Streit um Corona-Regeln: Was der Bund den Ländern vorschreiben kann
Stand: 29.03.2021, 16:56 Uhr
Die Bundeskanzlerin ist unzufrieden, wie lasch die Länder die Corona-Regeln umsetzen. Bei Anne Will denkt sie laut über eine bundeseinheitliche Regelung nach. Könnte Angela Merkel das überhaupt durchsetzen?
Von Jörn Kießler
Die Ansage von Angela Merkel (CDU) war klar: Die Umsetzung der Corona-Beschlüsse sei noch nicht so, dass sie überzeugt sei, dass die dritte Welle gebrochen werde, so die Bundeskanzlerin in der ARD-Talkshow "Anne Will". "Und deshalb müssen die Länder nachlegen."
Doch hat die Bundeskanzlerin überhaupt die Macht, die Länder dazu zu zwingen, die Corona-Regeln einheitlich umzusetzen? Oder geht es tatsächlich nur "miteinander", wie Merkel selbst sagte?
Länder entscheiden über Umsetzung der Corona-Regeln
"Unser föderales System sieht tatsächlich nur ein Miteinander von Bund und Ländern vor", sagt der Politikwissenschaftler Frank Decker von der Universität Bonn. Er wertet die Aussagen der Bundeskanzlerin bei Anne Will eher als "das Aufbauen einer Drohkulisse".
"Denn auch wenn Merkel wie angedeutet das Infektionsschutzgesetz noch einmal anpassen will, dann geht das nur mit Bundestag und Bundesrat", so Decker. Im Bundesrat sitzen dieselben Personen wie in den Ministerpräsidenten-Konferenzen. "Und sie haben alle ein Einspruchsrecht", so Decker.
Bundestag könnte Corona-Regeln für ganz Deutschland erlassen
Trotzdem würde Decker diesen Schritt für richtig halten. "Die Konferenzen mit den Länder-Chefs haben sich selbst diskreditiert", erklärt der Politikwissenschaftler. Dies hänge vor allem damit zusammen, dass nach den Konferenzen jedes Bundesland die Beschlüsse nach eigenem Gutdünken umsetze.
Das geht einerseits, weil der Infektionsschutz Ländersache ist. Andererseits weil der Bund bei der Umsetzung der Regeln auf die Verwaltungen in den Ländern angewiesen ist. Nach einer Gesetzesänderung, die den Bundesrat passiert habe und vom Bundestag verabschiedet wurde, hätten die Länder aber nicht mehr viel Spielraum bei der Auslegung.
Weniger Lücken durch Einheitlichkeit
"So könnte beispielsweise eine bundesweit geltende Corona-Schutzverordnung verabschiedet werden, die dann die Versionen in den einzelnen Ländern ablösen würde", sagt Decker. "Und an die müssen sich dann alle halten."
Wenn etwa Bayern erlaubt, dass Baumärkte weiterhin öffnen dürfen - und Baden-Württemberg das gleichzeitig untersagt, dann setzt das einen Baumarkt-Tourismus in Gang. Bei einer einheitlichen Regelung würde es so etwas nicht geben.