NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) hält offen, wie der Schulunterricht nach den Ferien aussehen soll. Die Bund-Länder-Beratungen am Dienstag sollen abgewartet werden, danach könne man entscheiden, inwieweit Präsenzunterricht durchgeführt werde. "Schule beginnt, wie auch immer, am 11.", sagte Gebauer. Platz für Spekulationen also. Doch was spricht für offene Schulen und was dagegen?
"Präsenzunterricht länger aussetzen"
Lieber eine Woche zu lang als zu kurz die Schulen schließen, lautet die Devise von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Es sei für alle leichter, jetzt die Schulen noch eine Woche länger zu zuhalten, als sie aufzumachen und in einigen Wochen wieder vor Debatten zu stehen, sagte Spahn gegenüber RTL Aktuell.
SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach hatte sich bereits gegen eine Rückkehr zum normalen Schulbetrieb nach dem 10. Januar ausgesprochen. "Ab der Klasse fünf muss der Präsenzunterricht ausgesetzt bleiben, sonst kommen wir von den hohen Infektionszahlen nicht runter", erklärte der Politiker gegenüber dem WDR.
"Maske, Lüften plus 30 Kinder geht nicht", sagte Lauterbach der "Rheinischen Post". Er forderte "bundesweit geteilte Klassen, zusätzliche Unterstützung für Lernschwächere, ausnahmslose Maskenpflicht in den Schulgebäuden und verkürzte Sommerferien zum Ausgleich der Defizite".
"Präsenzunterricht ist entscheidend"
Mit Distanzunterricht hat die NRW-Schülervertretung hingegen ein Problem. Der Grund: Die notwendigen Medien seien schlicht nicht vorhanden. "Die digitale Ausstattung an Schulen ist fast immer auf Overhead-Projektoren und Beamer beschränkt", so Sophie Halley, Vorstand der Landesschülervertretung.
Präsenzunterricht ist auch für den OECD-Bildungsexperten Andreas Schleicher entscheidend: "Bildung ist immer Beziehungsarbeit." Der Digitalunterricht sei noch in den Anfängen. Vor allem jüngere Schüler und Kinder aus sozial benachteiligtem Umfeld kämen so zu kurz und würden kaum aufgefangen.
Ohne Präsenzunterricht, keine Erfüllung des Bildungsauftrags
Viele Lehrer und Kinderärzte lehnten in einer gemeinsamen Erklärung eine Ferienverlängerung ab und appellierten für eine Fortsetzung des Schulbetriebs. "Eine Verlängerung von Ferien ist nichts anderes als eine weitere Phase der Schulschließung, in der wir Kinder und Jugendliche sich selbst überlassen und unseren Bildungsauftrag nicht wahrnehmen", so der Präsident des Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger. Präsenzunterricht sei "sowohl zur Erfüllung des Bildungsauftrages als auch unter psychosozialen Gesichtspunkten das Beste für Kinder und Jugendliche", heißt es weiter in dem Appell.
"Soziale Komponente ist wichtig"
Für viele Erstklässler sei der Schulbeginn nach dem ersten Lockdown schon wie ein Kaltstart gewesen, sagt Thomas Leven, Vater eines Grundschulkindes aus Nettetal dem WDR. Kein Kennenlernen, kein Besuchstag vorher, keine Vorbereitung auf den Schulalltag – außerdem sei Remote-Unterricht in der ersten Klasse kaum denkbar. "Die sitzen nicht eine dreiviertel Stunde still vor einem Tablet." Da sei die Interaktion wichtiger.
Außerdem sei die soziale Komponente wichtig. Die Kinder lernen, wie man in der Gruppe miteinander umgeht. "Lasst uns so lang es geht, die Schulen offen halten. Lieber geteilte Klassen als gar keinen Präsenzunterricht." Levens Vorschlag: Klassenräume von geschlossenen weiterführenden Schulen oder leer stehende Turnhallen für den Unterricht nutzen. Hauptsache, die Kinder sind wieder zusammen.