Wenn Laien Daten schützen: Mehr Beschwerden über Corona-Registrierung

Stand: 06.07.2020, 06:00 Uhr

  • Datenerfassung in Restaurants in der Kritik
  • Angst vor Telefonbetrug durch lange Listen
  • NRW-Datenschützer kontrollieren

Petra Schmidt hat schon häufiger übers Schummeln nachgedacht. Sie hat im Restaurant oder beim Sport mit dem Gedanken gespielt, ausgedachte Daten in Corona-Listen einzutragen. "Ich weiß von vielen Bekannten, dass sie das tun. Bisher habe ich es aber noch nicht gemacht."

Einmal hat sich die Essenerin aber geweigert, ihre Daten zu hinterlassen: als sie diese vor dem Gottesdienst in eine lange Liste eintragen sollte. "Die ist für jeden, der die Kirche betritt, einsehbar", bemängelt die 72-Jährige, die eigentlich anders heißt. Sie befürchtet, dass Telefonbetrüger mit so offen zugänglichen Daten ein leichtes Spiel haben. "Ich muss doch nur auf den Zettel schauen und sehe den Wilhelm oder die Elfriede mit ihrer Telefonnummer und ihrer Adresse."

Solche Listen seien grundsätzlich nicht im Sinne des Datenschutzes, betont auch Frank Scheulen vom Landeskriminalamt NRW. Dass Telefonbetrüger sie nutzen, um an Kontakte zu kommen, sei denkbar - es gibt allerdings keine Zahlen dazu.

Offene Adresslisten - oder auch gar keine

In Restaurants hat Petra Schmidt dagegen immer ein frisches Blatt bekommen. Wirklich wohl fühlt sie sich aber auch damit nicht. Die 72-Jährige fragt sich, was nach den festgelegten vier Wochen mit ihren Daten passiert. "Landen die einfach im Papiercontainer? Das fände ich ganz schrecklich." Schließlich könnten sie auch auf diesem Weg in Hände geraten, in die sie nicht gehören.

Kurt Wehner vom Gaststättenverband Dehoga NRW beruhigt: Größere Gastbetriebe lassen die Zettel von speziellen Entsorgern abholen. Kleinere würden die Dokumente schreddern. Und dann sind da noch die Kneipen, die sich für Datenschutz der besonderen Art entschieden haben - und gar keine Registrierungszettel mehr auslegen.

Beim Schreddern indes gibt es Fallstricke. Beispielsweise müssen die Streifen, die vom Schredder produziert werden, dünn genug sein. Das Zerreißen mit der Hand reicht per se nicht aus. Einige Betriebe sind mittlerweile auf digitale Lösungen umgeschwenkt - konkrete Empfehlungen für Apps gibt es allerdings nicht. "Wir tun uns schwer, wenn wir danach gefragt werden. Weil wir einfach nicht die Ressourcen haben, um die Datenschutzkonformität zu prüfen", sagt Wehner.

Frank Scheulen sieht hier ein generelles Problem der Corona-Krise: Nun müssten Daten in vielen Fällen von Betrieben oder Institutionen erfasst werden, die darin "ungeübt" sind. Das könne zur Überforderung führen und berge ein "höheres Gefahrenpotential".

Kontrollen nach Beschwerden

Das Gefahrenpotential macht nicht nur der Essenerin Petra Schmidt Sorgen: "Uns erreichen in den letzten Tagen vermehrt Anfragen und Beschwerden", sagt Daniel Strunk, Pressesprecher der Landesdatenschutzbeauftragten.

Die Datenschützer haben daher bei Dienstleistern mit stichprobenartigen Kontrollen begonnen. "Natürlich unter Berücksichtigung der aktuell angespannten Situation der Unternehmen."

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