Corona-Welle: Volle Innenstädte trotz Forderung nach weniger Kontakten

Stand: 27.11.2021, 20:21 Uhr

Die vierte Corona-Welle wird immer größer. Gesundheitsminister Spahn und RKI-Chef Wieler rufen auf, Kontakte jetzt sofort zu reduzieren. Gleichzeitig füllen sich viele Innenstädte in NRW merklich.

Von Jörn Kießler

Der Appell von Jens Spahn (CDU) und Lothar Wieler an diesem Freitag war eindeutig: Nur wenn alle Menschen in Deutschland "jetzt sofort" ihre Kontakte drastisch reduzieren, kann die vierte Welle der Corona-Pandemie gebrochen oder zumindest gebremst werden, so der Bundesgesundheitsminister und der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI).

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Anderen Politikern geht das nicht weit genug, auch weil es immer wieder Berichte darüber gibt, dass die derzeit gültigen 2G- und 3G-Regeln nicht konsequent eingehalten und kontrolliert werden.

Sozialpsychologe: Geimpfte fühlen sich sicher

Der Sozialpsychologe Rolf van Dick befürchtet, dass ein konsequente Reduzierung der Kontakte nur mit Hilfe strenger Regeln zu erreichen ist. Große Teile der Bevölkerung hätten den Ernst der Lage zwar erkannt, "viele Menschen, die geimpft sind, fühlen sich dadurch aber so sicher, dass sie sich nicht mehr so streng an solche Maßnahmen halten", so van Dick.

"Der Mensch neigt dazu, sich selbst zu überschätzen." Prof. Dr. Rolf van Dick, Leiter der Abteilung Sozialpsychologie an der Goethe-Universität (Frankfurt a. M.)

Dass viele Menschen dieses Sicherheitsgefühl haben, sei verständlich, sagt van Dick. "Schließlich wird ihnen immer wieder erklärt, dass eine Impfung sie vor einer Infektion und einer schweren Erkrankung schützt", sagt der Sozialpsychologe. "Auch um sie zu motivieren, sich impfen zu lassen."

Sichtbar wird dieses Verhalten derzeit auch in den Innenstädten in NRW. Nach Informationen aus dauerhaften Passantenzählungen des Kölner Dienstleisters "Hystreet", der die Besucherströme in Innenstädten misst, waren am Donnerstag, Freitag und Samstag vergangener Woche durchschnittlich rund 25 Prozent mehr Menschen in den Innenstädten mehrerer großer NRW-Städte unterwegs als gewöhnlich.

Volle Einkaufsstraßen trotz hoher Sieben-Tage-Inzidenz

Wirft man einen Blick auf einzelne Einkaufsstraßen in der vergangenen Woche, wird die Zunahme bei den Passantenzahlen noch deutlicher - wahrscheinlich auch durch den Black Friday, der viele Menschen in die Innenstädte lockte.

Seltene Kontrollen führen zu Nichtbeachtung der Regeln

Ein weiterer Faktor, der dazu beigetragen haben könnte, sind die Weihnachtsmärkte, die in vielen Städten seit vergangener Woche geöffnet sind. Dort gilt die 2G-Regel, sprich nur Genesene dürfen sich dort aufhalten. Flächendeckend kontrolliert werden kann das jedoch in den meisten Fällen nicht.

"Auch das führt dazu, das sich die Menschen weniger an solche Regeln halten", sagt van Dick. Auch empfindlich hohe Bußgelder schreckten dann nicht ab, wenn die Gefahr, erwischt zu werden, sehr gering sei. "Das zeigen Erfahrungen im öffentlichen Nahverkehr, nach denen in Städten, in denen Fahrkartenkontrollen seltener sind, mehr Menschen schwarz fahren", so van Dick.

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