Kritik an Corona-Regeln: "Wischi-Waschi nicht ergiebig"

Stand: 26.11.2020, 13:30 Uhr

Die jüngsten Corona-Beschlüsse von Bund und Ländern polarisieren: Für die einen wird Weihnachten jetzt der "Kickstarter" der Pandemie, anderen gehen die Einschränkungen für die Wirtschaft zu weit.

"Es wird Weihnachten keine offenen Restaurants geben. Es wird Silvesterabend kein Silvesteressen in irgendeinem Restaurant geben", betonte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) nochmal am Donnerstag im Landtag in Düsseldorf.

Die am Mittwoch beschlossenen Corona-Einschränkungen werden demnach bis in die ersten Januar-Tage verlängert. Ausnahmen gibt es aber für Weihnachten und Silvester: Vom 23. Dezember bis zum 1. Januar sollen Treffen "im engsten Familien- oder Freundeskreis" möglich sein - bis maximal zehn Personen.

Ausnahmen als "Kickstarter" für die Pandemie?

Mit den strengeren Auflagen vor dem Weihnachtsfest sollen laut Laschet die Infektionszahlen möglichst gesenkt werden. Denn zum Weihnachtsfest sei damit zu rechnen, "dass Millionen Menschen in Deutschland" ihre Eltern und Großeltern besuchten und dadurch die Zahlen wieder anstiegen.

Der Kölner SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbauch hält gerade deshalb die Lockerungen an den Festtagen für riskant. Es sei nicht auszuschließen, dass Weihnachten und Silvester "zu einem Kickstarter für die Pandemie werden", sagt der Mediziner den Zeitungen der "Funke Mediengruppe". Er rechne außerdem damit, dass bis Weihnachten noch mindestens 6.000 Menschen sterben.

"Wir müssen den Menschen die Möglichkeit geben, Weihnachten miteinander zu feiern. Auf der anderen Seite ist das auch sehr gefährlich", sagte Lauterbach am Donnerstag dem WDR. "Niemand will mit zu viel neuen Todesfällen ins Neue Jahr hineingehen."

Passantin: "Maßnahmen zu großzügig"

"Ich finde, wir hätten alles noch ein bisschen strenger machen sollen, wie in Frankreich, da sind die Zahlen jetzt gefallen", sagte eine Passantin am Donnerstag bei einer WDR-Straßenumfrage in Köln. "Das Wischi-Waschi-Hin-und-Her ist eigentlich gar nicht so ergiebig."

Eine weitere Passantin ergänzt: "Die Maßnahmen für Weihnachten und Silvester sind zu großzügig."

Unverständnis beim Einzelhandel

Bei der Wirtschaft hingegen stoßen die neuen Regeln für die Geschäfte auf Widerstand. Es gebe ein "hohes Maß an Unverständnis" beim Einzelhandel, sagte Peter Achten vom Handelsverband NRW am Donnerstag im WDR-5-"Morgenecho". "Es gibt keinen sachlichen Grund, warum differenziert werden muss zwischen Läden mit 800 Quadratmetern und Läden die größere Verkaufsflächen haben."

Dadurch würden Schlangen vor den Geschäften provoziert und die Infektionsgefahr erhöht. Damit steige die Angst der Händler vor Geschäftsaufgaben: Die Kundenfrequenz sei alleine bisher im Schnitt in NRW um 40 Prozent gesunken. Dementsprechend seien auch die Umsätze eingebrochen.

Zu kleinteilige Regeln?

Auch FDP-Generalsekretär Volker Wissing sieht eine erneute Belastung für die Wirtschaft. Diese "zusätzliche Erschwerung" bedürfe zusätzlicher Entschädigungen, sagt er am Donnerstag im "Morgenecho" auf WDR 5. Das Geld müsse aber auch fließen. "Bisher hat der Bund keine Entschädigung für November bezahlt."

Es seien sehr kleinteilige Dinge geregelt - so etwa eine Differenzierung zwischen 800 Quadratmetern Verkaufsfläche und mehr. Er habe sich eine Linie gewünscht, die auch einfach zu vermitteln sei, sagte der FDP-Politiker. "Das wird wieder zu reichlich Diskussionen führen."

Schulen: Landeselternschaft sieht keine klare Linie

Auch im Schulbereich gibt es Kritik. "Eine klare Linie sieht anders aus", kritisierte Dieter Cohnen von der Landeselternschaft Gymnasien NRW im "Morgenecho". Dass individuell von den Gesundheitsämtern entschieden werde soll, wie mit Corona-Fällen in Schulen umzugehen sei, hält er für nicht tauglich.

"Wir haben schon jetzt das Problem, dass verschiedene Gesundheitsämter für eine Schule zuständig sind." Solche Entscheidungen müssten jedoch auf eine Kommune insgesamt bezogen werden.

Forderung: neue Regeln an Schulen umsetzen

Kanzleramtschef Helge Braun hat die Länder aufgefordert, in Corona-Hotspots die verabredeten zusätzlichen Maßnahmen in Schulen auch zu beschließen. "Das wird jetzt zumindest hoffentliche konsequent umgesetzt", sagt Braun im ARD-Morgenmagazin zu den Verabredungen von Bund und Ländern.

Danach sollen in Gebieten mit mehr als 200 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in einer Woche ab der 8. Klasse etwa hybrider Unterricht oder Klassen geteilt werden. Die Länder sehen dies aber nicht als bindend an. Der Bund werde auf die Umsetzung achten, sagt der CDU-Politiker.

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