20. Juli 802 - Karl der Große erhält einen Elefanten als Geschenk

Stand: 20.07.2017, 00:00 Uhr

Geschenke erhalten die Freundschaft – das gilt auch für die Mächtigen. Karl der Große schenkt Harun al-Raschid, dem mächtigen Kalifen von Bagdad, seine besten Jagdhunde. Und als Gegengabe kommt in Aachen etwas an, das kaum ein Mitteleuropäer je zu Gesicht bekommen hat.

Bis zum Aachener Dom kommt er am 20. Juli 802 gelaufen: Ein leibhaftiger Elefant, beladen mit prächtigen Geschenken, an seiner Seite ein Gesandter aus dem Morgenland. "Das war damals ein Weltwunder. Er war weit und breit der einzige seiner Art – wahrscheinlich der erste Elefant, der sich seit Hannibal nördlich der Alpen hat blicken lassen", sagt Frank Pohle, Historiker und Leiter des Couven-Museums in Aachen und der Route Charlemagne. "Er ist auch noch das erste Haustier in Europa, dessen Vornamen wir kennen: Abul Abbas."

War der Elefant wirklich weiß?

Die Reichsannalen des Mittelalters sind langwierige Aufzählungen von Schlachten und Eroberungen. Jedoch nicht im Jahr 802. Der Hofberichterstatter in Aachen schreibt: "Im Palast zu Aachen wurde gefeiert: Im Juli kam Isaak mit dem Elefanten und den übrigen Geschenken des Königs der Perser an und übergab sie dem Kaiser". Ein Jahr war der Elefant unterwegs gewesen, mehr als 5.000 Kilometer gelaufen. Abul Abbas, übersetzt "Vater der Falten", lebt fortan in der Menagerie der Kaiserpfalz, einem Wald- und Wiesenstück.

Später wird die Geschichte ausgeschmückt: Abul Abbas soll sogar ein weißer Elefant gewesen sein. Aber das sei historisch nicht verbürgt, sagt Pohle.

Lange lebt Abul Abbas nicht

Karl der Große ist dem Tier zugetan. In der Öffentlichkeit begleitet ihn der Elefant oft an seiner Seite und trompetet für den Herrn. Für Karl ist Abul Abbas eine Insignie der Macht, unterstreicht seine Kraft, seinen Glanz, sein Ansehen. Andere Herrscher folgen Karl nach: Auch Stauferkaiser Friedrich II., Heinrich III. von England, Papst Leo X. und Sonnenkönig Ludwig XIV. haben später Elefanten am Hof.

Glücklich wird der Elefant in der 400-Seelen-Stadt Aachen kaum gewesen sein: Kaltes, regnerisches Wetter setzt ihm zu, Artgenossen hat er keine. Lange lebt er nicht.

Abul Abbas wird als kulturelle Annäherung von Morgen- und Abendland verstanden. Doch der Kalif von Bagdad hat politische Hintergedanken. "Geschenke macht man für gute Beziehungen und natürlich um sich gemeinsamer Interessen zu versichern", sagt Frank Pohle. "Und wenn wir in die politische Lage der Zeit schauen, ist Karl auf dem Weg in einen veritablen Konflikt mit dem byzantinischen Reich. Und das ist ein Konflikt, den er mit Harun al-Raschid, dem Kalifen, durchaus teilt."

In der Gegend von Duisburg verendet das Tier

Aber zunächst zieht Karl der Große mit seinem Heer nach Norden, an der Spitze läuft Abul Abbas, als Mittel der psychologischen Kriegsführung. "Er musste auf den Feldzug nach Dänemark mit. In der Gegend von Duisburg hat er 810 den Geist ausgehaucht. Warum, wissen wir nicht genau, ob es ein Herzstillstand war oder etwas anderes", sagt Pohle. Forscher meinen, dass auch die Maul- und Klauenseuche ihn dahingerafft haben könnte.

Karl der Große trauert um Abul Abbas. Das wird später bei seiner eigenen Beisetzung im Jahr 814 deutlich. Im Schrein des Kaisers liegt ein kostbares Tuch, auf dem vier Elefanten abgebildet sind.

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