Check-In im Biergarten: NRW setzt auf offene Lösung

Stand: 22.04.2021, 15:50 Uhr

Statt auf eine einzelne App wie "Luca" will die Landesregierung auf verschiedene Programme setzen. Die Anbindung an die Gesundheitsämter soll per Open-Source-Standard funktionieren.

Von Tobias Zacher

Die Tage werden länger, die Temperaturen zweistellig. Trotz aktuell hoher Ansteckungszahlen und täglich hunderter Menschen, die an oder mit dem Coronavirus sterben, gibt es im Frühling 2021 Hoffnung auf eine teilweise Rückkehr zu mehr Geselligkeit.

Restaurant- und Konzertbesuche mittels App

Die Impfkampagne nimmt endlich Fahrt auf: Die monatelang besonders betroffene Altersgruppe der Über-80-Jährigen ist durch die Immunisierung zunehmend geschützt, auch jüngere Jahrgänge werden geimpft. Im Mai soll die Priorisierungsgruppe 3 dran sein, um Juni soll die Impfung dann für alle freigegeben werden, hofft das Bundesgesundheitsministerium.

Freunde treffen, ins Restaurant, Konzert oder Theater gehen - danach sehnen sich viele Menschen. Eine viel diskutierte Rolle bei den entsprechenden Öffnungsschritten wird immer wieder Apps und Online-Tools zur Registrierung von Kundendaten zugeschrieben. Sie tragen Namen wie "e-Guest", "Vida", "darf ich rein" oder "Luca".

Iris-Gateway bevorzugt

Während sich einige Bundesländer einseitig auf die mit großem Aufwand beworbene "Luca"-App festlegen, will die NRW-Landesregierung allen Apps am Markt eine Chance geben - und setzt dabei dennoch auf einheitliche Standards. Dafür soll das so genannte Iris-Gateway sorgen, das quelloffen und sicher eine Anbindung der Online-Tools an die Gesundheitsämter möglich macht. Dieses Vorhaben bekräftigte NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) im Wirtschaftsausschuss des Landtags.

Hintergrund dieser Diskussion ist, dass Restaurants, Hotels, Zoos oder Kneipen die persönlichen Daten der Gäste zur Kontaktnachverfolgung von Infizierten erfassen müssen - so regelt es die Coronaschutzverordnung in NRW und anderen Bundesländern. Name, Adresse, Telefonnummer und Zeitraum des Aufenthalts müssen die Besucher angeben. Im Sommer 2020 geschah das häufig mit der inzwischen berüchtigten Zettelwirtschaft, je nach Digitalkompetenz des Betreibers aber auch damals schon per App. Die Corona-Warn-App kann das trotz ihres jüngsten Updates nicht leisten, da sie pseudonym augebaut ist, also keine Klarnamen erfasst.

Alte Zettelwirtschaft hat Nachteile

Gegenüber digitalen Lösungen hat die Zettelwirtschaft des vergangenen Sommers mehrere Nachteile: Sie ist anfällig für Fake-Identitäten und hat zugleich Datenschutzprobleme, weil die Listen häufig offen einsehbar herumlagen. Außerdem ist die Weitergabe der Daten an die Gesundheitsämter in analoger Form aufwändig und langsam. Diese Probleme können Online-Tools lösen.

Das Land hatte bereits für die geplanten Modellkommunen zur Bedingung gemacht, dass sie Iris-kompatible Registrierungs-Apps zum Beispiel in Restaurants nutzen. Pinkwart erwägt derzeit, eine solche Vorgabe auch für Gastwirte im Sommer zu erlassen. Der Vorteil dieser Lösung: Jeder Anbieter von Online-Tools und Apps von kann eine Anbindung an die Iris-Schnittstelle in seine Software einbauen, viele haben es schon getan. Gastronomen oder Kunden können dann aus einer Vielzahl an Apps diejenige auswählen, die sie bevorzugen.

Viele Apps, eine offene Schnittstelle

Trotzdem wäre die digitale Anbindung der Programme an die Gesundheitsämter per Iris standardisiert. Für die Gesundheitsämter bedeutet das weniger Aufwand, da sie keine Extra-Anfragen an die verschiedenen App-Anbieter stellen müssen, sondern nur noch eine zentrale Abfrage über das Iris-Gateway, das die Informationen aus den Apps bereitstellt. Iris ist darüber hinaus quelloffen, also transparent und potenziell sehr sicher. Auf WDR-Anfrage teilte das Wirtschaftsministerium mit: Das Ausrollen des Iris-Clients in allen NRW-Gesundheitsämtern soll Ende Mai abgeschlossen sein.

Kritik an Luca-App

Luca ist die derzeit wohl meistdiskutierte, aber auch meistkritisierte App. Viele Bundesländer haben Luca bereits auf unterschiedliche Art lizensiert. Am Weitesten geht Mecklenburg-Vorpommern, das Luca sogar in die landeseigene Corona-Verordnung geschrieben hat. Das Problem: Immer wieder entdecken Experten Sicherheitslücken in der Luca-App, ihre Mechanismen können ausgetrickst werden, der Datenschutz ist umstritten. Darüber hinaus gibt es Kritik daran, dass die Länder ein Quasi-Monopol erschaffen, wenn sie eine einzige App vorschreiben.

Tatsächlich gibt es neben Luca dutzende Anbieter, die teils wesentlich länger am Markt sind. Nordrhein-Westfalen versucht hier also eine Art Mittelweg, bei dem alle Apps nutzbar sind, die Anbindung an die Behörden jedoch standardisiert und sicher ist.

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