Bisher galt die Regel: Einmal Vektor-Impfstoff, immer Vektor-Impfstoff. Wer also bei der Erstimpfung Astrazeneca bekommen hat, dem sollte bei der Zweitimpfung nichts anderes gegeben werden - mRNA-Impfstoffe wie Biontech oder Moderna kamen nicht in Frage.
Inzwischen haben aber Studien gezeigt, dass ein Wechsel nicht nur ungefährlich ist, sondern den Schutz gegen Covid-19 sogar erhöht. Deswegen hat die Ständige Impfkommission Anfang Juli empfohlen, Astrazeneca-Geimpften danach Biontech oder Moderna zu spritzen - auch den Über-60-Jährigen.
Die Empfehlung kam sehr überraschend
Aber geht das so einfach? Offensichtlich nicht. Abgesehen davon, dass die Empfehlung für Hausärzte sehr überraschend kam, bedeutet sie auch einen "erheblichen Mehraufwand". Das sagte der Bundesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbands, Ulrich Weigeldt.
Denn viele Patienten wollten nun ihre Impftermine verschieben. Schließlich sind bei Kreuzimpfungen die empfohlenen Zeiträume zwischen der ersten und der zweiten Spritze kürzer als bei einer reinen Astrazeneca-Impfung. Hinzu kommt: Patienten sind nun verunsichert, so Weigelt.
Hier daher die wichtigsten Fragen, Antworten und Tipps auf einen Blick.
Ist überhaupt genug Biontech oder Moderna-Impfstoff da?
Ja, sagt Bundesgesundheitsminister Spahn. Deswegen "wird es sehr zügig gehen können, die Empfehlung umzusetzen". Das NRW-Gesundheitsministerium hat am Freitag dazu einen Erlass an die Städte und Kreise gerichtet, in dem die nötigen Mengen an mRNA-Impfstoffen zugesichert werden. Zudem besagt der neue Erlass, dass Impflinge in den Impfzentren in NRW ab sofort vor Ort auswählen können, welchen Impfstoff sie haben möchten.
Allerdings verweist die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) darauf, dass es zumindest in den Arztpraxen kurzfristig doch etwas knapp werden könnte. Danach könnte es einfacher werden. Denn inzwischen gibt es keine Beschränkungen mehr, das heißt, die Praxen bekommen so viel Impfstoff, wie sie bestellen. Die Engpässe lösen sich also auf.
Gibt es jetzt einen neuen Ansturm auf die Arztpraxen?
Die KVWL rechnet zumindest damit, dass es zu einer höheren Belastung wegen Fragen nach Umbuchungen kommen könnte. Wer Fragen zu seiner Zweitimpfung hat, sollte das mit seiner Praxis abklären. Grundsätzlich empfiehlt das NRW-Gesundheitsministerium: Wer sich beim Arzt hat impfen lassen, soll dort auch die Zweitimpfung bekommen.
Was passiert, wenn ich einen Termin im Impfzentrum habe?
Laut der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO) kann die Impfstoff-Wahl für die Zweitimpfung direkt im Impfzentrum bei der Anmeldung erfolgen, eine "Vorab-Anzeige" über die Termin-Hotline oder im Online-Buchungssystem sei nicht notwendig.
Das NRW-Gesundheitsministerium gibt sogar ein Versprechen ab: "Jeder Person, die im Impfzentrum eine Erstimpfung mit dem Impfstoff von Astrazeneca erhalten hat, wird im Impfzentrum eine Zweitimpfung mit einem mRNA-Impfstoff (derzeit Biontech) angeboten. Personen, die in Impfzentren bereits einen Termin für eine Zweitimpfung mit Astrazeneca haben, müssen nichts unternehmen, der Impfstoff wird automatisch umgestellt."
Kann ich meinen Zweit-Termin vorverlegen?
Jein. Bei der KVWL kann man Einzeltermine buchen, um früher an die Zweitimpfung zu kommen. Die KV Nordrhein rät davon ab, weil das die Organisation in den 28 Impfzentren im Rheinland durcheinander bringen könnte. Die Organisatoren in den Impfzentren bitten übrigens darum, nicht ohne Termin dort zu erscheinen und eine Impfung mit Biontech oder Moderna einzufordern.
Was muss man beachten, wenn man bei einer Sonder-Impfaktion Astrazeneca bekommen hat?
Bei einer endgültigen Empfehlung der Stiko hat man auch dann Anspruch auf eine Zweitimpfung mit einem mRNA-Impfstoff, wenn man an einer Sonder-Impfaktion wie etwa zu Ostern teilgenommen hat. Man kann sich also beim Hausarzt oder im Impfzentrum um eine Impfung mit Biontech oder Moderna bemühen.
Was ist der richtige Impfabstand?
Grundsätzlich hat man nach der Erstimpfung mit Astrazeneca einen Termin in zwölf Wochen für die zweite Spritze bekommen. Mögliche Abweichungen sollte man mit seinem Arzt oder seiner Ärztin besprechen, empfiehlt die KVWL. Für Kreuzimpfungen hält die Stiko einen Abstand von vier Wochen für ausreichend - der vollständige Impfschutz wäre also viel schneller erreicht.
Wie sieht es mit Nebenwirkungen aus?
Kopfschmerzen, Müdigkeit oder Fieber treten bei einer Kreuzimpfung häufiger auf als nach einer Zweitimpfung mit dem gleichen Vakzin. Die Nebenwirkungen werden in Studien aber als "mild bis moderat" beschrieben. Offensichtlich spielt auch der Abstand zwischen beiden Impfungen eine Rolle: Je kürzer der Abstand, desto stärker die Nebenwirkungen. Beim Abstand von 9 bis 12 Wochen, wie er bisher von der Stiko empfohlen wurde, klagten die Impflinge meistens nur über Schmerzen im Arm.
Muss es bei der Zweitimpfung jetzt Biontech oder Moderna sein?
Nein. Es steht weiterhin jedem offen, bei einer Impfung mit zwei Astrazeneca-Spritzen zu bleiben. Auch hier empfiehlt sich ein Beratungsgespräch mit dem Arzt.
Einige Menschen sind schon zwei Mal mit Astrazeneca geimpft. Brauchen die im Herbst eine dritte Dosis?
Das ist noch unklar. Die Ständige Impfkommission prüft, ob eine Auffrischung nötig ist, im Juli oder August soll das geklärt sein. Nach derzeitigem Stand schützen zwei Impfungen mit Astrazeneca auch sehr gut gegen die Delta-Variante.
Was passiert mit den Astrazeneca-Vorräten?
Die Bundesregierung hat 5 Millionen Astrazeneca-Dosen in Aussicht, mit denen unter anderem die Teilnehmer der Sonder-Aktionen geimpft werden sollten. Gesundheitsminister Spahn hofft jetzt, dass sich Menschen zu einer Kreuzimpfung entschließen, die bisher abgewartet haben. Die Akzeptanz des Astrazeneca-Impfstoffs nimmt allerdings weiter ab, wie die Hausärzte im Rheinland feststellen.