Inklusive Führung durch den Tierpark: Riechen, tasten, gebärden

Lokalzeit aus Dortmund 03.07.2024 02:25 Min. Verfügbar bis 03.07.2026 WDR Von Marc Sense

Inklusive Führung durch den Tierpark: Riechen, tasten, gebärden

Stand: 03.07.2024, 19:14 Uhr

Die Stadt Recklinghausen hat die erste inklusive Führung für Menschen mit Behinderungen im Tierpark organisiert.

Von Katja Leistenschneider

Es ist warm und gemütlich im Vogelhaus des Tierparks in Recklinghausen. Draußen schüttet es, während drinnen der Geräuschpegel der gefiederten Bewohner und der Besuchergruppe langsam ansteigt. "Die Papageien haben das Bedürfnis, mitzureden", sagt Andrea Thierse aus Marl und lacht fröhlich.

Andrea Thierse ertastet die abgestreifte Haut einer Vogelspinne

Andrea Thierse ertastet die abgestreifte Haut einer Vogelspinne

Sie steht mitten im Vogelhaus und kann die schönen weiß-roten Papageien nicht sehen, genauso wenig wie die grün-gelben Wellensittiche oder die schlanken Textorweber-Vögel. Aber sie hört sie gut und Tierpfleger Oliver Langner hat für sie und die anderen blinden Besucher der Gruppe etwas zum Anfassen: ein Webervogel-Nest.

Besucher sind begeistert

"Das fühlt sich kompakt an, stabil und schön", tastet sich Andrea an die Beschreibung des Nestes heran und kann nach gut 10 Minuten Führung aus tiefster Überzeugung sagen: "Ich bin jetzt schon begeistert! Was die Vögel für ein Radau machen..!"

Das ist so schön zu sehen, wie die spielen, kuscheln und sich küssen Hiltrud Fischer, Gebärdendolmetscherin

Dabei kommt es noch besser. Aber erstmal: Ein Blick zu der kleinen Gruppe Gehörloser, die vor der Vogliere mit den Wellensittichen und den Papageien steht. Da wird still aber umso ausdrucksvoller diskutiert über das, was in der Vogliere zu sehen ist.

Die Gebärdendolmetscherin Hiltrud Fischer übersetzt, was Beate Grabietz gebärdet: "Das ist so schön zu sehen, wie die spielen, kuscheln und sich küssen." Die kleine Frau mit dem freundlichen Gesicht strahlt und freut sich so offensichtlich, dass es eigentlich keine Übersetzung braucht.

Tasten, riechen, freuen

Nach dem Nest, das alle mal in die Hand nehmen können, zaubert Oliver Langner noch eine Achatschnecke (eine riesige Schnecke mit Haus) hervor. Die fühlt sich "gar nicht so schleimig an", sagt Andrea. Danach dürfen alle noch vorsichtig die abgestreifte Haut einer Vogelspinne und eine lebendige Landschildkröte betasten.

Detlef Gerstmann mit einer Ziege

Teilnehmer Detlef Gerstmann freundet sich mit einer Ziege an

Barbara Ehnert strahlt mit der Besuchergruppe um die Wette. Von ihr stammt die Idee für diese erste inklusive Führung durch den Tierpark und sie ist berührt von dem Vertrauen, dass gerade die blinden Besucher aufbringen (müssen), wenn es darum geht, mit ihren Händen Dinge zu erfahren.

Die Referentin für Behindertenangelegenheiten der Stadt Recklinghausen plant schon die nächste inklusive Führung: Ins Planetarium soll es gehen. Im Tierpark geht es jetzt erstmal weiter, weg von den Vögeln, hin zu den Füchsen und Ziegen. Da schlägt vor allem ein Organ an: die Nase!

Über dieses Thema berichtet der WDR am 03.07.2024 auch im Fernsehen in der WDR Lokalzeit aus Dortmund.

Unsere Quellen:

  • Reporterin vor Ort
  • Gebärdendolmetscherin Hiltrud Fischer
  • Barbara Ehnert, Referentin für Behindertenangelegenheiten der Stadt Recklinghausen