Wenn Markus Nickchen durch Freienohl im Sauerland spaziert, wird er überall erkannt. "Hallo!", antwortet er dann. Und auch: "Hi, grüß dich!" Der blonde junge Mann schlendert gut gelaunt in weißen Sneakers und roter Sommerjacke an Grundschule und Schützenhalle vorbei in Richtung seines Büros.
Von der Stadt zurück aufs Land
Eigentlich habe sich in dem 4.000-Seelen-Ort seit Jahren nichts groß geändert, sagt der 36-jährige Finanzberater, der in Freienohl aufgewachsen ist. Doch am Brunnen des kleinen Marktplatzes mit Blick auf Kirchturm und Küppel-Berg bleibt er plötzlich stehen. "Na ja, früher hatten wir hier noch einen Wochenmarkt." Und "so richtig Einzelhandel" gebe es hier auch nicht mehr.
Trotzdem ist er mit seiner Frau von Düsseldorf hierher gezogen, ist nach Jahren in der quirligen Stadt zum beschaulichen Landleben zurückgekehrt. Vor etwa einem halben Jahr war das - inmitten der zweiten Corona-Welle.
Landleben mit Wald und Tier
"Statt der ruckelnden Straßenbahn vor unserer Wohnung hören wir jetzt schon mal den Hahn krähen", erzählt Katharina Nickchen, die an diesem Morgen zu ihrem Mann ins Büro gekommen ist.
Von ihrer Wohnung aus blicke man direkt auf Ruhr und Wald. "Und manchmal", sagt die dunkelblonde Frau und ihr Gesicht hellt sich vor Freude auf, "sehen wir von unserem Balkon ein Reh."
Durch Corona wollen mehr Städter aufs Land
Schon vor Corona hegten viele Großstädter den Wunsch, aufs Land zu ziehen, wie Umfragen zeigen. In der Pandemie hat sich diese Sehnsucht noch verstärkt.
Im Sommer 2020 wollte ein Drittel der Großstädter lieber auf dem Land oder in einer kleinen Stadt leben, so ein Ergebnis einer repräsentativen Befragung im Auftrag der Zeit-Stiftung. Bei einem Zehntel war Corona der Grund dafür.
Auch bei der Entscheidung der Nickchens spielte Corona eine Rolle. Zwar hatten sie schon länger die Idee, irgendwann zurückzukehren zu ihrer Familie im Sauerland. Aber hätten sie es auch ohne Corona getan? Katharina Nickchen zögert. "Was wäre, wenn? Das lässt sich nicht sagen."
Sie liebten das Stadtleben in Düsseldorf
In Düsseldorf fühlten sich die beiden eigentlich pudelwohl. Wenn sich Markus Nickchen an jene Jahre erinnert, dann leuchten seine blauen Augen noch ein wenig mehr als sonst.
"Ich hab es geliebt in Düsseldorf", sagt er und gerät ins Schwärmen. Freunde treffen, Kultur und Restaurants genießen, Altbier trinken, Leute beobachten, an der Rheinpromenade joggen, im Stadion Fußball erleben oder vom nahen Flughafen in die Ferne jetten. "Die Stadt ist voller Möglichkeiten."
Inhaltsverzeichnis
- Ausgewählter Teil: Teil 1/3 - Raus aufs Land: Wozu nach Corona noch in der Stadt leben?
- Teil 2/3 - War es ein Fehler, die große Stadt zu verlassen?
- Teil 3/3 - Der Traum vom Eigenheim: Auf dem Land bezahlbar?