Die NRW-Landesregierung will ab Montag (25.05.2020) über weitere Lockerungen der Corona-Auflagen entscheiden. Wie der WDR erfahren hat, soll es neben den Beratungen innerhalb der Landesregierung am Montag auch eine Runde von Bund und Ländern zu den Corona-Lockerungen geben.
In Thüringen zeichnet sich eine Entscheidung ab: Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) will die allgemeinen Corona-Beschränkungen ab dem 6. Juni aufheben. Ab dann könnte es dann keine Mindestabstände und keine Maskenpflicht mehr geben. Ramelow möchte stattdessen auf lokale Maßnahmen in Orten setzen, in denen die Infektionsraten steigen.
Ramelow will "Strategie wechseln"
"Seit drei Wochen liegt die Infektionsrate in der Hälfte unserer Landkreise bei Null", sagte Ramelow zur Begründung am Samstag im ZDF. Er wolle aber nicht "den Lockdown beenden", sondern "die Strategie wechseln".
Wenn es zu vermehrten Fällen in bestimmten Regionen komme, dann soll ein Alarmsystem greifen. Der Grenzwert dafür soll bei 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen liegen. Das wäre strenger als der bundesweite Richtwert von 50 Neuinfektionen.
Kritik an Ramelow
Ob Ramelow mit seinem Vorstoß zum Vorbild wird, ist offen. Es gibt viele skeptische Stimmen, auch die von Professor Michael Hallek, er ist Direktor der Klinik für Innere Medizin an der Uniklinik Köln. In der Aktuellen Stunde sagte er, dass er Ramelows Vorschlag für eine schlechte Idee hält, da "wir alles tun sollten, um weiter die Kontrolle zu behalten". Dank Abstandsregeln und Mundschutz seien wir bislang gut durch die Krise gekommen.
Im Kampf gegen das Coronavirus war Jena als Thüringens zweitgrößte Stadt bundesweit Vorreiter in Sachen Maskenpflicht. Der dortige Oberbürgermeister Thomas Nitzsche (FDP) hält die Idee für "einen Gang aufs Minenfeld".
Kritik kommt auch vom SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach: Ramelow verharmlose die Krankheit, sagte er "Saarbrücker Zeitung". Es sei ein großer Fehler, ausgerechnet die Maßnahmen in Frage zu stellen, die geholfen hätten, das Virus unter Kontrolle zu halten.
Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU) sagte der "Bild am Sonntag", er halte eine "komplette schnelle Lockerung für verfrüht", auch auch Baden-Württembergs Innenminister sagte, die Gefahr durch das Virus sei noch nicht gebannt. "Wir dürfen die erzielten Erfolge im Kampf gegen die Seuche nicht fahrlässig aufs Spiel setzen."
Infektionsraten im Vergleich
Nach Zahlen der Erfurter Staatskanzlei lag die Infektionsrate in Thüringen zuletzt bei 5,7 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche. Insgesamt haben sich in Thüringen bisher nachweislich 2.865 Menschen (Stand: 24.05.2020) mit dem Coronavirus infiziert.
Rein statistisch gesehen ist die Rate der Neuinfektionen in NRW sogar geringer, sie lag am Sonntag insgesamt bei etwa 5,2 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche. Insgesamt sind die Fallzahlen in NRW mit 37.204 Menschen (Stand: 24.05.2020) aber deutlich höher. Zum Teil gibt es deutliche Unterschiede bei den Städten beziehungsweise Kreisen. Bei der Zahl der Neuinfektionen innerhalb der letzten sieben Tage liegt der Rhein-Sieg-Kreis mit 24,7 pro 100.000 Einwohner vorne. Dort hatte es einen Ausbruch in einer Flüchtlingsunterkunft gegeben. Alle anderen Städte und Kreise lagen unter 20 Neuinfektionen binnen sieben Tagen pro 100.000 Einwohner. Mit 0,4 hatte der Kreis Herford die wenigsten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und sieben Tage. Auch in Bielefeld, Hamm, dem Rhein-Erft-Kreis und dem Kreis Lippe blieben diese Werte am Sonntag unter 1.
Weitere Lockerungen bisher ab 30. Mai geplant
In Nordrhein-Westfalen sind bisher weitere Lockerungen ab dem 30. Mai geplant. Vorgesehen ist zum Beispiel, Theater und Kinos unter strengen Auflagen wieder zu öffnen. Noch am Freitag sagte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) dazu, man müsse abwarten, wie sich die Infektionszahlen entwickelten.