Prozess um Corona-Impfschäden: Klagen gegen Biontech abgewiesen
Stand: 16.11.2023, 16:27 Uhr
Atemnot, Erschöpfung, Schlafstörungen: Das Düsseldorfer Landgericht hat am Donnerstag über mehrere Klagen wegen womöglicher Schäden durch Corona-Impfungen verhandelt. Und hat drei Klagen gegen den Impfstoffhersteller Biontech zurückgewiesen.
Aus Sicht des Gerichts sind die Impfstoffe zugelassene Arzneimittel, die ordnungsgemäße Prüfverfahren durch die Behörden durchlaufen haben. Die Kläger hätten nicht ausreichend dargelegt, dass ein negatives Nutzen-Risiko-Verhältnis der Impfstoffe oder eine mangelhafte Information bzw. Kennzeichnung möglicher Nebenwirkungen vorliege. Aus Sicht des Gerichts hat es deshalb keinen Anlass für berechtigte Zweifel gegeben.
Zu Moderna gab es ein Versäumnisurteil. Das heißt, dass die Klägeranwälte im Endeffekt keinen Antrag gestellt haben, weil aus ihrer Sicht noch zu wenige Informationen zum Herstellungs- und Zahlungsprozess des Impfstoffs vorgelegen hätten. Der Fall wird später nochmal vor das Landgericht kommen.
Insgesamt 680.000 Euro Schadenersatz und Schmerzensgeld gefordert
Die drei Frauen und ein Mann aus Düsseldorf, Kaarst und Meerbusch können nach eigenen Angaben nicht mehr oder nur noch eingeschränkt arbeiten. Ursache dafür soll eine Corona-Schutzimpfung gewesen sein. Sie fordern vom Impfstoff-Hersteller Biontech insgesamt fast 500.000 als Schmerzensgeld und mehr als 30.000 Euro materiellen Schadenersatz, von Moderna fast 150.000 Euro. Nach dem Urteil des Gerichts am Donnerstagnachmittag haben die Klägeranwälte angekündigt, in die nächste Instanz vor das Oberlandesgericht zu gehen.
Um welche Impfschäden geht es?
Laut Arzneimittelgesetz ist der Hersteller zum Schadensersatz verpflichtet, wenn ein Impfstoff schädliche Wirkungen hat, die "über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen". Die Kläger geben an, dass die Impfungen bei ihnen zu Atemnot, Seh- und Bewusstseinsstörungen, Bluthochdruck, Gürtelrose, Herzmuskelentzündung, Erschöpfung, Schlafstörungen und Panikattacken geführt hätten.
Das Paul-Ehrlich-Institut hat im März 2023 einen Abschlussbericht zu Corona-Impfschäden veröffentlicht. Enthalten sind die Herzkrankheit Myo-/Perikarditis, die im Gehirn auftretende Sinusvenenthrombose und weitere Blutgerinnsel, Gesichtslähmung, das Guillain-Barré-Syndrom (Muskelschwäche) und der Hörschaden Tinnitus.
Die Zahl der Verdachtsfälle lag bei mehr als 192 Millionen Covid-19-Impfungen bundesweit bei weniger als einem Fall pro 100.000 Impfungen.
Wie lässt sich ein Zusammenhang mit Impfungen nachweisen?
Erkrankungen, bei denen der Verdacht besteht, sie seien auf eine Impfung zurückzuführen, können auch andere Ursachen haben. Die Kläger müssen nachweisen, dass es einen Zusammenhang zwischen gesundheitlicher Beeinträchtigung und Covid-Impfung gibt. Das ist das größte Problem.
Die Anerkennung eines solchen Zusammenhangs vor Gericht hänge stark davon ab, "ob die Beschädigungen oder die Beschwerden bestätigt sind als mögliche Impfschädigung oder als Nebenwirkungen oder Folge von Impfung", sagt Rechtsanwalt Moritz Deiters von der Kölner Kanzlei Brinkmann dem WDR. Er vertritt selbst Menschen, die Ansprüche auf Schadenersatz geltend machen, war aber nicht in den Prozess am Donnerstag involviert.
Vor Gericht kommt es auf medizinische Gutachten an, die das Problem haben, dass Corona-Impfungen etwa im Vergleich zu Masern noch zu neu sind, um eine Erkrankung eindeutig einer Impfung zuzuschreiben.
Wie ist die rechtliche Situation?
Selbst wenn die Schäden Folgen einer Corona-Impfung sein können, weil das PEI sie als mögliche Impffolgen ausweise, kommt es immer auf den Einzelfall an: "Nur weil etwas möglicherweise ein Schaden von einer Impfung sein kann, heißt das nicht, dass es auch in jedem Fall einen Zusammenhang geben wird", so Deiters.
An verschiedenen Gerichten in Deutschland sind ähnliche Verfahren anhängig. In einigen Fällen wurden Klagen ebenfalls in erster Instanz abgewiesen, so von den Landgerichten Kleve, Mainz, Rottweil und Bayreuth.
Deiters verweist auf eine Alternative zu den zivilrechtlichen Klagen gegen Hersteller. Man könne auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes gegenüber dem Staat einen "Aufopferungsanspruch" geltend machen: "Man hat sich impfen lassen zum Wohle aller. In der Folge hat man unter Umständen eine Schädigung erlitten, und deswegen wird man dann quasi entschädigt bzw. versorgt", erklärt Deiters.
Voraussetzung dafür ist, dass der vermutete Impfschaden mit großer Wahrscheinlichkeit durch die Impfung ausgelöst wurde.