Kaum noch freie Intensivbetten in größeren NRW-Städten

Stand: 13.04.2021, 14:42 Uhr

Die Intensivstationen füllen sich coronabedingt wieder. Die Kölner Uniklinik sagte schon Ende vergangener Woche Operationen ab. Für das Zögern der Politik hat Medizinprofessor Hallek kein Verständnis.

Von Nina Magoley

Nach Angaben des DIVI-Intensivregisters (Stand: 13.04.2021, 09.19 Uhr) sind von den insgesamt 5.728 Intensivbetten an 300 Standorten in NRW noch 655 frei - im Schnitt 2,2 Betten pro Standort. 982 der Patienten waren Covidkranke - 590 davon werden invasiv beatmet.

In ganz Deutschland waren laut DIVI am Montagmittag (Stand: 12.04.2021, 12.25 Uhr) von den insgesamt 23.802 Intensivbetten 20.503 belegt. 4.662 Coronainfizierte lagen deutschlandweit auf Intensivstationen, etwas mehr als die Hälfte davon wurde künstlich beatmet. Schon am Samstag sei der Höhepunkt der Auslastung aller Intensivbetten seit Beginn der Pandemie erreicht gewesen.

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Stadt Köln nimmt Lockerungen zurück

Die Stadt Köln hatte schon am Freitag Alarm geschlagen. Die Zahl der Patienten auf den Intensivstationen steige täglich - allein in den vergangenen drei Tagen von 91 auf 106, hieß es in einer Meldung. Der Krisenstab habe daher beschlossen, alle Lockerungen aus der sogenannten Notbremse zurückzunehmen. So sind Museen und Zoo seit Montag wieder geschlossen, seit Sonntag gilt ein Alkoholkonsumverbot an Hotspots.

Köln am Ende der Möglichkeiten

"Die Lage in den Kölner Krankenhäusern und Kliniken ist sehr ernst", sagte die Leiterin des Krisenstabes, Andrea Blome. Die Stadt habe "mit den heutigen Entscheidungen unsere Handlungsmöglichkeiten nahezu ausgeschöpft". Jetzt sei "die klare Erwartung an das Land gerichtet, dass sehr kurzfristig seitens der Landesregierung weitergehende Maßnahmen getroffen werden".

"In Köln und Düsseldorf sind jeweils nur 22 Betten auf den Intensivstationen frei - das sind unter zehn Prozent, also weniger als ein Bett pro Klinik", sagte Steffen Weber-Carstens, Leiter des DIVI-Intensivregisters. Ähnlich sehe es in allen Großstädten und Ballungsgebieten in Deutschland aus.

Patienten werden aus dem Umland gebracht

Für die Kliniken in den größeren Städten wird es auch deshalb eng, weil kleinere Krankenhäuser aus dem Umland voll sind und ihre Intensivpatienten in die nächste Stadt fahren. So beschrieb Michael Hallek, Professor für Innere Medizin an der Uniklinik Köln, am vergangenen Donnerstag im WDR-Fernsehen die Situation in seinem Haus.

Am Wochenende habe es beispielsweise im Erftkreis keine freien Intensivbetten mehr gegeben. "Die fuhren dann alle nach Köln und wir wussten nicht mehr, wohin mit den Patienten." Die Situation sei bereits wieder so dramatisch wie kurz vor Weihnachten: "Wir beginnen, Operationen abzusagen, um Personal für neue Intensivstationen freizubekommen."

"Städte wie Bonn, Bremen oder Köln haben kaum noch freie Betten für den nächsten Herzinfarkt, Verkehrsunfall oder Covidpatienten", hatte auch der Intensivmediziner Christian Karagiannidis auf Twitter gewarnt.

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Kein Verständnis für MPK-Absage

Dafür, dass die Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) für den 12. April abgesagt wurde, habe er "überhaupt kein Verständnis", sagte Hallek: Jeder dritte Patient auf der Intensivstation und jeder zweite mit Beatmung überlebe nicht: "Wir müssen also dafür sorgen, dass die Menschen gar nicht erst in diese Situation kommen."

Hallek: "Jede Art von Lockerung derzeit völlig fehl am Platz"

Hallek plädierte für schärfere Einschränkungen - "was immer erforderlich ist": Ausgangsbeschränkungen, Kontakte reduzieren wo immer es geht. Und, mit unüberhörbarem Vorwurf in Richtung Politik: "Das, was man beschlossen hat, auch umsetzen." Eine Notbremse ab Inzidenwert 100 festlegen, dann aber darüber diskutieren, ob sie ab 200 greift - "jede Art von Lockerung ist derzeit völlig fehl am Platz".

Große Hoffnung sieht Hallek bei den Impfungen. Es sei "sehr positiv", dass sich trotz der vielen Nachrichten offenbar nicht viele Menschen vom Astrazeneca-Impfstoff abschrecken ließen. In Kürze, da ist Hallek optimistisch, werde ein "Impfeffekt" zu erleben sein. "Bis dahin sollten wir noch durchhalten."

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