Menschenmassen und Prunkwagen beim Kölner Rosenmontagszug (Archivbild)

Vize-Ministerpräsident Stamp: Alle Karnevalszüge absagen

Stand: 21.08.2020, 18:53 Uhr

Seit Tagen wird in NRW über die Absage der Karnevalsfeiern wegen Corona diskutiert. Während andere Regierungsvertreter noch abwarten wollen, prescht Vize-Ministerpräsident Joachim Stamp (FDP) jetzt vor.

Der stellvertretende NRW-Ministerpräsident Joachim Stamp (FDP) ist dafür, alle Karnevalsumzüge in der kommenden Session abzusagen. Ausgelassenes Feiern sei angesichts der derzeitigen Corona-Lage nicht möglich, sagte er am Freitag in Düsseldorf. Stamp ist zugleich NRW-Familienminister und Landesparteichef der Liberalen.

Nur kleine Veranstaltungen

Die Absage müsse auch für größere Sitzungen gelten, sagte Stamp weiter. Alle Beteiligten sollten sich zum Schutz des Brauchtums und der vielen ehrenamtlichen Aktiven "ehrlich machen", Planungssicherheit schaffen und die großen Veranstaltungen absagen.

Kleine, kreative Veranstaltungen, bei denen Kontakte nachverfolgt werden könnten, seien dagegen "wohl möglich", meinte Stamp.

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Karnevalisten sind selbst skeptisch

Er selbst könne sich derzeit kaum vorstellen, dass der Rosenmontag mit einer Million Gäste in Düsseldorf stattfinden könne, sagte der Leiter des Düsseldorfer Zugs, Herrmann Schmitz. Das Comitee Carneval werde aber erst Anfang September beraten.

Michael Janßen vom Hauptausschuss Duisburger Karneval ist sicher, dass der Karneval auch in diesem Winter stattfinden wird: "Das Feiern ist ja nicht alles, was den Karneval ausmacht. Von daher müssen wir schauen, was möglich ist und was nicht. Am Ende werden wir dann wohl kurzfristig eine Entscheidung fällen." Ähnlich halten das auch die Karnevalisten in Paderborn, Bochum und Essen.

Einige Vereine hatten die kommende Karnevalssession schon abgesagt, darunter Ottmarsbocholt und Dortmund. Auch in Moers fällt quasi die gesamte Session aus. Am Freitagmorgen hatte die Mülheimer Karnevalsgesellschaft bekannt gegeben, nicht am Kölner Rosenmontagsumzug teilzunehmen. Der Präsident der Gesellschaft, Jürgen Hauke, sagte dem WDR: "Uns ist das finanzielle Risiko zu groß."

Wolfgang Bosbach: Jetzige Absage zu früh

Der CDU-Bundespolitiker Wolfgang Bosbach sprach sich gegen die von Stamp geforderte Absage aller Karnevalsumzüge zum jetzigen Zeitpunkt aus. Es sei viel zu früh, sagte er.

Auch der Kölner Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn hält eine Absage zum jetzigen Zeitpunkt für verfrüht. "Es macht überhaupt keinen Sinn, alle Veranstaltungen jetzt abzusagen", sagte er dem WDR. "Alle Karnevalistinnen und Karnevalisten können sicher sein: Wir wollen sicher und gesund feiern und keinen Karneval um jeden Preis."

Walter-Borjans: Karneval mit Abstand "wesensfremd"

Anders sieht das der in Köln lebende SPD-Chef Norbert Walter-Borjans: "Ich finde, dass man frühzeitig sagen muss, dass Karneval, wie wir ihn kennen, unter den jetzigen Umständen nicht gehen wird", sagte er am Rande einer SPD-Veranstaltung in Dortmund.

Es brauche Konzepte, die es ermöglichen, die Stimmung im Kleinen zu retten und trotzdem keine ungesteuerte Feierei zuzulassen, so Walter-Borjans. Straßenkarneval mit eineinhalb Metern Abstand und Mundschutz hält er für "wesensfremd".

Hermann Schmitz: Statt Umzug Motto-Wagen ausstellen

Der 81 Jahre alte Leiter des Düsseldorfer Rosenmontagszugs, Herrmann Schmitz, schlug vor, die Wagen einfach auszustellen. "Zum Beispiel auf den Rheinwiesen. Dann kann man sie sich mit Abstand angucken." Er selbst könne sich nach aktuellem Stand kaum vorstellen, dass der Rosenmontag mit einer Million Gäste in Düsseldorf stattfinden könne, sagte Schmitz.

Gesundheitsminister Laumann wollte noch abwarten

Ministerpräsident Armin Laschet und Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (beide CDU) hatten eine ähnlich weitgehende Ansage wie Stamp in den letzten Tagen vermieden.

"Bei der jetzigen Infektionslage kann ich mir Karneval nicht vorstellen", sagte Laumann noch am Mittwoch. Er wolle die Entscheidung darüber jedoch auf jeden Fall mit den Karnevalsvereinen zusammen treffen - und zwar erst in zwei, drei Wochen.

In Gangelt im Kreis Heinsberg hatten sich im Februar bei einer Karnevalssitzung viele Menschen mit dem Virus infiziert. Die Gemeinde war der erste Corona-Hotspot in NRW.

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