Nun also doch: Das Mönchengladbacher Mode-Unternehmen van Laack erhält nach Firmenangaben den Zuschlag für 1,25 Millionen Polizei-Stoffmasken. Das meldet am Freitag die Deutsche Presse-Agentur und beruft sich auf van Laack-Chef Christian von Daniels.
Diesmal bekommt die Polizei die Masken zu einem deutlich geringeren Preis als beim ersten Versuch der Auftragsvergabe im Jahr 2020: Statt 1,30 Euro pro Stück gibt es jetzt nur noch 0,49 Euro. Macht in Summe statt der ursprünglich vereinbarten 1,6256 Millionen Euro nun also rund 613.000 Euro. Immerhin, der Auftrag kam diesmal nach einer rechtmäßigen Ausschreibung zustande. Aber es bleiben dennoch viele Fragen.
SPD: "Auftragsvergabe aus Schadensbegrenzung?"
Einige davon formuliert die SPD-Opposition in einer an die Landesregierung gerichteten "Kleinen Anfrage", die dem WDR vorliegt. Die beiden Abgeordneten Christian Dahm und Sven Wolf wollen wissen, welche Unternehmen sich mit welchen Angeboten neben van Laack an der Ausschreibung beteiligt haben. Und sie stellen die möglicherweise entscheidende Frage: "Wie hoch wäre die Schadensersatz-Summe gewesen, die die Firma van Laack im Falle einer Nicht-Beauftragung hätte geltend machen können?"
Denn im November 2020 hatte die Landesregierung bereits 1,25 Millionen Stoffmasken für die Polizei bei van Laack geordert und im Dezember auch erhalten. All das ohne Ausschreibungsverfahren. Wie im Mai 2020, als van Laack einen Auftrag für Schutzausrüstung vom Land NRW erhalten hatte. Damals, mitten in der ersten Pandemiewelle, wurde dies mit der besonderen Eilbedürftigkeit begründet. Das war in der ersten Phase der Pandemie rechtlich unbestritten.
Jedoch nicht so im November 2020. Ein Mitbewerber beschwerte sich und das Land wollte daraufhin den Stoffmasken-Auftrag an van Laack rückabwickeln. Um dann im März 2021 den Auftrag für die bereits gelieferten Stoffmasken auszuschreiben. Den Zuschlag dafür hat nun wenig überraschend van Laack erhalten.
Dass es bei dem aktuellen Stoffmasken-Deal um eine Kompensation für einen Regress-Anspruch geht, weist van Laack-Chef von Daniels zurück: "Es ging uns nie um Schadenersatz", sein Unternehmen wolle langfristig mit der Polizei zusammenarbeiten.
SPD: "31 Stoffmasken pro Person"
Der SPD-Landtagsabgeordnete Christian Dahm kommentiert die Vergabe mit: "Oh Wunder bekommt van Laack wieder einen Masken-Auftrag der Landesregierung. Für Stoffmasken wohlgemerkt, die angeblich genauso schützen sollen wie medizinische Masken. Das ist doch alles abstrus." Und dann rechnet Dahm vor: "Wofür braucht jede Polizeibeamtin und jeder Polizeibeamte jetzt tatsächlich noch 31 Stoffmasken pro Person?" Das einzig Positive für Dahm ist, "dass diese Vergabe beweist, dass man mit Ausschreibungen durchaus an günstigere Angebote kommt."
Wie sicher sind Stoffmasken?
FFP2-Schutzmasken sind heute Standard und werden vielerorts wegen des besonders hohen Schutzniveaus vorgeschrieben. Wahlweise auch OP-Masken. Stoffmasken mit ihrem in der Regel deutlich geringeren Schutzniveau sieht man kaum noch im Alltag. Bereits im November waren Öffentlichkeit und Opposition darum erstaunt, dass das Land NRW in so großem Umfang Stoffmasken für seine Polizei ordert.
Van Laack-Firmenchef Christian von Daniels beteuert, seine Stoffmasken böten einen hohen Schutz und seien auf einem Level mit OP-Masken. FFP2-Masken wiederum dürfe man nicht allzu lange tragen, sonst sinke ihr Schutzniveau deutlich. Außerdem sei der Atemwiderstand hoch. "Als Alltagsmaske ist unser Produkt sehr gut geeignet für die Polizei", ist sich von Daniels sicher.
Und NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) hatte im März die Ausschreibung für Polizei-Stoffmasken im Landtag verteidigt und gesagt, dass es Situationen gebe, in denen die Beamten dankbar seien für die Alltagsmaske. Es gebe Momente, "wo man lieber eine Stoffmaske trägt - und sie auch ausreicht", so Reul. Die SPD hingegen sorgte sich um die Gesundheit der Polizeibeamtinnen und -beamten.
"Joe" Laschet, ein Telefonat und weitreichende Folgen
Der erste Kontakt zwischen dem Land NRW und dem Mönchengladbacher Modeunternehmen van Laack kam nach einem Hinweis vom Sohn des Ministerpräsidenten, Johannes "Joe" Laschet, zustande. Er präsentiert in sozialen Medien Mode und arbeitet unter anderem als Werbefigur für van Laack.
Laschet Junior gab seinem Vater die Mobilfunknummer von van Laack-Chef von Daniels. Armin Laschet (CDU) selbst griff mitten in der ersten Welle der Pandemie zum Hörer, um van Laack zu kontaktieren. Damals waren Masken Mangelware, Produktions-Kapazitäten wurden dringend gesucht und aus heutiger Sicht horrende Preise gezahlt.
Die Last der Masken-Deals im Bundestagswahlkampf
Die SPD-Opposition versuchte, den ersten van-Laack-Deal zu skandalisieren. Armin Laschet erklärte wiederholt, keine persönlichen Vorteile gehabt zu haben. Es sei ganz normal, heimische Unternehmen anzusprechen.
Aber dennoch muss sich Laschet - auch in seiner neuen Rolle als CDU-Bundesvorsitzender - immer wieder nach dem Zustandekommen der Geschäftsbeziehungen zu van Laack fragen lassen.
Auch weil ein viel größerer Maskenskandal die Union belastet und im Bundestagswahlkampf gewiss eine Rolle spielen wird: Mehrere Bundestagsabgeordnete von CDU und CSU haben wegen überhöhter Provisionen für Maskendeals ihre Mandate niedergelegt.
Ein Prozess um Schadensersatz von van Laack gegen das Land NRW würde da höchst ungelegen kommen.