Im Moment ist Corona - wie schon in den beiden Sommern zuvor - nicht sehr präsent in unserem Alltagsleben. Die Maßnahmen sind auf ein Minimum wie etwa das Maskentragen im ÖPNV und eine Testpflicht in Krankenhäusern heruntergefahren. Weil die Tests für viele kostenpflichtig sind, ist gar nicht mehr auszuschließen, dass Corona-Infektionen für Betroffene gerade bei milden Verläufen nicht mehr von anderen Atemwegserkrankungen zu unterscheiden sind.
Mehr Corona-Tote im Juli als in den Jahren zuvor
Das macht Corona jedoch nicht harmlos: Es liegen nach wie vor Menschen auf Intensivstationen und im vergangenen Monat sind 587 Menschen daran gestorben, was deutlich mehr ist als im Juli 2021 (274) und 2020 (136). Die Frage, wie man sich am besten schützen kann, ist folglich eine, die man sich nach wie vor stellen sollte.
Der beste Schutz ist und bleibt die Impfung - vor allem für ältere Menschen. Laut Robert Koch-Institut (RKI) sind 91,2 Prozent der Bürger im Alter über 60 grundimmunisiert, bei den 18- bis 59-Jährigen sind es immerhin 82,1 Prozent (Stand: 4. August 2022). Bei den Auffrischungsimpfungen fällt diese Quote ab. Den ersten Booster haben noch 85,8 bezieungsweise 64,8 Prozent, beim zweiten sind es jedoch nur 23 Prozent aus der Risikogruppe über 60 und gar nur 2,6 Prozent bei allen jüngeren Volljährigen.
Streeck sieht keine Impfnotwendigkeit für Gesunde unter 60
Die zweite Auffrischung ist nach Ansicht des Virologen Streeck bei den Jüngeren auch nicht nötig: "Im Moment scheint es zumindest für gesunde Erwachsene unter 60 Jahre keinen Grund dafür zu geben, sich eine vierte Impfung geben zu lassen", sagte er am Donnerstag der "Welt". Dabei verwies er auch auf die Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko), die die vierte Impfung derzeit für Menschen über 70, Vorerkrankte, Menschen mit geschwächtem Immunsystem und Pflegepersonal empfiehlt.
Bundesgesundheitsminister Lauterbach (SPD) geht das jedoch nicht weit genug. Er sagte bereits im Juli, dass eine vierte Impfung für jene unter 60 Jahren in bestimmten Fällen sinnvoll sei, neben einigen Vorerkrankungen vor allem dann, wenn Menschen "ganz viele Kontakte" hätten. Aus diesem Grunde habe sich der 59-Jährige selbst auch ein viertes Mal impfen lassen.
35 Prozent der 18- bis 59-Jährigen nicht geboostert
Zudem greift seine Empfehlung zehn Jahre vor jener der Stiko. Er rät ab 60 zum zweiten Booster. Studienergebnisse aus den USA belegen laut Lauterbach, dass eine zweite Auffrischungsimpfung die Sterblichkeit reduziere. Auf neue, angepasste Impfstoffe sollte man daher nicht warten.
Was das Warten angeht, ist eine zeitnahe vierte Impfung für viele in der Gruppe der 18- bis 59-Jährigen kein Thema. 35 Prozent aus dieser Bevölkerungsgruppe hatten schließlich nicht einmal die erste Auffrischung, und gemäß den RKI-Empfehlungen für alle ab 70 Jahren sollten mindestens drei Monate zwischen erstem und zweitem Booster liegen. Für die neuen Omikron-Impfstoffe kann es solche Empfehlungen noch nicht geben, weil sie noch nicht auf dem Markt sind.
RKI empfiehlt erste Auffrischung sofort
Wer also die erste Auffrischungsimpfung anpeilt, stellt sich nun eventuell die Frage, ob er sofort einen Termin machen soll oder doch besser auf die angepassten Impfstoffe wartet. Das RKI empiehlt allen 18- bis 69-Jährigen die erste Auffrischung unabhängig von zukünftig zur Verfügung stehenden Impfstoffen - also sofort, wie eine Sprecherin am Donnerstag auf WDR-Anfrage sagte. Die Empfehlung Lauterbachs, der schon beim zweiten Booster von zeitlichen Verzug abrät, liegt auf der Hand.
Der Virologe Streeck weist zudem darauf hin, dass im Herbst kein neuer Impfstoff auf den Markt komme, sondern lediglich ein angepasster. Seine Struktur entspreche mehr dem, wie das Virus mittlerweile aussieht: "Im Grunde ist das genau der gleiche Impfstoff."