Laumann: "Gesundes Misstrauen gegenüber Schlachtindustrie ist gerechtfertigt"

Stand: 11.05.2020, 20:56 Uhr

  • NRW-Arbeitsminister fordert Hygienekonzept von Schlachthöfen
  • 20.000 Mitarbeiter der Fleischindustrie müssen getestet werden
  • Erste Lockerungen im Kreis Coesfeld vielleicht zum Wochenende

Von Rainer Striewski

Das war deutlich: "Ich glaube schon, dass die Situation in der Schlachtwirtschaft ein gesundes Misstrauen des Gesundheitsministers in dieser Pandemie-Situation rechtfertigt." NRW-Arbeits- und Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hat die Schlachtbetriebe in NRW ermahnt, mehr Verantwortung in der Corona-Krise zu übernehmen.

Er erwarte von den Schlachthofbetreibern nun ein schlüssiges Hygienekonzept, das auch die Wohnsituation der Arbeiter und den Transport von der Wohnung zum Schlachthof einschließt, erklärte Laumann am Montag (11.05.2020).

Kein Zugriff auf private Wohnungen

Statt sich damit zu beschäftigen, wie Schlachthof-Schließungen nach Corona-Infektionen vor Gericht kassiert werden könnten, sollten sich die Schlachthofbetreiber lieber mit Hygiene-Konzepten beschäftigen.

"Wir haben es bei Schlachthöfen nicht mit einer einfachen Rechtsmaterie zu tun", erklärte der Minister. Anders als in der Landwirtschaft wohnen die Werkvertragsarbeiter von Schlachtbetrieben in der Regel nicht in Werkswohnungen, sondern in privat angemieteten Unterkünften. Und hier hätte das Arbeitsministerium über den Arbeitsschutz keine Grundlage, diese Wohnungen zu kontrollieren, so Laumann weiter.

Landesweit müssen sich nun nach Angaben Laumanns bis zu 20.000 Mitarbeiter der Branche auf das Virus untersuchen lassen. Im Kreis Coesfeld wurden bereits nach Angaben des Kreissprechers 1008 der rund 1.200 Mitarbeiter getestet. Am Montagnachmittag waren 766 Tests ausgewertet. Das Ergebnis: 254 positive Fälle.

Sollte sich das Infektionsgeschehen auf den Bereich des geschlossenen Schlachthofs konzentrieren, könnten die Einschränkungen für die Bevölkerung zum Wochenende wieder gelockert werden, kündigte Laumann an.

Situation in Coesfeld auch Thema im Landtag

Auf Antrag der SPD wird sich am Mittwoch (13.05.2020) auch der Landtag mit dem Thema beschäftigen. Die SPD-Fraktion hat hierzu eine Aktuelle Viertelstunde im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales beantragt.

"Seit Mitte März sollen die Behörden über erste Infektionsfälle informiert gewesen sein", erklärte Josef Neumann, arbeitsmarkt- und gesundheitspolitischer Sprecher der Fraktion. Er will von Arbeitsminister Laumann wissen: "Was haben die Gesundheitsämter und die Landesregierung seitdem unternommen, um eine Ausbreitung des Virus zu unterbinden? Welche Schutzmaßnahmen sind für die betroffenen Arbeiter getroffen worden?"

Auch bei Deutschlands größtem Fleischverarbeiter Tönnies haben am Montag im Schlachtbetrieb in Rheda-Wiedenbrück Corona-Massentests begonnen. "Wir haben keinerlei Anlass von einem besonderen Infektionsgeschehen im Betrieb auszugehen", sagte Unternehmens-Sprecher André Vielstädte. Nach Angaben des zuständigen Kreises Gütersloh habe keiner der dort labortechnisch bestätigten 23 Infizierten eine Verbindung zur Fleischindustrie.

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