Mohamed Karsour übt bis zur letzten Minute das Zusammenfassen und Analysieren englischer Texte. Fast alle aus seinem Leistungskurs Englisch nutzen die neun Tage, die das Land den diesjährigen Abiturienten zusätzlich für die Vorbereitung zugestanden hat. Er macht an einer Wuppertaler Gesamtschule Abitur und ist "durch Corona noch aufgeregter".
Mehr Auswahl bei den Fragen
Viele Wochen mussten sie im letzten Jahr allein zu Hause lernen, jetzt schreiben sie ein Zentralabi. Die Aufgaben kommen vom Land. Allerdings dürfen die Abiturienten diesmal aus drei Aufgaben eine wählen, sonst sind es nur zwei. In anderen Fächern, wie zum Beispiel Biologie, dürfen die Lehrkräfte ein Thema aussortieren. Schulleiter wie Martin Sina, der die Gymnasien im Rheinland vertritt, hält das für eine gute Idee. "Wir gehen davon aus, dass vielleicht vier bis sechs Wochen Unterrichtsstoff fehlen", so Sina.
Testpflicht in Schulen
Seit dem 12. April müssen sich alle Schüler, die am Unterricht teilnehmen wollen, zweimal in der Woche in der Schule selbst testen. Laut NRW-Schulministerium haben bislang nur 0,2 Prozent der Gymnasiasten die obligatorischen Tests verweigert. Für die Abiturprüfungen sind jedoch Tests keine Pflicht. Es gibt nur den Appell, sich freiwillig testen zu lassen. Wer das nicht will, muss allerdings seine Prüfung in einem gesonderten Raum ablegen.
"Weil wir natürlich auch sicherstellen müssen, dass am Ende einer Schullaufbahn auch diese Schülerinnen und Schüler gesichert die Möglichkeit haben, eine Prüfung abzulegen," rechtfertigt Schulstaatssekretär Mathias Richter diese Ausnahme.
Medizinische Masken sind Pflicht
Das bringt Eltern auf die Palme. Jutta Löchner von der Landeselternschaft der Gymnasien hält es für heuchlerisch, das Mitschreiben ohne Corona-Test zu erlauben - aber positiv getestete Schüler auszuschließen. Sie fordert, auch diese Schüler mitschreiben zu lassen, man wisse ja nicht, ob der Abiturient wirklich krank sei oder nur ein falsch-positives Testergebnis erhalten hat. So weit will das Schulministerium aber nicht gehen.
Eine Pflicht besteht dagegen für das Tragen eines medizinischen Mund-Nasen-Schutzes bei den Prüfungen. Nach der NRW-Coronabetreuungsverordnung "ist eine medizinische Maske am festen Sitzplatz im Prüfungsraum zu tragen", hieß es am Donnerstag aus dem Schulministerium in Düsseldorf.
SPD fordert Freischuss für Abiturienten
Dieser Jahrgang habe komplett unterschiedliche Ausgangsbedingungen, sagt der schulpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Jochen Ott. Er fordert für die schriftlichen Abi-Prüfungen einen zusätzlichen Freiversuch, falls der Prüfling beim ersten Mal durchfällt. Und zwar noch in diesem Schuljahr. So will Ott den Druck von den Abiturienten nehmen.
Gymnasialschulleiter wie Martin Sina halten das für populistisch: "Wie soll das organisiert werden?" Bis zum Nachschreibetermin seien die Klausuren noch nicht korrigiert. Deshalb müssten extern neue Aufgaben erstellt werden.
Abiturienten wie Mohamed Karsour würden sich über einen Freiversuch freuen. "Wenn man mal einen Blackout hat", dann wäre eine zweite Chance sehr gut. Seine Schulleiterin an der Gesamtschule in Wuppertal, Dorothee Kleinherbers-Boden, sieht zwar auch die praktischen Probleme, sagt aber: "Wir machen im Augenblick so viele Unmöglichkeiten möglich, dass ich denke, auch das wird man hinkriegen."
Das Schulministerium ist mit Verweis auf die Absprachen in der Kultusministerkonferenz der Länder gegen einen Freiversuch. Erst Ende April wird der Landtag darüber entscheiden. Dann sind die Abiprüfungen allerdings schon in vollem Gange.