Der damalige ägyptische Vize-Präsident Husni Mubarak und der Präsident Anwar al-Sadat bei einer Militärparade in Kairo

6. Oktober 1981 - Ägyptens Präsident Anwar el Sadat ermordet

Stand: 06.10.2016, 00:00 Uhr

Der 6. Oktober 1981 ist in Ägypten ein nationaler Feiertag. Er erinnert an einen politischen Triumph von Staatspräsident Anwar el Sadat. Acht Jahre zuvor haben ägyptische Truppen - am höchsten israelischen Feiertag Yom Kippur - überraschend den Suez-Kanal überquert und die israelische Besatzungsmacht auf der Sinai-Halbinsel angegriffen. Die Israelis zogen sich teilweise aus dem Sinai zurück. Der Kanal war wieder unter vollständiger ägyptischer Kontrolle. Aus diesem Anlass findet jährlich eine Militärparade statt. Auch dieses Mal ist die Tribüne voll besetzt, als Sadat die Parade abnimmt.

Plötzlich stoppt einer der vorbeifahrenden sandfarbenen Lastwagen. Soldaten mit Kalaschnikows springen von der Ladefläche, Sadat erhebt sich von seinem Stuhl. Der neben ihm sitzende Vize-Präsident und spätere Nachfolger Husni Mubarak, versucht vergeblich, ihn herunterzuziehen. Sadat wird von 37 Kugeln durchsiebt, er stirbt mit 62 Jahren.

Erst Angriff, dann Versöhnung

Geboren wird Anwar el Sadat am 25. Dezember 1918 bei Kairo. Er wächst in einem kleinen Dorf im Nildelta auf und hat zwölf Geschwister. Sein Vater arbeitet als Dolmetscher für die Briten im Sudan. Als der junge Anwar fünf Jahre alt ist, zieht sein Vater mit ihm nach Kairo. Auf der Militärakademie freundet er sich mit Gamal Abdel Nasser an. Beide gehören zum Geheimbund der freien Offiziere, die die Unabhängigkeit Ägyptens von Großbritannien anstreben. Das "Komitee der freien Offiziere" stürzt zunächst den korrupten König Faruk. 1954 wird Nasser Staatspräsident und lässt sich von der Sowjetunion unterstützen. Als Vizepräsident Sadat nach dem Tod von Nasser 1970 an die Macht kommt, müssen die sowjetischen Berater das Land verlassen. Die USA werden zum neuen Orientierungspunkt.

Sadats erstes Friedensangebot an Israel nehmen weder die Israelis noch die US-Regierung ernst. Deshalb will sich Ägyptens Präsident zunächst Respekt verschaffen. "Krieg ist unvermeidlich", sagt er 1972 vor dem Parlament seines Landes. "Welche Opfer wir auch bringen müssen: Wir beugen uns nicht, wir geben keinen Zentimeter arabischen Landes auf." Sadat löst 1973 den Yom-Kippur-Krieg aus und greift Israel an. Am Ende steht zwar ein Patt, aber Sadat wird nun ernst genommen. 1977 schwört Sadat sein Land auf einen neuen Kurs ein. Vor dem ägyptischen Parlament sagt er: "Für den Frieden bin ich bereit, bis ans Ende der Welt zu gehen." Er lädt sich selbst nach Israel ein: "Ich bin bereit, in ihr Haus zu gehen, in ihre Knesset, um mit ihnen zu sprechen." Israels Menachem Begin nimmt an. Zehn Tage später landet Sadat in Jerusalem.

Mit Friedensnobelpreis ausgezeichnet

1978 treffen sich Sadat und Begin in Camp David, dem Landsitz des US-Präsidenten. Am Ende kann US-Präsident Jimmy Carter eine Sensation verkünden: "Mehr als 2.000 Jahre gab es keinen Frieden zwischen Ägypten und einer freien jüdischen Nation. Wenn sich unsere Erwartungen erfüllen, dann erleben wir noch in diesem Jahr eine Wiedergeburt des Friedens." Der Kompromiss lautet: Land gegen Frieden. Ägypten erhält den Sinai zurück, Israel wird dafür nicht mehr von seinem größten Nachbarn attackiert. Sadat und Begin werden gemeinsam mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.

Sadat bezeichnet sich selbst als "Willy Brandt der arabischen Welt". Er ist der Lieblingsaraber des Westens, den anderen arabischen Ländern gilt er als Verräter. Der innenpolitischen Opposition der Islamisten ist er verhasst. Nasser hatte die Muslimbrüder noch verfolgen und einsperren lassen. Sadat lässt sie frei und bewilligt ihnen teilweise Haftentschädigung. Er hofft, sie durch Sozialprogramme zu befrieden. Doch die Programme versanden im Staatsapparat. Kurz vor dem Attentat gegen ihn lässt Sadat hunderte Islamisten einsperren. Deren Reaktion darauf bleibt nicht aus. Sie wollen zudem Sadats Aussöhnung mit Israel nicht hinnehmen. Darum schleusen sich Sadats Mörder in die Militärparade in Kairo ein. Er wird dort beerdigt, wo er starb. Die Grab-Inschrift hat er sich schon zu Lebzeiten ausgesucht: "Held des Krieges und des Friedens. Er lebte für die Sache des Friedens, er starb für seine Grundsätze und Werte."

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