Sommer im Herbst: Der wohl wärmste Oktober seit 1881

Stand: 29.10.2022, 12:42 Uhr

Nicht nur das Wochenende in NRW wird mit bis zu 25 Grad sommerlich, der ganze Monat dürfte für einen Rekord sorgen. So warm war es im Oktober noch nie seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1881.

Beim Blick auf die Temperaturen könnte man aktuell meinen, der Sommer kommt zurück. Das Thermometer ist zum Wochenende hin ungewöhnlich hoch für den Herbst gestiegen und wird heute Werte von bis zu 25 Grad erreichen - in der Jülicher Börde. "Ab 25 Grad sprechen wir ja offiziell von einem Sommerertag", so Theresa Salentin von der WDR-Wetterredaktion. Am Sonntag gibt es viel Sonne bei warmen 19 bis 24 Grad und auch die Woche startet mit fast sommerlichen 22 Grad. Erst am Dienstag wird es kühler und wechselhafter.

Spitzenreiter Lippstadt-Bökenförde

Bereits am Freitagmittag waren landesweit jede Menge Rekorde gebrochen worden: Dabei wurde in Lippstadt-Bökenförde der Spitzenwert von 25,8 Grad gemessen, in Werl waren es 23,6 Grad, in Heinsberg-Schleiden 24,3 und in Brilon-Thiele 22,8 Grad - das sind satte 1,1 Grad mehr als im Jahr 2012.

Wärmster Oktober seit Beginn der Aufzeichnungen?

Aufnahme von WDR-Wetterexperte Jürgen Vogt.

WDR-Wetterexperte Jürgen Vogt

Mit solchen Werten ist dieser Oktober außergewöhnlich warm, sagt Meteorologe Jürgen Vogt aus der WDR-Wetterredaktion. Ein paar warme Tage Ende Oktober sind an sich aber noch nicht schlimm und kommen immer wieder vor. Einzelne Wärmewellen sind also kein direkter Beweis für den Klimawandel. Dramatisch seien aber die viel zu warmen Mitteltemperaturen: Diesen Oktober liegen die Werte 3 bis 3,5 Grad über dem langjährigen Mittel.

Angesichts der Prognosen für die kommenden Tage ist absehbar: Dieser Oktober wird wohl der wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1881. Schon jetzt liegt das Monatsmittel bei 13,1 Grad. Und mit den zu erwartenden hohen Temperaturen am Wochenende sowie am Montag dürfte der bisherige Höchstwert von durchschnittlich 13,4 Grad, der im Oktober 2001 erreicht wurde, übertroffen werden. Eindeutig eine Folge des Klimawandels, erklärt Vogt.

Der Grundwasserspiegel sinkt

Problematisch ist auch der Regenmangel. Seit fünf Jahren in Folge ist das Wetter in Deutschland zu trocken, sagt Vogt. In Emsdetten sollen dieses Jahr nur knapp 370 Liter Regen gefallen sein - etwa die Hälfte vom jährlichen Durchschnitt.

Auch der Grundwasserspiegel sinkt. Hydrogeologe Andreas Musolff vom Helmholtz-Zentrum für Umweltfoschung Deutschland bereitet das Sorgen. Wenn die Entwicklung so weitergehe, könnte das unter anderem Folgen für die Trinkwasserversorgung haben, so Musolff.

Warmer Herbst: Was bedeutet das für Pflanzen und Tiere?

Ein herbstlicher Rotbuchenwald im Sonnenschein

Die Wälder färben sich schon herbstlich

Für die Pflanzen ist der aktuell milde Herbst kein Problem, sagt Birgit Königs von NABU NRW. Bäume und Sträuche bereiten sich schon auf den Winter vor, indem sie das Chlorophyll ihren Blättern entziehen. Dadurch verfärben sich die Blätter. Sobald es kühler wird, werden die Bäume ihre Blätter abwerfen.

"Problematisch wird es, wenn es weiterhin mild bleibt. Denn gerade die frühblühenden Sträucher und Bäume wie Hasel oder Erlen werden dann Knospen austreiben, sodass sie im Dezember wieder blühen", sagt Königs. Doch auch im Frühjahr könnten sie trotzdem blühen, nur nicht mehr so üppig, sagt sie.

Falter und Wespen Ende Oktober: Vollkommen normal

Ein Admiral-Schmetterling sonnt sich

Ein Admiral-Schmetterling beim späten Sonnenbad Ende Oktober

Auch für die Tiere ist der milde Herbst noch kein größeres Problem, sagt Königs. Insekten sind wechselwarm und sind bei warmen Temperaturen noch unterwegs. Wird es kälter, verfallen sie in Kältestarre und überleben so den Winter. Das kann bei einzelnen Arten, wie zum Beispiel bei überwinternden Schmetterlingen, allerdings dazu führen, dass sie, wenn sie jetzt noch aktiv sind, nur sehr wenig Blütenpflanzen finden und ihre Energievorräte für den Winter nicht auffüllen können.

Ebenfalls normal ist es, dass man bei den milden Temperaturen im Oktober noch Wespen sieht. Sie finden aber aktuell wenig Fressen. Das sind also einzelne Exemplare, die Völker sterben jetzt schon ab, erläutert Königs.

Zugvögel nutzen das schöne Wetter

Auch für die Zugvögel kommt das klare trockene Wetter gerade richtig. Ist das Wetter gut, die Sicht klar und die Thermik günstig, machen sich viele der großen Vögel gleichzeitig auf die Reise. Große Schwärme von Kranichen kann man jetzt wieder über dem Himmel von NRW ziehen sehen.

Sie machen sich auf in ihre Winterquatiere im Süden. Zu erkennen sind sie an ihrem trompetenhaften Ruf. Sie ziehen in V-Formation, um Energien zu sparen. Dabei wird die Spitze, wie bei der Tour de France, ständig ausgewechselt.

Warmes Wetter: Gut für junge Igel

Igel mit Apfel

Bei Säugetieren wie Fledermäusen oder Igel kommt es darauf an, wie der Winter verläuft. Fledermäuse haben in ihren Überwinterungshöhlen normalerweise recht konstante Temperaturen und sind von Temperaturschwankungen außerhalb wenig betroffen. Igel verschieben ihren Winterschlaf nach hinten. "Der milde Herbst hilft jungen Igeln sogar dabei, sich ein paar Fettpölsterchen anlegen zu können und so den kommenden Winter vielleicht besser zu überstehen", sagt Königs.

Bei den Vögeln sind viele bereits in ihre Winterquartiere nach Süden gezogen. Es gibt aber immer mehr Arten, die hier überwintern. Sie sparen dadurch Energie, gehen aber das Risiko ein, dass es hier doch kälter wird, sie später aufbrechen müssen und auf dem Weg keine Nahrung mehr finden.

Die warmen Tage auch genießen

 Eine Radfahrerin fährt bei Sonnenschein durch eine herbstlich verfärbte Allee

Auch wenn das überdurchschnittlich warme und trockene Jahr Sorgen bereitet, kann man das warme Wetter auch genießen, meint Jürgen Vogt aus der WDR-Wetterredaktion. Bei den aktuellen Gaspreisen können die warmen Tage helfen, ein bisschen Geld zu sparen. Und auch für die Außengastronomie sind warme Tage ein Gewinn.

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