Dauerlüften im Unterricht: Schüler frieren, Eltern sind sauer

Stand: 05.10.2020, 20:31 Uhr

Es soll vor Corona schützen: das Lüften der Klassenzimmer. In manchen Räumen wird aber während des gesamten Unterrichts durchgelüftet – viele Schüler sind duchgefroren. Ihre Eltern regen sich auf.

In Rollkragenpullis und Jacken mit Kapuze sitzen Schüler der Else-Lasker-Gesamtschule in Wuppertal am Montag im Klassenzimmer. 70 Minuten lang wird während des Unterrichts durchgelüftet. Wegen Corona. Viele Schüler frieren.

"Es ist halt kalt, die meisten beschweren sich darüber. Ich würde es besser finden, wenn man alle 15 Minuten mal lüften würde anstatt durchgehend", sagt Schüler Erik. Seine Klassenkameradin Nadjat sagt: "Man kann sich im Sekretariat auch Wärmflaschen holen." Dabei hat die Schulleitung gar nicht vorgeschrieben, dauerhaft zu lüften. Doch das, so Schüler, würde von Lehrer zu Lehrer unterschiedlich gehandhabt.

Experten: Alle 20 Minuten stoßlüften

Das Belüften der Klassenzimmer bereitet Schulen in NRW nicht nur in Wuppertal schon im Herbst Probleme. Für Andrea Heck vom Elternverein NRW ist die aktuelle Situation unhaltbar. Sie fordert von der Politik ein vernünftiges Lüftungssystem: "Man kann nicht Kindern zumuten, dass sie mit Daunenjacken in den Klassen sitzen und lernen und dann nach draußen gehen und auf einmal frieren, weil sie nassgeschwitzt sind. Wir wollen die Gesundheit der Kinder schützen, aber mit diesen offenen Fenstern und Stoßlüften und Durchzug erreicht man eben das Gegenteil."

Auch das NRW-Schulministerium sieht das Problem. Künftig soll an allen Schulen moderater gelüftet werden, heißt es von dort. Noch im Laufe der Woche sollen die Schulen über ein Modell der Kultusministerkonferenz der Länder informiert werden.

Die KMK hatte Ende September Wissenschaftler aus Virologie, Hygiene und Strömungsmechanik zu dem Thema angehört. Die Experten empfahlen, Klassenzimmer im 20-Minuten-Takt für drei bis fünf Minuten stoßzulüften. Während der Pausen sollen zusätzlich die Türen für Durchzug geöffnet werden.

Lüftungsanlagen mit Filtern – ein frommer Wunsch

Eine Alternative zu offenen Fenstern wären Lüftungsanlagen, am besten mit Filtern. Doch für die Sanierung von Schulgebäuden fehlt vielen Kommunen das Geld. Sie wären auf Unterstützung des Landes angewiesen.

Dorothee Kleinherbers-Boden, die Leiterin der Wuppertaler Gesamtschule, hat da wenig Hoffnung: "Wenn das Land mal Geld in die Schulen und Schulgebäude stecken würde, dann wären natürlich auch Lüftungsanlagen sinnvoll." Aber da sie seit 15 Jahren vergeblich auf die Sanierung ihrer Schule warte, rechne sie in absehbarer Zukunft nicht damit. So werden wohl an vielen Schulen in NRW offene Fenster weiterhin zum Unterrichtsalltag gehören.

Tipp gegen Erkältung im Klassenzimmer

"Das Lüften ist einfach total wichtig, damit sich die Aerosole in der Luft verdünnen und das Ansteckungsrisiko nicht mehr so groß ist", erklärt Julia Polke von der WDR-Wissenschaftsredaktion Quarks. Ihr Tipp, wie sich Schüler und Lehrer besser dagegen wappnen können, sich im Klassenzimmer nicht zu erkälten: "Die Schleimhäute feucht halten. Wir erkälten uns ja nicht durch die kalte Luft, sondern durch Viren. Und die haben leichteres Spiel, wenn die Schleimhäute trocken sind."

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