Alma Tamborini leitet die Grundschule am Nordmarkt in Dortmund. Für sie und ihre Kollegen stünden jetzt im November eigentlich die Anmeldungsgespräche mit den Erstklässlern des kommenden Schuljahres und ihren Eltern an.
Dabei würden für den Schulstart wichtige Fertigkeiten geprüft, etwa Zahlenverständnis und Feinmotorik. Doch das fällt wegen Corona aus: "Umso wichtiger wäre es für uns, dass wir durch die Schuleingangs-Untersuchung frühzeitig einen Hinweis bekommen, ob bei einem Kind ein Förderbedarf besteht", so Tamborini.
Nur zehn Prozent der üblichen Untersuchungen
Die Stadt Dortmund führt im Moment aber nur in Ausnahmefällen eine Einschulungs-Untersuchung durch - seit den Sommerferien wurden erst rund 130 Kinder untersucht, im Vorjahr waren es im selben Zeitraum zehn Mal so viele.
Und das ist kein Einzelfall, meint Ute Teichert, Chefin des Bundesverbandes der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes: "Ich gehe davon aus, dass ein Großteil wegfallen wird. Sie sehen ja, wie sich die Pandemie entwickelt. Und in den Gesundheitsämtern sind im Moment alle Kolleginnen und Kollegen mit Kontaktpersonennachverfolgung beschäftigt. Da stehen Schuluntersuchungen hinten an."
Förderbedarf bleibt unerkannt
Tatsächlich haben auch andere Städte wie Bielefeld, Köln oder Münster die Zahl der Untersuchungen deutlich reduziert. Zum Teil müssen auch noch Untersuchungen aus dem vergangenen Schuljahr nachgeholt werden.
Dabei seien die Untersuchungen für die Kinder und Schulen enorm wichtig, sagt René Schroeder, Chef des Verbandes Sonderpädagogik NRW: "Wenn ein Kind Probleme mit der Feinmotorik hat, dann kann es Schwierigkeiten haben, einen Stift zu halten. Das erschwert Lesen und Schreiben ganz erheblich. Und das sollte man möglichst früh erkennen, um es auch fördern zu können." Nur so könnten zum Beispiel Integrationshelfer rechtzeitig bestellt werden.
Fokus auf Kinder mit Auffälligkeiten
Städte wie Dortmund, Köln und Münster fokussieren die knappen Ressourcen in den Gesundheitsämtern im Moment deshalb darauf, Kinder zu untersuchen, bei denen ein Förderbedarf bekannt ist.
Doch dadurch könnten Kinder durch das Raster fallen, fürchtet Monika Brück-Paschko, Leiterin des Kinder- und Jugendgesundheitsdienstes in Hagen: "Wir haben einen großen Anteil an Kindern, die noch nie in einem Fördersystem gewesen sind oder einen Kinderarzt gesehen haben. Da müssen wir sowohl im medizinischen Bereich als auch bei Sprache und anderen Dingen gucken: Was brauchen diese Kinder?"