Konkret geht es etwa darum, inwieweit die Präsidentenwahl in den USA Ende 2024 beeinflusst worden sein könnte. Grundsätzlich besteht der Verdacht, dass Algorithmen (auch die von X) so verändert worden sein könnten, dass sie nicht mehr mit dem Digital Services Act, also den EU-Vorschriften, in Einklang stehen.
Was ist der Digital Services Act?
Der DSA ist seit dem 17. Februar 2024 in der gesamten Europäischen Union (EU) gültig und ist der Versuch, besser und schneller gegen illegale Inhalte im Netz vorzugehen. Im Fokus stehen illegale Inhalte auf Plattformen und in den Sozialen Medien - also beispielsweise Hassrede oder strafbare Social-Media-Inhalte -, aber auch Tricks, mit denen Onlinehändler Nutzer zu Käufen animieren wollen - durch personalisierte Werbeanzeigen oder sogenannte "Dark Patterns".
Wenn beispielsweise ständig Anzeigen für Schuhe aufploppen, nachdem man einmal ein bestimmtes Modell im Internet gesucht hat. Die Plattformen müssen transparent machen, warum das so ist. Außerdem geht es um die Erkennung gefälschter Produkte, die zum Kauf angeboten werden.
Wen betrifft der Digital Services Act?
Vor allem die großen Plattformen wie Instagram, Tiktok oder Facebook müssen Risikobewertungen durchführen, um zu ermitteln, welche illegalen Inhalte oder schädlichen Aktivitäten bei ihnen verbreitet werden könnten. Das muss schnell und effektiv geschehen. Und sie müssen Forschern Zugang zu relevanten Daten geben.
Dazu müssen Plattformen und Anbieter den Behörden künftig bereits verdächtige kriminelle Aktivitäten melden, etwa der Polizei. Besonders streng sind die Vorschriften für die großen Player, die EU nennt sie "Gatekeeper". Gemeint sind damit Plattformen und Dienste, die mindestens 45 Millionen Nutzer in der EU haben (zehn Prozent der Bevölkerung). Diese stehen unter besonderer Aufsicht.
Und: Die Plattformen müssen illegale Beiträge löschen und prüfen, ob ihr Angebot zuverlässige Filter enthält, Cybergewalt fördert, die Meinungsfreiheit untergräbt oder sich ihr Algorithmus negativ auf die menschliche Psyche auswirkt.
Außerdem müssen sie offenlegen, welche Daten sie für personalisierte Werbung nutzen. Nutzerinnen und Nutzer sollen sehen können, mit welchen Einstellungen Werbung auf sie angepasst wird und wer die Anzeigen finanziert. Dafür können Plattformen beispielsweise eine Datenbank führen, in der sie alle in der EU geschalteten Anzeigen hinterlegen. Besonders sensible Daten wie sexuelle Orientierung, politische Einstellung und Religionszugehörigkeit dürfen nicht für gezielte Werbung genutzt werden.
Kontrolliert werden die Betreiber von der EU-Kommission.
Wie gut klappt das?
Noch nicht so gut. Die EU ermittelt aktuell wegen möglicher Missachtungen des DSA gegen Meta, X oder die Alphabet-Tochter Google. Die EU hat immer wieder betont, den DSA streng anwenden zu wollen, nötigenfalls auch Geldstrafen zu verhängen.
Der politische Druck aus den USA auf den DSA wächst allerdings. Besonders Elon Musk sieht das Regelwerk kritisch. Die EU-Kommission wirft Musks Plattform X vor, gegen europäische Vorgaben zu verstoßen. Musk wirft der Kommission Zensur vor.
Auch Meta-Chef Zuckerberg beschuldigt die EU, Zensur zu institutionalisieren. Er kündigte an, gemeinsam mit der neuen US-Regierung gegen Regierungen vorzugehen, die vermeintlich Zensur ausweiten. Dabei verwies er explizit auf die EU. Trump könnte den Druck auf die EU daher erhöhen, die DSA-Vorgaben zu lockern.
Am Montag kam die Nachricht, dass sich zahlreiche Online-Plattformen im Kampf gegen Hassrede im Internet europäischen Behörden gegenüber zu einem härteren Vorgehen verpflichtet haben. Firmen wie Facebook, X, TikTok oder YouTube hätten demnach eine entsprechende Verpflichtung unterzeichnet, teilte die EU-Kommission mit.
Sie sagen unter anderem Bemühungen zu, mindestens zwei Drittel der von anerkannten Stellen gemeldeten Hassbotschaften auf ihren Plattformen innerhalb von 24 Stunden zu überprüfen und bei Verstößen zu löschen.
"In Europa gibt es keinen Platz für Hass, weder offline noch online", sagte EU-Technologiekommissarin Henna Virkkunen. "Ich begrüße den Einsatz der Beteiligten für einen verschärften Verhaltenskodex im Rahmen des Digital Services Act."
Die Zusagen der Unternehmen bleiben freiwillig, sie können aber in laufende Ermittlungen wegen mutmaßlicher Verstöße gegen das Gesetz für digitale Dienste einfließen.
Was passiert bei Verstößen?
Dem jeweiligen Unternehmen drohen Strafen in Milliardenhöhe: bis zu sechs Prozent des globalen Umsatzes. Für den Online-Riesen Amazon wären das zum Beispiel mehr als 28 Milliarden Euro, gemessen am Umsatz des Jahres 2023. Als letztes Mittel kann die EU-Kommission einen Onlinedienst unter dem neuen Gesetz sogar sperren.
Was heißt das für User?
- Wer Hassrede oder Falschinformationen postet, muss damit rechnen, dass solche Inhalte zuverlässiger entdeckt und gelöscht werden als bisher - oder dass sein Profil ganz gesperrt wird.
- Das Melden von illegalen Inhalten wie Hassrede, Gewaltaufrufe oder Terrorpropaganda soll einfacher sein.
- Wer keine personalisierten Inhalte oder Werbeanzeigen beispielsweise auf Tiktok oder Instagram erhalten möchte, kann diesen Algorithmus ausschalten.
- Wer im Internet einkauft, soll mit dem DSA zum Beispiel vor Produktfälschungen geschützt werden. Gefälschte Jeans, Handtaschen, Digitalkameras oder Uhren soll es im Netz nicht mehr geben. Dafür sollen Anbieter wie Amazon die Verantwortung tragen.
- Die Angaben religiöser, politischer oder sexueller Ansichten im Netz dürfen nicht mehr für gezielte Werbung genutzt werden.
- Außerdem sind sogenannte "Dark Patterns" verboten. Gemeint sind Methoden, die Nutzerinnen und Nutzer zu ungewollten Käufen oder Datenpreisgaben bringen sollen.
Unklar ist jedoch, wie praktikabel das bisher ist und umgesetzt werden kann.
Unsere Quellen:
- Nachrichtenagentur dpa
- Nachrichtenagentur Reuters
- Nachrichtenagentur AFP