Urlaub vor der Haustür – alles wie früher?

Stand: 28.06.2020, 06:00 Uhr

  • Naturnahes Übernachten in der Region sehr gefragt
  • Urlaubssehnsüchte ähneln Vorstellungen von früher
  • "Wohnmobilisierung" hat Camping-Urlaube verändert

Von Nina Giaramita

Der aktuelle ARD-Deutschlandtrend ist eindeutig: In diesem Jahr will mehr als die Hälfte der Deutschen in den Ferien zu Hause bleiben. Ein gutes Drittel plant eine Urlaubsreise innerhalb Deutschlands; nur rund 17 Prozent wollen ins europäische Ausland.

Eine der Urlaubsdestinationen, die von den Urlaub-vor-der-Haustür-Plänen in NRW profitieren könnte, ist das Sauerland. Auf einer neu geschaffenen Online-Seite wird unter "Sauerlandcalling" für das pure Naturerlebnis in der Region geworben: Von "frischer Luft, glasklarem Wasser und bunten Blumenwiesen" ist die Rede.

"Unser Feedback zu dieser Kampagne ist bombastisch", sagt Rouven Soyka, Sprecher des Touristik-Verbands. Vor Corona sah die Werbung noch ziemlich anders aus: "Wir haben da vor allem unsere Großveranstaltungen beworben. Jetzt haben die Leute aber den Drang nach Vogelzwitschern."

"Das Paradies vor der Haustür"

Alles, was mit naturnahem Übernachten in Verbindung gebracht wird – Ferien auf dem Campingplatz oder auf dem Bauernhof – erfährt einen Boom. Im Sauerland-Museum in Arnsberg, wo derzeit die Schau "Das Paradies vor der Haustür" zu sehen ist, registriert man mit Erstaunen, dass die derzeitigen Sehnsüchte denen von früher sehr ähneln.

"Einige Dinge, wie der Wunsch nach Naturverbundenheit und Freiheit, haben sich überhaupt nicht verändert", sagt Jürgen Schulte-Hobein vom Sauerland-Museum. Er freut sich, dass die Ausstellung zu der Entwicklung des Tourismus in der Region "von solcher Aktualität ist".

Früher bescheidener

In der Schau kann man besichtigen, wie genügsam die Urlauber von damals waren – unter anderem steht dort ein Mini-Wohnwagen aus den fünfziger Jahren, mit kargem Interieur.

Dass früher alles bescheidener ausfiel, bestätigt Christiane Cantauw vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe. Die Alltagsforscherin hat Gästebücher aus den fünfziger Jahren aus dem Sauerland ausgewertet. "Das waren ganz einfache Urlaube, wo die Leute bei der Heuernte geholfen und im Liegestuhl im Obstgarten gesessen haben", erzählt sie.

Keine Ziele für All-Inclusive-Urlauber

Das sei mit der Urlaubsindustrie von heute nicht mehr zu vergleichen. "Vor allem ist Camping nichts mehr für Arme", stellt Cantauw fest. Der Zelturlaub befinde sich auf dem Rückzug – stattdessen habe hierzulande die "Wohnmobilisierung" um sich gegriffen.

Sauerland-Touristiker Rouven Soyka ist jedoch sicher, dass die Urlauber in diesem Jahr "mit weniger Bling-Bling" zufrieden sein werden. Alle wird man damit aber nicht erreichen: "Diejenigen, die ursprünglich vierzehn Tage All-Inclusive-Urlaub in der Türkei gebucht haben, werden nicht ins Sauerland kommen."

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