Am höchsten ist das Ansteckungsrisiko im privaten Umfeld: 55 Prozent aller gemeldeten Neuinfektionen gehen laut den NRW-Gesundheitsämtern darauf zurück – sofern die Quelle der Ansteckung überhaupt bekannt ist. Denn 43 Prozent der Infizierten wissen gar nicht, wo sie sich infiziert haben – oder sie geben es nicht preis. "Es erreichen uns oft nur halbe Wahrheiten - oder es wird ganz verschwiegen, wo man sich aufgehalten hat", sagt Johannes Nießen, Leiter des Kölner Gesundheitsamts.
Dann seien die Infektionsketten schwer nachvollziehbar. "Das ist ein wichtiger Knackpunkt an der ganzen Sache."
Nach dem Corona-Gipfel am Mittwoch haben bereits mehrere Politiker ihre Sorge darüber geäußert, dass ein Kontrollverlust in der Corona-Pandemie droht. So sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel, dass man den Anstieg der Infektionszahlen stoppen müsse. "Sonst wird es in kein gutes Ende führen."
Corona-Infektionen auf traurigem Höchststand
Die Zahl der Corona-Neuinfektionen hat am Donnerstag einen neuen Höchststand in Deutschland erreicht: Das Robert Koch-Institut meldete 6.638 Fälle – und damit so viele wie noch nie. Der Anstieg zu Mittwoch um 1.500 Neuinfektionen war sprunghaft. Und der Höchststand ist um rund 300 Kranke höher als am 28. März, der Tag mit dem zweithöchstem Stand: 6.294 Erkrankte.
Auch der 2. April wird als Tag mit traurigem Höchstwert diskutiert. Hier wurden 6.554 Neuinfektionen von den Gesundheitsämtern an das RKI übermittelt. Das RKI passt die Meldedaten allerdings an, wenn es bei einem Kranken im Nachhinein den Infektionsbeginn ermitteln kann. Dann wird das Datum dieser Neuinfektion vom Meldedatum zum Ansteckungsdatum "umverortet".
Es wird mehr getestet – Anstieg trotzdem "dramatisch"
Allerdings sind die Zahlen aus dem Frühjahr ohnehin nicht mit den jetzigen vergleichbar: Es wird wesentlich mehr getestet. "Eine Ausweitung der Tests kann zu einem Anstieg der Fallzahlen beitragen, weil Fälle detektiert werden, die sonst unentdeckt geblieben wären", betont das RKI. "Die vorhandenen Infektionen werden dann also vollständiger erfasst."
Die steigenden Zahlen seien "dramatisch", meint Rolf Kaiser, Virologe an der Uniklinik Köln, aber: "Im Gegensatz zum Frühjahr sind jetzt mehr jüngere Leute infiziert, und die sind oft weniger schwer erkrankt."
Ruhrgebiet fast komplett Risikogebiet
In NRW kommen derweil regelmäßig neue Risikogebiete hinzu. Am Donnerstag überschritten Dortmund, Bochum und Mülheim die kritische Warnstufe von 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche. Somit gibt es auch in diesen Städten strengere Corona-Regeln.
Bottrop und Oberhausen bilden noch Flecken auf der Corona-Landkarte – ansonsten ist das Ruhrgebiet zum Risikogebiet geworden.
Wenige weiße Flecken auf NRWs Corona-Landkarte
Auch im Rest NRWs steigt die Zahl der Risiko-Gebiete: Düsseldorf, Köln, Leverkusen und die Städteregion Aachen sind Corona-Hotspots. Teile des Bergischen Landes sind ebenfalls betroffen.
Die Grenze von 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern und Woche ist bereits in großen Teilen NRWs erreicht. Neben Bottrop befinden sich noch die Kreise Viersen, Siegen-Wittgenstein, Paderborn, Höxter, Euskirchen und Minden-Lübbecke sowie der Märkische Kreis und der Hochsauerlandkreis unter der Marke von 35.