Verschärfte Maskenpflicht: "Arme Menschen sind vergessen worden"

Stand: 23.01.2021, 18:01 Uhr

Ab Montag hat die Stoffmaske beim Einkaufen, Bahnfahren oder Arztbesuch ausgedient. Erlaubt sind neben OP-Masken nur noch teure FFP2-Masken. Verschärft die Maskenpflicht die soziale Ungleichheit?

Wer jetzt noch selbst genähte Stoffmasken benutzt, die immer wieder gewaschen und aufs Neue benutzt werden können, muss ab Montag umdenken. Dann nämlich gilt die verschärfte Maskenpflicht. Ob im Einzelhandel, im öffentlichen Nahverkehr, beim Gottesdienst oder im Wartezimmer - überall dort müssen entweder Einweg-OP-Masken oder die noch teureren FFP2-Masken getragen werden.

Bundes- und Landesregierung haben dabei die Gesundheit ihrer Bürger im Blick, doch viele fragen sich jetzt: Wie soll ich mir das leisten? OP-Masken sind zwar mit Preisen von teils 50 Cent pro Stück wesentlich günstiger als FFP2 Masken, bieten aber auch weniger Schutz.

FFP2-Masken kosten hingegen in Großpackungen 1-3 Euro pro Stück, Einzelmasken können in der Apotheke schon mal bis zu 10 Euro kosten. Wenn man mehrere Masken in der Woche braucht, um sie entsprechend trocknen, lüften und wiederverwenden zu können, kommt da einiges zusammen. Doch allein in NRW ist laut Landesbetrieb Information und Technik jeder Sechste von Einkommensarmut bedroht.

Caritas fordert kostenlose Masken

"Ich bin entsetzt, denn wer sich keine solche Maske leisten kann, der wird dann nicht mehr einkaufen, geschweige denn beim Arzt hineingelassen. Die Armen fallen durch das Netz und sind jetzt richtig von dieser Gesellschaft ausgeschlossen", schreibt eine WDR-Userin und ist mit dieser Meinung nicht allein.

"Arme Menschen sind schlichtweg vergessen worden", so auch Caritas-Präsident Peter Neher am gestrigen Freitag und fordert längst kostenlose FFP2 Masken für Menschen, die von Sozialleistungen leben oder niedrige Einkommen haben. "Berechtigungsscheine können unbürokratisch von Sozialämtern und Krankenkassen ausgestellt werden. Die Kosten muss der Steuerzahler tragen."

Heils Versprechen

Hubertus Heil

Kündigt Hilfe an: Bundesarbeitsminister Hubertus Heil

Bislang gibt es aber nur für Ältere und für Menschen mit Vorerkrankungen staatliche Unterstützung für die Beschaffung von Masken. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will nun sicherstellen, dass es auch für Hartz-IV-Empfänger "keine finanziellen Hürden gibt, Masken zu besorgen".

Der Minister kündigte am Freitag an, er wolle die geplanten Hilfen zügig auf den Weg bringen. Allerdings räumte er ein, dass seine Pläne noch nicht in der Koalition und in der Bundesregierung abgestimmt seien. Dazu solle es am Wochenende und Anfang kommender Woche Gespräche geben.

Zur möglichen Höhe eines Corona-Zuschlags für Hartz-IV-Empfänger legte sich der Minister zunächst nicht fest. Noch im vergangenen Sommer waren Forderungen nach einem Corona-Aufschlag auf die Hartz-IV-Regelsätze vor allem aus CDU und CSU zurückgewiesen worden.

"Die Zwei-Masken-Gesellschaft"

Zynisch findet Spiegelkolumnistin Samira El Ouassil es, wenn Politiker von Bürgern Eigenleistung fordern, aber der Lufthansa "astromonische Unterstützung" zukommen lassen. "Merke: Seien Sie in Deutschland lieber ein Flugzeug, vor allem während einer Pandemie", schreibt die Journalistin unter dem Titel "Die Zwei-Masken-Gesellschaft".

Die Stadt Bremen macht da jetzt zumindest mal einen Vorstoß in die andere Richtung. Der Senat will allen Bremer Bürgern zwischen 15 und 59 Jahren fünf FFP2-Masken kostenlos zur Verfügung stellen. Die Masken sollen Anfang Februar per Post verschickt werden

Wiederverwendung ist endlich

Im Gesundheitswesen sind FFP2-Masken Einwegprodukte. Sie dürfen nur einmal benutzt werden, danach müssen sie entsorgt werden. Privat darf man FFP2-Masken mehrfach benutzen. Experten streiten noch darüber, ob das gut ist. Forscher von der Münster School of Health sagen: Wenn es nur eine geringe Anzahl von FFP2-Masken gibt, könne es durchaus sinnvoll sein, die Masken mehrmals zu tragen. Laut wissenschaftlicher Erkenntnisse kann man FFP2-Masken – bei entsprechender Desinfektion – bis zu 5 Mal wiederverwenden.

Auch OP-Masken sind eigentlich Einwegprodukte, können im privaten Bereich laut TÜV-Verband aber mehrfach genutzt werden.

Begehrte Ware

Doch ganz abgesehen, ob man sich die Masken jetzt leisten kann oder nicht, tut sich nach Ankündigung der verschärften Maskenpflicht schon das nächste Problem auf: Oftmals sind FFP2 Masken schlicht ausverkauft.

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