Eine Impfpflicht für Pflegepersonal würde der VdK zwar "nicht leichten Herzens" befürworten, betonte Landesgeschäftsführer Thomas Zander auf einer Pressekonferenz in Düsseldorf. Aber: "Wenn man alles abwägt, ist es aus unserer Sicht ein ziemlich überzeugendes Argument, dass man sagt: Das ist ja ein selbst gewählter Beruf, den diese Menschen ausüben. Dann müssen sie sich am langen Ende auch der Verantwortung stellen, dass sie Andere auch schützen müssen."
Vorher setzt der Verband aber auf Werbung und Aufklärung. "Wahrscheinlich würde man eine solche Impfpflicht dann ins Auge fassen können, wenn es ausreichend Angebote von unstrittigen Impfstoffen für sämtliche Bevölkerungsschichten gegeben hat", so Zander weiter. In der Pflege hätte man es schließlich mit besonders vulnerablen Personen zu tun. "Wir wissen, dass das ein massiver Grundrechtseingriff ist. Aber man muss es immer abwägen."
Besserer Schutz von Heimbewohnern
Der Schutz von Pflegeheim-Bewohnerinnen und -Bewohnern könne in einer möglichen vierten Corona-Welle auch darin bestehen, Infizierte und Nichtinfizierte besser zu trennen, indem man sie etwa in andere Gebäude verlegt, so ein Vorschlag des Verbandes. Die bisherigen Corona-Schutzmaßnahmen wären alles in allem zwar "o.k." gewesen, findet VdK-Landesvorsitzende Horst Vöge. Es dürfe sich aber nicht mehr wiederholen, dass Pflegeheime wie im vergangenen Jahr "abgeschlossen" und "unter Vormundschaft" gestellt werden.
Es hätte fast eine "gefängnishafte Atmosphäre in den Pflegeheimen" geherrscht, beklagt Vöge. Die Menschen seien einfach weggesperrt worden, viele Bewohner starben ohne Kontakt zu ihren Angehörigen. Besonders Demenzkranke wären manchmal am Bett fixiert oder in Zimmer eingeschlossen worden, so Vöge.
"Tour der Armut" durchs Ruhrgebiet
Der VdK gab am Dienstag auch den Startschuss für die Bundestagswahl-Kampagne "Sozialer Aufschwung jetzt". Geplant ist dabei unter anderem eine "Tour der Armut" durch das Ruhrgebiet, entlang des "Armutsäquators A40". Gut 20 Prozent der Menschen im Ruhrgebiet leben laut VdK in einem Haushalt unterhalb der so genannten "Armutsgefährdungsschwelle". Diese liege für einen Ein-Personen-Haushalt bei 1.040 Euro brutto Monatseinkommen, so VdK-Chef Vöge.
Covid-Folgen als Arbeitsunfall anerkennen
Zudem sprach sich der Sozialverband dafür aus, Long-Covid-Erkrankungen im beruflichen Umfeld eindeutig als Arbeitsunfall anzuerkennen. Denn berufliche Tätigkeiten außerhalb des Gesundheitswesens oder der Wohlfahrtspflege fallen bei Long-Covid-Erkrankungen derzeit nicht unter den Schutz der Gesetzlichen Unfallversicherung. "In den Bereichen der Prävention oder der Rehabilitation ist Covid als Erkrankung und Long-Covid als Langzeitfolge nach dem Infekt noch nicht so richtig angekommen", kritisiert Vöge.
Der VdK versteht sich als Interessenvertretung von Rentnern, Menschen mit Behinderungen, Arbeitslosen, Pflegebedürftigen sowie Kriegs-, Wehrdienst- und Unfallopfern in Deutschland. Der Sozialverband hat bundesweit 2,1 Millionen Mitglieder, 380.000 davon in NRW. Er ist parteipolitisch unabhängig, aber politisch aktiv. So setzt er sich unter anderem für die Einführung einer Vermögensabgabe sowie einer Digital- und Finanztransaktionssteuer ein.