Toilettenschüssel

Corona-Abwasser-Check: So weit ist der Plan zum NRW-weiten Monitoring

Stand: 27.07.2022, 18:44 Uhr

Die EU-Kommission hat es schon vor über einem Jahr flächendeckend empfohlen, im Ausland ist es etabliert: Über das Abwasser Daten zur Corona-Situation sammeln. Wann aber in NRW das Monitoring außerhalb von Pilotprojekten an den Start geht, ist weiterhin offen.

Von Doro Blome-Müller

Die tatsächliche Corona-Situation einzuschätzen wird derzeit immer schwieriger. Viele Menschen testen sich gar nicht mehr oder jedenfalls nicht an offiziellen Teststellen, sodass die Inzidenz-Zahlen der Gesundheitsämter immer weniger aussagekräftig sind. Da böte sich in der Theorie an, eine in vielen Ländern bereits flächendeckend durchgeführte alternative Methode zur Datenerhebung durchzuführen: Das Abwasser analysieren. Nach dem Motto: Zum Testen gehen viele nicht, aber jeder muss mal zur Toilette.

Nachweis über den Kot

In Deutschland und in Nordrhein-Westfalen laufen hierzu bisher allerdings nur Pilotprojekte, die mit öffentlichen Mitteln gefördert werden. Deutschlandweit sind es 48, auf NRW entfallen 16 davon. Warum das Verfahren bisher nur experimentellen Status hat, verwundert allerdings zumindest, denn die Aussagen zum Covid-Geschehen allgemein sind bei dieser Methode sehr umfassend.

Dabei werden aus den Klärwerk-Zuläufen Proben des Abwassers genommen, denn Corona-Viren werden über den Darm ausgeschieden. Auch wenn sie in stark verdünnter Form dort ankommen, ist es sogar möglich, den Virustyp zu identifizieren, also neue Varianten frühzeitig zu erkennen.

Technisch wohl schnell umsetzbar

Technisch wäre ein flächendeckendes Monitoring auf Corona-Viren wohl schnell umsetzbar. Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender von Emschergenossenschaft und Lippeverband, ist der Ansicht, dass die Wasserwirtschaft es schon im Herbst überall umsetzen könnte. Es gehe, wenn gewünscht, auch kleinteiliger, sogar stadtteilscharf. "Mein Wunsch an die Politik in Bund und Land", so Paetzel: "Möglichst schnell ein umfassendes Monitoring zu etablieren, mit der Wasserwirtschaft ins Gespräch zu gehen, wir stehen dafür bereit.“

Gesundheitsministerium bremst Erwartungen

Doch eine schnelle Entscheidung für ein flächendeckendes Monitoring wird es wohl nicht geben. Das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium verweist gegenüber dem WDR unter anderem darauf, dass die Pilotprojekte, die durch das Land gefördert werden, erst seit April laufen und verschiedene Faktoren, wie zum Beispiel Starkregenereignisse, noch nicht in der Dateninterpretation Berücksichtigung fänden.

Außerdem gäbe es noch keine bundesweite Datenbankinfrastruktur, die Daten seien also für eine bundesweite Auswertung noch nicht verfügbar. Es werde aber der Ansatz verfolgt, das Abwassermonitoring für den kommenden Herbst und Winter als "sehr grobes Frühwarnsystem" zu berücksichtigen.

Marcel Hafke von der FDP-Fraktion im NRW-Landtag hat für das Warten kein Verständnis. Eben als Frühwarnsystem sei dieses Verfahren ausgesprochen gut geeignet. Es ärgere ihn, so Hafke, dass in der jüngsten schwarz-gelben Regierungszeit in NRW die Etablierung des Systems noch nicht gelungen sei. An CDU-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann appelliert er: "Ich würde jetzt auch gerade von Herrn Laumann erwarten, dass er es jetzt umsetzt." Er könne sich nicht erklären, warum der Gesundheitsminister das Abwasser-Screening nicht landesweit auf den Weg bringe, so Hafke weiter. Zumal die Kosten mit 60.000 Euro pro Klärwerk relativ gering seien, jedenfalls verglichen mit anderen Pandemieausgaben.