Eine Hand hält ein Stethoskop auf den Bauch eines Long-Covid-Patienten.

Long Covid: Lauterbach stellt neue Hilfen vor - zu spät und zu wenig?

Stand: 12.07.2023, 16:01 Uhr

Gesundheitsminister Lauterbach will mehr für Menschen mit Long Covid tun. Aus der Opposition kommt scharfe Kritik. Auch Patient Mirko Niederprüm hat sich mehr erhofft.

Von Jörn Seidel

Bis zu seiner ersten Corona-Infektion zu Beginn der Pandemie war Mirko Niederprüm aus Höxter kerngesund. Dann begannen die Beschwerden, die das Leben des diagnostizierten Long-Covid-Patienten komplett umgekrempelt haben. Am Mittwoch hat Bundesgesundheitsminister Karl-Lauterbach (SPD) nun Menschen wie Niederprüm mehr Hilfe zugesagt.

Seine Long-Covid-Symptome sind zahlreich

Mirko Niederprüm aus Höxter leidet an Long Covid

Mirko Niederprüm leidet an Long Covid

Mehr Hilfe kann Mirko Niederprüm auch jetzt noch gebrauchen. Bis heute leidet der Long-Covid-Patient an einer Vielzahl an Symptomen: am Erschöpfungssyndrom Fatigue, an starken Gliederschmerzen, einer eingeschränkten Lungenfunktion, an unruhigen Beinen und am immer noch beeinträchtigen Geschmacks- und Geruchssinn. Einen leichten Schlaganfall habe er auch erlitten, erzählt Niederprüm dem WDR. Doch davon habe er sich gut erholt.

Vor allem anfangs habe er mit seiner Long-Covid-Erkrankung nur wenig Hilfe bekommen, sagt Niederprüm. "Mein Hausarzt war komplett überfordert."

"Ich musste mir den kompletten Weg erkämpfen: Was kann ich machen, wo kann ich hin?" Mirko Niederprüm, Long-Covid-Betroffener

Dann suchte er sich Hilfe bei Neurologen und Lungenfachärzten, bemühte sich um Reha, Physio- und Ergotherapie. Jetzt hat sich Niederprüm auf die Krankheit eingelassen, versucht, mit ihr zurechtzukommen. Krankgeschrieben ist er trotzdem noch. Seinen Job als Maschinenbauer sei er wohl bald los, sagt er.

Das will Lauterbach für Long-Covid-Betroffene tun

Gesundheitsminister Karl Lauterbach bei Pressekonferenz in Berlin

Karl Lauterbach (SPD), Bundesgesundheitsminister

Wie will der Gesundheitsminister nun Long-Covid-Patienten wie Niederprüm mehr unterstützen? An der Seite von Charité-Ärztin Carmen Scheibenbogen präsentierte Lauterbach am Mittwoch drei Maßnahmen:

  • Neue Webseite: www.bmg-longcovid.de "Hier finden sich Empfehlungen zur Behandlung, Stand der Wissenschaft und Hinweise auf spezialisierte Ärztinnen und Ärzte", sagte Lauterbach. "Dazu bieten wir noch telefonische Beratung an."
  • Geld für Forschung: Ab kommendem Jahr sollen 21 Millionen Euro für die Versorgungsforschung und 20 Millionen Euro für den Forschungsschwerpunkt Long Covid ausgegeben werden. Im Januar hatte Lauterbach noch ein 100-Millionen-Euro-Programm angekündigt, das allerdings den Streichungen bei der Aufstellung des neuen Bundeshaushalts zum Opfer fiel.
  • Runder Tisch: Im Herbst will Lauterbach zu einem Runden Tisch mit Betroffenen und Experten einladen. Damit soll "die Möglichkeit geschaffen werden, sich über den Umgang mit Long Covid auszutauschen", heißt es vom Ministerium.

Mirko Niederprüm hat sich von Lauterbachs Maßnahmen mehr erhofft. Die neue Website sei "nur ein Sammelsurium von anderen Internetseiten", sagt er. "Das Geld für die Forschung könnte mehr sein." Der Runde Tisch gefalle ihm "gut". "Nur dann muss auch was Konkretes passieren."

Linken-Politikerin Vogler: Lauterbach will vom Mangel ablenken

Kathrin Vogler (Linke)

Kathrin Vogler (Linke), Mitglied des Bundestags

Scharfe Kritik an Lauterbachs Long-Covid-Politik kam am Mittwoch aus der Opposition. Es scheint, als wolle der Minister mit seinen jetzt vorgestellten Maßnahmen "vom Mangel an den wirklich notwenigen Mitteln und Maßnahmen ablenken", sagte Kathrin Vogler, gesundheitspolitische Sprecherin der Linken im Bundestag mit Wahlkreis im nördlichen Münsterland, dem WDR.

Die aktuelle Lage sei diese, so Vogler: "Von den von ihm Anfang des Jahres versprochenen 100 Millionen Euro für die Erforschung der Krankheit und sinnvoller Therapieansätze ist aus dem Ministerium nichts mehr zu hören, die Long-Covid-Spezialzentren sind völlig überlaufen, und viele Ärztinnen und Ärzte sind aufgrund der immer noch viel zu dünnen Datenlage zutiefst verunsichert, wie sie therapieren sollen."

Mirko Niederprüm setzt auf Long-Covid-Selbsthilfe

Statt auf mehr Hilfe von anderen zu warten, hilft sich Mirko Niederprüm lieber selbst. Und er will auch anderen Long-Covid-Betroffenen helfen. Im Kreis Höxter hat er ein Selbsthilfe-Netzwerk gegründet, aus dem mal ein "Unterstützungszentrum" werden soll, wie er sagt. In einem Internetblog berichtet er von seinen Erfahrungen. Und ein Buch ist daraus auch entstanden: "Mein Weg mit Long Covid".

Mindestens zehn Prozent aller Corona-Infizierten weltweit kämpfen mit Long Covid, heißt es in einer großen Überblicksstudie von Anfang des Jahres. Bei vielen legen sich die Beschwerden schon nach einigen Wochen. Bei anderen bleiben sie über Monate und Jahre. Die gesundheitlichen Folgen der Corona-Pandemie werden Betroffene und Gesellschaft noch lange zu spüren bekommen.

Über dieses Thema berichtete am 12.07.2023 um 13.00 Uhr auch das "WDR 5 Mittagsecho".

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