. Sie ist das Kind einer wohlhabenden Senatorenfamilie - protestantisch, liberal, weltoffen. Ihr Vater ist Jurist, die Mutter Journalistin. Gemeinsam mit ihren zwei Brüdern verbringt sie eine unbeschwerte Kindheit. 1933 erlebt sie dann jedoch den ersten gravierenden Einschnitt in ihrem Leben: Sie fliegt von der Schule, weil sie sich weigert, die Hakenkreuzfahne zu grüßen.
Ohne Abschluss reist die 15-jährige nach Berlin. Im Gepäck hat sie ihr Akkordeon, das sie - nach einer ihrer früheren Kinderschwestern - "Agathe" nennt. Vermehren und "Agathe" machen Karriere im Kabarett. Nebenbei nimmt sie Schallplatten auf und spielt in UFA-Filmen neben Stars wie Rudolf Platte oder Brigitte Horney.
Doch dann wird Vermehren in den Krieg geschickt: Sie und "Agathe" sollen die Truppe hinter der Front bei Laune halten. 1944 wird die Sängerin plötzlich verhaftet. Ihr Bruder, der kürzlich in den diplomatischen Dienst eingetreten war, ist zu den Briten übergelaufen. Die ganze Familie wird in "Sippenhaft" genommen. Isa Vermehren kommt ins KZ - sie überlebt.
Nach dem Krieg ändert sie ihr Leben radikal und wird Nonne. Als Schwester Isa kennen sie viele Fernsehzuschauer: Bis Mitte der 1990er Jahre präsentiert Vermehren regelmäßig in der ARD "Das Wort zum Sonntag". Isa Vermehren stirbt am 15. Juli 2009 im Alter von 91 Jahren. Und "Agathe"? Die steht bis heute im Haus der Geschichte in Bonn.

In diesem Zeitzeichen erzählt Claudia Belemann:
  • Warum sich Vermehren als Schülerin geweigert hat, die Hakenkreuzfahne zu grüßen,
  • wie das Lied "Eine Seefahrt, die ist lustig" zur Anti-Nazi-Hymne wird,
  • welche Voraussetzungen Vermehren erfüllen musste, um in den Orden aufgenommen zu werden,
  • ob Vermehren es jemals bereut hat, ins Kloster gegangen zu sein.

Das ist unsere wichtigste Interviewpartnerin:
  • Dr. Helga Böse, Wegbegleiterin von Isa Vermehren und Herausgeberin ihrer Tagebücher

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Autorin: Claudia Belemann
Redaktion: Sefa Inci Suvak
Techniker: Nico Soellner

Louis Barthas: Jeden Tag an den Wahnsinn des Kriegs erinnern

Louis Barthas: Jeden Tag an den Wahnsinn des Kriegs erinnern WDR Zeitzeichen 14.07.2024 14:37 Min. Verfügbar bis 15.07.2099 WDR 5

Minutiös schreibt Louis Barthas das Grauen auf, das er als Korporal im Ersten Weltkrieg gesehen hat. Doch der einfache Handwerker glaubt nicht, mit intellektuellen Autoren mithalten zu können. Erst sein Enkel gibt die Erinnerungen als Buch heraus.

Heute erinnert ein Gedenkstein in seinem Heimatdorf Peyriac-Minervois an Louis Barthas und seine Botschaft des Friedens: "[…] Ich, als Überlebender, glaube, dass mich ihr Wille inspiriert hat, rast- und gnadenlos bis zu meinem letzten Atemzug für die Idee des Friedens und der Brüderlichkeit unter den Menschen zu kämpfen." *** Das ist unsere wichtigste Quelle: Louis Barthas, Les carnets de guerre de Louis Barthas, tonnelier, 1914-1918, Paris 1997. ***


Es ist Winter 1914/15, als Louis Barthas, ursprünglich ein einfacher Küfer aus dem sonnigen Südwesten Frankreichs, in den Schützengräben liegt und beginnt, seine Erlebnisse festzuhalten.

Barthas ist kein typischer Soldat. Mit 35 Jahren, verheiratet und Vater von zwei Söhnen, wird er im August 1914 eingezogen. Als überzeugter Pazifist und Sozialist steht er dem Krieg kritisch gegenüber.

In den Tagebüchern schreibt er über die brutalen Kämpfe, das harte Leben in den Schützengräben und die unmenschlichen Befehle der Vorgesetzten. Er reflektiert über die Sinnlosigkeit des Krieges, die Verzweiflung und Angst. Aber er berichtet auch von zwischenmenschlichen Begegnungen mit deutschen Soldaten, von Momenten der Menschlichkeit und seinen Visionen von Frieden und Brüderlichkeit.

Barthas Erlebnisse, die er auf über 1.700 Seiten festhält, bleiben zunächst unbeachtet. Erst 1977, lange nach seinem Tod, werden sie veröffentlicht. Der unverfälschte Einblick in das Leben eines einfachen Soldaten im Ersten Weltkrieg wird zum Bestseller und Mahnmal - und hat auch heute nichts von seiner Aktualität verloren.

In diesem Zeitzeichen erzählt Sabine Mann:
  • Warum Infanterie-Korporal Louis Barthas das Vorgehen seiner Befehlshaber für barbarisch hält,
  • warum es sich bei Barthas trotz nur grundlegender Schulausbildung um einen belesenen Mann handelt,
  • woran er glaubt,
  • wie er den „Weihnachtsfrieden“ erlebt,
  • und was uns die Berichte über den tatsächlichen Alltag und Ablauf des Krieges erzählen.

Das sind unsere wichtigsten Quellen:
  • Louis Barthas, Les carnets de guerre de Louis Barthas, tonnelier, 1914-1918, Paris 1997.
  • Jean Renoir in „Mein Leben und meine Filme“, München 1975.

Und das sind unsere Interviewpartner:
  • Gerd Krumeich, Historiker
  • Stéphane Audoin-Rouzeau, Historiker und Co-Direktor des Historial de la Grande Guerre

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Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autorin: Sabine Mann
Redaktion: Christoph Tiegel/Frank Zirpins
Technik: Annett Bastian

Frida Kahlo stirbt am 13.7.1954

Frida Kahlo stirbt am 13.7.1954 WDR Zeitzeichen 13.07.2024 14:47 Min. Verfügbar bis 14.07.2099 WDR 5

Kunst und Courage: Mit riesigem Selbstbehauptungswillen wird die Mexikanerin Frida Kahlo zu einer der einflussreichsten Malerinnen aller Zeiten.

Frida Kahlos Leben ist ein Ringen. Ein Ringen mit dem eigenen Körper, denn der Tod verfehlt Frida lange nur knapp. Mit 18 Jahren überlebt sie einen schweren Unfall - mit den Verletzungen hat sie zeitlebens zu kämpfen. Wie sich ihr malträtierter Körper anfühlt, davon erzählen Frida Kahlos Bilder. Die größte Malerin Lateinamerikas wandelt ihre Schmerzen in Kunst um. *** Das ist unsere wichtigste Interviewpartnerin: Mariella Remund, Kunstmuseum Gehrke Remund in Baden-Baden


Frida Kahlo gehört zu den bekanntesten Künstlerinnen aller Zeiten. Ihre Selbstporträts mit Blumenkranz und Monobraue erzielen Millionenpreise. Dabei dient die Kunst für Kahlo in erster Linie dazu, ein Leben voller Höhen und Tiefen zu verarbeiten. Ihre Werke lesen sich wie ein Tagebuch.

Die 1907 geborene Frida ist ein wissbegieriges Mädchen mit unbändigem Bewegungsdrang. Doch sehr früh schon muss sie erfahren, dass der menschliche Körper auch ein Gefängnis sein kann. Mit 18 Jahren schließlich verändert ein schwerer Busunfall ihr Leben für immer: Sie erleidet einen dreifachen Bruch der Wirbelsäule, ihr rechtes Bein war elfmal gebrochen und der Fuß verdreht. Dass sie den Unfall überlebt, grenzt an ein Wunder. Allein und gefesselt an ihr Krankenbett beginnt Kahlo sich selbst zu porträtieren.

Zurück im Leben lernt sie den Maler Diego Rivera kennen und lieben. Nach der Hochzeit verwandelt sich Kahlo: Sie wird - wie ihr Mann - glühende Kommunistin, trägt folkloristische Kleider, Ketten und Ohrschmuck. Ihr dunkles Haar schmückt Frida mit Blumen und Bändern, wird so selbst zu einem Kunstwerk. Uneingeschränkt glücklich wird sie aber nicht. Ihre Ehe ist turbulent, ihr Mann hat zahlreiche Affären, zudem erleidet Kahlo drei Fehlgeburten, die sie oft in ihrer Kunst thematisiert und verarbeitet.

1938 hat Frida Kahlo in New York und Paris ihre ersten Einzelausstellungen und wird zur gefeierten Künstlerin. Privat ist sie auf einem Tiefpunkt, flüchtet in Alkohol. Auch ihr Körper wird immer schwächer. Als die Ärzte versuchen, vier Rückenwirbel mit einem Metallstück zu verbinden, werden die Schmerzen so unerträglich, dass Kahlo morphiumsüchtig wird. Das Bild "Die zerbrochene Säule" von 1944 drückt ihre Qualen aus.

Am 13. Juli 1954, stirbt die berühmteste Malerin Lateinamerikas. Ihrem Tagebuch vertraut sie an: "Ich hoffe nie wiederzukehren."

In diesem Zeitzeichen erzählt Andrea Klasen:
  • Welchen Einfluss Fridas geliebter Vater auf ihre künstlerische Laufbahn hat,
  • wie unterschiedlich Frida und Diego sind - äußerlich und in ihrer Lebenseinstellung,
  • von Diegos Affäre mit Fridas Lieblingsschwester Cristina und den Folgen,
  • was Kahlo auf sich nimmt, um bei ihrer ersten Einzelausstellung in Mexiko dabei zu sein.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Mariella Remund (Kunstmuseum Gehrke Remund in Baden-Baden)
  • Christina Burrus: "Frida Kahlo - Ich male meine Wirklichkeit", München 2021
  • Helga Prignitz-Poda: "Frida Kahlo - Die Malerin und ihr Werk", München 2003
  • Film: "Frida" (2002); Hauptrolle: Salma Hayek

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Autorin: Andrea Klasen
Redaktion: David Rother

Schutz vor königlicher Willkürjustiz: Die Habeas-Corpus-Akte

Schutz vor königlicher Willkürjustiz: Die Habeas-Corpus-Akte WDR Zeitzeichen 12.07.2024 14:32 Min. Verfügbar bis 13.07.2099 WDR 5

Am 12.7.1679 genehmigt König Charles II. das Gesetz. Auch wenn es vor allem Adlige vor der Geiselhaft des Königs bewahren soll - es gilt für jeden Bürger Englands.

Die "Habeas Corpus"-Akte ist ein 345 Jahre altes, aber bis heute bedeutendes britisches Gesetz. In Kraft tritt es am 12. Juli 1679 - zum Schutz vor königlicher Willkürjustiz. Zu verdanken ist die Durchsetzung dieses Gesetzes dem englischen Parlament, das König Charles II. dazu zwingt, die Akte zu unterzeichnen. Ihre Prinzipien sind Bestandteil jeder demokratischen Verfassung. *** Das ist unser wichtigster Interviewpartner: Prof. Ronald Asch, emeritierter Historiker und Experte für die Geschichte Großbritanniens im 16. und 17. Jahrhundert ***


"Habeas Corpus" ist lateinisch und heißt: "Du mögest den Körper haben". Diese eher kryptische Formulierung ist der Name eines 1679 erlassenen Gesetzes, das noch heute als Meilenstein in der Geschichte der Menschen- und Freiheitsrechte gilt.

Hintergrund: Im England des 17. Jahrhunderts ist es üblich, dass so mancher nicht genehme Untertan willkürlich verhaftet und abgeurteilt wird - und zwar im Namen des Königs. Denn dessen Herrschaft gilt als gottgewollt.

Diesem unmoralischen Treiben will das Parlament, in dem Adlige und reiche Bürger das Sagen haben, einen Riegel vorschieben. Es zwingt König Charles II. ein Gesetz zu unterzeichnen, und so tritt am 12. Juli 1679 die Habeas-Corpus-Akte in Kraft.

Kein Untertan der englischen Krone darf diesem Gesetz zufolge ohne gerichtliches Verfahren in Haft gehalten werden. Es fordert, einen Beschuldigten innerhalb von drei Tagen einem Richter vorzuführen. Auch darf er nicht mehr einfach ins Ausland verlegt, oder zweimal wegen desselben Delikts verhaftet werden. Damit kann der König nicht länger Verhaftungen per Sonderbefehl durchsetzen.

Die Habeas-Corpus-Akte zieht Kreise weit über England hinaus. Sie findet als grundlegendes Gesetz zum Schutz der persönlichen Freiheit Eingang in die amerikanische Verfassung. Anschließend kommt sie über Frankreich im 19. Jahrhundert auch nach Deutschland.

In diesem Zeitzeichen erzählt Christoph Tiemann:
  • Von den Geldsorgen Charles I., und wie der König versucht diese mit Verhaftungen zu lösen,
  • von der Wiederentdeckung der sogenannten "Magna Charta", dem Großen Freiheitsbrief von England,
  • wie die vielen Streitigkeiten zwischen König und Parlament zum Bürgerkrieg in England führen.

Das sind unsere wichtigsten Interviewpartner:
  • Prof. Ronald Asch, emeritierter Historiker, Experte für die Geschichte Großbritanniens im 16. und 17. Jahrhundert und das Haus Stuart, Universitäten Osnabrück und Freiburg
  • Peter Oestmann, Professor für Rechtsgeschichte an der Universität Münster

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Autor: Christoph Tiemann
Redaktion: Matti Hesse

Ein freier Schotte: Geburtstag von Robert the Bruce

Ein freier Schotte: Geburtstag von Robert the Bruce WDR Zeitzeichen 11.07.2024 14:22 Min. Verfügbar bis 12.07.2099 WDR 5

Schotten lieben die Freiheit - vor allem aber die Unabhängigkeit von England. Einer der frühesten Vertreter dieses Freiheitskampfes ist Robert Bruce, der noch heute besungen wird.

Robert the Bruce ist ein schottischer Nationalheld. Seine Geschichte beginnt am 11. Juli 1274 und ist eine Mischung aus Mut, Strategie und dem unerschütterlichen Streben nach Freiheit für sein Land. Diese Freiheit erreicht er schließlich auch - vorausgegangen ist ein historischer Sieg der Schotten gegen England in der Schlacht von Bannockburn 1314. ***Das ist unsere wichtigste Quelle: Michael Maurer: Geschichte Schottlands, Reclam 2018***


Die Schlacht von Bannockburn im Jahr 1314 ist der entscheidende Wendpunkt im Unabhängigkeitskampf Schottlands. Der Anführer dieser Schlacht ist der Adlige Robert the Bruce.

Geboren am 11. Juli 1274 steht der junge Schotte zunächst - so wie sein Vater - auf der Seite und im Dienst des englischen Königs. Doch es bahnt sich ein Konflikt zwischen England und Schottland an. Dieser eskaliert, als der englische König Edward I. versucht, seinen Herrschaftsbereich auf Schottland auszudehnen.

Der charismatische Krieger William Wallace, genannt "Braveheart", schart Bürger, Bauern und Gutsbesitzer um sich und kämpft für die Freiheit Schottlands. Doch er verliert - den Aufstand und sein Leben. Nach Wallaces Tod übernimmt Robert the Bruce den schottischen Unabhängigkeitskampf, der anfangs auch ein innerschottischer Bürgerkrieg ist. Nach und nach bringt er den Adel auf seine Seite und wird 1306 als Robert I. the Bruce zum König von Schottland gekrönt.

Mit Glück und strategischem Geschick gelingt es Robert I. ein von englischen Truppen besetztes Castle nach dem anderen zu erobern. Die Zahl seiner Anhänger wächst stetig. 1314 führt Robert seine Truppen dann in die Entscheidungsschlacht von Bannockburn. Obwohl das englische Heer dreimal so groß ist, gehen Roberts Schotten als Sieger hervor. Sechs Jahre später verfassen und unterzeichnen 51 schottische Earls und andere Adlige die schottische Unabhängigkeitserklärung.

In diesem Zeitzeichen erzählt Wolfgang Meyer:
  • Warum es schottische Fußballfans seit vielen Jahren vorziehen, die inoffizielle Hymne anzustimmen, und was diese bedeutet,
  • von Roberts Jugend - ausgerechnet am Hof des englischen Königs,
  • mit welchen Mitteln Edward I. versucht, sich Schottland einzuverleiben,
  • auf welche bestialische Weise William Wallace ermordet wird,
  • vom Tod Robert I. und seinem Vermächtnis.

Das sind unsere wichtigsten Quellen:
  • Michael Maurer: Geschichte Schottlands, Reclam 2018
  • Ronald McNair Scott: Robert the Bruce - King of Scots, Canongate Books 2014
  • John Barbour: The Bruce, 1375
  • Outlaw King, Netflix 2018, Regie David Mackenzie
  • Braveheart, USA 1995, Regie Mel Gibson

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Autor: Wolfgang Meyer
Redaktion: Frank Zirpins

Erich Mühsam - unbeugsamer Dichter und Anarchist

Erich Mühsam - unbeugsamer Dichter und Anarchist WDR Zeitzeichen 10.07.2024 14:46 Min. Verfügbar bis 11.07.2099 WDR 5

Der anarchistische Schriftsteller Erich Mühsam stand zeitlebens ein für das Ideal einer freien Gesellschaft. Am 10.7.1934 wurde er im KZ Oranienburg von der SS ermordet.

Erich Mühsam ist Dichter, Bohemian und Anarchist. Er ist führend beteiligt an der ersten Münchner Räterepublik und ein steter Warner vor dem heraufziehenden Faschismus. In der Nacht des Reichstagsbrandes wird Mühsam verhaftet, in Gefängnissen und Konzentrationslagern gequält, bis er am 10. Juli 1934 im KZ Oranienburg ermordet wird. *** Das ist unser wichtigster Interviewpartner: Markus Liske - Autor, Journalist und Mitherausgeber des Mühsam-Lesebuchs "Das seid ihr Hunde wert"***


Erich Mühsam fällt auf. Zum einen äußerlich, mit seinem Zottelbart, dem gebückten Gang, seinem Gehstock und dem Schlabberhut. Zum anderen aber auch künstlerisch: Mühsam schreibt, dichtet, trägt vor, diskutiert und engagiert sich politisch. Er schaut mit einem Blick in die Welt, der sich oft als Weitblick herausstellt, manchmal aber auch als verschwommener Traum.

Mühsam wird in Berlin geboren, wächst in Lübeck auf und wird zunächst wie sein Vater Apotheker. Mit 22 Jahren fasst er schließlich den Entschluss sein Leben ganz der literarischen Kunst zu widmen. Er tritt in Kneipen, Kabaretts und Cafés auf. Er schreibt und gibt eigene Zeitschriften heraus. Ab 1911 etwa den Kain, eine Zeitschrift für Menschlichkeit, benannt nach dem Brudermörder aus der Bibel.

Angst kennt Mühsam nicht. 1919 steht er bei der Ausrufung der Münchner Räterepublik in der ersten Reihe, spottet noch nach der NS-Machtübernahme über Adolf Hitler. Ende Februar 1933 wird Mühsam verhaftet. Für den Anarchisten, Diktatur-Gegner und Juden folgen fast 17 Monate Tortur in Gefängnissen und Konzentrationslagern.

Am 10. Juli 1934 wird Mühsam von einem SS-Sturmbannführer aufgefordert, sich selbst zu erhängen. So berichten es andere Häftlinge. Erich Mühsam weigert sich, er will nicht seinen eigenen Henker spielen. In dieser Nacht wird er im KZ Oranienburg ermordet - im Alter von 56 Jahren.

In diesem Zeitzeichen erzählt Thomas Klug:
  • Von Mühsams Rolle bei der Ausrufung der Münchner Räterepublik, und wieso sie für ihn nur sechs Tage dauert,
  • warum der Schriftsteller seine Freilassung aus der Festungshaft absurderweise Adolf Hitler zu verdanken hat,
  • wie Mühsam bereits 1919 die NS-Zeit vorausgesagt hat,
  • wie es Mühsams Frau Zenzl nach seinem Tod ergeht.

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Autor: Thomas Klug
Redaktion: Christoph Tiegel und Matti Hesse

Ann Radcliffe: Die Königin des Schauerromans

Ann Radcliffe: Die Königin des Schauerromans WDR Zeitzeichen 09.07.2024 14:44 Min. Verfügbar bis 10.07.2099 WDR 5

Ann Radcliffe (geboren am 9.7.1764) hat Generationen das Gruseln gelehrt - bis heute. Trotz ihres großen Erfolgs zog sie sich früh aus der Öffentlichkeit zurück.

Die englische Schriftstellerin Ann Radcliffe gilt als Königin der Gothic Novel. Ohne sie wären weder Shelleys Frankenstein noch Poes düstere Erzählungen so, wie wir sie kennen. Denn die am 9. Juli 1764 in London geborene Radcliffe prägt mit ihren Schauerromanen eine ganze Generation von Autoren und Schriftstellerinnen. ***Unser wichtigster Interviewpartner: Jürgen Klein, Prof. emeritus für Anglistik; Experte für englische Schauerliteratur des. 18. und 19. Jahrhunderts***


Es ist die Langeweile, die die am 9. Juli 1764 geborene Ann Radcliffe dazu bewegt, zu schreiben. Mit 23 Jahren hatte sie den Juristen William Radcliffe geheiratet. Arbeiten darf sie als Frau nicht, selbst Handarbeiten werden - wie der Rest der Hausarbeit - von den Bediensteten erledigt.

Weil Kinder ausbleiben, greift Ann Radcliffe zur Feder und schreibt Schauerromane, Gothic Novels. Das Genre ist Ende des 18. Jahrhunderts beim Publikum besonders beliebt. Die Leser suchen Ablenkung von der Wirklichkeit, die geprägt ist durch die gesellschaftlichen Umwälzungen der Industrialisierung.

In den 1790er-Jahren wird Radcliffe zur ersten Bestseller-Autorin der Literaturgeschichte. Für "The Mysteries of Udolpho" und "The Italian" bekommt sie 500 und 800 Pfund Sterling. Im damaligen Literaturbetrieb, der zudem klar von Männern dominiert wird, sind das für Autorinnen zuvor unerreichte Honorare.

1797, mit 33 Jahren und auf der Höhe ihres Erfolgs, hört Radcliffe plötzlich auf zu schreiben und zieht sich völlig aus der Öffentlichkeit zurück. Die Gerüchteküche brodelt - auch weil ihr Leben ebenso geheimnisumwittert ist, wie das der Heldinnen in ihren Schauerromanen. Man erzählt sich, sie sei wahnsinnig geworden.

Die letzten Jahrzehnte ihres Lebens verbringt Radcliffe zurückgezogen mit ihrem Mann und den geliebten Hunden in London. 1823 stirbt sie im Alter von 58 Jahren an einer Lungenentzündung. Was sie zurücklässt, sind ihre Romane - die viele weitere Generationen von Grusel-Schriftstellern beeinflussen.

In diesem Zeitzeichen erzählt Daniela Wakonigg:
  • Was die typischen Kennzeichen eines Gotischen Romans sind,
  • wie die Kindheit von Ann Radcliffe verläuft,
  • was ihre Art Schauerromane zu schreiben so besonders macht,
  • von Radcliffes einziger Auslandsreise über Holland nach Köln.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Jürgen Klein, Prof. emeritus für Anglistik; Experte für englische Schauerliteratur des. 18. und 19. Jahrhunderts
  • Dale Townshend und Angela Wright: Ann Radcliffe, Romanticism and the Gothic, Cambridge University Press 2014
  • Rictor Norton: Mistress of Udolpho - The Life of Ann Radcliffe, Leicester University Press 1999
  • Robert Miles: Ann Radcliffe - The Great Enchantress, Manchester University Press 1995
  • Jürgen Klein: Der Gotische Roman und die Ästhetik des Bösen, Darmstadt 1975

Weiterführende Links:

Welches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?
Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de
Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens!

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Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autor: Daniela Wakonigg
Redaktion: Matti Hesse (2014: Hildegard Schulte)

Chlodwig Poth, Karikaturist und Gründer von Pardon und Titanic

Chlodwig Poth, Karikaturist und Gründer von Pardon und Titanic WDR Zeitzeichen 08.07.2024 14:44 Min. Verfügbar bis 09.07.2099 WDR 5

Als Vertreter der "Neuen Frankfurter Schule" prägt der Karikaturist Chlodwig Poth den kritischen Humor in Deutschland. Am 8.7.2004 stirbt er nach fast 60 Schaffensjahren.

Das Caricatura-Museum hat Chlodwig Poth 2010 eine Ausstellung über sein Lebenswerk gewidmet: "Poth für die Welt". Sechs Jahrzehnte lang zeichnet er gegen Unrecht, Machtmissbrauch, Spießigkeit und Geldgier an - mit krummen Strichen und langen handgeschriebenen Texten. Seine Kolumne "Last Exit Sossenheim" über den tristen Alltag am Stadtrand von Frankfurt wird zu einer der erfolgreichsten der 1990er Jahre. Chlodwig Poth stirbt am 8. Juni 2004. *** Das ist unsere wichtigste Interviewpartnerin: Leonore Poth, Zeichnerin, Illustratorin, Tochter von Chlodwig Poth


Als Chlodwig Poth im Berliner Luftschutzbunker 1945 eine HJ-Truppe karikiert, wäre mit 14 Jahren seine Karriere fast vorbei gewesen, bevor sie überhaupt begonnen hat. Doch er kommt mit einem Rüffel vom NS-Blockwart davon. Gleich nach dem Krieg greift Poth wieder zum Stift und bietet seine bissigen Zeichnungen im Osten und Westen an - wobei der Osten gerne den Westen bloßgestellt wissen will und der Westen den Osten. Kein Problem für Poth, als guter Beobachter kann er ohne Mühen die Schwachstellen beider Seiten mit Stift und Papier offenlegen.

Auch das Kunststudium absolviert er in Ost und West. Dann zieht es Poth von der Spree an den Main, wo sich Satiriker zur "Neuen Frankfurter Schule" zusammenschließen. Poth gründet dort 1962 zusammen mit Kollegen wie Hans Traxler oder Kurt Halbritter das Satiremagazin "Pardon". Gleich die zweite Ausgabe, in der Poth den Springer-Verlag als Anstifter eines 3. Weltkriegs darstellt, bringt den Skandal - und Durchbruch. Springer versucht die Auslieferung des Heftes zu verhindern, Pardon wird in der ganzen BRD bekannt.

Später ist Poth einer der Gründer von "Titanic", dem bis heute bedeutendsten deutschen Satiremagazin. Seine Kolumne "Last Exit Sossenheim" wird zu einer er populärsten in den 1990er Jahre. Pointiert und bissig stellt Poth das Leben am Rand von Frankfurt - und übertragen auch am Rand der Gesellschaft dar. Sein Zeichenstil: Gegen den Strich, die Figuren sind zerzauselt. Die Texte lang und krakelig handgeschrieben - keine leichte Kost für die Lesenden.

Am 8. Juli 2004 stirbt Chlodwig Poth an einem Krebsleiden - nach ziemlich genau 60 Schaffensjahren als "Langstreckensatiriker", wie die Freunde der Neuen Frankfurter Schule ihn posthum ehrenvoll betiteln.

In diesem Zeitzeichen erzählt Thomas Pfaff:
  • Wie seine Tochter sich an Poth erinnert,
  • dass Chlodwig Poth zum strengen Kritiker der 1968er avanciert,
  • über die Gründung des Satiremagazins "Titanic",
  • was sich hinter Poths Vollbart verbirgt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Leonore Poth, Zeichnerin, Illustratorin, Tochter von Chlodwig Poth
  • Pit Knorr, Satiriker (Pardon, Titanic)
  • Chlodwig Poth: Aus dem Leben eines Taugewas, Berlin 2002
  • Oliver Maria Schmitt: Die schärfsten Kritiker der Elche, Berlin 2001
  • Rainer Hachfeld: Politische Karikatur in der BRD, Reinbek 1974

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Autor: Thomas Pfaff
Redaktion: Christoph Tiegel/David Rother

50 Jahre Fußball-WM 74 - auch eine Musikgeschichte

50 Jahre Fußball-WM 74 - auch eine Musikgeschichte WDR Zeitzeichen 07.07.2024 14:51 Min. Verfügbar bis 08.07.2099 WDR 5

Vor 50 Jahren, am 7.7.1974, wird Deutschland zum zweiten Mal Fußball-Weltmeister. Auch musikalisch war die WM bemerkenswert. Eine Stilkritik aus einer Zeit, als Fußball wirklich noch eine schöne Nebensache war...

Die Fußball-WM 1974 - vieles ist darüber schon bekannt. Deutschland wird zum zweiten Mal Weltmeister, es kommt zum ersten und einzigen WM-Duell zwischen der DDR und der BRD, gefolgt von einem legendenhaft überlieferten Wutausbruch von Franz Beckenbauer. Es gibt aber auch eine Art musikalischen Wettbewerb rund um die WM - im Fokus: DDR-Sänger Frank Schöbel. *** Das ist eine unserer Quellen: "Erlebte Geschichten" mit Frank Schöbel


Die Fußball-WM 1974 schreibt viele sportliche Geschichten. Die Wichtigste: Deutschland wird am 7. Juli zum zweiten Mal Weltmeister. Da wären aber auch noch die erste WM-Teilnahme Australiens oder der neu geschaffene Wanderpokal, den Pele zur Eröffnung feierlich an Uwe Seeler überreicht.

Weltmeisterschaften haben aber auch immer eine politische Seite. So auch 1974, als sich erstmals die Nationalmannschaft der DDR für eine WM in Westdeutschland qualifiziert. Außerdem gibt es Streit um eine geplante Pepsi-Werbung und gleich vier Präsidenten: Hatten die Eröffnungsfeier noch Gustav Heinemann (BRD) und Stanley Rous (FIFA) zelebriert, waren es beim Schlussakt bereits ihre Nachfolger Walter Scheel (BRD) und Joao Havelange (FIFA).

Man kann sich einer WM aber auch musikalisch nähern. Von der Big Band der Bundeswehr, über die WM-Fanfare, die den offiziellen Teil einläutet, bis hin zur Schlussfeier mit den Fischer-Chören. Hörenswert ist auch, welche Probleme der Auftritt des Sängers und DDR-Stars Frank Schöbel verursacht…

In diesem Zeitzeichen erzählt Axel Naumer:
  • Welchen Einfluss Olympia 1972 in München auf die Fußball-WM zwei Jahre später hat - auch finanziell,
  • was es mit den riesigen Kunststoff-Fußbällen zur Eröffnungsfeier auf sich hat,
  • wie das erste und einzige WM-Duell zwischen der BRD und der DDR ausgeht,
  • von einem Eklat im Nachgang - und was die Spielerfrauen damit zu tun haben.

Das ist eine unserer Quellen:

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Autor: Axel Naumer
Redaktion: David Rother

Institut für Sexualwissenschaft von Magnus Hirschfeld eröffnet

Institut für Sexualwissenschaft von Magnus Hirschfeld eröffnet WDR Zeitzeichen 06.07.2024 14:45 Min. Verfügbar bis 07.07.2099 WDR 5

Freie Liebe für alle: Magnus Hirschfeld - schwul, Sozialist, Pazifist, Jude - gründet am 6. Juli 1919 in der Aufbruchstimmung der Weimarer Republik das "Institut für Sexualwissenschaft".

Magnus Hirschfeld kämpft zeitlebens gegen sexuelle Diskriminierung und gegen den Paragrafen 175, der homosexuelle Kontakte unter Strafe stellte. In seinem am 6.7.1919 gegründeteten Institut für Sexualwissenschaft können sich Wissenschaftler, Berater und Betroffene austauschen. Zudem entwickelt der Arzt ein Konzept der "Zwischenstufen", um die Vielfalt sexueller Lebensweisen und Orientierungen wissenschaftlich zu dokumentieren. Doch Hirschfelds Institut und seine liberalen Ansätze werden von den Nationalsozialisten einkassiert. *** Das ist unser wichtigster Interviewpartner: Richard Kühl, Medizinhistoriker, Universität Düsseldorf


Die Idee zu einem wissenschaftlichen Institut, das sich sämtlicher sexueller Themen annimmt, hat Magnus Hirschfeld schon als junger Mann im Kaiserreich. Der Berliner Arzt ist selbst schwul und erlebt, wie Homosexuelle durch Skandale und Erpressungen gebrochen werden und in der Folge häufig Suizid begehen. Die im Kaiserreich strafrechtlich verfolgte Homosexualität ist für Hirschfeld schlicht eine "angeborene Sexualkonstitution, ein drittes Geschlecht".

Mit der Aufbruchstimmung im Berlin der Zwanziger Jahre, seinem gesellschaftlichen Ansehen und seinen finanziellen Mitteln kann Magnus Hirschfeld am 6. Juli 1919 seinen Traum verwirklichen: Er gründet das Berliner Institut für Sexualwissenschaft. Die Einrichtung soll dem "menschlichen Liebesleben in biologischer, medizinischer, ethnologischer, kultureller und forensischer Hinsicht" dienen.

In einer großen Villa finden nun eine Bibliothek, Sammlungen, Forschungsprojekte, Beratungs- und Therapieangebote ihren Platz. Menschen aus vielen Ländern und allen Schichten kommen hierher, um sich über Empfängnisverhütung oder Geschlechtskrankheiten zu informieren.

Dann wird der Ton in der Medizinwissenschaft immer deutschnationaler, Hirschfelds liberale Sexualforschung hat bald keine Chance mehr. Die Nationalsozialisten übernehmen. Magnus Hirschfeld ist in Paris, als 1933 sein Institut von Nazi-Studenten geplündert und ein Großteil der einzigartigen Bibliothek auf den Scheiterhaufen geworfen wird.

In diesem Zeitzeichen erzählt Veronika Bock:
  • Über die Leiden und Verfolgungen queerer Menschen zur Kaiserzeit,
  • wie Magnus Hirschfeld 1920 ein Attentat überlebt, aber schon seinen eigenen Nachruf in der Zeitung liest,
  • warum viele Menschen ihm ihre sexuellen Probleme anvertrauen,
  • dass die Nazis den weltweit angesehenen Forscher zu einem "Perversen, der die Jugend verdirbt", degradieren.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Richard Kühl, Medizinhistoriker, Universität Düsseldorf
  • Rainer Herrn: Der Liebe und dem Leid. Das Institut für Sexualwissenschaften 1919-1933, Berlin 2022
  • Richard Kühl: Der große Krieg der Triebe. Die deutsche Sexualwissenschaft und der Erste Weltkrieg, Bielefeld 2022

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Autorin: Veronika Bock
Redaktion: David Rother

Urahn von Robotern und Künstlicher Intelligenz: Der Schachtürke

Urahn von Robotern und Künstlicher Intelligenz: Der Schachtürke WDR Zeitzeichen 05.07.2024 14:40 Min. Verfügbar bis 06.07.2099 WDR 5

Bis er am 05.07.1854 verbrennt, spielt der Schachtürke, eine Holzpuppe mit Turban, besser Schach als menschliche Gegner. Zauberei, heißt es. Bis der Trick auffliegt.

Kann ein künstliches Werk, kann eine Maschine ihren Schöpfer schlagen? Das ist keineswegs eine Frage des neuen Jahrtausends. Bereits der 1769 vorgestellte "Schachtürke", eine mechanische Apparatur, die angeblich das komplexe Schachspiel beherrscht, sorgt für Diskussionen. Dann stellt sich heraus: Alles nur gelogen, ein Mensch bedient den spielenden Automaten. *** Das ist unser wichtigster Interviewpartner: Stefan Stein, Historiker am Heinz Nixdorf Museumsforum in Paderborn


Heute ist Künstliche Intelligenz in aller Munde. Künstlich geschaffene Objekte, die Dinge tun, die bislang Menschen vorbehalten waren. Die gab es schon im 18. Jahrhundert, und schon damals haben sie für Furore gesorgt – und Debatten über Original und Fälschung entfacht.

Auch am Hof der österreichischen Kaiserin Maria Theresia ist das Interesse für technische Spielereien groß – der Adel will schließlich unterhalten werden.

Also kreiert der ambitionierte Hof-Sekretarius Wolfgang von Kempelen 1769 eine Maschine, die mit ihrem Gegenüber Schach spielt. Die menschengroße Puppe trägt passend zum damaligen Zeitgeist ein orientalisches Gewand und Turban.

Aufgezogen wird der "Schachtürke" mit einem großen Schlüssel. Während des Spiels hebt er seine Hand, greift nach einer Schachfigur auf dem Brett und setzt sie auf ein anderes Feld. Ihrem menschlichen Spielpartner ruft die Puppe im passenden Moment sogar auf Französisch "Échec! Échec!" ("Schach!") zu. Nicht nur der Adel ist entzückt. Mit dem "Schachtürken" könnte die Beziehung Mensch-Maschine in eine neue Ära gehen, so die Optimisten.

Dass in der Schrankkonstruktion ein Mensch sitzen könnte, darüber wird bereits von Beginn an spekuliert. Auch US-Schriftsteller Edgar Allan Poe besucht während einer US-Tour eine Vorstellung und ist überzeugt, dass hier keine Maschine Schach spielt.

Die Aura des Geheimnisvollen kann sich der "Schachtürke" dennoch über Jahrzehnte bewahren. Dann steht fest: Die Maschine ist "getürkt" und avanciert zum Namensgeber künftiger Fälschungen.

In diesem Zeitzeichen erzählt Daniela Wakonigg:
  • wie der "Schachtürke" europaweit bewundert wird und sogar in den USA auf Tour geht,
  • dass Napoleon gegen die Schachmaschine gespielt haben soll,
  • wie das Geheimnis um den "Schachtürken" gelüftet wird,
  • warum alles "Getürkte" wohl seinen Ursprung im "Schachtürken" hat,
  • dass man einen Nachbau des Schachtürken im Heinz Nixdorf Museumsforum in Paderborn besichtigen kann.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Stefan Stein, Historiker am Heinz Nixdorf Museumsforum in Paderborn
  • Tom Standage: Der Türke. Die Geschichte des ersten Schachautomaten und seiner abenteuerlichen Reise um die Welt, Frankfurt/M, 2002

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Transparenzhinweis:
"Für dieses Zeitzeichen wurden digitale Sprachassistenten und Künstliche Intelligenz genutzt, um einzelne Textstellen zu generieren und vertonen."

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Autorin: Daniela Wakonigg
Redaktion: Carolin Rückl/Matti Hesse
Technik: Jürgen Mönkedieck

Erste Germanistik-Professorin Deutschlands: Agathe Lasch

Erste Germanistik-Professorin Deutschlands: Agathe Lasch WDR Zeitzeichen 04.07.2024 14:58 Min. Verfügbar bis 05.07.2099 WDR 5

Die am 04.07.1879 geborene Lasch setzt sich für eine freie Wissenschaft ein - gegen alle Hindernisse, die ihr als Frau und Jüdin im frühen 20. Jahrhundert begegnen.

Sie ist die erste Professorin an der Universität Hamburg - sowie die erste des Faches Germanistik in ganz Deutschland. Agathe Lasch setzt sich für eine freie Wissenschaft ein. Gegen alle Hindernisse, die ihr als Frau und Jüdin im frühen 20. Jahrhundert begegnen. *** Das sind unsere wichtigsten Interviewpartnerinnen: Christine M. Kaiser (Publizistin) und Ingrid Schröder (Professorin)


Agathe Lasch erblickt in Berlin das Licht der Welt, als eines von fünf Kindern einer jüdischen Familie. Agathe wird - wie zwei ihrer Schwestern - Turnlehrerin. Doch schnell stellt sie fest: Das reicht ihr intellektuell nicht. Sie ist hungrig nach Wissen und vor allem nach Produktivität.

1906 legt sie in Berlin die Abiturprüfung ab, will studieren. Doch das dürfen Frauen in Preußen zu der Zeit nicht. Also immatrikuliert sie sich in Heidelberg. Schon 1909 wird Lasch mit einer Studie über die "Geschichte der Schriftsprache in Berlin bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts" promoviert. Ein Jahr später erscheint die Doktorarbeit in erweiterter Form als Buch. Die Resonanz in Fachkreisen ist überwältigend. Eine Stelle im deutschen Wissenschaftsbetrieb aber bleibt Agathe Lasch verwehrt.

Anders in den USA. Dort arbeitet sie sechs Jahre am Frauencollege Bryn Mawr in Pennsylvania. 1914 bringt sie die "Mittelniederdeutsche Grammatik" heraus, bis heute ein Grundlagenwerk zur Erforschung des Mittelniederdeutschen.

1917 zieht sie zurück nach Deutschland, arbeitet zunächst in Hamburg als "wissenschaftliche Hilfsarbeiterin". 1923 wird ihr an der Hamburger Universität als erster Frau der Professorentitel verliehen - eine Ehre ohne Konsequenzen, denn den Ruf auf eine Professorenstelle bekommt sie erst im Dezember 1926.

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten ändert sich aber auch das Leben Agathe Laschs. 1934 muss sie ihren Posten räumen und darf als Jüdin bald auch die Universität nicht mehr betreten. Im Juli 1942 werden Agathe Lasch und ihre beiden Schwestern nach Riga deportiert und dort am 18. August 1942 ermordet.

In diesem Zeitzeichen erzählt Heide Soltau:
  • Was Agathe Lasch mit dem "Hamburgischen Wörterbuch" zu tun hat,
  • warum sie als Professorin kaum Zeit für eigene Forschungen findet,
  • dass Lasch für ihre Studierenden zuweilen nicht nur ein offenes Ohr, sondern auch eine offene Geldbörse hat,
  • dass die Stadt Hamburg seit 1991 den Agathe-Lasch-Preis verleiht.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartnerinnen:
  • Christine M. Kaiser (Publizistin)
  • Ingrid Schröder (Professorin)
  • Christine M. Kaiser: Agathe Lasch. Erste Germanistikprofessorin Deutschlands. Berlin 2007
  • Mirko Nottscheid u.a. (Hrsg.): Die Germanistin Agathe Lasch. Aufsätze zu Leben, Werk und Wirkung. Nordhausen 2009
  • Ingrid Schröder: Agathe Lasch - die erste Professorin der Universität Hamburg. In: Respekt! Frauen verändern Wissenschaft an der Universität Hamburg. Norderstedt 2019
  • Ingrid Schröder: In honorem Agathe Lasch. In: Literatur im niederdeutschen Sprachraum (1200-1600). (im Erscheinen)

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Autorin: Heide Soltau
Redaktion: Carolin Rückl und Frank Zirpins
Technik: Nicolas Dohle

Lieber im Kaffeehaus als in der Synagoge: Zionist Theodor Herzl

Lieber im Kaffeehaus als in der Synagoge: Zionist Theodor Herzl WDR Zeitzeichen 03.07.2024 14:47 Min. Verfügbar bis 04.07.2099 WDR 5

Der junge Herzl wollte alle Wiener Juden taufen lassen, dann ließ ihn der Antisemitismus in Europa umdenken. Am 03.07.1904 starb er als Wegbereiter des jüdischen Staats.

Zunächst wird er für seine Idee ausgelacht, später gefeiert: Schon früh denkt Theodor Herzl über einen eigenen Judenstaat nach – allerdings nicht so, wie er heute existiert. In seiner Vorstellung leben Juden und Nichtjuden friedlich zusammen, ohne Militär. *** Das ist unsere wichtigster Interviewpartner: Michael Brenner (Historiker)


Ein frommer Jude ist Theodor Herzl in seinen jungen Jahren nicht. Er geht nie in die Synagoge und isst lieber Sachertorte als "gefilte Fisch". Doch in Israel wird er heute noch gefeiert als Wegbereiter eines jüdischen Nationalstaats.

Herzl hat offenbar ein oder mehrere Erweckungserlebnisse. So wird er während seiner Studentenzeit in Wien mit Antisemitismus konfrontiert und auf der Straße wüst beschimpft. Entscheidend ist aber vermutlich in den 1890er Jahren der Justizskandal um den französischen Hauptmann Alfred Dreyfus. Dabei erkennt Herzl, dass dieser Antisemitismus, den er schon in Budapest und Wien erlebt hat, nun auch in Frankreich – und damit überall – möglich ist. Für ihn ist klar: Die Juden brauchen ihren eigenen Staat, um dem Antisemitismus zu entkommen.

Zunächst wird er für seine Idee zwar ausgelacht. Doch der erste Zionistenkongress in Basel, in dem er Juden aus aller Welt seinen Plan skizziert, wird ein riesiger Erfolg. Innerhalb weniger Monate ist Herzl ein weltweit bekannter Mann, reist in den nächsten Jahren zu Unterredungen mit den politischen Größen seiner Zeit.

Obwohl er ein Buch "Der Judenstaat" schreibt, stellt sich Herzl eher ein jüdisches Gemeinwesen als einen Staat vor. Eine Art Kollektiv, in dem das Beste aus Europa übernommen werden soll, zum Beispiel im Bereich der Kultur. Die Araber in Palästina hält Herzl in der Mehrzahl für unzivilisiert – ein rassistischer Blick, der von der in Europa damals üblichen kulturellen Überheblichkeit zeugt. Herzl ist aber überzeugt davon, dass die europäischen Juden im Staate Zion Kulturarbeit leisten würden.

Zwei Jahre vor seinem Tod mit nur 44 Jahren beschreibt Herzl in seinem Roman "Altneuland" seinen Traum von einem Staat ohne Militär, in dem Juden und Nichtjuden völlige Gleichheit genießen, in dem auch die Araber begeistert sind von einem jüdischen Gemeinwesen. Dabei wird deutlich: Theodor Herzl ist kein Staatsmann. Er ist ein Visionär. Und Vertreter einer Utopie.

In diesem Zeitzeichen erzählt Almut Finck:
  • Wie Herzl früh aus seinem Traum von der Assimilation erwacht,
  • dass er sein Programm "Der Judenstaat" wie im Rausch schrieb,
  • dass er über seine Vision sogar mit dem Papst sprach,
  • warum er Paris, Rom oder Florenz neu aufbauen wollte,
  • was man Theodor Herzl aus heutiger Sicht vorwerfen kann.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Michael Brenner (Historiker)
  • Avineri, Shlomo: Theodor Herzl und die Gründung des jüdischen Staates. Berlin 2016.
  • Brenner, Michael: Geschichte des Zionismus. München 2019.
  • Penslar, Derek: Theodor Herzl. Staatsmann ohne Staat. Eine Biographie. Göttingen 2022.

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Autorin: Almut Finck
Redaktion: Carolin Rückl und Frank Zirpins
Technik: Dirk Olach und Annette Skrzydlo

Ein Eigentor mit tödlichen Folgen: Der Fußballer Andrés Escobar

Ein Eigentor mit tödlichen Folgen: Der Fußballer Andrés Escobar WDR Zeitzeichen 02.07.2024 14:47 Min. Verfügbar bis 03.07.2099 WDR 5

Kolumbien träumt bei der Fußball-WM 1994 vom Titel. Doch dann kommt das frühe Aus - auch wegen Andrés Escobars Eigentor. Wenige Tage später wird er ermordet.

Trotz seines Eigentors bei der Fußball-WM in den USA 1994 ist der kolumbianische Spieler Andrés Escobar der einzige, der sich den erbosten Fans in seiner Heimat stellt. Wenig später ist Escobar tot. Er wird auf einem Parkplatz erschossen. *** Das sind unsere wichtigsten Interviewpartner: Alejandro Pino Calad (Sportjournalist) und Andrés Dávila (Professor für Politikwissenschaft)


Anfang der 1990er Jahre gilt Medellín, die zweitgrößte Stadt Kolumbiens, als die gefährlichste Stadt der Welt. Das berüchtigte Kartell um Drogenboss Pablo Escobar geht mit Gewalt gegen alle vor, die sich ihm in den Weg stellen.

Im Fußball zeigt sich ein anderes Kolumbien: jung, erfolgreich, voller Hoffnung. 1993 sichert sich das Land seinen Platz bei der WM in den USA im Folgejahr. Dort will Kolumbien der Welt zeigen, dass die Zeit der Negativ-Schlagzeilen vorbei ist.

Doch es kommt anders. Als das Auftaktspiel verloren geht, kippt die Stimmung in Kolumbien. Vor dem zweiten Gruppenspiel gegen die Gastgeber USA erhält das Team Morddrohungen aus der Heimat. Das Spiel wird zur Tragödie. Andrés Escobar, der Abwehrspieler von Atlético Nacional aus Medellín, leitet mit seinem Eigentor die Niederlage ein. Kolumbien ist am Boden. Und auf der Suche nach einem Schuldigen für das frühe Ausscheiden.

Drei Tage nach dem Ausscheiden reist Andrés Escobar zurück in seine Heimatstadt Medellín - entgegen allen Warnungen. Was dann in der Nacht vom 1. auf den 2. Juli 1994 genau geschieht, ist bis heute nicht eindeutig geklärt. Klar ist: Auf dem Parkplatz einer Bar eskaliert ein Streit. Ein Mann zieht eine Waffe, es fallen sechs Schüsse. Sie treffen Andrés Escobar.

Der Schock im Land über die Tat ist groß. Über 100.000 Menschen begleiten seinen Trauerzug, auch Präsident Gaviria würdigt den ermordeten Fußballspieler. Ein Tatverdächtiger wird später wegen Mordes verteilt.

In diesem Zeitzeichen erzählt Bastian Kaiser:
  • warum der Mörder Escobars schon nach elf Jahren wieder auf freien Fuß kam,
  • welchen Einfluss die Mafia auf die WM-Mannschaftsaufstellung 1994 hatte,
  • dass der letzte Mord im Fußball-Umfeld in Kolumbien erst wenige Monate her ist,
  • wie Andrés Escobar heute in Kolumbien verehrt wird.

Das sind unsere wichtigsten Interviewpartner:
  • Alejandro Pino Calad (Sportjournalist)
  • Andrés Dávila (Professor für Politikwissenschaft)

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Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autor: Bastian Kaiser
Redaktion: Matti Hesse
Technik: Nicolas Dohle

Schriftsteller, Liebhaberin, Produktivitätswunder: George Sand

Schriftsteller, Liebhaberin, Produktivitätswunder: George Sand WDR Zeitzeichen 01.07.2024 14:32 Min. Verfügbar bis 02.07.2099 WDR 5

Die am 01.07.1804 geborene Sand trägt Hosen, männliche Pronomen und Männernamen. Sie verfasst 180 Werke. Als Sozialistin setzt sie sich für ein freieres Frankreich ein.

George Sand ist das Pseudonym von Amantine Aurore Lucile Dupin de Francueil, einer der berühmtesten und umstrittensten Schriftstellerinnen des 19. Jahrhunderts. Mit ihrer Lebensweise und ihren Werken vertritt die Französin sowohl Frauenrechte als auch sozialkritische Ziele. ***Unsere wichtigste Interviewpartnerin: Beate Rygiert, Autorin und Musikwissenschaftlerin***


George Sand wird am 1. Juli 1804 als Aurore Amantine Lucille Dupin geboren. Väterlicherseits stammt sie aus adligem Hause, aber ihre Mutter ist eine einfache Vogelhändlerin aus dem Volk. Als der Vater stirbt, ist Aurore gerade vier Jahre alt.

Die adlige Großmutter nimmt das Kind zu sich auf das Landschloss Nohant. Die Mutter bleibt in Paris und bekommt das Kind nur bei gelegentlichen Besuchen zu Gesicht.

George Sand wird eine der berühmtesten und umstrittensten Schriftstellerinnen des 19. Jahrhunderts. In Männerkleidung kämpft sie für die Gleichstellung der Frau und hinterlässt mit 180 Bänden ein vielschichtiges literarisches Werk.

Auch ihre Liebesbeziehungen tragen zu ihrer Berühmtheit bei. So ist sie viele Jahre mit Frédéric Chopin liiert. In dieser Zeit entsteht mit dem Buch "Ein Winter auf Mallorca" über eine gemeinsame Reise dorthin eines ihrer literarischen Meisterwerke.

Oft wird ihr Leben vor allem auf diese Beziehungen zu berühmten Männern und auch Frauen verkürzt, doch George Sand ist von Anfang an hochbrisant und politisch. In ihren Büchern erobern Frauen sich verbotene Freiräume, wird freie Liebe gelebt oder es werden Menschen als Frauen geboren, aber als Männer aufgezogen.

In ihren letzten Jahren pflegt sie ihre tiefe Freundschaft zu Gustave Flaubert. Die Korrespondenz der so unterschiedlichen Freunde ist ein anrührendes Zeitzeugnis sowie ein Dokument der Kunstgeschichte. Als George Sand im Juni 1876 stirbt, heißt es von Victor Hugo: "Ich trauere um eine Tote und grüße eine Unsterbliche!" Ihr enger Freund Flaubert schreibt nur: "Sie fehlt mir."

In diesem Zeitzeichen erzählt Murat Kayı:
  • Womit der französische Ministerpräsident zu George Sands Lebzeiten die arme Pariser Bevölkerung auf die Barrikaden treibt,
  • warum Sands erster Gatte sich als Flop erweist,
  • wieso George Sand nach dem damaligen Eherecht von ihrem Mann mit Geld unterstützt wird, das ihr sowieso schon gehört,
  • wie George Sand zu ihrem Pseudonym findet
  • warum George Sand von der Landbevölkerung "die Gute Dame von Nohant" genannt wird.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Beate Rygiert, Autorin und Musikwissenschaftlerin
  • Dr. Armin Strohmeyr, Literaturwissenschaftler und Autor
  • Beate Rygiert: Die Sprache der Liebe, 2019
  • Armin Strohmeyr: Glauben sie nicht zu sehr an mein satanisches Wesen, Freiburg 2016
  • George Sand: Histoire de ma vie. Frankreich 1855
  • André Maurois: Lélia ou la vie de George Sand. Frankreich 1952

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Autor: Murat Kayi
Redaktion: Carolin Rückl und David Rother

Das erste Opfer der "Bestie des Gévaudan"

Das erste Opfer der "Bestie des Gévaudan" WDR Zeitzeichen 30.06.2024 13:11 Min. Verfügbar bis 01.07.2099 WDR 5

Am 30.6.1794 wird eine junge Bauerntochter in den dichten Wäldern Südfrankreichs tot aufgefunden, grausam zugerichtet - von einem Riesen-Wolf? Etwa 100 weitere Opfer folgen und ein Schreckensmythos entsteht...

Der erste dokumentierte Angriff ereignet sich im Juni 1764, als die 14-jährige Jeanne Boulet tödlich verwundet aufgefunden wird. Weitere Opfer der sogenannten "Bestie des Gévaudan" folgen, mit Bisswunden, die auf ein großes Raubtier hindeuten. *** Das sind unsere wichtigsten Interviewpartner: Dr. Utz Anhalt, Historiker und Autor


Mitte des 18. Jahrhunderts versetzt eine mysteriöse Kreatur die Menschen im abgelegenen Gévaudan in Angst und Schrecken. Diese Region im Süden Frankreichs, geprägt von dichten Wäldern und schroffen Felsen, ist Schauplatz einer grausamen Serie von Angriffen. Innerhalb von drei Jahren werden hier mehr als 100 Menschen, vor allem Frauen und Kinder, Opfer einer Bestie, deren wahre Natur bis heute Rätsel aufgibt.

Augenzeugen berichten von einer Mischung aus Wolf, Leopard und Bär. Der Fantasie – und Angst - scheinen keine Grenzen gesetzt zu sein. Regierung und Kirche nutzen die Panik, um ihre Macht zu festigen. Dragoner und Jäger werden entsandt, der Bischof von Mende erklärt, die Bestie sei eine Strafe Gottes.

Erst drei Jahre später gelingt es dem örtlichen Jäger Jean Chastel schließlich, ein ungewöhnlich großes Tier zu erlegen. Die Angriffe hören auf, doch das Mysterium bleibt: War es ein übergroßer Wolf, ein hybrides Raubtier oder sogar das Ergebnis menschlicher Intrigen?

In diesem Zeitzeichen erzählt Herwig Kratzer:
  • wie die Presse die Angst der Menschen schürt und die Bestie zum nationalen Gesprächsthema macht
  • warum der Bischof von Mende die Situation weiter anheizt,
  • wie hunderte von Soldaten und Jäger vergeblich versuchen, die Bestie zu erlegen,
  • warum die Rolle des Jägers, der die Bestie schließlich erlegt, Fragen aufwirft,
  • und wie die wahre Natur der Bestie und die Hintergründe der Angriffe bis heute Rätsel bleiben.

Das sind unsere wichtigsten Quellen:
  • Utz Anhalt, Serienmörder der Geschichte. Die Bestie vom Gevaudan. In: Karfunkel. Zeitschrift für erlebbare Geschichte. Band 97, 2011, S. 24–31.
  • Jay M. Smith, Monsters of the Gévaudan. The Making of a Beast, London 2011.
  • Richard H. Thompson, Wolf-Hunting in France in the Reign of Louis XV. The beast of the Gevaudan, New York 1992.

Und sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
Dr. Utz Anhalt, Historiker und Autor;
Jean Paul Chabrol, Historiker

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Autor: Herwig Katzer
Redaktion: David Rother

Übergabe des römisch-deutschen Königs Otto III. an dessen Mutter

Übergabe des römisch-deutschen Königs Otto III. an dessen Mutter WDR Zeitzeichen 29.06.2024 14:45 Min. Verfügbar bis 30.06.2099 WDR 5

Heinrich der Zänker hatte ihn zuvor in seiner Hand, es geht um die Macht im Reich. Da ist Otto III. drei Jahre alt. Am 29.6.984 wird er an seine Mutter übergeben.

Bereits als Dreijähriger wird Otto III. Weihnachten 983 zum deutschen König gekrönt. Während seiner Unmündigkeit verwalten seine Mutter, Kaiserin Theophanu, und die Großmutter Adelheid von Burgund das Reich. Der kleine König bleibt zunächst in Obhut seines Verwandten Heinrich der Zänker. Erst als dieser einsieht, dass er einen möglichen militärischen Konflikt nicht gewinnen könnte, liefert er den kleinen Kindkönig an seine Mutter und an seine Großmutter aus. *** Unser wichtigster Interviewpartner: Prof. Dr. Bernd Schneidmüller, Seniorprofessor an der Universität Heidelberg***


Ende des 10. Jahrhunderts sind die Zeiten unruhig. Kaiser Otto II. will wenigstens für die Zukunft etwas Gutes auf den Weg bringen. Deshalb lässt er in Verona seinen kleinen Sohn zum König wählen: Otto III.

Ohne Vater und Mutter tritt der Kleine in Begleitung zweier Erzbischöfe die Reise gen Norden an. Weihnachten 983 wird der Dreijährige in Aachen zum König gekrönt und gesalbt. Doch dann bringt ein Bote aus Rom die Nachricht vom Tod Ottos II.

Es ist ein Rätsel, warum die Mutter Theophanu nicht zu ihrem Sohn eilt. Stattdessen geht Heinrich der Zänker als nächster männlicher Verwandter selbstverständlich davon aus, dass der kleine König unter seine Fittiche gehört. Vielleicht hegt er aber auch die Hoffnung, auf diesem Weg irgendwann selbst König zu werden.
Die Ottonen hingegen wollen die Nachfolge des ältesten Sohnes durchsetzen: Auf Otto den I. folgt sein ältester Sohn Otto II.. Der lässt seinen Sohn Otto III. krönen.

Monate später kommt es im thüringischen Rara bei Meiningen zum Showdown. Königshof und Kloster sind überfüllt von den Anhängern Theophanus und Adelheids, die alle dem Kind-König die Treue geloben und bereit sind, dafür zu kämpfen. Heinrich der Zänker kommt ebenfalls mit einer großen Zahl Getreuer, muss aber einsehen, dass er einen militärischen Konflikt nicht gewinnen kann und übergibt Otto III. an dessen Mutter.

In diesem Zeitzeichen erzählt Maren Gottschalk:
  • dass das Ritual von Salbung und Krönung sicherlich nicht kindgerecht war,
  • warum im 10. Jahrhundert das Kindeswohl in Königshäusern keine Priorität hat,
  • wie Heinrich der Zänker den kleinen König als Faustpfand nutzt,
  • warum ein Himmelszeichen zwar einen schönen Effekt hat, Heinrich der Zänker aber durch etwas ganz anderes zum Einlenken gebracht wird.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Prof. Dr. Bernd Schneidmüller, Seniorprofessor an der Universität Heidelberg
  • Bernd Schneidmüller, Stefan Weinfurter (Hrsg.): Otto III. – Heinrich II. Eine Wende? (Mittelalter-Forschungen. Band 1). Thorbecke. Sigmaringen 1997.
  • Ekkehard Eickhoff: Kaiser Otto III. Stuttgart 1999.
  • Gerd Althoff: Otto III. WBG-Bibliothek. Darmstadt 1996.

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Autorin: Maren Gottschalk
Redaktion: Matti Hesse
Technik: Sascha Schiemann

28.06.1969: Stonewall-Unruhen prägen den Christopher Street Day

28.06.1969: Stonewall-Unruhen prägen den Christopher Street Day WDR Zeitzeichen 28.06.2024 15:17 Min. Verfügbar bis 29.06.2099 WDR 5

Bei einer Razzia in einer New Yorker Bar widersetzen LGBTQ-Personen sich der Polizei. Es folgen tagelange Straßenkämpfe - und ein jahrzehntelanger Kampf um Anerkennung.

Ein Jahr nach dem Stonewall-Protesten ziehen rund 4.000 Homosexuealle durch New York, fordern Gleichberechtigung und initiieren damit den Christopher Street Day. Der CSD wird in den folgenden Jahren zum weltweiten Protest- und Feiertag für die queere Community. *** Das sind unsere wichtigsten Gesprächspartner: Heiner Schulze (Sozialwissenschaftler, Schwules Museum Berlin); Reinhard Schmidt (Düsseldorf, Aktivist, Mitbegründer der ersten deutschen Schwulengruppe) ***


Wenige Stunden nachdem viele schwule Fans Judy Garland – eine Ikone der queeren Community – zu Grabe getragen haben, treffen sie sich im "Stonewall Inn". Die Bar in der Christopher Street ist eine der wenigen Kneipen für queere Menschen in New York. Dass es überhaupt einen Treffpunkt für queere Menschen gibt, gefällt im konservativen Amerika der 1960er Jahren vielen nicht. Und so kommen auch in der Nacht zum 28. Juni 1969 wieder einmal Polizisten ins "Stonewall Inn", um die Feiernden zu schikanieren. Nichts Neues für die queere Community. Nur diesmal ist die Stimmung in der Bar aufgeheizter.

Und draußen tobt bereits ein Kampf, von dem nicht klar ist, wer genau ihn begonnen hat. Aber in dieser Nacht entlädt sich eine lange aufgestaute Wut. Steine und Flaschen fliegen auf Polizisten und es gelingt den Demonstrierenden, Gefangene aus den Polizeitransportern zu befreien. Es sind vor allem queere Latinos und Schwarze, die genug haben von den oft rassistischen, schwulenfeindlichen Drangsalierungen der Polizei. 

Die Unruhen in der Christopher Street ziehen sich über mehrere Tage hin, immer mehr Menschen schließen sich den Protesten an. Es ist die Geburtsstunde für eine weltweite LGBTQ+-Bewegung für Gleichberechtigung und Akzeptanz – ein Kampf, der bis heute anhält.

In diesem Zeitzeichen erzählt Christiane Kopka:
  • von der Verfolgung der Schwulen im Nationalsozialismus, die nach Kriegsende anhält,
  • über den Paragraf 175 im bundesdeutschen Strafgesetzbuch, der Homosexualität bis 1969 unter Strafe stellt und erst 1994 endgültig abgeschafft wird,
  • vom Versteckspiel und dem damit verbundenen Leid vieler Homosexueller, weil sie sich nicht outen konnten,
  • warum heute weltweit der CSD, der Christopher Street Day, als buntes Protest-Fest begangen wird,
  • dass die Gewalt gegen queere Menschen zuletzt wieder zugenommen hat.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Heiner Schulze (Sozialwissenschaftler, Schwules Museum Berlin)
  • Reinhard Schmidt (Düsseldorf, Aktivist, Mitbegründer der ersten deutschen Schwulengruppe)
  • Reinhard Schmidt (Hrsg.): HAG Homosexuelle Aktionsgruppe Bochum: Beginn der homosexuellen Emanzipation im Jahr 1970. 2021
  • Linus Giese (Hrsg.): Pride! Eine kurze Geschichte der LGBTQ+-Bewegung. München. 2022
  • Erinnerung, Sichtbarkeit und Emanzipation: Christopher Street Days (Regenbogenportal)

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Audiothek-Tipp:
Zeitreise in die Münchner Disco-Ära der 80er Jahre. Plötzlich ist von einem neuen Virus die Rede. Die queere Szene erlebt Angst, Unwissenheit und Ausgrenzung. Der Podcast "I will survive" erzählt den Kampf gegen die AIDS-Krise und was heute daraus geworden ist.

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Autorin: Christiane Kopka
Redaktion: Carolin Rückl und Frank Zirpins
Technik: Theo Kramer

Ohne ihre Melodie keine Geburtstagsparty: Mildred Hill

Ohne ihre Melodie keine Geburtstagsparty: Mildred Hill WDR Zeitzeichen 27.06.2024 13:55 Min. Verfügbar bis 28.06.2099 WDR 5

Am 27.6.1859 wird Mildred Hill geboren: die Musiklehrerin, die ein Morgenlied für einen Kindergarten komponiert. Als Geburtstagssong "Happy Birthday" erobert es von Kentucky aus die Welt.

Am Anfang ist es noch ein Lied, das eigentlich kein Orchester braucht. Es ist ein Lied, das gar nichts mit einem Geburtstag zu tun hat, und doch darin eine erstklassige Verwendung findet. Komponiert wird in Louisville, Kentucky, USA von der Musiklehrerin und Erzieherin Mildred Hill. "Happy Birthday" ist eines der meistgesungenen Lieder der Welt. Jemand hat einmal ausgerechnet, dass keine Sekunde auf der Welt vergeht, in der Happy Birthday nicht irgendwo gesungen wird. *** Das ist unser wichtigster Interviewpartner: Jürgen Terhag, Professor em. für Musikpädagogik an der Hochschule für Musik und Tanz Köln.


Die Schwestern Mildred J. Hill und Patty Smith Hill arbeiten im "Louisville Experimental Kindergarten". Was heute weltweit als "Happy Birthday to You" bekannt ist, komponiert Musiklehrerin Mildred ursprünglich als Begrüßungslied für den Kindergarten. Patty schreibt den ursprünglichen Text "Good Morning to All".
Ein Jahr später ergibt es sich bei einer Geburtstagsfeier, dass Patty das Lied in das heute gesungene Happy Birthday umtextet. Das Lied geht um die Welt, denn es ist betörend einfach - bis auf eine kleine Stelle.
Es ist der für Selten- oder Hobbysänger gefürchtete Oktavsprung, der Sprung über acht Töne beim dritten "Happy Birthday" im Liedchen. An ihm scheitert das melodische Ständchen oftmals und wird ziemlich schräg.
Derartige Probleme hat die Schauspielerin Marilyn Monroe 1962 hörbar nicht, als sie dem damaligen US-Präsidenten John F. Kennedy das Ständchen ins Mikrophon haucht.
Nach dem Tod der Schwestern Hill sichern sich nacheinander zwei Musikverlage die Rechte an dem Stück und verlangen Geld für die öffentliche Nutzung zum Beispiel in Filmen oder Werbung.
Erst 2015 wird das Lied gerichtlich zum Allgemeingut erklärt, das jeder kostenfrei verwenden darf. Der Musikverlag Warner Chappell willigt in einen Vergleich ein und zahlt 14 Millionen Dollar an diejenigen zurück, die das Lied öffentlich genutzt hatten.

In diesem Zeitzeichen erzählt Irene Geuer:
  • Warum Morgenlieder für hibbelige Kindergartenkinder ein wichtiges Ritual sind,
  • warum viele Filmemacher lange Zeit lieber "For He’s a Jolly Good Fellow" als "Happy Birthday" nutzen,
  • warum in Deutschland länger für die öffentliche Nutzung des Liedes bezahlt werden muss als in den USA,
  • warum wir überhaupt Geburtstag feiern.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Jürgen Terhag, Professor em. für Musikpädagogik an der Hochschule für Musik und Tanz Köln.
  • Jeremy Gartner, Medienanwalt, Köln.
  • Stefan Heidenreich, Kunst- und Medienwissenschaftler, Berlin, Buchautor
  • Stefan Heidenreich: Geburtstag. Wie kommt es, dass wir uns selbst feiern, Carl Hanser Verlag, 2018.

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Autorin: Irene Geuer
Redaktion: Christoph Tiegel und David Rother

Am 26.6.1284: Der Rattenfänger entführt die Kinder von Hameln

Am 26.6.1284: Der Rattenfänger entführt die Kinder von Hameln WDR Zeitzeichen 26.06.2024 14:14 Min. Verfügbar bis 27.06.2034 WDR 5

Ein Märchen - oder ein Mord? Oder reden wir über junge Auswanderer? Das Zeitzeichen geht der Geschichte um den legendären Rattenfänger von Hameln nach...

Die Frage nach Dichtung oder Wahrheit ist vielen in Hameln inzwischen egal. Mit Rattenfänger-Denkmal, Rattenfänger-Hotel und Rattenfänger-Devotionalien leben die Bürger im ansonsten eher beschaulichen Ort ganz gut vom Mythos. Der Rattenfänger von Hameln lockt jedes Jahr Tausende Touristen in die Stadt. *** Das sind unsere wichtigsten Interviewpartner: Michael Boyer, spielt den Rattenfänger von Hameln; Gernot Hüsam, Heimatforscher***


Die Geschichte geht so: Ein Mann kommt nach Hameln, vertreibt auf Wunsch der Bürger mit seiner Flöte Ratten und Mäuse aus der Stadt. Doch statt ihm wie versprochen zu entlohnen, jagen sie den Fremden weg. Der rächt sich und kommt am 26. Juni 1284 zurück in die Stadt. Nur dieses Mal zieht er mit seiner Flöte keine kleine Nager in seinen Bann, sondern verschwindet mit 130 Kindern auf Nimmerwiedersehen durch das Osttor der Stadt.

Über den Wahrheitsgehalt der Legende wird seit Jahrhunderten spekuliert. Die einen sind Anhänger der Vertuschungs-Theorie: Die Jugend der Stadt habe zu ausschweifend gefeiert und musste gezüchtigt werden. Dabei sei es entweder zu geplanten Morden oder einem ungewollten Unglück gekommen. Andere vermuten eine freiwillige Auswanderung gen Osten, wie sie seinerzeit nicht unüblich war.

Doch bis heute fehlen klare Beweise, die Indizienlage ist dünn. Steckt hinter dem Rattenfänger ein jahrhundertealter Cold Case oder nur heiße Luft? Wie auch immer, Hameln lebt ganz gut vom Mythos des Rattenfängers.

In diesem Zeitzeichen erzählt Ralph Erdenberger:
  • welche Hinweise eine Inschrift zum Verbleib der Kinder gibt,
  • warum sie möglicherweise freiwillig einem Fremden gefolgt sein könnten,
  • ob Ratten überhaupt auf Musik reagieren und dem Mann mit der Flöte gefolgt sein können,
  • welche Rolle ein um Sittlichkeit bemühter Graf gespielt haben könnte,
  • was hinter der "Teufelsküche" steckt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Michael Boyer, spielt den Rattenfänger von Hameln
  • Gernot Hüsam, Heimatforscher
  • Dr. Jürgen Udolph, Institut für Namensforschung, Leipzig
  • Erik Schmolz, Umweltbundesamt

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Unser Audiothek-Tipp:
The Belles - eine Fantasy-Hörspiel-Serie nach Dhonielle Clayton

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Autor: Ralph Erdenberger
Redaktion: David Rother

Michael Jackson - vor 15 Jahren stirbt der King of Pop

Michael Jackson - vor 15 Jahren stirbt der King of Pop WDR Zeitzeichen 25.06.2024 14:37 Min. Verfügbar bis 26.06.2099 WDR 5

Als Musiker und Tänzer setzt er neue Maßstäbe, wird zum Weltstar - und zur tragischen Skandalfigur. Am 25.6.2009 stirbt Michael Jackson durch ein Narkosemittel.

Mit über 500 Millionen verkauften Tonträgern zählt Michael Jackson zu den kommerziell erfolgreichsten Musikern aller Zeiten. An seinem Erfolg lässt er auch andere teilhaben und ist unter anderem der Künstler, der weltweit die meisten Wohltätigkeitsorganisationen finanziell und repräsentativ unterstützt. Der "King of Pop" sorgt aber nicht nur für positive Schlagzeilen, sondern gerät wegen Missbrauchsvorwürfen ins Fadenkreuz der Justiz.*** Das ist unsere wichtigste Quelle: WDR 4 Legenden "Thriller von Michael Jackson wird 40" mit Tom Petersen und Andreas Hötter (Sendung vom 30.11.2022) ***


Michael Jackson, der außergewöhnliche Musiker, der begnadete Tänzer, der Jahrhundertkünstler, der King of Pop. Aber eben auch: die tragische Skandalfigur. Immer wieder stehen Vorwürfe im Raum, Michael Jackson habe Minderjährige missbraucht.

Weil Michael und seine Geschwister ungewöhnlich musikalisch sind, gründet der Vater 1964 das Trio "The Jackson Brothers". Als Michael und Marlon zwei Jahre später dazu kommen, nennt der Vater die Gruppe in "The Jackson Five" um. Da ist Michael sieben Jahre alt.

Jackson wird der King of Pop. Mit dem Album "Thriller" macht er sich unsterblich. Entspannung findet Jackson auf seiner Neverland Ranch, einem elf Quadratkilometer großen Areal bei Los Angeles. Dorthin lädt er auch immer wieder Kinder ein. Seit Anfang der 90er gibt es Missbrauchsvorwürfe, ein erster Fall wird außergerichtlich beigelegt. 2005 muss sich Michael Jackson wegen Kindesmissbrauch und weiteren Anklagepunkten vor Gericht verantworten, er wird in allen Punkten freigesprochen. US-Medien berichten immer wieder, Jackson habe Schweigegeld in Millionenhöhe an Familien mutmaßlicher Opfer gezahlt.

In den Nullerjahren wird es still um Michael Jackson. Die Konzertreihe "This is it" soll der Abschied von der Bühne und seinen Fans sein. Doch Jackson wird diese Konzerte nicht mehr spielen. Er stirbt am 25. Juni 2009, achtzehn Tage vor dem ersten Auftritt. Sein Leibarzt Conrad Murray hatte ihm gegen seine Schlafstörungen das Narkosemittel Propofol in viel zu hoher Dosis verabreicht.

In diesem Zeitzeichen erzählt Andrea Klasen:
  • wie Michael Jackson schon als Kind ein Leben fernab der Normalität führt,
  • wie Michael Jackson und der Produzent Quincy Jones kongeniale Partner werden,
  • wie Jackson mit außergewöhnlichen Instrumenten vorher nie gehörte Klänge schafft,
  • wie Michael Jackson mit seinem Privatleben und der Dokumentation "Living with Michael Jackson" für Aufregung sorgt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen:
  • WDR 4 Legenden "Thriller von Michael Jackson wird 40" mit Tom Petersen und Andreas Hötter vom 30.11.2022
  • WDR 4 Legenden: "Michael Jackson als Duettpartner" (30.8.2023)

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Autorin: Andrea Klasen
Redaktion: Christoph Tiegel und Matti Hesse
Technik: Sarah Fitzek

Aufstieg und Vermächtnis: Der römische Kaiser Vespasian

Aufstieg und Vermächtnis: Der römische Kaiser Vespasian WDR Zeitzeichen 24.06.2024 14:42 Min. Verfügbar bis 25.06.2099 WDR 5

Der römische Kaiser Vespasian (gestorben am 23. oder 24.6.79 n.Chr.) ist überzeugt: "Geld stinkt nicht – selbst wenn es aus Urin stammt." So erhebt er kurzerhand eine Pinkelsteuer, um den Aufbau des zerstörten Roms voranzutreiben.

Eigentlich stammt Titus Flavius Vespasian aus viel zu einfachen Verhältnissen, um später einmal Kaiser von Rom zu werden. Aber er macht Karriere beim Militär und so erinnern sich die Armeeoberen an ihn, als im sogenannten Vier-Kaiser-Jahr ein nicht korrupter und tatkräftiger Mann auf den Kaiserstuhl benötigt wird. *** Das ist unsere wichtigste Quelle: Prof. Stefan Pfeiffer, Historiker Universität Halle-Wittenberg ***


Nach Neros Tod stürzt das römische Weltreich ins Chaos. Rom selbst ist noch vom großen Brand zerstört, drei Kaiser halten sich nur wenige Monate. Das ist die Stunde von Titus Flavius Vespasianus. Der Sohn eines Zöllners hat sich als Feldherr einen Namen gemacht, war jedoch beim alten Kaiser Nero in Ungnade gefallen, weil er während dessen stundenlangen Gesangsvorträgen eingeschlafen sein soll.

Vespasian entgeht nur der Todesstrafe, weil Nero einen starken Heerführer braucht, der einen Aufstand der Juden in Judäa zerschlägt. Gemeinsam mit seinem Sohn Titus macht sich Vespasian auf den Weg. Aus der Ferne verfolgt er auch die politischen Kämpfe in Rom. Schließlich dient man ihm das Kaiseramt an. Vespasian kehrt nach Rom zurück und bringt zum Amtsantritt Getreide aus Ägypten und Nordafrika – ein Segen für die hungernde Bevölkerung.

Dann macht sich der neue Kaiser an den Wiederaufbau der Stadt. Er lässt das zerstörte Kapitol wieder aufbauen und initiiert das Kolosseum, das heutige Wahrzeichen der Stadt. Das Geld dafür hat unter anderen sein Sohn Titus in Jerusalem geplündert. Und Vespasian ist als Sohn eines Zöllners ein versierter Steuereintreiber, der in seiner zehnjährigen Amtszeit das Finanzsystem auf Vordermann bringt. Titus Flavius Vespasian stirbt am 24. Juni 79 im Alter von knapp 70 Jahren vermutlich an Ruhr.

In diesem Zeitzeichen erzählt Marko Rösseler:
  • wie Vespasian als Heerführer einen Blinden und Lahmen geheilt haben soll, so wie es die Evangelisten später Jesus zuschreiben,
  • wieso er zunächst seinen Sohn nach Rom schickt, als man ihn zum Kaiser erklären will,
  • über die gesundheitlichen Probleme des Kaisers, der unter Verstopfung leidet und an Durchfall stirbt,
  • wie Vespansian aus der Ferne dafür sorgt, dass sein Vorgänger sein Amt verliert.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Prof. Stefan Pfeiffer, Historiker Universität Halle-Wittenberg
  • Stefan Pfeiffer: Die Zeit der Flavier: Vespasian – Titus – Domitian, Freiburg, 2009
  • Sueton zitiert aus: Werke in einem Band. Kaiserbiographien / über berühmte Männer. Erschienen in der Reihe: Bibliothek der Antike – Römische Reihe. Berlin, 1985

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Autor: Marko Rösseler
Redaktion: Matti Hesse
Techin: Sarah Fitzek

Götz von Berlichingen verliert seine rechte Hand (am 23.6.1504)

Götz von Berlichingen verliert seine rechte Hand (am 23.6.1504) WDR Zeitzeichen 23.06.2024 14:42 Min. Verfügbar bis 24.06.2099 WDR 5

Der berühmte Fluch mit dem "Arschlecken" ist Goethes Erfindung - aber das historische Vorbild für den Bühnenhelden gibt es tatsächlich: Ritter Götz mit der eisernen Hand.

Ein Opfer von Friendly Fire: Als Götz von Berlichingen am Landshuter Erbfolgekrieg zwischen Bayern und Franken teilnimmt, hat das schwerwiegende Folgen für ihn. Am 23. Juni 1504 kämpft er aufseiten der Nürnberger, als diese mit ihrem Geschütz gegen Freund und Feind schießen - und der Ritter seine rechte Hand verliert. *** Das sind unsere wichtigsten Interviewpartner: Christine Reinle (Historikerin, Uni Gießen); Eva Hosemann (Intendantin Burgfestspiele Jagsthausen) ***


Götz von Berlichingen - der um 1480 auf Burg Jagsthausen geboren wird - ist für seine Kämpfe berühmt-berüchtigt. In seinen Lebenserinnerungen nennt er sie im Titel: "Meine Fehden und Handlungen". Fehden sind Gefechte und Raubzüge, um auf eigene Faust Recht durchzusetzen. Fühlt sich ein Hof oder eine Familie benachteiligt oder übervorteilt, so bezahlt sie nicht selten einen Ritter, der die Beschuldigten bekämpft.

Zu einem solchen Gefecht kommt es auch am 23. Juni 1504. Götz ist Anfang 20. Zwischen Bayern und Franken ist ein Erbstreit entbrannt: der Landshuter Erbfolgekrieg. Es kommt zu einer großen militärischen Auseinandersetzung. Götz kämpft auf der Nürnberger Seite. Doch deren Geschütz schießt plötzlich auf die eigenen Leute - und Götz verliert die rechte Hand.

Sieben Monate lang wird er gepflegt und bekommt schließlich eine Prothese aus Metall: die eiserne Hand. Damit beginnen seine Fehden erst richtig. Obwohl sie eigentlich bereits gesetzlich verboten sind. Das kümmert Götz aber jahrelang nicht.

In diesem Zeitzeichen erzählt Irene Dänzer-Vanotti:
  • welches Geschäftsmodell Götz bei seinen Fehden favorisiert,
  • wie seine eiserne Hand im Detail funktioniert,
  • welches Privatleben er führt,
  • für welchen medizinischen Einsatz die eiserne Hand später als Vorbild dient.
  • wo jedes Jahr Goethes Theaterstück "Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand" aufgeführt wird.

Das sind unsere wichtigsten Interviewpartner:
  • Christine Reinle (Historikerin, Uni Gießen)
  • Eva Hosemann (Intendantin Burgfestspiele Jagsthausen)

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Autorin: Irene Dänzer-Vanotti
Redaktion: Christoph Tiegel und David Rother

Der Serienmörder Fritz Haarmann wird verhaftet (am 22.6.1924)

Der Serienmörder Fritz Haarmann wird verhaftet (am 22.6.1924) WDR Zeitzeichen 22.06.2024 14:42 Min. Verfügbar bis 23.06.2099 WDR 5

Fritz Haarmann tötet Anfang der 1920er-Jahre in Hannover mindestens 24 Menschen. Die Polizei ermittelt lange schlampig, verhaftet wird Haarmann nur durch einen Zufall.

Die Polizei kennt Fritz Haarmann als Kleinkriminellen und als Spitzel. Dass er ein Serienmörder sein könnte, wird den Beamten erst klar, als der Mann auf der Wache erscheint und selber eine Anzeige aufgeben will. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Lydia Benecke (Kriminalpsychologin) ***


"Es ist kein Vergnügen, einen Menschen zu töten. Es ist ein Grauen", sagt Fritz Haarmann bei einer Vernehmung. Und er sagt auch: "Man macht es leichter, wenn man liebt." Der Serienmörder tötet immer wieder junge Männer, die er attraktiv findet und an denen er sexuell interessiert ist. Als mitten in Hannover Schädel und Leichenteile gefunden werden, bezeichnen die Medien den unbekannten Täter als Monster, Werwolf und Vampir. Doch diese Bezeichnungen passen nicht zu dem Auftreten des Mannes, der lange unentdeckt mordet. Haarmann ist im Alltag freundlich und humorvoll - und so sympathisch, dass seine Opfer ihm offenbar zunächst vertrauen.

1924 liefert der Prozess gegen Haarmann über Monate hinweg weltweit Gesprächsstoff. Serienkiller sind schon damals sehr gefragt. Was für die Opfer und die Hinterbliebenen großes Leid ist, wird für andere zum wohligen Grusel. Fritz Haarmann wird für 27 Morde angeklagt und für 24 zum Tode verurteilt. Am 15. April 1925 wird er geköpft.

In diesem Zeitzeichen erzählt Thomas Klug:
  • welche Rolle sein Wandschrank bei den Morden spielt,
  • warum die Polizei ihn bereits 1918 hätte schnappen können,
  • wie sie ihm schließlich auf die Schliche kommt,
  • wie der Volksmund die Taten von Fritz Haarmann besingt.

Das ist unsere Interviewpartnerin:
  • Lydia Benecke (Kriminalpsychologin)

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Autor: Thomas Klug
Redaktion: Matti Hesse
Technik: Holger Maerten

Ein Leben für den Frieden: Pazifistin Bertha von Suttner

Ein Leben für den Frieden: Pazifistin Bertha von Suttner WDR Zeitzeichen 21.06.2024 14:47 Min. Verfügbar bis 22.06.2099 WDR 5

Für ihre Schriften und ihr Engagement erhält sie als erste Frau den Friedensnobelpreis, den Alfred Nobel auf ihr Wirken hin stiftet. Von Suttner stirbt am 21.06.1914.

Ihr unermüdlicher Einsatz für den Frieden macht sie zu einer der bedeutendsten Stimmen der Friedensbewegung. Ihre Freundschaft zu Alfred Nobel spielt eine entscheidende Rolle bei der Stiftung des Friedensnobelpreises. Als erste Frau jemals erhält Bertha von Suttner diesen auch selbst. ***Das sind unsere wichtigsten Interviewpartner: Guido Grünewald, Historiker und Mitglied der Deutschen Friedensgesellschaft und Marlene Streeruwitz, Schriftstellerin***


Ihre bedeutende Schrift "Die Waffen nieder!", schildert eindrucksvoll die Schrecken des Krieges und wird 1889 veröffentlicht. Sie wird zu einem Grundpfeiler der internationalen Friedensbewegung und die Autorin selbst zu einer Vorkämpferin revolutionärer Ideen.

Bertha von Suttner, geboren 1843 in Prag, ist eine herausragende Schriftstellerin und eine engagierte Pazifistin. Sie wächst in einer aristokratischen Familie auf und entwickelt schon früh ein tiefes Interesse an Literatur und gesellschaftlichen Fragen.

Von Suttner ist nicht nur Autorin, sondern auch eine unermüdliche Aktivistin. Sie gründet mehrere Friedensgesellschaften und setzt sich vehement für die Abschaffung des Krieges ein. Doch nicht als Revolutionärin, als Rote Bertha, wie sie von manchen genannt wird. Vielmehr glaubt sie an Veränderung und Weiterentwicklung. Und dafür schließt sie Bündnisse und knüpft Kontakte zu einflussreichen Persönlichkeiten.

Den Ersten Weltkrieg kann sie trotzdem nicht verhindern. Bertha von Suttner stirbt kurze Zeit vor dessen Ausbruch 1914.

In diesem Zeitzeichen erzählt Claudia Friedrich:
  • wie Bertha von Suttner als erste Frau den Friedensnobelpreis erhält und damit Geschichte schreibt,
  • welche Hindernisse sie überwinden muss, um als Frau in einer von Männern dominierten Gesellschaft Gehör zu finden,
  • warum sie trotz aristokratischer Herkunft ein Leben im Exil und in Armut führt;
  • welche Rolle ihre Ehe mit Arthur von Suttner dabei spielt,
  • und wie sie internationale Friedenskongresse organisiert und damit das Fundament für spätere globale Friedensinitiativen legt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen:
  • Suttner, Bertha von, Memoiren (1909), Hamburg 2013.
  • Suttner, Bertha von, Das Maschinenzeitalter. Zukunftsvorlesungen über unsere Zeit (1889/ Nachdruck von 1899), Norderstedt 2016.
  • Suttner Bertha von, Die Waffen nieder! (1889), Königswinter 2022.
  • Hamann, Brigitte, Bertha von Suttner, Kämpferin für den Frieden, Wien 2013.
  • Streeruwitz, Marlene, Über Bertha von Suttner, (IN: Autorinnen feiern Autorinnen), Wien 2014.

Und das sind unsere Interviewpartner:
  • Guido Grünewald, Historiker und Mitglied der Deutschen Friedensgesellschaft
  • Marlene Streeruwitz, Schriftstellerin.

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Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.

Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autorin: Claudia Friedrich
Redaktion: Carolin Rückl und Matti Hesse

Alexandre Yersin entdeckt den Erreger der Pest (am 20.6.1894)

Alexandre Yersin entdeckt den Erreger der Pest (am 20.6.1894) WDR Zeitzeichen 20.06.2024 13:59 Min. Verfügbar bis 21.06.2099 WDR 5

Vor tausenden Jahren entsteht die Pest in Zentralasien und verbreitet sich in verheerenden Pandemien über den Globus. Alexandre Yersin entdeckt schließlich ihren Erreger.

Die Pest gilt als eine der tödlichsten Krankheiten der Menschheitsgeschichte. Über Jahrtausende hat sie Angst und Schrecken verbreitet. Im 19. Jahrhundert gelingt es dem Schweizer Alenxandre Yersin, in Hongkong den Erreger zu identifizieren. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Professorin Julia Riehm (Fachtierärztin für Lebensmittel und Mikrobiologie, München); Henri H. Mollaret und Jacqueline Brossollet: Alexandre Yersin - der Mann, der die Pest besiegte. Einsiedeln 1987 ***


Das Wort Pest kommt aus dem Lateinischen und bezeichnet Seuchen, die ausbrechen, viele Opfer fordern und wieder vorbeigehen. Die erste Pest-Pandemie ist die justianische Pest im 6. Jahrhundert nach Christus - benannt nach dem damals regierenden Kaiser Justinian. Die genaue Opferzahl ist umstritten, er könnten bis zu 50 Millionen Menschen gestorben sein.

Im 14. Jahrhunderts rafft die Pest etwa ein Drittel der europäischen Bevölkerung dahin. Die Ärzte wissen damals noch nichts von Bakterien und Viren. Impfungen und Antibiotika sind noch unbekannt. Die Erkrankten müssen vor den Toren der Stadt in Seuchenhäusern leben. Der letzte große Pestausbruch in Europa findet zu Beginn des 18. Jahrhunderts in Marseille statt. Danach verschwindet die Seuche von diesem Kontinent. Der Grund dafür ist bis heute unbekannt. Die Angst aber bleibt, weil die Krankheit weiterhin existiert.

Im 19. Jahrhundert will man das Problem wissenschaftlich lösen. Im Juni 1894 schicken die Franzosen den gebürtigen Schweizer Alexandre Yersin, der bei Louis Pasteur gelernt hat, nach Hongkong, wo der Pesterreger aktiv ist. Dort entdeckt er "Yersinia Pestis" - das Bakterium, das heute seinen Namen trägt.

In diesem Zeitzeichen erzählt Julia Schäfer:
  • was Pest und Antisemitismus miteinander zu tun haben,
  • mit welchen Mitteln in früheren Jahrhunderten erfolglos gegen die Krankheit vorgegangen wird,
  • wie Alexandre Yersin illegal an Pest-Tote für seine Forschung kommt,
  • wo die Pest heute verbreitet ist,
  • dass die Pest als Bio-Waffe eingesetzt werden könnte.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Professorin Julia Riehm (Fachtierärztin für Lebensmittel und Mikrobiologie, München)
  • Professorin Marion Maria Ruisinger (Direktorin des Deutschen Medizinhistorischen Museums in Ingolstadt)
  • Henri H. Mollaret und Jacqueline Brossollet: Alexandre Yersin - der Mann, der die Pest besiegte. Einsiedeln 1987

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Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autorin: Julia Schäfer
Redaktion: Matti Hesse
Technik: Sarah Fitzek

Aus der Videospiel-Nische zum Millionenpublikum: Counter-Strike

Aus der Videospiel-Nische zum Millionenpublikum: Counter-Strike WDR Zeitzeichen 19.06.2024 14:45 Min. Verfügbar bis 20.06.2099 WDR 5

Für das Taktik-Spiel im Team sind Shooter wie das am 19.06.1999 erschienene Counter-Strike beliebt. Neu ist seitdem der Fokus auf Diversität - zumindest bei manchen.

Counter Strike ist längst ein Klassiker unter den Computerspielen. Das Ziel: Die Terroristen versuchen, eine Bombe zu platzieren, während die Anti-Terror-Einheiten versuchen, dies zu verhindern. Eine Spielrunde ist zu Ende, wenn ein Team komplett ausgeschaltet ist oder die Bombe hochgeht. Egal ob auf LAN-Partys oder in internationalen Turnieren – der Nervenkitzel bleibt bis heute unverändert. ***Das ist unser wichtigster Onterviewpartner: Björn Bartholdy, Direktor des Cologne Game Lab, Technische Hochschule Köln***


Ein Mausklick, das Spiel beginnt. Die Anspannung ist greifbar, wenn die virtuelle Welt von Counter Strike zum Leben erwacht.
Das Computerspiel Counter Strike erscheint 1999 ursprünglich als Modifikation des legendären Spiels Half-Life. Zwei Teams, die Terroristen und die Anti-Terror-Einheiten, stehen sich in taktischen Gefechten gegenüber. Gut und Böse, Schwarz und Weiß - Grauzonen gibt es hier nicht.
Das Spiel besticht durch seine realistische Darstellung von Waffen und den hohen Anspruch an die Spielenden. Jeder Schritt, jede Entscheidung kann den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage bedeuten. Seit seiner Veröffentlichung macht Counter Strike eine enorme Entwicklung durch: Es entwickelt sich von einem Spiel für Hardcore-Gamer zum Mainstream-Phänomen und bringt sogar eine eigene eSport-Szene hervor, in der Teams weltweit um Titel kämpfen.
Für seine Spieler ist Counter Strike mehr als nur ein Spiel; es ist ein soziales Erlebnis und ein fesselndes Hobby, das Millionen Menschen weltweit verbindet, seine Faszination ungebrochen, und die Spannung bleibt – Schuss für Schuss.

In diesem Zeitzeichen erzählt Claudia Friedrich:
  • wie sich Counter Strike zu einem der erfolgreichsten Online-Shooter der Welt entwickelt,
  • wie zwei Informatikstudenten das Spiel ins Leben rufen und damit einen Meilenstein im Gaming setzen,
  • warum Counter Strike trotz seiner Beliebtheit immer wieder in die Kritik gerät,
  • und warum die Themen Gender, Diversität und Queerness bis heute keine Rolle spielen.

Das sind unsere wichtigsten Interviewpartner:
  • Björn Bartholdy. Direktor des Cologne Game Lab, Technische Hochschule Köln
  • Maarten van Hoek, Gamer

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Autorin: Claudia Friedrich
Redaktion: Carolin Rückl und Frank Zirpins

Großdenker der Frankfurter Schule: Jürgen Habermas

Großdenker der Frankfurter Schule: Jürgen Habermas WDR Zeitzeichen 18.06.2024 15:04 Min. Verfügbar bis 19.06.2099 WDR 5

Kaum ein deutscher Philosoph hat so intensiv erforscht, wie öffentlicher Streit und Diskurse in der Bundesrepublik funktionieren. Auch mit 95 Jahren analysiert Jürgen Habermas messerscharf aktuelle Geschehnisse.

Die soziologischen und philosophischen Werke von Jürgen Habermas sind in mehr als 40 Sprachen übersetzt. Als konstruktiv-kritischer Geist will er nicht nur beschreiben, wie die Gesellschaft ist. Er will auch aufzeigen, wie sie vernünftiger gestaltet werden kann. Indem wir miteinander sprechen, begeben wir uns auf Konsens-Suche, so seine optimistische Idee. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Felix Kämper (Habermas-Forscher, Goethe-Universität Frankfurt am Main, Arbeitsbereich: Politische Theorie und Philosophie); Stefan Müller-Dohm: Jürgen Habermas - Eine Biographie. Berlin 2014 ***


Außerparlamentarische Opposition, Friedensbewegung, Rechtsextremismus, Kriegseinsätze der Bundeswehr, Asylrecht, Putins Ukraine-Krieg - die Debatten, in die sich Jürgen Habermas einmischt, spiegeln die Geschichte der alten und neuen Bundesrepublik.
Als öffentlicher Intellektueller versucht er, Diskurse auf eine Auseinandersetzung um das bessere Argument auszurichten. Habermas hat den Anspruch, dass Philosophie ihre Zeit in Gedanken erfasst: Ein Hauptziel von ihm ist es, den Kapitalismus zu zähmen. Er beabsichtigt damit auch, über die Mechanismen der Gesellschaft aufzuklären.
Geprägt wird Habermas in Frankfurt am Main: Als Assistent von Theodor W. Adorno setzt er sich am "Institut für Sozialforschung" mit ökonomischen Theorien auseinander, mit der Psychoanalyse Sigmund Freuds und mit dem Marxismus. Habermas wird zum Kopf der zweiten Generation der sogenannten Frankfurter Schule.
Sein Denken ist anschlussfähig für die nächste Generation der Kritischen Theorie, die ein ökologisches Zukunftsdenken entwickelt. Für Habermas ist klar: Für den Erhalt und die Weiterentwicklung von Sozialstaat und liberaler Demokratie muss auch weiterhin gekämpft werden.

In diesem Zeitzeichen erzählt Christoph Vormweg:
  • weshalb Jürgen Habermas großes Publikum meidet und sich lieber schriftlich äußert,
  • warum für den Philosophen die auf Profit ausgerichtete Kulturindustrie die Kultur zerstört,
  • nach welcher Auseinandersetzung mit den Studierenden Habermas 1971 die Uni verlässt,
  • wie er sich beim Historikerstreit der 1980er-Jahre positioniert.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Felix Kämper (Habermas-Forscher, Goethe-Universität Frankfurt am Main, Arbeitsbereich: Politische Theorie und Philosophie)
  • Jürgen Habermas: Legitimationsprobleme im Spätkapitalismus. Frankfurt am Main 1973
  • Jürgen Habermas: Theorie des kommunikativen Handelns. Frankfurt am Main 1981
  • Jürgen, Habermas: Die neue Unübersichtlichkeit. Frankfurt am Main 1985
  • Stefan Müller-Dohm: Jürgen Habermas - Eine Biographie. Berlin 2014
  • Markus Schroer: Soziologische Theorien - Von den Klassikern bis zur Gegenwart. Paderborn, 2022

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Unser Hörtipp: WDR 5 "Das Philosophische Radio" mit Jürgen Wiebicke

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Autor: Christoph Vormweg
Redaktion: Carolin Rückl und Frank Zirpins
Technik: Joseph Baader

Freiheit bedeutet, zu entscheiden: Kierkegaards "Begriff Angst"

Freiheit bedeutet, zu entscheiden: Kierkegaards "Begriff Angst" WDR Zeitzeichen 17.06.2024 14:42 Min. Verfügbar bis 18.06.2099 WDR 5

In nur vier Monaten bringt Sören Kierkegaard seine Freiheitsphilosophie zu Papier. Der Kern: Eigene Entscheidung erzeugt immer ein Gefühl der Angst. "Der Begriff Angst" erscheint dann unter Pseudonym - und beeinflusst andere Denker maßgeblich.

Er wird der "Sokrates von Kopenhagen" genannt. Doch als sein Werk "Der Begriff der Angst" erscheint, wird es von der dänischen Presse ignoriert. Erst später wird es zur Inspirationsquelle von Existenzphilosophen wie Martin Heidegger und Vordenkern der Psychologie wie Sigmund Freud. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Uta Eichler (Universität Halle, Philosophisches Seminar); Søren Kierkegaard: Der Begriff Angst. Ditzingen 2023; Clare Carlisle: Der Philosoph des Herzens - Das rastlose Leben des Søren Kierkegaard. Stuttgart 2019 ***


Søren Kierkegaard argumentiert vom Standpunkt der einzelnen menschlichen Existenz aus. Es geht ihm um die Realisierung menschlicher Lebensmöglichkeiten, die von Angst begleitet sind. Dadurch entdeckt er die negative Existenzerfahrung als eine Grundlage der Philosophie.
Sein Werk "Der Begriff Angst" - veröffentlicht unter Pseudonym - ist eine religionsphilosophisch-psychologische Schrift. Sie wird zwar von der dänischen Presse ignoriert. Aber sie inspiriert die Nachwelt: zum einen Existenzphilosophen wie Martin Heidegger, Jean-Paul Sartre und Albert Camus; zum anderen Vordenker der Psychologie wie Sigmund Freud und Carl Gustav Jung.
Kierkegaards Analysen existenzieller Angst ziehen Jahrzehnte später viele Leserinnen und Leser in ihren Bann. Umstritten aber ist das Heilmittel gegen die Angst, das er anbietet. Denn das sei der sogenannte "Sprung" in den wahren Glauben an Gott, der Erlösung bedeute.

In diesem Zeitzeichen erzählt Christoph Vormweg:
  • in welchen strengen Verhältnissen Søren Kierkegaard aufwächst,
  • wie seine Auffassung von Christentum seine Liebesleben einschränkt,
  • welche Rolle für ihn die "Erbsünde" spielt,
  • wie Angst, Freiheit, Entscheidung und Begehren für Kierkegaard zusammenhängen,
  • warum der Philosoph als Religionskritiker gesehen werden kann.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Uta Eichler (Universität Halle, Philosophisches Seminar)
  • Søren Kierkegaard: Der Begriff Angst. Ditzingen 2023
  • Clare Carlisle: Der Philosoph des Herzens - Das rastlose Leben des Søren Kierkegaard. Stuttgart 2019
  • Joakim Garff: Kierkegaard - Biographie. München/Wien 2004

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Autor: Christoph Vormweg
Redaktion: Frank Zirpins
Technik: Christine Reinartz

Dank James Joyce ewiger Feiertag in Dublin: der "Bloomsday"

Dank James Joyce ewiger Feiertag in Dublin: der "Bloomsday" WDR Zeitzeichen 16.06.2024 13:20 Min. Verfügbar bis 17.06.2099 WDR 5

Sein "Ulysses" macht den Schriftsteller James Joyce weltberühmt. Der Roman spielt in Dublin an nur einem Tag: dem 16.5.1904, bis heute jährlich als "Bloomsday" gefeiert.

Der 16. Juni 1904 ist für den irischen Schriftsteller James Joyce ein wichtiges Datum: An diesem Tag trifft er zum ersten Mal seine zukünftige Frau. Grund genug, um sein 1000-Seiten-Werk "Ulysses" an einem einzigen Tag, an genau diesem 16.6., spielen zu lassen: Die Hauptfigur Leopold Bloom schlendert durch Dublin. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen: James Joyce: Ulysses. Frankfurt 1975; Hans-Christian Oeser und Jürgen Schneider: James Joyce. Frankfurt 2007 ***


Er gehört zu den prägenden Schriftstellern des letzten Jahrhunderts: James Joyce gibt der modernen Literatur entscheidende Impulse. Sein Hauptwerk, "Ulysses", sprengt alle Grenzen des Bisherigen und öffnet eine neue Welt.
Der Roman spielt am 16. Juni 1904 - aus einem autobiografischen Grund: An diesem Tag findet das erste Treffen zwischen Joyce und Nora Barnacle statt, die später seine Frau wird. Der irische Schriftsteller verewigt den Tag in Dublin in seinem 1.000-Seiten-Roman, der an einem einzigen Tag spielt: Der Anzeigen-Eintreiber Leopold Bloom schlendert durch Dublin.
Der "Bloomsday", der 16. Juni, wird bis heute temperamentvoll gefeiert, in Dublin und überall auf der Welt, wo man den Autor und sein Werk verehrt und bewundert. Auch wer den Roman nicht oder nicht zu Ende gelesen hat, darf mitfeiern.

In diesem Zeitzeichen erzählt Monika Buschey:
  • wie Nora Barnacle gleich beim ersten Treffen mit James Joyce zur Sache geht,
  • welcher Schriftsteller sieben Jahre lang "Ulysses" ins Deutsche übersetzt,
  • warum die Leser des Romans mit der Hauptfigur Bloom in den Puff, in die Kneipe und aufs Klo gehen,
  • mit welchem frivolem Monolog von Molly Bloom, der Ehefrau des Helden, "Ulysses" endet.

Das sind unsere wichtigsten Quellen:
  • James Joyce: Ulysses. Frankfurt 1975
  • Hans-Christian Oeser und Jürgen Schneider: James Joyce. Frankfurt 2007
  • Friedhelm Rathje: James Joyce. Reinbek bei Hamburg 2004

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Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autorin: Monik Buschey
Redaktion: Christoph Tiegel und David Rother

Menschen verbinden, Milliarden bewegen: Gründung der UEFA

Menschen verbinden, Milliarden bewegen: Gründung der UEFA WDR Zeitzeichen 15.06.2024 14:52 Min. Verfügbar bis 16.06.2099 WDR 5

Einen sportlichen Fußball-Wettstreit auf europäischer Ebene zu organisieren: Das war der Traum der Gründerväter der UEFA. Inzwischen muss vor allem die Kasse stimmen, um den Betrieb am Laufen zu halten.

Im Laufe der Jahre ist die Bedeutung der UEFA und ihrer Wettbewerbe stetig gewachsen. Besonders die Europameisterschaft und die Champions League sind wichtige Pfeiler des europäischen Fußballs - die die UEFA vermarktet und verteidigt. *** Das sind unsere wichtigsten Interviewpartner: Chaled Nahar, Sportjournalist und UEFA-Experte; Dietrich Schulze-Marmeling, Autor und Fussball-Experte ***


Seit ihrer Gründung 1954 hat sich die UEFA zu einem der größten Sportverbände der Welt entwickelt, mit 55 Mitgliedsländern und zahlreichen internationalen Wettbewerben.
Doch die Anfänge sind bescheiden. Die treibenden Kräfte hinter der Gründung sind vor allem die Franzosen, allen voran der Schiedsrichter und ehemalige Spieler Henri Delaunay. Zusammen mit dem Italiener Ottorino Barassi und dem Belgier José Crahay verfolgt Delaunay das Ziel einer europäischen Fußball-Union. Im November 1953 genehmigt die FIFA die Bildung kontinentaler Konföderationen. Am 15. Juni 1954 wird die UEFA offiziell in Basel gegründet - und findet zunächst kaum Beachtung in der Öffentlichkeit.
Heute ist die UEFA ein milliardenschwerer Verband, der trotz aller Kontroversen eine zentrale Rolle im Weltfußball spielt. "We must never forget: European football is a unique story, is a success story" sagt ihr aktueller Präsident Aleksander Ceferin. Die UEFA ist eine Erfolgsgeschichte, nicht nur sportlich, sondern vor allem auch wirtschaftlich.

In diesem Zeitzeichen erzählt Ulli Schäfer:
  • welche Rolle Frankreich bei der Gründung der UEFA spielt,
  • warum Deutschland, Belgien und die Niederlande zunächst nichts von der Idee einer Europameisterschaft halten,
  • welche Skandale die UEFA überschatten,
  • warum die geplante Super League 2021 scheitert und sich sogar die Politik einmischt,
  • und was das alles mit wirtschaftlichen Faktoren und Machtstrukturen zu tun hat.

Das sind unsere wichtigsten Quellen:
  • Dietrich Schulze-Marmeling: Fußball - Zur Geschichte eines globalen Sports. Hildesheim 2000
  • Dietrich Schulze-Marmeling: Die Geschichte der Fußball-Europameisterschaft. Göttingen 2007

Und das sind unsere wichtigsten Interviewpartner:
  • Chaled Nahar, Sportjournalist und UEFA-Experte
  • Dietrich Schulze-Marmeling, Autor und Fussball-Experte

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Die Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autor: Ulli Schäfer
Redaktion: Frank Zirpins

Hör-Tipp: Im WDR-Podcast Sport inside geht es in der aktuellen Folge um den deutschen Kolonialismus in Namibia: Dort hielt die herrschende weiße Minderheit schwarze Fußballer aus ihren Ligen fern. Heute, mehr als drei Jahrzehnte nach der Unabhängigkeit, besteht die soziale Ungleichheit fort. Host Nora Hespers spricht mit Ronny Blaschke, Autor eines Buchs über Kolonialismus und Rassismus im Fußball.

Kohls Lieblingsprojekt: Das "Haus der Geschichte" in Bonn

Kohls Lieblingsprojekt: Das "Haus der Geschichte" in Bonn WDR Zeitzeichen 14.06.2024 14:46 Min. Verfügbar bis 15.06.2099 WDR 5

Helmut Kohls Idee über ein Museum zur Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ab 1945 bis in die Gegenwart löste heftige Kritik aus. Doch es wurde ein Publikumsmagnet.

Das Projekt für ein "Haus der Geschichte" in Bonn wird in den 1980er Jahren heftig kritisiert. Mit der Eröffnung verstummt die Kritik weitgehend. In seiner Rede am 14.06.1994 betont Kanzler Kohl die Notwendigkeit einer solchen Institution, um die Fundamente des vereinten Deutschlands zu verdeutlichen. ***Das sind unsere wichtigsten Quellen: Thomas Hertfelder u.a., Hg., Erinnern an Demokratie in Deutschland. Demokratiegeschichte in Museen und Erinnerungsstätten der Bundesrepublik, Göttingen 2016.***


Musik liegt in der Luft: Deutschlandhymne, DDR-Hymne und Europahymne zu einem symbolträchtigen Klangteppich verwoben. Die musikalische Inszenierung von Peter Herbolzheimer unterstreicht die historische Tragweite des Augenblicks.

Am 14. Juni 1994 wird in Bonn das Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland feierlich eröffnet. Helmut Kohl fordert bereits 1982 in seiner ersten Rede als Bundeskanzler ein solches Projekt, das ein neues Kapitel in der deutschen Erinnerungskultur aufschlagen soll.

Das Haus der Geschichte ist bewusst nicht als traditionelles Museum konzipiert. Es soll vielmehr ein lebendiges Forum für die Auseinandersetzung mit der Geschichte Deutschlands nach 1945 bieten. Von Anfang an steht die Vermittlung der jüngeren deutschen Geschichte im Vordergrund - von der Nachkriegszeit über die Teilung Deutschlands bis zur Wiedervereinigung.

In diesem Zeitzeichen erzählt Marfa Heimbach:
  • wie Helmut Kohl das Projekt initiiert und welche Ziele er damit verfolgt,
  • welche Kritik und Diskussionen im Zusammenhang mit dem Bau entsetehen,
  • warum das Haus der Geschichte bewusst nicht als Museum bezeichnet wird,
  • wie das Haus der Geschichte seine Besucher aktiv in die Ausstellung einbezieht,
  • und welche Themen noch umfassender beleuchtet werden könnten.

Das sind unsere wichtigsten Quellen:

Und das sind unsere Interviewpartner*innen:
  • Prof. Dr. Harald Biermann (Präsident der Stiftung Haus der Geschichte)
  • Dr. Simone Mergen (Direktorin der Abt. Bildung-Besucherservice, Stiftung Haus der Geschichte, Bonn)
  • Lisa Riplinger (Geschichtslehrerin, Königin Luise Schule Köln)
  • Besucher, Schülerinnen und Schüler

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Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autor*in: Marfa Heimbach
Redaktion: Matti Hesse
Technik: Michael Franke

Am 13.06.1994: Leichen im Mordfall um O.J. Simpson entdeckt

Am 13.06.1994: Leichen im Mordfall um O.J. Simpson entdeckt WDR Zeitzeichen 13.06.2024 15:25 Min. Verfügbar bis 14.06.2034 WDR 5

Der Footballstar beteuert bis zum Tod: Er habe seine Exfrau Nicole Brown Simpson und Ronald Goldman nicht ermordet. Ein Gericht spricht ihn frei, eines verurteilt ihn.

Die Wahrheit seiner Tat hat O.J.Simpson mit ins Grab genommen. Was bleibt, sind eine der spektakulärsten Fluchten im weltweiten Fernsehen, zwei ungesühnte Morde und das abrupte Ende einer US-amerikanischen Sportlerkarriere. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen: Jeffrey Toobin: The Run of His Life: The People v. O. J. Simpson, New York 1997. ***


Einst gefeierter American-Football-Star, Werbeikone und Schauspieler, bekannt und verehrt von Millionen: O.J. Simpson. Doch sein Ruhm nimmt eine tragische und kontroverse Wendung.
In der Nacht auf den 13. Juni 1994 werden Simpsons Ex-Frau Nicole Brown und ihr Freund Ronald Goldman in Browns Haus ermordet und grausam zugerichtet. Der Fall erregt weltweit Aufsehen, vor allem weil der tatverdächtige Simpson wenige Tage später in aller Öffentlichkeit in einem weißen Ford Bronco flieht und verfolgt wird.
Im anschließenden, medial hochstilisierten Prozess, wird der berühmte Sportler trotz überwältigender Indizien freigesprochen. Im Zivilprozess 1997 wird Simpson jedoch zu einer Zahlung von 33,8 Millionen US-Dollar verurteilt – eine Summe, die die Opferfamilien nur zum Teil erhalten.
Am 11. April 2024 verstirbt O.J. Simpson im Alter von 76 Jahren an den Folgen einer Krebserkrankung. Seine Geschichte bleibt eine der schillerndsten und zugleich düstersten Episoden der modernen US-amerikanischen Justizgeschichte. Sie wirft bis heute Fragen nach Macht, Einfluss und Gerechtigkeit auf.

In diesem Zeitzeichen erzählt Christoph Tiemann:
  • warum auch 30 Jahre nach den Morden an Nicole Brown Simpson und Ronald Goldman die Diskussion über den Fall nicht verebbt ist,
  • warum 108 DNA Beweise nicht ausreichen,
  • wie ein blutverschmierter Handschuh zum Symbol für Zweifel und Intrigen wird,
  • wie Simpson schließlich doch noch verurteilt wird - jedoch nicht vor dem Strafgericht,
  • und welche bizarre Geschichte er in seinem Buch "If I did it" erzählt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen:

Und das sind unsere Interviewpartner:
  • Uwe Wolff, ehemaliger USA-Korrespondent des FOCUS
  • Horst Kläuser, ehemaliger Korrespondent der ARD in New York und Washington
  • Prof. Kirk W. Junker, Universität Köln, Lehrstuhl für US-amerikanisches Recht

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Hör-Tipp: Die besten Ermittlerkrimis der ganzen ARD gibt es jetzt an einem Ort: Von Sherlock über Doberschütz bis Brunetti. In der Playlist "Auf der Spur“ in der ARD Audiothek.

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Autor: Christoph Tiemann
Redaktion: Carolin Rückl
Technik: Moritz Raestrup

Die Bundeswehr rückt in den Kosovo ein (am 12.6.1999)

Die Bundeswehr rückt in den Kosovo ein (am 12.6.1999) WDR Zeitzeichen 12.06.2024 13:10 Min. Verfügbar bis 13.06.2099 WDR 5

Was damals kaum einer ahnt: Es ist der Beginn des längsten Auslandseinsatzes in der Geschichte der Bundesrepublik. Wie kam es dazu und wie ist die Lage heute?

Mit dem Einsatz im Kosovo beginnt im Juni 1999 der erste Kriegseinsatz bundesdeutscher Truppen nach dem zweiten Weltkrieg und zugleich der längste Auslandseinsatz der Bundeswehr. Bis heute kann die Region nicht stabil befriedet werden. Das Bundeswehrmandat wird immer wieder verlängert. *** Das ist unser wichtigster Interviewpartner: Hans-Peter Kriemann (Offizier vom Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr in Potsdam) ***


Als im Sommer 1999 deutsche Panzer in den Kosovo einrücken, werden sie mit Beifall empfangen. Hunderte stehen an den Straßen, um das deutsche Militär willkommen zu heißen.
Mehrere tausend Bundeswehrsoldaten machen sich auf den Weg. Es ist der Beginn des längsten Auslandseinsatzes in der Geschichte der Bundesrepublik. Die Bundeswehr soll im Rahmen von KFOR, der “Kosovo Force”, Sicherheit im Kosovo schaffen und so die Kosovo-Albaner vor Vertreibung und Ermordung durch die Soldaten des jugoslawischen Machthabers Slobodan Milošević schützen.
Der Einsatz ist schon Monate vor dem Einrücken politisch höchst umstritten: Ab März 1999 bombardiert die NATO 78 Tage lang Ziele in Jugoslawien - ohne UN-Mandat, für viele Völkerrechtler völkerrechtswidrig. Der Einsatz der Bundeswehr im Juni 1999 am Boden des Kosovo erfolgte allerdings völkerrechtskonform mit einer Resolution des UN-Sicherheitsrats.
2008 erklärt sich der Kosovo für unabhängig - was Serbien nicht anerkennt. 2023 eskaliert erneut die Gewalt zwischen der serbischen Bevölkerung und den Kosovo-Albanern im Norden des Kosovo. Die KFOR muss einschreiten - mehr als 90 Soldaten werden verletzt. Die Folge: Die internationale Schutztruppe soll wieder aufgestockt werden.

In diesem Zeitzeichen erzählt Nikolaus Steiner:
  • Wie die Nato den jugoslawischen Machthaber Slobodan Milošević mit Luftangriffen in die Knie zwingen will,
  • wieso es für Außenminister Joschka Fischer von den Grünen vielleicht der schwierigste Moment in seinem politischen Leben war,
  • wie versprochene "blühende Landschaften" letztlich zur Enttäuschung werden,
  • warum die Lage im Kosovo heute explosiver ist, als zu Beginn der 2000er-Jahre.

Das sind unsere wichtigsten Interviewpartner:
  • Hans-Peter Kriemann (Offizier vom Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr in Potsdam)
  • Vedran Dzihic (Balkan-Experte vom Österreichischen Institut für Internationale Politik)
  • Thomas Hennig (Bundeswehrsoldat und Zeitzeuge, 1999 Oberfeldwebel bei den Fallschirmjägern)

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Autor: Nikolaus Steiner
Redaktion: Matti Hesse

Im Juni 1889: Die erste Pizza Margherita kommt aus dem Ofen

Im Juni 1889: Die erste Pizza Margherita kommt aus dem Ofen WDR Zeitzeichen 11.06.2024 14:46 Min. Verfügbar bis 12.06.2099 WDR 5

Ein neapolitanischer Pizzabäcker soll eine Majestät bekochen. Sein in Italiens National-Farben belegter Teigfladen soll Königin Margherita vorzüglich gemundet haben. Eine nette Geschichte...

Es ist wohl nicht mehr als ein kulinarisches Märchen: Danach wird König Margherita, Gattin des italienischen Königs Umberto I., im Juni 1889 beim Besuch Neapels vom plötzlichen Hunger überfallen. Der heute legendäre Pizzabäcker Raffaele Esposito zaubert drei Varianten des lecker belegten Teiglappens - eine davon nur mit Tomatensauce, Mozzarella-Käse und einem Zweig Basilikum - Grün, Weiß und Rot, wie die italienische Flagge. *** *** Das ist unsere wichtigste Quelle: Alberto Grandi: Mythos Nationalgericht. Die erfundenen Traditionen der italienischen Küche. Übersetzt von Andrea Kunstmann


Raffaele Esposito ist eine Ikone unter den Pizzabäckern. Vor 135 Jahren soll er in Neapel die erste Pizza Margherita aus dem Ofen gezogen und so den Grundstein des Ruhms des runden Teigfladens nach neapolitanischer Art gelegt haben. So die Legende.
Eine beliebte Version dieser Geschichte ist diese: Im Juni 1889 weilen Umberto I. und seine Gemahlin Margherita neapoletanischen Palazzo Capodimonte. Ihre Majestät, die Königin Margherita, stets verwöhnt von französischer Küche und dieser überdrüssig, verspürt Appetit - ausgerechnet auf Pizza.
Der stadtbekannte Pizzabäcker Esposito backt vorsichtshalber drei Pizzen. Eine mit Schmalz, eine mit Sardellen, die dritte mit Tomatensauce, Mozzarella-Käse und einem Zweig Basilikum - Grün-Weiß und Rot, wie die italienische Flagge.
Eine angeblich königliche Bestätigung, dass die Pizza köstlich mundet, stellt sich später als Fake heraus.
Tatsächlich besucht das Herrscherpaar im Sommer 1889 Neapel. Nach der Bevölkerungsexplosion im 17. Jahrhundert leben in der süditalienischen Großstadt viele Menschen unter ärmlichsten Bedingungen und buchstäblich auf der Straße von der Hand in den Mund.
Demnach ist die Pizza zunächst nichts anderes als schnelles billiges Essen für die Unterschicht. Fastfood für die armen Lazzaroni in den schmutzigen Gassen. Streetfood, über das Landsleute aus anderen Teilen der Nation eher die Nase rümpfen.

In diesem Zeitzeichen erzählt Steffi Tenhaven:
  • Wie sogar die UNESCO die neapolitanische Pizzabackkunst würdigt,
  • womit ein italienischer Historiker den Zorn der Italiener auf sich zieht,
  • mit welchen überraschenden Belägen die Pizza-Alternative "Krusta" in der Deutschen Demokratischen Republik auf die Teller kommt,
  • was einem echten Pizzabäcker einen Stich ins Herz versetzt.

Das sind unsere wichtigste Quelle:
  • Alberto Grandi: Mythos Nationalgericht. Die erfundenen Traditionen der italienischen Küche. Übersetzt von Andrea Kunstmann

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Autorin: Steffi Tenhaven
Redaktion: Christoph Tiegel/David Rother
Technik: Sascha Schiemann

Er war der Soul: Ray Charles, "The Genius" (gestorben 10.6.2004)

Er war der Soul: Ray Charles, "The Genius" (gestorben 10.6.2004) WDR Zeitzeichen 10.06.2024 14:48 Min. Verfügbar bis 11.06.2099 WDR 5

Geboren in bittere Armut im Süden der USA, erblindet mit sieben Jahren, wird Ray Charles der "Father of Soul". Er hat Musikgeschichte geschrieben und ein dramatisches Leben gelebt.

Ray Charles, der "Father of Soul", wächst mit seinem Bruder zur Zeit der Rassentrennung in ärmlichen Verhältnissen bei seiner Mutter Aretha auf. In einem Café erlernt er das Klavierspielen. Mit sieben Jahren erblindet er an einem Glaukom. Neun Monate zuvor muss er mitansehen, wie sein Bruder in einem Waschzuber ertrinkt. Ray besucht die St.-Augustine-Schule für Gehörlose und Blinde, wo er eine umfassende musikalische Ausbildung erhält. Seine Mutter stirbt im Mai 1945, als Ray Charles 14 Jahre alt ist. Ray verlässt die Blindenschule und beginnt seine herausragende Musikerkarriere. *** Das ist unser wichtigster Interviewpartner: Jürgen Dusel (Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen)***


Was wäre wohl aus dem kleinen Ray ohne das Klavier in Wiley Pittmans "Red Wing Café" geworden? Später erzählt Ray Charles, der "Father of Soul", von seinen ersten Begegnungen mit der Musik, die zu seinem Lebensinhalt wird. Er habe alles Stehen und Liegen gelassen und sei in das Café gelaufen. Wiley Pittman bringt ihn in kleinen Schritten zum Klavier.
Im Jahr 1937 steht Aretha Robinson allein mit dem mit sieben Jahren erblindeten Sohn Ray. Der andere Sohn ist im Alter von vier Jahren vor Rays noch sehenden Augen ertrunken.
Die Mutter verdient nur wenig Geld als Wäscherin und hat keine Hilfe für den Jungen. In der Baptistengemeinde singt Ray im Chor. Hier wird er seine Stimme finden, seinen Klang.
Mit der von der Mutter vermittelten Zähigkeit geht Ray Charles seinen Weg, wird zum "Vater des Soul". Mit 40 schon ein amerikanisches Denkmal, das sich aber auch beinahe selbst zerstört: Jahrelang drückt er Heroin.
Ray Charles trotzt allen Widrigkeiten. Bei einer seiner vielen Ehrungen gibt er einen kleinen Einblick in sein Erfolgsrezept: "Wenn Sie glauben, Talent zu haben, arbeiten Sie daran."

In diesem Zeitzeichen erzählt Uwe Schulz:
  • Von der ärmlichen Kindheit Ray Charles' im Dörfchen Greenville, Madison County/Florida,
  • wie seine Mutter den mit sieben Jahren erblindeten Ray zur Selbstständigkeit erzieht,
  • warum Ray Charles seinen Nachnamen verändert, um nicht verwechselt zu werden,
  • warum Ray nicht mit der Bürgerrechtsbewegung auf die Straße geht, sondern diese mit anderen Mitteln unterstützt.

Das ist unser wichtigster Interviewpartner:
  • Jürgen Dusel (Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen)

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Redaktion: David Rother

NSU-Terror: der Nagelbombenanschlag in der Kölner Keupstraße

NSU-Terror: der Nagelbombenanschlag in der Kölner Keupstraße WDR Zeitzeichen 09.06.2024 14:50 Min. Verfügbar bis 10.06.2099 WDR 5

Der Anschlag vom 9.6.2004 und die Ermittlungen, bei denen die Opfer als Täter verdächtigt und fremdenfeindliche Motive ausgeschlossen werden, hinterlassen tiefe Wunden.

Am 9. Juni 2004 reißt eine Explosion die Menschen auf der Kölner Keupstraße aus dem Alltag. 22 Mensche werden verletzt, vier lebensgefährlich. Die Vorgehensweise der Ermittel wird später kritisiert. Sie nimmt die Betroffenen in den Fokus, geht von einer Milieustraftat aus, der verharmlosend-abwertende Begriff der "Dönermorde" geht um. Erst nach der Selbstenttarnung der rechtsterroristischen Gruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) im November 2011 werden die Bewohner der Kölner Keupstraße entlastet. ***Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Meral Sahin-Özcan (Vorsitzende Interessenvertretung Keupstraße), Eberhard Reinecke (Rechtsanwalt der Opfer des Nagelbombenanschlags).


118 Geschäfte gibt es auf der Keupstraße, Mehrfamilienhäuser, Kindergärten, eine Moschee, Juwelierläden und zahlreiche Restaurants. Eine Straße, die lebt. Die Keupstraße ist multikulti - und genau das wird den Menschen hier im Sommer 2004 zum Verhängnis. Unmittelbar vor dem Friseursalon Özcan geht eine Nagelbombe hoch. Deponiert auf einem abgestellten Fahrrad.
Genauso schlimm wie der Anschlag selbst ist für die Betroffenen, dass sie selbst zu Verdächtigen werden, die Ermittler gehen von einer Milieustraftat aus. Ein fremdenfeindliches oder terroristisches Motiv schließen sie vorschnell aus.
"Türkenmafia", "Drogenkrieg", heißt es in der Presse, der abschätzige Begriff der "Dönermorde" kursiert in den Boulevardmedien. Die Polizei löst eine Großfahndung gegen unbekannt aus. Neben dem nordrhein-westfälischen Landeskriminalamt wird der Verfassungsschutz eingeschaltet.
Sieben Jahre lang wird der Anschlag den Betroffenen angelastet. Erst nach der Selbstenttarnung der rechtsterroristischen Gruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) im November 2011 und der Veröffentlichung von Bekennervideos durch ihr Mitglied Beate Zschäpe werden die Bewohner der Kölner Keupstraße entlastet.

In diesem Zeitzeichen erzählt Melahat Simsek:
  • Wie die Ermittler zwei Jahre nach dem Kölner-Anschlag Hinweise auf die Täter ignorieren,
  • welche Rolle die Fußball-WM 2006 während der Ermittlungen gespielt haben könnte,
  • wie der Verfassungsschutz bei der Aufarbeitung der Ereignisse zunehmend in schlechtes Licht gerät,
  • warum Anwohner von der Politik enttäuscht sind.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Meral Sahin-Özcan (Vorsitzende Interessenvertretung Keupstraße)
  • Kemal Gündogan (NSU-Opfer)
  • Eberhard Reinecke (Rechtsanwalt der Opfer des Nagelbombenanschlags)

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Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autorin: Melahat Simsek
Redaktion: Matti Hesse
Technik: Thomas Bleul

Erster Atombunker-Test in der Bundesrepublik (am 8.6.1964)

Erster Atombunker-Test in der Bundesrepublik (am 8.6.1964) WDR Zeitzeichen 08.06.2024 14:09 Min. Verfügbar bis 09.06.2099 WDR 5

Der erste Belegungstest eines ABC-sicheren Hochbunkers in Dortmund sorgt für viel Presserummel. Die 144 freiwilligen Teilnehmer wirken zu Beginn erstaunlich heiter.

Am 8. Juni 1964 begeben sich 144 Menschen freiwillig in den Dortmunder Sonnenbunker. Der Name täuscht. In den Betonklotz dringt kein Tageslicht. 144 Tage lang testen die Freiwilligen die Bedingungen im Schutzraum. Es gibt eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 300 D-Mark für die Übung eines nuklearen Angriffs. Nur zwei Probanden halten den Test nicht bis zum Ende durch. Die Übrigen 142 feiern zum Abschluss ein richtiges Volksfest mit Angehörigen, Schaulustigen - und Atomwaffengegnern. ***Das ist unser wichtigster Interviewpartner: Jörg Diester, Bunker-Forscher und Autor des Buchs "Geheimakte Regierungsbunker"


Der Zweite Weltkrieg ist gerade erst zu Ende, als die Menschheit in den Kalten Krieg taumelt - das Horrorszenario eines Atomkriegs kann niemand ausschließen. USA und UdSSR mit ihren jeweiligen Verbündeten drohen sich gegenseitig mit der nuklearen Vernichtung.
In Westdeutschland beginnt man Ende der 1950er-Jahre mit dem Neubau und der Restaurierung von Bunkern. Wie dem Sonnenbunker in der Dortmunder Innenstadt. Der oberirdische Schutzraum wird zum ersten ABC-sicheren Bunker Deutschlands für die Zivilbevölkerung ausgebaut, soll also Schutz vor atomaren, biologischen und chemischen Gefahren bieten. Am 8. Juni 1964 beginnt der erste Belegungstest.
144 Menschen werden in dem Betonklotz für 144 Stunden eingeschlossen. 144 Stunden, das sind sechs Tage und sechs Nächte, die jene Mädchen, Frauen, Jungen und Männer in diesem Bunker verbringen sollen. Rund 300 D-Mark bekommt jeder Teilnehmer, der den Versuch durchhält. Eine Belohnung, die über künstliches Licht, gefilterte Luft, Dosennahrung und die übrigen Anstrengungen des Tests hinwegtrösten soll.
Der letzte Tag des Tests entickelt sich zu einer Art Volksfest. Angehörige, Schaulustige und Atomwaffengegner versammeln sich vor dem Eingang des Sonnenbunkers. Es gibt Wiedersehens-Szenen als habe man sich Ewigkeiten nicht mehr gesehen oder als kämen die Bunkertestpersonen gerade von der ersten, höchst gefahrvollen Reise zu einem anderen Stern zurück.142 von 144 Versuchspersonen haben den Test bis zum Ende durchgestanden.

In diesem Zeitzeichen erzählt Daniela Wakonigg:
  • Warum Deutschland im Kalten Krieg eine besondere Rolle hat,
  • womit die Probanden sich während des Bunker-Tests die Zeit vertreiben,
  • wieviel Prozent der deutschen Bevölkerung damals Platz in einem Schutzraum gefunden hätten,
  • warum es laut Experten vielleicht nicht einmal wünschenwert sein könnte, einen Atomschlag im Bunker zu überleben.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Jörg Diester (Bunker-Forscher. Autor des Buchs "Geheimakte Regierungsbunker". Betreut "Bunker Dokumentationsstätten", Marienthal.)
  • Edmund Nilsen: Die Nacht der 144 Stunden: Belegungsversuch im Dortmunder Sonnenbunker vom 8. Juni - 14. Juni 1964, Osang Verlag 1965.
  • Jörg Diester: Geheimakte Regierungsbunker: Tagebuch eines Staatsgeheimnisses. Verlagsanstalt Handwerk; 2. Auflage 2009.

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Welches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?
Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de
Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens!

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Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autorin: Daniela Wakonigg
Redaktion: Christoph Tiegel und David Rother
Technik: Moritz Raestrup