Das Kabinett hat am Dienstag Verschärfungen des Infektionsschutzgesetzes beschlossen, Bundestag und Bundesrat müssen noch zustimmen. Ziel ist, die Corona-Regeln deutschlandweit zu vereinheitlichen. Doch bereits jetzt wird vor allem ein Aspekt der "Bundesnotbremse" kontrovers diskutiert: die geplante nächtliche Ausgangssperre zwischen 21 Uhr abends und 5 Uhr morgens.
Die nächtliche Ausgangsbeschränkung soll in Kreisen und kreisfreien Städten angewendet werden, wenn dort an drei aufeinanderfolgenden Tagen die Zahl der Neuinfektionen je 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen über 100 lag.
Viele Menschen fragen sich, was das bringen soll und zweifeln an der Sinnhaftigkeit dieser Maßnahme. Ein User schrieb der Aktuellen Stunde auf Facebook: "Die Wissenschaft ist sich doch mittlerweile einig das über 99 % der Infektionen in geschlossenen Räumen stattfindet. Die Menschen müssen also raus vor die Tür, stattdessen wird versucht die Menschen einzusperren womit man vermutlich genau das Gegenteil von dem erreichen wird was man eigentlich möchte......."
Das klingt nicht unlogisch, zumal die Abendstunden bei der derzeit kühlen Witterung auch nicht gerade dazu einladen, in Parks oder auf Straßen mit Freunden die Nacht zum Tage zu machen.
Ziel: Private Besuche unterbinden
Tatsächlich zielt die geplante bundesweite nächtliche Ausgangsbeschränkung in den Kommunen mit entsprechenden Inzidenzwerten auf etwas anderes ab. Es geht darum zu verhindern, dass sich die Menschen abends gegenseitig in ihren Wohnungen besuchen.
SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach sagte dem WDR dazu am Dienstag: "Ich muss ja vom Regelfall ausgehen bei Gesetzen. Und beim Regelfall hat sich gezeigt, dass abends die Treffen draußen beginnen und drinnen enden. Es stehen junge Leute an Plätzen oder in Parks zusammen, haben vielleicht schon ein Wegebier auf, gehen dann zu sich nach Hause und feiern weiter."
Es geht auch um illegale Partys
Demnach zielt die Ausgangsbeschränkung auch darauf, illegale Partys und damit größere Menschenansammlungen in privaten Räumen zu unterbinden wie kürzlich eine in Düren, die von der Polizei gegen massiven Widerstand aufgelöst werden musste. Lauterbach ergänzte, dass vorliegende Studien zu Ausgangssperren eine entsprechende Wirkung belegt hätten, auf die man zum jetzigen Zeitpunkt in der dritten Welle der Pandemie nicht verzichten könne.
Passiert die Verschärfung des Infektionsschutzgesetzes auch den Bundestag und Bundesrat, wird man künftig zu besagten Zeiten in betroffenen Kommunen nur noch in Ausnahmefällen auf die Straße gehen dürfen, etwa aus beruflichen oder medizinischen Gründen, um Tiere zu versorgen oder wegen "ähnlich gewichtiger und unabweisbarer Gründe".
Inwieweit die Maßnahme tatsächlich hilfreich ist im Kampf gegen das Coronavirus, wird sich in der Praxis zeigen müssen. Denn wie soll das neue Gesetz zum Beispiel verhindern, dass sich Menschen mit Freunden vor Beginn der Ausgangsbeschränkung in ihren Wohnungen treffen und dann dort womöglich übernachten?