Markus und Katharina Nickchen

Raus aufs Land: Wozu nach Corona noch in der Stadt leben?

Stand: 08.07.2021, 19:56 Uhr

Teil 2/3 - War es ein Fehler, die große Stadt zu verlassen?

Von Jörn Seidel

In der Corona-Pandemie jedoch verlor die Stadt viel von ihrem Reiz. Kneipen und Kinos blieben geschlossen und die Nickchens meistens zu Hause. Monatelang arbeiteten sie im Homeoffice - sie im Wohnzimmer, er im Flur.

Dass es ihnen trotzdem besser ging als vielen anderen in dieser Zeit, dessen sind sich beide bewusst. Sie hatten gute Jobs und eine großzügige Wohnung mit Balkon.

Trotzdem: "Wenn eine Stadt weniger Möglichkeiten bietet, dann ist sie auch weniger attraktiv", sagt Katharina Nickchen. "Wozu dann noch eine teure Miete zahlen?"

Corona hat nicht nur das Stadtleben verändert. "Corona hat dazu geführt, dass wir viel Zeit miteinander hatten, um intensiv über unsere Zukunft zu diskutieren", erzählt sie und entschied sich mit ihrem Mann für das Leben auf dem Land.

Sauerland für Kinder "ein Paradies"

Hier im Sauerland gehen sie oft wandern, joggen, Fahrrad fahren und in der Skisaison auf die Piste. Aber auch ein anderes Leben können sich die beiden vorstellen. "Für Kinder ist es ein Paradies hier", sagt Markus Nickchen, schaut liebevoll zu seiner Frau - und sie ebenso zurück.

Wie Markus und Katharina Nickchen denken viele. Schon vor der Corona-Pandemie beobachtete das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung Wanderungsverluste in den Großstädten. Dass diese trotzdem wuchsen, lag am Zuzug aus dem Ausland. Allerdings zog es die Großstädter weniger ins Ländliche als in das Umland der Städte.

Dieses Element beinhaltet Daten von Twitter. Sie können die Einbettung auf unserer Datenschutzseite deaktivieren.

Makler berichten: Mehr Großstädter wollen aufs Land

In der Corona-Pandemie könnte sich das nun geändert haben. Immobilienmakler aus der Eifel, dem Sauerland und dem Münsterland berichten dem WDR von deutlich mehr Anfragen aus den Großstädten.

"Die Nachfrage ist extrem gestiegen", sagte etwa Maklerin Carola Braun aus Roetgen in der Eifel. "Es hat sich wirklich komplett gedreht. Früher war es mein Job, einen Käufer für ein Haus zu finden, und jetzt ist es eher so, dass ich die Häuser für die Käufer suche."

Digital arbeiten - das geht auch auf dem Land

Große Entfernungen zur großen Stadt scheinen seit Corona weniger Menschen zu stören. Denn das Homeoffice ist für viele Menschen nicht nur Arbeitsalltag, sondern auch Teil der Work-Life-Balance geworden. Fast zwei Drittel der Menschen wünschen sich auch künftig einen Wechsel zwischen Homeoffice und Büroarbeit. Das geht aus einer Umfrage der Krankenkasse DAK Hessen vom Juni hervor.

Als Marketing-Managerin ist Katharina Nickchen zu Hause am Computer genauso gut vernetzt wie in der Stadt. Ihr Mann Markus profitiert ebenfalls sehr stark vom Trend zum Homeoffice. Er möchte expandieren und freut sich darüber, dass er Mitarbeiter nun auch in weiter Ferne suchen kann. Wenn man sich gelegentlich real treffe, reiche das völlig aus, sagt er.

Der selbständige Finanzberater hat sich auf dem Land einen urbanen Konferenzraum mit Notebook, Großbildschirm und Podcast-Mikro eingerichtet. Beratungsgespräche führt er oft per Video - seit Corona ganz normal.

Trotzdem freut sich Nickchen stets über Besuch. Im roten Retro-Kühlschrank stehen übergroße Sektflaschen bereit.

Aktuelle TV-Sendungen