Die Schweinezucht funktioniert in Deutschland wie ein Uhrwerk: Die Ferkel werden aufgezogen, an den Mäster verkauft, dort gemästet und dann weiter an den Schlachter verkauft.
Wegen des jüngsten Corona-Ausbruchs musste der größte Schlachtbetrieb Deutschlands Tönnies schließen. Die Folge: "Schweine-Stau" im Stall.
Was passiert mit den Schweinen, die nicht geschlachtet werden können?
Zunächst gilt es, zwischen größeren Schweinemästern und kleineren Betrieben zu unterscheiden. Schweinehalter mit einem größeren Betrieb haben meistens einen Vertrag mit Tönnies. Dieser sichert den Haltern zu, dass sie ein bestimmtes Kontingent pro Monat bei Tönnies zum Schlachten abliefern müssen und dafür bezahlt werden.
Bauern mit genau solch einem Vertrag weichen derzeit häufig auf andere Tönnies-Standorte aus. Denn bisher ist nur der Hauptbetrieb in Rheda-Wiedenbrück geschlossen. Einen großen Zulauf hat aktuell etwa der Standort Weißenfels in der Nähe von Leipzig.
Kleinere Betriebe dagegen können ihre Schweine zum Teil nicht weiter verkaufen, wodurch es in den Ställen immer enger wird. "Es muss im Stall Platz geschaffen werden", sagt Landwirt Rainer Menne aus Warburg. Menne hofft, dass das Tönnies-Werk bald wieder öffnet.
Indes bemängeln Tierschützer, dass die Enge in manchen Ställen dazu führen kann, dass die Schweine kollabieren oder sogar verenden.
Müssen Tiere durch Züchter notgeschlachtet werden?
Beobachter gehen derzeit nicht davon aus, dass Notschlachtungen nötig ist. Trotzdem: Viele Züchter sind besorgt und wollen, dass das Tönnies-Werk möglichst bald wieder öffnet.
Ein weiteres Problem für die Züchter: Tönnies zahlt den Höchstpreis für ein Tier, wenn es ein bestimmtes Gewicht erreicht hat. Denn beim sogenannten Idealgewicht kann das Tier am besten verarbeitet werden.
Ist das Schwein leichter oder schwerer macht sich das preislich bemerkbar. Das heißt konkret: Die Bauern verdienen weniger an einem Schwein, weil es wegen der späten Lieferung schwerer ist als gewünscht. "Der Landwirt hat einen wirtschaftlichen Schaden, ca. 10-15 Euro pro Tier", sagt Schweinezüchter Heinrich Gabriel aus Höxter.
Was passiert mit nicht verarbeiteten Tieren bei Tönnies?
Das Tönnies-Werk steht zwar seit dem 20. Juni still, aber die bis dahin vorhandenen Bestände wurden noch zu Ende verarbeitet. So wurden keine Bestände vernichtet.
Der Aufnahmestopp des Werkes soll planmäßig noch bis zum 17. Juli dauern, vor allem um die Gesundheit der Mitarbeiter zu schützen. Derzeit wird über ein Hygienekonzept des Schlachters diskutiert, das die Öffnung womöglich schon eher möglich machen könnte.
Landrat Sven Georg Adenauer hat aber verlauten lassen: "Das Konzept, das die Firma vorgelegt hat, beantwortet bei Weitem nicht alle Fragen, die geklärt werden müssen."