Im Rahmen einer Feierstunde wird in Frankfurt am Main im Schauspielhaus die Fritz-Bauer-Stiftung gegründet

11. Januar 1995 - Fritz-Bauer-Institut wird gegründet

Stand: 11.01.2020, 00:00 Uhr

"Wir haben in Deutschland allzu oft den Fehler begangen, nach Sündenböcken zu suchen, statt das zu tun, was Ibsen einmal genannt hat: Gerichtstag halten über sich selbst", sagt der hessische Generalstaatsanwalt Fritz Bauer im März 1962. "Wir sollten den Hitler in uns selber finden. Und erkennen, was Ursache dafür war, dass diese ungeheuren, in der Geschichte einzigartigen Verbrechen geschehen konnten."

Mit solchen Äußerungen macht sich der 1949 aus dem Exil zurückgekehrte Jurist im Nachkriegsdeutschland unbeliebt - nicht nur im Justizapparat, der mit Altnazis durchsetzt ist.

Fritz-Bauer-Institut in Frankfurt gegründet (am 11.01.1995)

WDR 2 Stichtag 11.01.2020 04:16 Min. Verfügbar bis 08.01.2030 WDR 2


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Acht Monate im KZ

Fritz Bauer, 1967

Fritz Bauer im Jahr 1967

Der 1903 in Stuttgart geborene Fritz Bauer ist bekennender Atheist, Kind jüdischer Eltern, jüngster Amtsrichter der Weimarer Republik. 1933 wird der aktive Sozialdemokrat von den Nazis acht Monate im KZ Heuberg inhaftiert.

Nach seiner Entlassung flieht er nach Dänemark und vor der drohenden Deportation ins KZ Theresienstadt weiter nach Schweden.

Eichmann und Auschwitz

Als Generalstaatsanwalt hilft Bauer dem israelischen Geheimdienst, Adolf Eichmann zu fassen - an dessen Auslieferung die Bundesrepublik kein Interesse hat.

Bauer sorgt zudem dafür, dass der Auschwitz-Prozess gebündelt in Frankfurt am Main stattfindet. Am Verfahren selbst nimmt er nicht teil, da ihm Rachelust unterstellt wird. Als Vorgesetzter junger, politisch unbelasteter Staatsanwälte agiert Bauer darum hinter den Kulissen.

Bundesweit erstes Institut

Nach Bauers Tod 1968 geraten seine Verdienste in Vergessenheit - bis Ende der 1980er Jahre. Nach einem Besuch der Gedenkstätte "Yad Vashem" in Jerusalem regt Frankfurts Oberbürgermeister Volker Hauff (SPD) 1989 ein Holocaust-Zentrum im "Land der Täter" an.

Am 11. Januar 1995 ist es soweit. Rund 50 Jahre nach der Befreiung der nationalsozialistischen Konzentrations- und Vernichtungslager wird in Frankfurt am Main das Fritz-Bauer-Institut gegründet. Es ist in Deutschland das erste Studien- und Dokumentationszentrum zur Geschichte und Wirkung des Holocaust.

Eigenständiges Uni-Institut

Die unabhängige und interdisziplinär ausgerichtete Forschungs- und Bildungseinrichtung beschäftigt sich mit der Geschichte der nationalsozialistischen Massenverbrechen und deren Wirkung bis heute.

Das Institut ist eine Stiftung bürgerlichen Rechts - ins Leben gerufen von der Stadt Frankfurt, dem Land Hessen und dem Förderverein Fritz Bauer. Seit Herbst 2000 ist es vertraglich an die Frankfurter Goethe-Universität angebunden, unter Beibehaltung seiner Selbstständigkeit.

Programmtipps:

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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 11. Januar 2020 ebenfalls an die Gründung des Fritz-Bauer-Instituts in Frankfurt am Main. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.

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