Mehr Corona-Infektionen, weniger Tote: Wie passt das zusammen?

Stand: 31.08.2020, 16:41 Uhr

Corona-Skeptiker sehen die Gefahr des Virus weit übertrieben. Tatsächlich gibt es trotz hoher Infektionszahlen zurzeit wenige Todesfälle. Ein Widerspruch? Fragen und Antworten.

Seit Mitte August steigt die Zahl der Corona-Neuinfektionen in Deutschland wieder an. Am Samstag vor einer Woche war mit 2.034 neuen Fällen erstmals seit Ende April die 2000er-Marke überschritten worden. Ein Großteil der Infizierten zeigte aber nur leichte oder gar keine Symptome. Ist die Gefahr also gebannt?

Warum sterben scheinbar weniger Menschen an Corona als noch im Frühling?

Trotz der höheren Infektionszahlen der vergangenen Wochen fordert das Virus offenbar nicht mehr so viele Menschenleben wie zum Beginn der Epidemie. Warum das so ist, kann die Wissenschaft noch nicht mit letzter Sicherheit erklären. Dazu sind das Virus und die Krankheit noch zu neu.

Das bundeseigene Robert-Koch-Institut (RKI) hält die Altersstruktur der Neuinfizierten für einen wichtigen Faktor. Zwischen April und August sank das Durchschnittsalter der Infizierten von etwa 50 auf 32 Jahre. Junge Menschen können zwar auch schwer an Covid-19 erkranken, Todesfälle sind aber sehr selten.

Die stark verbesserten Schutzmaßnahmen in Pflegeheimen und Fortschritte bei der Therapie haben laut Ruth Schulz von der WDR-Wissenschaftsredaktion ebenfalls dazu beigetragen, die Zahl der Todesopfer zu begrenzen. So kommen antivirale Medikamente wie Remdesivir jetzt früher zum Einsatz. Außerdem sind zuletzt viele Studien zum richtigen Umgang mit schwer erkrankten Covid-19-Patienten erschienen.

Wird das Virus mit der Zeit weniger gefährlich?

"Das Virus wird schwächer", titelte die "Bild"-Zeitung vor einigen Wochen. Gemeint waren mehrere neue Studien, die Hinweise gefunden haben, dass neue Mutationen des Virus weniger gefährlich sind als zum Beginn der Pandemie. Ungewöhnlich wäre eine solche Entwicklung nicht. Viele Viren schwächen sich im Lauf der Zeit ab. Noch handelt es sich aber nur um eine Theorie.

Derzeit sei es noch zu früh für solchen Optimismus, sagt zum Beispiel Richard Neher, Leiter der Forschungsgruppe "Evolution von Viren und Bakterien" an der Uni Basel. Zwar habe das Coronavirus Mutationen durchgemacht, aber "es gab keine Mutation, die sich in ganz Europa durchgesetzt hätte". Das Virus habe sich zwischen März und August nicht entscheidend verändert.

Ist der deutsche Weg der Epidemie-Bekämpfung erfolgreicher als andere?

Auf den ersten Blick: Ja. Im Vergleich zu Spanien oder Frankreich sind die Fallzahlen in Deutschland in den vergangenen Wochen nur maßvoll gestiegen. Warum sich das Virus in Deutschland langsamer ausbreitet als in anderen EU-Staaten, ist noch nicht ganz klar. Eine mögliche Erklärung ist, dass andere Länder ihre Schutzmaßnahmen zu früh gelockert haben.

Manche Forscher sehen auch die deutschen Familienverhältnisse als einen Vorteil. In südlichen Ländern wohnen Familien häufiger mit mehreren Generationen unter einem Dach. Damit steige die Infektionsgefahr - vor allem für Ältere.

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