Kommt nach dem "Impfneid" nun der "Öffnungsneid"? Ein Blick über die Grenze dürfte zumindest bei dem einen oder anderen für entsprechende Gefühle sorgen. Denn nach mehr als vier Monaten strengen Lockdowns haben die Niederlande am Mittwoch einen großen Schritt zurück zur Normalität gemacht. Die Geschäfte durften wieder Kunden empfangen, und das ohne vorherigen Termin. Auch die Außenbereiche der Cafés und Restaurants sind wieder geöffnet. Die abendliche Ausgangssperre wurde abgeschafft.
Öffnungen bei hohen Werten sind "kalkuliertes Risiko"
Die Lockerungen im Nachbarland von NRW wurden beschlossen, obwohl die Infektionswerte höher sind als in Deutschland. Am Dienstag lag dort die 7-Tages-Inzidenz bei 220, hier ist der Wert derzeit bei 174. Allerdings ist die Impfquote in den Niederlanden höher. Dort sind mehr als fünf Millionen Bürger bereits mit mindestens einer Dosis geimpft, das sind etwa 30 Prozent der Erwachsenen (Deutschland: 23,9 Prozent). Der niederländische Premierminister Mark Rutte erklärte, die Öffnungen seien "ein kalkuliertes Risiko". Manche wissenschaftlichen Berater der Regierung kritisierten die Schritte als verfrüht.
Auf beiden Seiten wächst nun die Befürchtung eines regen Grenzverkehrs. In Geschäften bummeln, auf den "Terrasjes" einen Kaffee trinken: Vor allem in einer Zeit, in der viele Feiertage kommen, klingt ein Kurztrip über die Grenze erst einmal verlockend.
Appelle: Auf Ausflüge aus Deutschland verzichten
Allerdings: Wenn es nach der Politik geht, soll genau das nicht passieren. "Jetzt ist nicht die Zeit für Geselligkeit, für Freundschaftsbesuche oder zum Einkaufen auf der anderen Seite der Grenze", sagte der niederländische Minister für Sicherheit, Ferdinand Grapperhaus. Auch NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) appellierte an die Bürgerinnen und Bürger: "Bleiben Sie zu Hause!" Auch das Auswärtige Amt warnt weiterhin vor "nicht notwendigen, touristischen Reisen in die Niederlande".