"Lockdown"? Was Leopoldina und Laschet unterscheidet

Stand: 11.12.2020, 07:35 Uhr

Mit dem angekündigten "Lockdown" will Ministerpräsident Laschet der Wissenschaft folgen, wie er sagt. Ein Vergleich mit den Leopoldina-Empfehlungen zeigt jedoch große Unterschiede.

Von Jörn Seidel

Es scheint so gut wie sicher: Auf den jetzigen "Lockdown light" werden in Kürze wohl noch strengere Corona-Maßnahmen folgen. Aber welche genau? Wann werden Geschäfte, Schulen und Kitas geschlossen sein? Ist die Sorge vieler Eltern berechtigt, bald wieder Homeoffice und häusliche Kinderbetreuung unter einen Hut bekommen zu müssen?

Laschet und Leopoldina sprechen von "hartem Lockdown"

Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina hat einen "harten Lockdown" gefordert. Auch NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) will einen "harten Lockdown".

"Ich halte mich jetzt an die Empfehlung der Wissenschaft", sagte Laschet am Mittwoch in der "Aktuellen Stunde". Aber stimmt das wirklich? Ein Vergleich der Empfehlungen der Leopoldina mit den aktuellen Ankündigungen der Landesregierung weist teils große Unterschiede auf. Stand Donnerstagabend.

Große Unterschiede: Leopoldina versus Landesregierung

Kontaktreduzierung: Die Leopoldina verlangt dringend schon ab Heiligabend bis zum 10. Januar: Berufliche und private Kontakte "müssen auf das absolut notwendige Mindestmaß reduziert werden".

Laschets "harter Lockdown" ist da deutlich weicher: Dieser soll erst "nach Weihnachten" beginnen. Nach aktueller NRW-Coronaschutzverordnung dürfen ab dem 23. Dezember im öffentlichen Raum "im engsten Familien- oder Freundeskreis" bis zu zehn Personen zusammenkommen (die Zahl der Hausstände wird nicht genannt), "wobei Kinder bis zu einem Alter von einschließlich 14 Jahren bei der Berechnung der Personenzahl nicht mitgezählt werden". Im Sinne der Leopoldina ist das nicht.

Schulferien-Verlängerung: Um ganze elf Tage, sprich anderthalb Wochen, unterscheiden sich hierbei Leopoldina und die aktuellen NRW-Regelungen. Nach den Leopoldina-Empfehlungen würde es in NRW de facto vom 12. Dezember bis 10. Januar eine Aussetzung der Schulpflicht geben - also keinen regulären Unterricht, sondern nur Notbetreuung.

Nach aktuellem Stand findet in NRW vom 19. Dezember bis 6. Januar kein Unterricht statt. Die Ferien wurden erst kürzlich mit Wochenende um vier Tage vorgezogen. Für eine weitere Verlängerung verlangte Laschet im WDR-Fernsehen "bundesweit einheitliche Regelungen".

Maskenpflicht für Grundschüler: Auch die Jüngsten sollten im Unterricht ab Januar eine Maske tragen, empfiehlt die Leopoldina. Das ist in NRW bislang flächendeckend nicht geplant.

Digitaler Unterricht: Die Leopoldina empfiehlt "digitale Möglichkeiten anstelle von Präsenzangeboten". NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) ist strikt dagegen. Als im November in Solingen ein Modell mit geteilten Klassen und Distanzunterricht eingeführt werden sollte, hatte sie das verboten.

Für Hotspots, also Gemeinden mit sehr hohen Infektionszahlen, solle Distanzunterricht künftig nun allerdings doch erwogen werden, so Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) am Mittwoch.

Gruppen-Sport: Die Leopoldina empfiehlt: "Gruppenaktivitäten im Bereich Sport und Kultur müssen eingestellt werden", und zwar schon ab Montag. Laschets verschärfter "Lockdown" soll erst etwa zwei Wochen später beginnen. Demnach dürfen bis dahin noch zahlreiche Spiele des Profi-Sports ausgetragen werden.

Wo es weitgehend Einigkeit gibt:

Schließung von Geschäften: Die Leopoldina empfiehlt, Einzelhandelsgeschäfte - außer Lebensmittelgeschäften und anderen - vom 24. Dezember bis zum 10. Januar zu schließen. Laschet sieht das ähnlich. An Heiligabend sollen die Läden in NRW aber noch öffnen dürfen, wie Laschets bisherigen Äußerungen zu entnehmen ist.

Keine Kita-Schließungen: Kita-Schließungen sind in den Empfehlungen der Leopoldina nicht vorgesehen. NRW-Familienminister Joachim Stamp (FDP) betonte am Donnerstag vorsorglich, es bleibe bei seiner Zusage, dass "es mit mir keine landesweiten Schließungen von Kinderbetreuungseinrichtungen geben wird".

Homeoffice: Von zu Hause aus arbeiten solle "wo immer möglich die Regel sein" - und zwar schon ab Montag, so die Leopoldina. Auch die Landesregierung rief wiederholt zu Homeoffice auf.

Urlaubsreisen und Allgemeines: Auch in vielem anderen sind sich Leopoldina und Landesregierung einig: Zum Beispiel sollten Urlaubsreisen und größere Zusammenkünfte unterbleiben, Kontakte sollten reduziert werden, man solle Abstand halten, Hygiene beachten, häufig Maske tragen, oft lüften, Risikogruppen meiden und bei Erkältungssymptomen zu Hause bleiben.

Bund-Länder-Treffen schon am Sonntag?

Die politische Diskussion, wann welche Maßnahmen-Verschärfung in welchem Bundesland gelten soll, ist in vollem Gange. Möglicherweise werde es dazu schon am Sonntag das nächste Bund-Länder-Treffen geben, wie ein Länderchef sagte - einen Tag also, bevor die ersten Empfehlungen der Leopoldina nach Ansicht der Akademie schon umgesetzt sein sollten.

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