Für die meisten Schüler in NRW geht es nach den Osterferien am Montag erst einmal nicht wieder in die Schule. Stattdessen heißt es erneut Distanzunterricht und Homeschooling von zuhause. Einzige Ausnahme seien die Abschlussklassen, bestätigte Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) am Donnerstag. Das bisherige Modell des Wechselunterrichts wie vor den Ferien wird damit vorerst gestoppt.
Bei den Schülern stößt die Entscheidung auf scharfe Kritik. "Ich weiß gar nicht mehr, was ich sagen soll. Dieses Hin und Her kann man keinem mehr vernünftig verkaufen. Wenn ich so einen Arbeitgeber hätte wie das Bundesbildungsministerium, dann wüsste ich nicht, wie es mir aktuell gehen würde", sagte Dario Schramm, Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz, am Freitag in der Aktuellen Stunde.
Die neue Regel soll zunächst nur für die kommende Woche bis zum 16. April gelten. Für die Abschlussklassen für das Abitur und für die 10. Jahrgangsstufe gilt allerdings Präsenzunterricht. Außerdem sei eine Notbetreuung für die Klassen 1 bis 6 sichergestellt, erklärte Gebauer. Die Abiturprüfungen in NRW sollen trotz der Corona-Pandemie planmäßig am 23. April mit dem Fach Englisch starten.
Sofern es das Infektionsgeschehen zulasse, soll es danach im Wechselunterricht weitergehen, sagte Gebauer. Präsenzunterricht ab diesem Zeitpunkt erfordere aber "ein Fortschreiten des Impfens". Dazu sollen Impfungen für Grundschullehrerinnen und -lehrer vorgezogen werden.
Auslieferung der Tests verzögert sich
Für Schülerinnen und Schüler im Präsenzunterricht gilt außerdem ab Montag eine Testpflicht: Zwei Mal pro Woche soll jede und jeder einen Selbsttest durchführen. Die Testpflicht sei Voraussetzung für das Erscheinen in der Schule, so Gebauer und gelte für Schüler, Lehrkräfte und weiteres Personal an den Schulen. "Schülerinnen und Schüler, die der Testpflicht nicht nachkommen, können nicht am Präsenzunterricht teilnehmen."
NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hatte bereits am Mittwoch betont, dass eine Öffnung der Schulen nur infrage komme, wenn dort "überall das Testen funktioniert".
Doch die Auslieferungen der Corona-Selbsttests an die Schulen in NRW hatten sich auch in dieser Woche wieder verzögert. Ursprünglich sollten bereits am Mittwoch die ersten rund 1.000 Grund- und Förderschulen mit Selbsttests beliefert werden. Jetzt würden "voraussichtlich bis Ende dieser Woche" alle Tests ausgeliefert, heißt es aus dem Schulministerium.
Die Landesregierung geht von einem wöchentlichen Bedarf von 5,5 Millionen Selbsttests für die Schulen aus.
Mediziner hatten gewarnt
Sie wolle mit dieser Maßnahme den Schülern "größtmögliche Sicherheit" geben, begründete Gebauer die Entscheidung der Landesregierung wenige Tage vor Ferienende. Sie habe am Mittwoch mit vielen Verbänden gesprochen und dabei festgestellt, dass die Sorge bei Eltern, Schülern und Lehrern groß sei. Mediziner hätten zudem auf der Kultusministerkonferenz am Donnerstag bestätigt, dass das Infektionsgeschehen bei Kindern und Jugendlichen zunehme.
Gebauer wiederholte am Donnerstag ihr Mantra, dass Schulen "keine Treiber der Pandemie" seien. Schon vor den Osterferien hatten mehrere Städte und Kreise in NRW auf einen Aufschub wegen steigender Infektionszahlen gedrungen. In Einzelfällen gab die Landesregierung dem statt.
Lehrer fordern geschultes Testpersonal
Die Gewerkschaft "Lehrer NRW" befürchtet ein Scheitern der Teststrategie: Das jetzt vom Land bestellte Testkit sei "wenig anwenderfreundlich und definitiv nicht kindgerecht", sagte der Vorsitzende Sven Christoffer. Es sei "für ein Setting mit 15 Schülern in einem Raum und einer Lehrkraft als Aufsichtsperson schlicht ungeeignet". Ein sicherer Schulbetrieb sei unter diesen Umständen nicht gewährleistet.
Die Landesregierung müsse "in der kommenden Woche ihre Hausaufgaben machen", so Christoffer: Der Verband fordere nochmals, dass die Landesregierung geschultes Testpersonal bereitstelle. Dazu müssten auch die Kommunen mit ins Boot geholt werden. Es sei "unverständlich, dass die Landesregierung es bisher versäumt hat, diese Option auch nur in Betracht zu ziehen".
Grüne fordern sicher Notbetreuung
Ähnlich sieht das die Landtagsfraktion der Grünen in NRW. "Die Ministerin musste jetzt die Reißleine ziehen", so die bildungspolitische Sprecherin Sigrid Beer. "Die mangelhafte Vorbereitung eines potentiellen Schulbetriebs und die absehbare Inzidenzentwicklung machen die Entscheidung zwangsläufig."
Gleichzeitig forderte sie auch bei den aktuellen Plänen eine Notbetreuung unter gesicherten Bedingungen. "Kinder, die zuhause nicht lernen können, müssen einen Lernplatz in der Schule haben", so Beer.
SPD kritisiert "Mangel an Vorbereitung"
Auch die SPD-Landtagsfraktion kritisierte die Entscheidungen der Schulministerin: "Diese Kehrtwende ist eine schulpolitische Bankrotterklärung mit Ansage", sagte der stellvertretender Vorsitzende Jochen Ott. Während die Landesregierung plane, dass einigen Modell-Kommunen in NRW ihr öffentliches Leben beschränkt wieder hochfahren dürfen, schicke Gebauer "die meisten der 2,5 Millionen Schülerinnen und Schüler wieder ins Home-Office".
Als aber vor den Ferien Städte wie Dortmund oder Duisburg angesichts steigender Infektionszahlen Alarm geschlagen hatten, habe sie die Hilferufe der Oberbürgermeister "an sich abblitzen" lassen. "Das passt alles hinten und vorne nicht mehr zusammen", so Ott.