Sollte der Bund im Kampf gegen die Corona-Pandemie mehr Macht erhalten, um das von vielen beklagte Corona-Regel-Chaos unter den Bundesländern zu beseitigen? Das regte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor Kurzem an. Auch NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) ist dafür. Nun geht ein Gesetzentwurf für eine bundesweit einheitliche Corona-Notbremse auf den Weg - mit Ausgangssperren und Distanzunterricht.
Bund-Länder-Gipfel abgesagt
Entsprechende Vorgaben sollen im neuen Infektionsschutzgesetz verankert werden, sagte Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) am Freitag. Zuvor wurde die nächste Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) abgesagt. Geplant war der Bund-Länder-Gipfel ursprünglich für Montag.
Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters will die Bundesregierung den Gesetzentwurf schon in der kommenden Woche auf den Weg bringen. Dieser sehe eine "direkt verbindliche und umfassende Notbremse für Kreise" bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von über 100 vor. Unterhalb von 100 sollten die bestehenden Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) fortgelten und die Länder damit ihre Zuständigkeit behalten.
Laschet: "Zu wesentlichen Fragen keine Einigkeit"
Hintergrund ist die mangelnde Einigkeit zwischen den Bundesländern, die jüngst auch Ministerpräsident Laschet beklagte. "Leider haben die vergangenen Tage und Wochen gezeigt, dass zu wesentlichen Fragen keine Einigkeit unter den Ländern besteht."
Es müsse aber gehandelt werden. "Daher finde ich den Vorschlag aus der Unionsfraktion richtig, dass in dieser kritischen Phase der dritten Welle die Bundesregierung die Grundregeln der Virusbekämpfung verbindlich festlegen kann".
"Die Initiative, die ich zusammen mit rund 50 Kolleginnen und Kollegen vorgestellt habe, besagt, wir müssen den Missstand, dass der Bund in einer epidemischen Lage solcher Tragweite nicht handeln kann, beseitigen. Wir nehmen den Ländern nichts weg, aber wir schaffen eine zusätzliche Kompetenz des Bundes", sagte Norbert Röttgen, stellvertretender CDU-Vorsitzender, in der Aktuellen Stunde.
Konkret bedeute das, dass Abstandsgebote, Maskenpflicht, Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen bundeseinheitlich geregelt werden sollten, so Laschet. Die einzelnen Länder müssten allerdings weiterhin die Verantwortung für Maßnahmen der Pandemiebekämpfung übernehmen, die keine länderübergreifenden Auswirkungen hätten. Entscheidend sei die pandemische Lage vor Ort.
NRW-Grünen-Chefin: Laschet könnte alleine handeln
"Armin Laschet könnte hier in NRW seinen Brücken-Lockdown sofort umsetzen" - auch ohne die MPK, sagte die NRW-Landeschefin der Grünen, Mona Neubaur, dem WDR, "doch davor drückt er sich". Die MPK sei ein "nicht wirksames Verfassungsorgan". Dass statt dessen greife man jetzt in ein bereits existierende Gesetz ein. Das sei "rein symbolhaft" und führe dazu, dass die Bürger das Vertrauen in die Politik verlieren.
Tatsächlich brauche es eine permanente Abstimmung zwischen Bund und Ländern, so Neubaur - "aber nicht in großer Show" mit Pressekonferenzen mitten in der Nacht, sondern in Form von "solider Vorbereitung", anhand derer Bund, Länder und Kommunen ein "gemeinsames Regelwerk finden, um durch die Pandemie zu kommen".
Auch der SPD-Bundesvorsitzende Norbert Walter Borjans hält ein weiteres MPK-Treffen am Montag nicht für notwendig. Immerhin gebe es bereits "eine ganze Menge" in der MPK beschlossene Regeln, die helfen könnten - "wenn sie denn umgesetzt würden". Das geschehe aber nicht durch eine weitere Beratungsrunde, sondern "indem in den Ländern gehandelt wird". Klärungsbedarf gebe es allerdings zu einer klareren Impfstrategie. Dafür sei eine weitere Woche Vorbereitung sinnvoll.
Schäuble: Es gehe auch ohne Bundesrat
Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) hatte sich bereits am Donnerstagabend zur geplanten Änderung des Infektionsschutzgesetzes geäußert: "Wenn es der Wunsch im Bundestag ist, wenn die Mehrheit das so beschließt, dann können wir gesetzlich die Bundesregierung ermächtigen. Dazu braucht man dann eine Zustimmung des Bundesrats", sagte er im ZDF-"heute journal".
Es gehe aber auch ohne Zustimmung durch den Bundesrat, so Schäuble: "Wir können bestimmte Regeln für die Länder verbindlich vorgeben durch das Bundesgesetz - das muss dann nicht einmal die Zustimmung des Bundesrats finden."