Warum die Corona-Zahlen gerade so schnell sinken

Stand: 02.06.2021, 10:11 Uhr

Nach einem Frühjahr, in dem es schien, als wolle die Corona-Pandemie nie enden, ist die Inzidenz jetzt innerhalb eines Monats um mehr als 100 gesunken. Wie war das möglich?

Von Jörn Kießler

Die Corona-Zahlen sinken. Zwar ist die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz derzeit wieder auf einem leicht ansteigenden Ast, aber das habe man laut RKI-Chef Lothar Wieler im Griff. Die kontrollierten Öffnungen würden kein weiteres exponentielles Wachstum erzeugen.

Das zeigt auch die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche in Nordrhein-Westfalen. Am 1. Mai lag dieser Wert noch bei 160. Einen Monat später ist er auf 39,9 gesunken.

Laut WDR-Wissenschaftsjournalistin Ruth Schulz spielen dabei mehrere Faktoren eine Rolle.

Weniger Infizierte

"Dadurch, dass weniger Menschen infiziert sind, können sich auch weniger gesunde Menschen bei ihnen anstecken", erklärt Schulz. Die gute Nachricht: Genauso, wie sich das Coronavirus exponentiell ausbreiten kann, kann die Zahl der Neuinfektionen auch sinken, wie die Physikerin Viola Priesemann vom Max-Planck-Institut für Dynamik bereits kurz vor Weihnachten auf Twitter erklärte.

Dieses Element beinhaltet Daten von Twitter. Sie können die Einbettung auf unserer Datenschutzseite deaktivieren.

Fortschritt beim Impfen

Eine Maßnahme, die auch zu dieser Entwicklung beiträgt, ist das Impfen. "Durch die Impfung sind immer mehr Menschen geschützt", erklärt Schulz. Dadurch sinke die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Virus weiter ausbreite, selbst wenn gesunde Menschen auf Infizierte treffen.

Corona-Regeln

Trotzdem sei es wichtig, weiterhin vorsichtig zu sein. Wenn jetzt grundlegende Corona-Regeln wie Abstand halten oder Maske tragen in geschlossenen Räumen abgeschafft würden, könne der Trend der sinkenden Corona-Zahlen schnell wieder enden oder sich gar umkehren, sagt Schulz.

Denn auch sogenannte Rückkopplungseffekte, bei denen steigende Corona-Zahlen und die Diskussion über schärfere Maßnahmen dazu führen, dass die Menschen sich von sich aus einschränken, funktioniert auch in die andere Richtung. "Dann könnten die sinkenden Zahlen und die Berichte über geplante Lockerungen bewirken, dass die Menschen sich schon früher nicht mehr an die Regeln halten", sagt Schulz.

Gutes Wetter

Ein weiterer Faktor, der für sinkende Zahlen sorgt, ist das gute Wetter. "Dadurch halten sich die Menschen mehr im Freien auf, wo die Gefahr einer Infektion geringer ist", sagt Schulz. Allerdings macht dieser "Sommereffekt", wie der Virologe Christian Drosten ihn nennt, nur etwa 20 Prozent des Rückgangs der Corona-Infektionen aus.

Dieses Element beinhaltet Daten von Twitter. Sie können die Einbettung auf unserer Datenschutzseite deaktivieren.

Der österreichische Modellierer Peter Klimek, der an der medizinischen Universität Wien arbeitet und die österreichische Regierung berät, gibt dabei zu bedenken, dass dabei neben dem guten Wetter auch die gestiegenen Temperaturen eine Rolle spielten.

"Wenn wir zum Beispiel weniger Heizen und dadurch die Aerosole mit den Viruspartikeln weniger austrocknen, können sie weniger lange in der Luft schweben", sagte Klimek dem RBB. "Die Folge: Sie bleiben kürzer in der Luft und die Gefahr sich im Raum anzustecken, ist geringer."

Dieses Element beinhaltet Daten von Facebook. Sie können die Einbettung auf unserer Datenschutzseite deaktivieren.

Kombination der Maßnahmen zeigen Wirkung

In einem sind sich alle Wissenschaftler einig: Es gibt nicht die eine Maßnahme, die für den Rückgang der Zahlen sorgt, sondern die Kombination aus vielen verschiedenen. "Das könnte sich aber auch wieder ändern, wenn beispielsweise eine neue Mutante auftaucht", sagt Schulz.

Aktuelle TV-Sendungen