NRW-Hausärzte wollen auf Astrazeneca verzichten - was das bedeutet

Stand: 08.07.2021, 08:49 Uhr

Astrazeneca verliert immer mehr an Zustimmung: Die Hausärzte im Rheinland wollen auf den Impfstoff nun ganz verzichten. Antworten auf Fragen, die sich daraus ergeben.

Die Hausärzte im Rheinland wollen wegen mangelnder Akzeptanz auf den Impfstoff von Astrazeneca verzichten. "Astrazeneca wird zunehmend der Ladenhüter unter den Impfstoffen. Er ist politisch einfach zerredet worden", sagte der Chef des Hausärzteverbands Nordrhein, Oliver Funken, am Dienstag der "Rheinischen Post".

"Viele Patienten wollen den Wechsel auf Biontech." Daher sei man nun gezwungen, auf Astrazeneca zu verzichten, obwohl es ein sehr guter Impfstoff sei, der auch vor der Delta-Variante schütze.

Auf die Frage, wie die Hausärzte in Westfalen-Lippe zum Einsatz von Astrazeneca stehen, antwortete der dortige Verband am Mittwoch dem WDR: "Die Empfehlung des RKI und die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse weisen im Moment auf eine sehr gute Wirksamkeit der Kreuzimpfung in Bezug auf die Delta-Variante hin. Aus diesem Grunde sollte man durchaus den Impfstoff von Astrazeneca als Erstimpfung weiter diskutieren."

Kurzfristig wohl kein Ersatz

Welche Konsequenzen der angekündigte Verzicht der Hausärzte auf Astrazeneca für Impfwillige und bereits Geimpfte haben könnte, ist derzeit noch nicht abschließend abschätzbar. Hier der Überblick darüber, was bisher bekannt ist.

Ist genügend anderer Impfstoff vorhanden?

"Grundsätzlich war der mRNA-Impfstoff in den Praxen in den letzten Wochen eher knapper, allerdings war durch zahlreiche abgeschlossene Zweitimpfungen und vom Bund erhöhte Zulieferungen an die Praxen zuletzt in Teilen eine leichte Entspannung erkennbar", teilte die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein am Dienstag dem WDR mit.

"Ob die augenblicklich verfügbaren Mengen an Biontech aber die nun gegebenenfalls ausfallenden Astra-Impfungen eins zu eins ersetzen können, ist fraglich." Zumindest kurzfristig werde dies voraussichtlich nicht flächendeckend möglich sein. Grund dafür sei der zeitliche Vorlauf bei der Impfstoffbestellung, dieser betrage etwa ein bis zwei Wochen, so die KV Nordrhein.

Nach Aussage des NRW-Gesundheitsministeriums ist grundsätzlich genug Impfstoff vorhanden. Das Land erarbeitete derzeit ein Impf-Konzept, das sicherstelle, wie auch über den August und September hinaus Impfangebote gemacht werden könnten, teilte das Ministerium dem WDR mit.

Was hat die Bundesregierung zugesagt?

Nach Angaben von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vom Freitag gibt es jedoch langfristig ausreichend Dosen, um die Stiko-Empfehlung für eine Kreuzimpfung umzusetzen. Es sei ausreichend mRNA-Impfstoff der Hersteller Biontech und Moderna vorhanden.

Die Bundesregierung rechnet mit so viel mRNA-Impfstoff, dass dieser alleine eine Erstimpfung für alle impfwilligen Erwachsenen noch im Juli ermöglicht. Auch für die Zweitimpfungen werden ausreichend Dosen in der Lieferprognose der Hersteller erwartet.

Bestellen die Impfzentren weiterhin Astrazeneca?

Die Impfzentren in NRW bekommen ihre Impfstoffe vom Land zugewiesen. Für die Impfzentren in Westfalen-Lippe sei in den vergangenen Monaten vor allem mRNA-Impfstoff reserviert worden, teilte die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe dem WDR mit. "In Kürze sollen die Impfzentren jedoch auch wieder Astrazeneca-Kontingente erhalten."

Im Rheinland gibt es noch Impfzentren, die über die Kassenärztliche Vereinigung Astrazeneca-Termine vergeben. Das sind die Zentren in Düren, Duisburg, Essen, Euskirchen, Mettmann, Mülheim, Oberbergischer Kreis, Rhein-Erft-Kreis, Solingen, Viersen und Wuppertal.

Ist ein Booster für Astrazeneca-Geimpfte notwendig?

Es steht noch nicht fest, ob Geimpfte, die zwei Dosen Astrazeneca erhalten haben, eine zusätzliche Auffrischungsimpfung erhalten. Der Frage werde derzeit wissenschaftlich nachgegangen, teilte die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein am Dienstag dem WDR mit und verwies auf die Arbeit der Ständigen Impfkommission. "Ergebnisse bleiben abzuwarten." Auch die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe verwies auf die Stiko.

Wie wirksam ist die Biontech-Impfung gegen die Delta-Variante?

Vorläufige Studienergebnisse aus Israel deuten darauf hin, dass der Biontech-Impfstoff nur zu 64 Prozent vor einer Ansteckung mit der Delta-Variante schützt - und damit schlechter als vor anderen Varianten.

"Die bisherigen Ergebnisse aus Israel zeigen, dass der Schutz vor Ansteckungen durch die Delta-Variante zwar zurückgeht", erklärt WDR-Wissenschaftsredakteurin Ruth Schulz. "Aber sie zeigen auch, dass die Impfung mit Biontech immer noch zuverlässig vor schweren Krankheitsverläufen schützt."

Aktuelle TV-Sendungen