Diskussion über neue Corona-Regeln: Zu wenig Freiheit oder zu wenig Schutz?

Stand: 04.08.2022, 17:00 Uhr

Die Pläne für Corona-Schutzmaßnahmen ab Herbst liegen auf dem Tisch - und werden kontrovers diskutiert. Manche sehen ihre Freiheit eingeschränkt, andere vermissen einen ausreichenden Schutz.

Der Entwurf der Bundesregierung für das Infektionsschutzgesetz stößt auf ein geteiltes Echo. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) haben am Mittwoch ein Paket mit Corona-Maßnahmen vorgelegt, die ab dem 1. Oktober gelten sollen. Demnach sollen die Bundesländer mehr Spielraum bekommen.

Sorge vor neuem Flickenteppich

Doch es gibt Befürchtungen, dass damit die Corona-Regeln in Deutschland wieder zu einem Flickenteppich werden. "Wenn wir jetzt Maßnahmen bekommen, dann würde ich mir sehr wünschen, dass die dann auch wirklich einheitlich umgesetzt werden", sagte Uwe Janssens, Chefarzt des St.-Antonius-Hospital in Eschweiler, am Mittwochabend in den ARD-"Tagesthemen". "Das wäre ein ganz neuer Schritt in zweieinhalb Jahren Corona-Pandemie."

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Keine Maske mehr in Bahn und Bus?

Zu den Regeln, bei denen die Länder freie Hand bekommen sollen, gehört die Entscheidung über eine Maskenpflicht. Bundesweit vorgeschrieben werden soll die Maske nur noch im Luft- und öffentlichen Personenfernverkehr sowie in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. Darüber, ob auch im ÖPNV Masken getragen werden müssen, soll jedes Bundesland für sich entscheiden.

Virologe Stürmer für bundesweite Maskenregeln im Nahverkehr

Der Frankfurter Virologe Martin Stürmer kritisiert das. Im WDR sagt er: "Die vulnerablen Gruppen sind nicht nur in Krankenhäusern und Pflegeheimen, sondern bewegen sich auch in unserem Alltag mit uns." Im Herbst und Winter könne der ÖPNV generell eine Infektionsquelle sein. Deswegen hätte er sich gewünscht, dass es gerade im Personennahverkehr bundesweit einheitlich eine Maskenpflicht gegeben hätte.

Auch der Frankfurter Virologe sieht die Gefahr eines Flickenteppichs. Aber Stürmer sagt auch, es sei wichtig, auf das Infektionsgeschehen dynamisch reagieren zu können. "Natürlich versteht es keiner, wenn die Inzidenz in einem Bundesland ganz niedrig ist und im anderen ganz hoch, dass dann die gleichen Regeln gelten sollten."

#esreicht: Wut und Enttäuschung im Netz

Viel deutlicher fällt teilweise die Kritik im Netz aus. Unter den Hashtags #esreicht und #esistvorbei melden sich auf Twitter unter anderem Nutzer, die angeben, sie seien von der FDP enttäuscht. Deren Freiheitsversprechen werde mit dem Gesetzesentwurf nicht eingelöst. Es gebe für sie keinen Grund mehr, die Liberalen zu wählen.

Nicht weit genug geht der Gesetzesentwurf hingegen den Vertretern von sogenannten Schattenfamilien. Das sind Familien mit Mitgliedern, die zum Beispiel gehandicapt oder etwa an Krebs vorerkrankt sind. Die Initiative "Bildung aber sicher" fordert den Gesundheits- und den Justizminister auf zu erklären, wie der Schutz für Betroffene aussehen soll.

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Alltagstauglichkeit wird bezweifelt

In Richtung Regierung gibt es auch den Vorwurf, dass manche der geplanten Regelungen nicht alltagstauglich seien. Im Fokus steht eine "zwingende Ausnahme", falls sich ein Bundesland für die Maskenpflicht entscheidet: Bei Freizeit-, Kultur- und Sportveranstaltungen sowie für die Gastronomie soll auf die Maske verzichtet werden können, wenn ein Nachweis vorliegt über einen Test, eine Genesung oder eine vollständige Impfung, die nicht älter als drei Monate zurückliegt.

Jana, Hörerin des WDR-News-Podcast "0630", hält eine solche Ausnahme für eine "schwachsinnige Regelung". Angesichts des Personalmangels in Restaurants hätten die Beschäftigten "doch keine Zeit, die Impfnachweise nachzugucken, um zu sagen: 'Du brauchst keine Maske tragen.'" Und sie fragt: "Haben sich die Leute Gedanken gemacht, wie das umgesetzt werden kann?!"

Was plant die NRW-Landesregierung?

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU)

Ob und welche der theoretisch möglichen Maßnahmen im Herbst dann auch in NRW gelten, ist noch nicht klar. Aus Sicht von Landesgesundheitsminister Laumann gehen die Vorschläge des Bundes aber grundsätzlich in die richtige Richtung. Für ihn sei im Herbst und Winter, je nach Infektionslage, eine Maskenpflicht in Innenräumen durchaus denkbar, sagte der CDU-Politiker am Donnerstag. Dem WDR sagte sein Ministerium, eine OP-Maske sollte dabei ausreichend sein.

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Das Konzept des Bundes ermögliche weitestgehend die Strategie, die die Landesregierung erarbeitet habe. Laumann spricht aber auch von Punkten, die "aus unserer Sicht infektiologisch nicht begründbar oder praktisch kaum umsetzbar sind". Um die vorgesehenen Neuerungen mit den Ländern abzustimmen, soll auch die Gesundheitsministerkonferenz am 9. August genutzt werden, teilte das Gesundheitsministerium in Düsseldorf mit.

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