Archiv: Eine Frau und ein Junge füllen am 7.11.1973 an einer Tankstelle Benzinkanister mit Treibstoff

7. Oktober 1973 - Erste ARD-Berichte über drohende Ölkrise

Stand: 07.10.2018, 00:00 Uhr

Während der sozial-liberalen Koalition von Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) brummt die Wirtschaft. 1,1 Prozent Arbeitslosigkeit bedeuten 1973 Vollbeschäftigung. Doch dann ändert sich die Lage plötzlich. Die Ursache dafür liegt im Nahen Osten.

Am 6. Oktober 1973 feiert Israel Jom Kippur. Am höchsten jüdischen Feiertag steht das öffentliche Leben still. Doch am frühen Nachmittag ist es damit vorbei: Am Golan greifen die Syrer an, am Sinai überqueren ägyptische Truppen den Suez-Kanal. Israel hält unter anderem diese Gebiete seit dem Sechs-Tage-Krieg von 1967 besetzt.

Beginn der Ölkrise (am 07.10.1973)

WDR 2 Stichtag 07.10.2018 04:12 Min. Verfügbar bis 04.10.2028 WDR 2


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Ministerpräsidentin Golda Meir besorgt

Der israelische Rundfunk mobilisiert Reservisten und Soldaten, Ministerpräsidentin Golda Meir klingt besorgt: "Unsere Soldaten werden entschlossen kämpfen. Sie werden versuchen, den Feind zurückzudrängen."

Der Angriff an zwei Fronten trifft das Land unvorbereitet, obwohl Verteidigungsminister Moshe Dajan Geheimdienstinformationen hat. Er entscheidet sich gegen einen Präventivschlag. "Wir wollten sichergehen, dass die reine Wahrheit bekannt wird: Die Ägypter und die Syrer haben mit dem Krieg begonnen."

Öl als Waffe

Israel ist in Bedrängnis. Die Devise lautet: Durchhalten bis über die US-Luftbrücke Nachschub kommt. Das sei kriegsentscheidend gewesen, sagt Ägyptens Präsident Anwar el Sadat später: "Gegen die modernsten amerikanischen Waffen hatten wir keine Chance."


Der Irak reagiert als erster arabischer Staat auf die anstehenden Waffenlieferungen an Israel: "Die Regierung des Irak in Bagdad hat heute Mittag die arabischen Ölstaaten aufgefordert, die USA und andere westliche Staaten, die sich mit den Israelis solidarisieren, nicht mehr mit Erdöl zu beliefern", berichtet ARD-Korrespondent Erwin Behrens am 7. Oktober 1973 - eine der ersten ARD-Meldungen über eine drohende Ölkrise.

Autofreie Sonntage

Noch im Oktober steigt der Preis von drei auf fünf Dollar pro Barrel. Den USA und den Niederlanden wird der Öl-Hahn komplett zugedreht, die Lieferung in die Bundesrepublik um fünf Prozent reduziert.

Tankstellen sind nur noch zeitweise geöffnet. Um Benzin zu sparen, verkündet Kanzler Brandt für den 25. November 1973 erstmals ein bundesweites Sonntagsfahrverbot. Bis Weihnachten folgen drei weitere autofreie Sonntage.

Der steigende Ölpreis wirkt sich aus: Innerhalb von zwei Jahren wächst die Zahl der Arbeitslosen auf mehr als eine Million. Weltweit bricht die Konjunktur ein. Die Folgen sind 15 Jahre lang spürbar.

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