Das sind die neuen Corona-Regeln für den Herbst

Stand: 04.08.2022, 16:22 Uhr

Die Ampel-Koalition hat sich auf ein neues Infektionsschutzgesetz geeinigt: "Wir sind für den Herbst gerüstet", sagte Gesundheitsminister Lauterbach. Diese Regeln gelten wohl ab Oktober.

Mit welchen Corona-Regeln geht Deutschland in die kalte Jahreszeit? Darüber wird seit Wochen spekuliert. Nun gibt es eine Einigung in der Berliner Ampel-Regierung. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Justizminister Marco Buschmann (FDP) haben am Mittwoch einen gemeinsamen Vorschlag veröffentlicht. Lauterbach nannte die getroffene Vereinbarung "sehr gut". Die Kernpunkte: Der bundesweite Einsatz von Masken und "zielgerichtetes Testen", so Lauterbach.

Endgültig verabschiedet werden die neuen Regeln erst, wenn der Bundestag eine Überarbeitung des Infektionsschutzgesetzes beschließt. Theoretisch kann es also noch zu Veränderungen kommen. Doch an der Grundausrichtung dürfte sich nach der Einigung zwischen Lauterbach und Buschmann nichts ändern. Der Bundesgesundheitsminister zeigte sich in der Aktuellen Stunde im WDR-Fernsehen zufrieden.

Lauterbach im WDR-Interview: "Gutes Paket"

Karl Lauterbach betonte im WDR-Interview etwa die Bedeutung der Maskenpflicht "in öffentlich zugänglichen Innenräumen" und die Möglichkeit, Maßnahmen bei steigenden Inzidenzen zu erhöhen: "Ich glaube, dass das insgesamt ein gutes Paket ist und wenn die Fälle dann deutlich mehr werden, dann gibt es ja noch diese zweite Stufe, wo die Maske dann sogar draußen verlangt werden kann, wo die Abstände nicht gehalten werden können – und die gilt dann in den Innenräumen ausnahmslos." Dann gäbe es auch Obergrenzen, kündigte der Gesundheitsminister an, die zum Beispiel regelten, wie viele Leute sich in einem Cafe oder einem Restaurant aufhalten dürften.

Gelten sollen die neuen Regeln von Oktober bis Anfang April. Es seien wichtige Maßnahmen, die weit über das hinausgingen, was es jetzt schon gebe, sagte Lauterbach. Ein paar Maßnahmen sollen bundesweit gelten. Die einzelnen Bundesländer können aber zusätzliche Regelungen beschließen.

Das gilt bundesweit

Konkret sollen in ganz Deutschland diese Corona-Regeln gelten:

  • In Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen sowie im Luft- und öffentlichen Personenfernverkehr soll eine Maskenpflicht gelten.
  • Für den Zutritt zu Krankenhäusern sowie voll- und teilstationären Pflegeeinrichtungen und vergleichbaren Einrichtungen soll eine Testpflicht gelten. Auch Beschäftigte in ambulanten Pflegediensten sollen sich testen müssen.

Ausnahmen von der Testnachweispflicht sind vorgesehen für frisch geimpfte und genesene Personen. Auch Personen, die in den jeweiligen Einrichtungen oder von den jeweiligen Dienstleistern behandelt, betreut oder gepflegt werden, müssen sich nicht testen.

Darüber entscheiden die Länder

Die Bundesländer können darüber hinaus noch weitere Maßnahmen beschließen - müssen es aber nicht. Theoretisch möglich sein wird:

  • Maskenpflicht im öffentlichen Personennahverkehr, also in Bussen und Bahnen.
  • Maskenpflicht in öffentlich zugänglichen Innenräumen, also zum Beispiel in Geschäften. Aber: Eine "zwingende Ausnahme" soll es bei Freizeit-, Kultur- oder Sportveranstaltungen sowie für die Gastronomie geben. Dort soll auf die Maske verzichtet werden können, wenn ein Nachweis vorliegt über einen Test, eine Genesung oder eine vollständige Impfung, die nicht älter als drei Monate zurückliegt.
  • Maskenpflicht in Schulen und Ausbildungseinrichtungen. Wenn diese von einem Land verhängt wird, soll sie aber erst ab dem 5. Schuljahr gelten - und auch nur dann, wenn sie nötig ist, um den Präsenzunterricht aufrecht zu erhalten.
  • Testpflicht in "Gemeinschaftseinrichtungen" wie Kinderheimen oder Gefängnissen. Außerdem sollen verpflichtende Tests auch in Schulen und Kitas möglich sein.

Eine verschärfte Stufe ist außerdem möglich, wenn in einem Bundesland das Parlament zusätzliche Maßnahmen beschließt. Dazu muss "eine konkrete Gefahr für die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems oder der sonstigen kritischen Infrastrukturen" festgestellt werden. Ist dies der Fall, kann im gesamten Bundesland oder in Teilen davon auch eine Maskenpflicht bei Veranstaltungen im Außenbereich oder in öffentlich zugänglichen Innenräumen angeordnete werden, wenn keine Mindestabstände eingehalten werden können. Auch Obergrenzen für die Teilnehmerzahlen sind dann möglich.

NRW-Regeln noch unklar - Laumann: richtige Richtung

Wie die Umsetzung in NRW aussehen wird, ist noch nicht klar. Aus Sicht von Landesgesundheitsminister Laumann gehen die Vorschläge des Bundes aber grundsätzlich in die richtige Richtung. Für ihn sei im Herbst und Winter, je nach Infektionslage, eine Maskenpflicht in Innenräumen durchaus denkbar, sagte der CDU-Politiker am Donnerstag in Düsseldorf. Dem WDR sagte sein Ministerium, eine OP-Maske sollte dabei ausreichend sein.

Das Konzept des Bundes ermögliche weitestgehend die Strategie, die die Landesregierung erarbeitet habe. Laumann spricht aber auch von Punkten, die "aus unserer Sicht infektiologisch nicht begründbar oder praktisch kaum umsetzbar sind".

Dass es bei einer erheblichen Gefährdung der medizinischen Versorgung weitere Möglichkeiten mit Parlamentsvorbehalt gibt, bezeichnet Laumann als gut. Und wenn eine gefährlichere Virusvariante komme, könne der Bund den Ländern schnell mit der Erklärung einer epidemischen Lage weitere Instrumente an die Hand geben.

Keine Lockdowns, keine Ausgangssperren

Marco Buschmann, Bundesminister der Justiz, aufgenommen im Rahmen einer Kabinettssitzung im Bundeskanzleramt

Bundesjustizminister Marco Buschmann

Ziel der Bundesregierung ist es, ohne Lockdowns und Ausgangssperren durch den Winter zu kommen. "Stattdessen setzen wir auf Maßnahmen, die wirksam sind und zugleich zumutbar", sagte Bundesjustizminister Buschmann. "Auch Schulschließungen halten wir nicht mehr für angemessen."

Lauterbach sagte, er rechne für den Winter mit einer "relativ schwierigen Lage" durch eine hochinfektiöse Virus-Variante. "Es scheint relativ wahrscheinlich zu sein, dass wir mit einer Omikron-Variante im Herbst zu ringen haben", sagte der Minister. "Wir werden sehr viele Fälle haben, aber sie sind nicht allesamt so tödlich verlaufend wie die Delta-Fälle."

Der Schutz vulnerabler Gruppen sei nach wie vor wichtig. Daher sei ihm besonders wichtig, dass es im Herbst "in den Pflegeeinrichtungen, in den Krankenhäusern, Testen plus Masken gibt", sagte der Bundesgesundheitsminister dem WDR.

Hoffnung auf neue Impfstoffe

Lauterbach setzt für den Herbst auf eine neue Impfkampagne: "Wenn die Zulassung schnell erfolgt, werden wir Ende September die neuen, an Omikron angepassten Impfstoffe haben." Die neuen Vakzine könnten für Entspannung sorgen - allerdings nur dann, wenn Omikron nicht von einer neuen Virus-Variante abgelöst wird. "Das weiß aber niemand bisher."

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Älteren Menschen empfahl der Bundesgesundheitsminister eine weitere "Booster-Impfung". Mit Blick auf die Lieferung neuer Impfstoffe sagte er, der Herbst sei noch weit weg, bis dahin könne man sich noch infizieren und wenn man jetzt warte, sich damit keinen Gefallen tun. Außerdem betonte Lauterbach die Effektivität einer vierten Impfung, die sowohl vor einem schweren Verlauf sehr gut schütze als auch die Ansteckung minimiere.

Auf jeden Fall werde es künftig neue Möglichkeiten geben, die Entwicklung der Pandemie zu beurteilen. Wie zum Beispiel flächendeckende Abwasseranalysen, um neue Infektionswellen frühzeitig zu entdecken: "Wir streben dazu Standorte in allen Bundesländern an", so Lauterbach.

Isolationspflicht bleibt

Oberstes Ziel müsse es sein, die Zahl der Todesopfer zu senken. Die Isolationspflicht bei einer Infektion werde bleiben. Man wolle das Risiko nicht eingehen, erklärte Lauterbach: "Eine Krankheit, die dazu führen kann, dass meine Infektion im schlimmsten Fall nicht nur dazu führen kann, dass ein anderer Mensch, nicht nur schwer erkrankt, sondern sogar stirbt - das ist etwas, was eine Isolationspflicht braucht und die stellen wir nicht zur Disposition."

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