Einige Länder in Europa haben für manche Bevölkerungs- oder Berufsgruppen eine Corona-Impfpflicht erlassen. Frankreich zum Beispiel führt eine Impfpflicht für Menschen ein, die im Gesundheitswesen arbeiten. Angestellte in Krankenhäusern und Heimen haben bis Mitte September Zeit, sich impfen zu lassen. Danach darf ungeimpftes Personal nicht mehr arbeiten und wird auch nicht mehr bezahlt.
Impfpflicht in Griechenland gilt bald auch für Bars
Auch in Italien und Griechenland gibt es künftig eine Impfpflicht für Beschäftige im Alten- und Pflegebereich. Wer nicht mitmacht, dem droht eine Suspendierung. Außerdem dürfen ab Freitag in Griechenland nur noch Geimpfte in geschlossene Innenräume wie Restaurants und Bars. Das gilt auch für die Touristengebiete.
Was Kanzlerin und Ethikrat zu einer Impfpflicht sagen
In Deutschland hat die Bundesregierung bisher immer hervorgehoben, dass es keine Pflicht zum Impfen geben wird. Das bestätigte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Dienstag in Berlin bei einer Pressekonferenz mit Geundheitsminister Spahn und RKI-Chef Lothar Wieler: "Wir haben nicht die Absicht, diesen Weg zu gehen", sagte Merkel mit Blick auf Frankreich. "Es wird keine Impfpflicht geben."
Vertrauen könne man durch Werbung für die Impfung gewinnen, so die Kanzlerin und appellierte an alle, "die noch unsicher sind". "Eine Impfung schützt nicht nur Sie, sondern auch immer jemandem, dem Sie nahe stehen, der Ihnen wichtig ist, den Sie lieben." Eine Impfung bewahre nicht nur vor schwerer Krankheit, sondern auch vor den belastenden Beschränkungen des Alltags.
Auch der Vorschlag des Humangenetikers und Ethikrat-Mitglieds Wolfram Henn, Lehrer und Erzieher zu verpflichten, findet kaum Unterstützung. Weder aus der Politik, noch vom Ethikrat.
Die Vorsitzende des Ethikrats, Alena Buyx, begründet das damit, dass die Impfraten in Deutschland, etwa bei Lehrern oder im Gesundheitswesen besser sind als in vielen Nachbarländern. Besorgt zeigte sie sich allerdings darüber, dass weiterhin kein Impfstoff für die Altersgruppe unter zwölf Jahren zugelassen ist: "Da muss jetzt unbedingt etwas passieren."
Impfpflicht in Deutschland wäre rechtlich möglich
Wie viele rechtliche Fragen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie ist auch dieses Thema juristisches "Neuland". Fest steht, dass eine Impfpflicht auch für eine bestimmte Berufsgruppe, wie Kita-Personal, nicht ohne Weiteres möglich ist. Prinzipiell macht das Infektionsschutzgesetz es aber grundsätzlich möglich, dass in Ausnahmefällen eine Impfung für bestimmte Teile der Bevölkerung angeordnet werden kann. In der Aktuellen Stunde des WDR erklärt auch der Jurist Tim Reinhardt, dass eine Impfpflicht legal wäre für Berufsgruppen, die besonders gefährdete Personen betreuen. "Die rechtlichen Grundlagen dafür sind da."
Das betrifft vor allem Arbeitsplätze bei denen zum Schutz der Patienten die erforderlichen medizinischen Maßnahmen getroffen werden müssen - also zum Beispiel in Krankenhäusern oder Arztpraxen. Hier wäre dann eine Art indirekte Impfpflicht denkbar, etwa wenn der Arbeitgeber in bestimmten Fällen von seinen Angestellten verlangt, dass sie sich impfen lassen. Wenn dieser sich weigert, dürfte er dann keinen Patientenkontakt mehr haben.
Ist die Pflicht zur Impfung gegen Masern vergleichbar?
Seit dem 1. März 2020 gilt in Deutschland das Masernschutzgesetz. Darin steht, dass sich Kinder gegen Masern impfen lassen müssen, bevor sie in eine Kita oder Schule gehen. Das gilt zum Beispiel auch für Betreuer in Kitas und Schulen, und für bestimmtes medizinisches Personal.
Aus Sicht von Kritikern verletzt diese Masern-Impfpflicht das deutsche Grundgesetz, etwa Grundrechte wie die körperliche Unversehrtheit von Kindern und das Elternrecht. Christoph Kehlbach, aus der ARD-Rechtsredaktion, sagt, dass mehrere Eltern schon vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt haben. Über ihre Beschwerden sei zwar noch nicht entschieden worden. Aber sollte Karlsruhe hier zu einem Urteil kommen, wäre das ein Indikator für die Verfassungskonformität einer Corona-Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen.
Darüber hinaus gibt es aus seiner Sicht zwischen den Masern-Impfungen und Corona-Impfungen einen wesentlichen Unterschied: Die Masern-Impfpflicht richtet sich vor allem auch an die Kinder. Von einer Corona-Impfpflicht wären diese ja nicht betroffen, weil noch kein Impfstoff für Kinder zugelassen ist. Und wenn es einen solchen Impfstoff gäbe, entfiele der Grund, die Lehrer und Erzieher überhaupt zu einer Impfung zu verpflichten.