Seinen Tod hätte der Kaiser kommen sehen können. So jedenfalls beschreibt es der Biograf Karls des Großen Einhard im 9. Jahrhundert nach Christus. Düstere Vorzeichen habe es gegeben, Mond und Sonne hätten sich verfinstert. In der Aachener Königspfalz sei auf rätselhafte Art und Weise ein Säulengang eingestürzt, die Mainzer Rheinbrücke abgebrannt. "Alle diese Vorzeichen ließ Karl nicht gelten oder verachtete sie", schreibt Einhart in seiner "Vita Karoli Magni": "Als ginge ihn keines etwas an."
Am 28. Januar 814 stirbt Karl der Große, wohl an den Folgen einer Lungenentzündung. 44 Jahre hat der Frankenkönig da regiert und ein riesiges Reich geschaffen, dessen Reformen bis in die heutige Zeit hinüberstrahlen. Seit dem Mittelalter gilt Karl als einer der bedeutendsten Herrscher des Abendlands.
In erster Linie Eroberer
Geboren wird Karl als Sohn Pippins des Jüngeren wohl im April 748, an einem unbekannten Ort. Er entstammt dem Geschlecht der Karolinger. Zu den wenigen Fakten, die aus seiner Jugend bekannt sind, gehört, dass er im Alter von sechs Jahren gemeinsam mit seinem Bruder Karlmann zum fränkischen König gesalbt wird. Als der Vater 768 stirbt, treten die Brüder ihr Amt an, indem sie das Reich unter sich teilen. Nach dem Tod Karlmanns wird Karl 771 Alleinherrscher.
Als Monarch ist Karl in erster Linie Kriegsherr. Von Ostern bis tief in den Herbst hinein sitzt er ein ums andere Jahr im Sattel und versucht, die Grenzen zu erweitern und das Reich nach Innen hin zusammen zu halten. Von 772 bis 804 bekriegt er die Sachsen und befriedet schließlich mit seinem Sieg die Grenzen. 774 unterwirft er die Langobarden und zieht dann gegen die Mauren in den Kampf. Und er verleibt sich 788 das Reich der Baiern ein. Am Ende hat er ein Machtgebiet, das sich von den Pyrenäen bis nach Friesland, von der Bretagne bis zur Donau und im Süden bis nach Rom erstreckt.
Die "karolingische Renaissance"
Im Jahr 800 wird Karl von Papst Leo III. in Rom zum Kaiser gekrönt: ein Titel, den seit über 300 Jahren in Westeuropa kein Herrscher mehr hatte führen dürfen. Von Anfang an begreift er, dass er sein großes Reich nur mit Menschen verwalten kann, die lesen und schreiben können. Aus diesem Grund wird der Bildungsgedanke zur zentralen Idee.
Praktisch umgesetzt wird sie unter anderem durch die Einführung einer verbindlichen Einheitsschrift, der "karolingischen Minuskel", sowie durch eine einheitliche Gesetzgebung und eine Reform des Gerichtswesens, zu dem nun auch Schöffen gehören. Zudem lässt Karl im Rahmen einer Bildungsreform durch die Bischöfe und Äbte des Reichs zahlreiche Schulen einrichten. Auch viele Schriften der "heidnischen" Antike werden dank ihm überliefert.
Geistiges Zentrum dieser "karolingischen Renaissance" wird die von Einhard geleitete Palastschule in Aachen, wo der Kaiser die wichtigsten Gelehrten und Buchkünstler seiner Zeit versammelt. Er selbst studiert Rhetorik, Dialektik und Astronomie und erlernt mehrere Fremdsprachen sowie Latein. Zu jenen Bauten, die heute noch von der Größe Karls zeugen, gehören allein in Deutschland noch 40 erhaltene Bauwerke, darunter auch die als "karolingisches Oktagon" bekannt gewordene achteckige Pfalzkapelle im Aachener Dom. Der in Aachen verliehene Karlspreis würdigt die Vorreiterrolle des Kaisers für eine „europäische“ Identität.
Stand: 28.01.2014
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