Fenster eines Frieseursalons mit heruntergelassener Rollade

Corona-Hilfen, ein ratloser Minister und eine Kiste voller Kämme

Stand: 05.02.2021, 13:25 Uhr

Friseure und viele andere Geschäfte geraten richtig unter Druck. Die Corona-Hilfen fließen nur stockend. Ein Softwareproblem, seit Monaten. Wirtschafts- und Digitalminister Pinkwart ist ratlos.

"Die Spitze ist erreicht", ist auf den Plakaten zu lesen, die am Freitagmorgen mit einem Autokorso am Düsseldorfer Landtag vorbeigefahren werden, "bald müssen wir den Kamm abgeben". Es sind Friseure aus Mettmann, die sich auf den Weg gemacht haben, um NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) ihren Unmut zu zeigen. Symbolisch werfen sie Kämme in eine Box, die dem Minister später übergeben werden soll.

"Wir haben seit dem 16. Dezember geschlossen und seitdem keine Einnahmen", sagt Geschäftsinhaber Rainer Nadke aus Erkrath. Langsam, so sagt er, gingen bei vielen die Ersparnisse zur Neige. Für seine Mitarbeiter hatte er im November Kurzarbeit angemeldet: "Das Geld ist Ende Januar angekommen." Kollegen würden in die Schwarzarbeit getrieben: "Kunden fragen uns, ob man nicht auch zuhause Haare schneiden könnte."

Pinkwart verweist auf die Bundesregierung

In der nahen Staatskanzlei steht Minister Pinkwart zur selben Zeit vor einem Mikrofon, um Journalisten über den aktuellen Stand bei den Coronahilfen zu unterrichten. Er informiert über die Besprechung der Länder mit Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) am Donnerstag - und wirkt ratlos.

Die Verzweiflung der Friseure sei nachvollziehbar, räumt er ein, "die Belastung durch den Lockdown schlagen jetzt voll durch". Zwar gehe es einigen Branchen gut - etwa dem Onlinehandel, Lebensmittelbetrieben oder im IT-Bereich. In vielen anderen Branchen aber gebe es große Einbrüche.

Auch Friseure müssten rückwirkend Hilfe für Dezember bekommen - da habe er bei der Konferenz mit Bundesminister Altmaier versucht, "mehr Druck rein" zu bringen. Und: Friseurgeschäfte Mitte Februar wieder öffnen zu lassen halte er für "einen klugen Schritt".

Problem: Software zur Antragsbearbeitung

Immerhin seien mittlerweile 41.000 Anträge auf Novemberhilfe ausgezahlt worden - insgesamt 242 Millionen Euro. Doch durch die anhaltenden Softwareprobleme ließe die Dezemberhilfe in vielen Fällen noch auf sich warten. 11.000 Anträge seien gestellt worden, "die Auszahlungen laufen mit Hochdruck".

Ebenso unter Hochdruck werde an der Verbesserung der IT-Systeme gearbeitet, mit der die Anträge auf Hilfen bearbeitet werden. Die "Hauptsoftware" zur Bearbeitung der Anträge komme im März, verspricht Pinkwart. "Das bleibt eine Herausforderung", räumt er ein, besonders kleinere Unternehmen hätten bislang nicht so schnell Hilfe bekommen, "wie man sich das wünschen würde".

Pinkwart fordert Unternehmerlohn

Außerdem habe er in Berlin Verbesserungen bei den Beihilfen angemahnt, sagt Pinkwart. Neben einer schnellen Auszahlung der Überbrückungshilfe III habe NRW noch einmal einen Unternehmerlohn gefordert. Beispielsweise für Gastronomen, die mit den Hilfen zwar ihre Mitarbeiter über Wasser halten können, aber selbst keine Einnahmen haben. Diese Forderung hatte Pinkwart allerdings auch schon vor Monaten gestellt.

Jetzt Hilfen für Schauspieler

Das Bundeswirtschaftsministerium meldete am Freitag, dass es nun auch Hilfen für kurzzeitig Beschäftigte in der Kulturszene geben soll. Bis zu 7.500 Euro für die Zeit von Januar bis Juni 2021 können beispielsweise Schauspieler beantragen, die nur für Gastspiele an Theatern oder für Filme beschäftigt sind. Sie waren bisher durch den Rost gefallen.

Am Vormittag, als die meisten Friseure aus Mettmann wieder heimgefahren sind, stehen zwei ihrer Vertreter in der Staatskanzlei. Im Eingang vor den Aufzügen überreichen sie dem NRW-Wirtschaftsminister ihre Kiste mit den gesammelten Kämmen. Er wolle sich dafür einsetzen, verspricht Pinkwart, dass Friseure Mitte Februar wieder öffnen können.

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